Die soziale Wirklichkeit der Piratenfraktion Berlin

Gerade habe ich über Betreuungsgeld geschrieben und habe schon vor längerem auf dem Portal der Piratenfraktion die Forderung nach Kostenübernahme von Wohngeld für „Erwerbslose und Arme“ gelesen. Von daher fand ich es spannend, das ich auf deren Webauftritt in der rechten Spalte folgende Bilder sah:

Nun, die erste Überraschung war, das die „Internet-Kompetenz-Partei“ den selben Artikel für die „Stellenausschreibung“ auf beiden Bildern verlinkt hatte. Nach etwas suchen fand ich dann aber das Angebot für das Praktika!
Da schien es mir aber eher so das man, wenn es auf eigene Rechnung geht geizig wird.
So fällt als erstes auf, das die Anforderung für ein Praktikum doch recht umfangreich ist. So sucht man einen Praktikanten in „Vollzeit“, genauer für 40 Stunden in der Woche.
Um sich dann den Anschein der Handlungseinschränkung zu geben, verweist man unter anderem wegen der Vergütung auf eine „Praktikumsrichtlinie“, die die Piratenfraktion, also der zukünftige Arbeitgeber selbst verfasst hat. Leider kann man bei dem verlinkten Text nicht erkennen, wann diese „Praktikantenrichtlinie“ erlassen, bzw. veröffentlicht wurde. Es fehlt jedes Datum und Verweis auf einen Beschluss.

Wir halten also mal fest. Man sucht jemanden für die Pressearbeit in Vollzeit. Aber nicht nur das, man verlangt nach der Ausschreibung von einem Praktikanten in Vollzeit neben „Flexibilität“ auch noch „Idealerweise erste Vorkenntnisse im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“. Also genau das, was man in einem Praktikum erhalten soll und zu den sozialen Aufgaben eines Arbeitgebers gehören, wenn er einen Praktikanten aufnimmt.
Mit diesen Anforderungen (neben den ganzen Anderen) liest man sich nun die „Praktikantenrichtlinien“W durch und stößt auf folgenden Abschnitt:

4. Praktikantinnen und Praktikanten, deren Praktika nicht Teil einer Schul-, Fachhochschul- oder Hochschulausbildung sind, sind angemessen zu vergüten. Angemessene Vergütung bedeutet im Regelfall eine pauschale Ausbildungsvergütung von 400,00 Euro bei einer Bemessungsgrundlage von 40 Stunden / Woche.

(Quelle: Piratenfraktion Berlin – Praktikantenregelung der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus Berlin)
Wer für 3 Monate in Vollzeit ein Praktikum absolvieren soll, wird wohl schwerlich dies in einer Ausbildung integriert machen können. Schaut man sich noch an, dass ab dem 1.10.2012 eine Vertretung für 3 Monate wegen Elternzeit für die Stelle des Pressereferenten gesucht wird, fragt man sich, ob man hier nicht nur einfach eine billige Zwischenlösung sucht? Warum wird sonst gerade 3 Monate vor dieser Elternzeitvertretung ein Praktikant für 3 Monate gesucht?

Selbst wenn diese Vermutung nicht richtig sein wird, ist es doch recht seltsam, wie diese Fraktion Sekt predigt und selbst nur schales Wasser bieten will! Wer Vollzeit bei der Fraktion arbeiten soll, muss auch davon leben können!
Man wollte eine andere neue Politik machen und nutzt die selben ausbeuterischen Methoden, wie alle anderen auch. Von neuen Wegen und Vorbild, wie man es besser machen kann, sieht man nichts, wenn es der Partei und Fraktion selbst etwas abverlangt.
Diese „Praktikumsrichtlinie“ empfinde ich als politisches und soziales Armutszeugnis.

Links:

– Piratenfraktion Berlin: Ausschreibung: Praktikum im Pressereferat der Piratenfraktion
– Piratenfraktion Berlin: Stellenausschreibung für eine/n Referenten/in für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin
– Piratenfraktion Berlin: Praktikantenregelung der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus Berlin

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