[Gustl Mollath] Wiederaufnahmeverfahren Woche eins – Kommentar

Foto: Ursula Prem Bearbeitung: Georg Slobodzian

Foto: Ursula Prem
Bearbeitung: Georg Slobodzian

Die Tatsache, dass das Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich war, bedeutet ja nicht, dass damit automatisch die Unschuld des Angeklagten festgestellt worden wäre, …

(Quelle: The European – Alles auf null)

Mit diesen einleitenden Worten von Heinrich Schmitz in seine Kolummne „Alles auf Null“ möchte ich meinen eigenen Kommentar beginnen. Der Satz ist nicht Vollständig, sondern geht so weiter:

… auch wenn viele Mollath-Unterstützer das offenbar meinen.

(Quelle: siehe oben)

Dem ist so von dem Sichtpunkt der juristischen Tatsache her nichts weiter zu sagen.
Nur ist es so, das ich (und viele Andere) in diese Geschichte juristisch nicht involviert sind. Es bedeutet auch Unterstützer können „Partei“ sein. Sie brauchen nicht objektiv sein oder noch schlimmer dies heucheln, wie es bei diversen Journalisten gerne gemacht wird. Dieses Recht gilt auch für die Kritiker von Herrn Mollath.

Interessant war es zu sehen, wie manch ein sogenannter Unterstützer von Herrn Mollath zu seinem Gegner/Kritiker wurde, weil dieser einfach einen eigenen Kopf hat und eben nicht das macht, was manch ein angeblicher Unterstützer von ihm erwartete.

Die sollte aber als Einleitung reichen.

Der erste Verhandlungstag endete recht schnell, weil die beiden Hauptpersonen Petra Maske und Gustl Mollath nicht Aussagen wollen.
Die Begründung von Frau Maske, das sie von dem ihr rechtlich zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht ist, das bereits alles gesagt ist und sie bereits mehrfach ausführlich ausgesagt habe. Dies ist nicht ungeschickt, da sie vor dem Wiederaufnahmeverfahren mehrfach sich gegenüber bestimmten Journalisten geäußert hat, in dem sie angebliche neue Tatsachen erzählte. Im Fall der verschwundenen Sachen von Herrn Mollath (Der Spiegel 33/2013 – „Die andere Hälfte“) sogar widersprüchlich zu einer Aussage gegenüber dem Gericht („Auskunftsklage 2008“ und „Erklärung der Verteidigung 12.08.2013“; beides Dokumentation G. Strate).

Herr Mollath will sich auch nicht vor Gericht äußern, jedenfalls solange Herr Norbert Nedopil anwesend ist. Dies ist in meinen Augen verständlich. Zum einen wurde Herr Mollath schon etliche male von irgendwelchen Psychiatern zwangsbegutachtet. Hier sehe ich aber noch ein anderes Problem. Wie wir wissen hat der Psychologe Kröber im Wiederaufnahmeverfahren im Fall Ulvi Kulac (sogenannter „Fall Peggy“) eine „zweite Chance“ bekommen. Die hat er so genutzt, dass das Gericht dieses neuerliche Gutachten unter der erhöhten Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit lieber nicht nutze. Eben dieser „anerkannteste Forensiker“ („Ulvi Kulac oder Gustl Mollath: Einer der anerkanntesten Forensiker in Berlin“) der deutschen Psychologie ist auch einer der vielen Gutachter, die über Herrn Mollath ein Ferngutachten erstellt haben.
Nun man Kennt sich und man hat miteinander zu tun gehabt. Es ist wie beim Fall Mollath der Wiederaufnahmefall Ulvi Kulac gewesen, wo die beiden berufliche Schnittpunkte hatten und traut zusammen saßen („Die Gutachter Norbert Nedopil (links) und Hans-Ludwig Kröber beim Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy am Landgericht Bayreuth.“). Hier kann misstrauen angezeigt sein.
Nun ist es nicht so, das Herr Mollath grundsätzlich die Aussage verweigern will, er will nur keine Aussage im Beisein dieser weiteren Koryphäe der forensischen Psychiatrie machen.
Amüsant fand ich dann die Meldungen in der Presse, das Herr Mollath sein schweigen bricht. Manch einer nach dem Motto „er kann es ja doch nicht sein lassen“. Leider scheinen da etliche Journalisten den Unterschied zwischen einer Aussage und die Wahrnehmung seiner Interessen als Angeklagter nicht zu verstehen. Schließlich wundert sich auch niemand darüber, das die Nebenklägerin, vertreten durch Ihren Anwalt auch weiterhin versucht Einfluss auf die Verhandlung zu nehmen, trotz Aussageverweigerung.

Dann kam die große Stunde von LaLA (Lakotta / Lapp). Das Bild des „Opferstatus“ bekam „Risse“ (so Lakotta in Spiegel Online). Was war passiert? Die Freundin von Frau Maske (die zufällig auch noch die Frau des Bruders und die Arzthelferin in der Attest ausstellenden Arztpraxis ist) erzählt von dem Erscheinungsbild und verhalten von Herrn Mollath. Bedrohlich sei dieser gewesen und gewalttätig. Zudem habe er sich immer weiter zurückgezogen und sich hinter runter gelassenen Rolladen in seinem Haus verbarrikadiert (Mit Otto Lapps worten „vereinsamt“). Es wird das Bild eines gewalttätigen und sich immer mehr in die Isolation begebenden Mollath gezeichnet. Sei es aus angeblicher eigener Erfahrung oder vom Hörensagen.
Ich habe nochmals nachgeschaut. Die Übergriffe waren in den Jahren 2001/2002. Vor allem die angebliche Freiheitsberaubung, die am 31.05.2002 erfolgt sein sollte wird drastisch geschildert. Erstaunlich ist dann, das dieser gewalttätige und sich immer mehr zurückziehende und vereinsamende Herr Mollath sich ca. einem 3/4 Jahr nach diesem immer extremeren fortschreiten der Vereinsamung und Aufenthalt im dunklen Haus so wie präsentieren kann, wie auf der folgenden dokumentierten Veranstaltung:

Es handelt sich um ein Kommentargottesdienst in St. Lorenz mit dem Thema „Schwänzen für den Frieden?“. Dieser war am 16.3.2003. Mein persönlicher Eindruck ist nicht der eines einsamen Menschen, der sich endlich mal nach monatelanger Dunkelheit wieder in die Welt getraut hat. Im Gegenteil, er macht den Eindruck eines engagierten, informierten und emotional gefestigten Menschen. Auch die anderen Umstände dieser Zeit widersprechen diesem düsteren Bild, das dort gezeichnet wird. Er hatte sich über langen Zeitraum aktiv an den Montagsdemonstrationen in Nürnberg beteiligt. Seine Verhaftung zur Unterbringung geschah dann auch auf sein Wirken hin nach eben solch einer Montagsdemonstration.

Auch die Aussage von dem Zahnarzt Braun und seiner „Lüge“ sorgte für einen (zweifelhaften) journalistischen Highlight in dieser Woche. Im TV über das Angebot von dem Angebot über Schwarzgeldgeschäften und die klare Aussage über das Telefonat mit Frau Maske sind der Grund des Misstrauens. Wie kann jemand ein Gespräch so wortwörtlich über Jahre hinweg immer wieder von sich geben, wenn es nicht auswendig gelernt ist? Und wer einmal Lügt, der Lügt bestimmt auch immer. Mit diesem Argument müsste man fast alle vorherigen Aussagen in die Tonne klopfen. Ich weiß nicht wie es den Lesern dieses Kommentars geht, aber ich habe bestimmte, zum Teil auch recht banale Gespräche im Kopf die ich meine auch noch nach Jahrzehnten wortwörtlich wiedergeben zu können. Jetzt ist es so, das Herrn Braun sogar vorgeworfen wird, das er eben ein recht kurzes Gespräch noch nach Jahren wortwörtlich wiedergeben kann. Ein gewisses automatisches auswendiglernen ist hier gar nicht abzustreiten. Wenn ich mit mehrfach an die verschiedensten Stellen wende und diese auf den Inhalt des Telefongespräches aufmerksam mache, diese mich ignorieren und ich mit meiner „eidesstattlichen Versicherung“ an die Öffentlichkeit gehe, entsteht auch ungewollt natürlich so etwas wie ein „Auswendig daher sagen. Dieser Kern meines Anliegens wird sich so in mein Gehirn brennen, das ich es immer wieder wortwörtlich wiedergeben kann, ohne das ich es bewusst auswendig lerne.
Das andere Dokumente den Wahrheitsgehalt der Kernaussage von Herrn Braun untermauern hat Frau Prem in Ihrem Bericht zum 4. Prozesstag erläutert:

Anmerkung: Dass der Zeuge Edward Braun absolut glaubwürdig ist, ergibt sich für mich aus zwei von ihm völlig unabhängigen Schriftstücken:

Im September 2009 verschickten Edith und Gerhard Dörner, Gründer des Mollath-Unterstützerkreises, ein Schreiben an viele Medienvertreter in Deutschland. Da sie stets in Kontakt mit Gustl Mollath standen, gaben sie darin auch Aussagen wieder, die er seinerzeit getätigt hatte. Auch er berichtete von ähnlichen Äußerungen der Ex-Frau. So findet sich auf Seite 5 die Schilderung, diese habe ihn sogar in der Forensik angerufen und unter anderem zu ihm gesagt: »Dich machen wir fertig!« (Brief zum Nachlesen hier herunterladen)

In seinem Schriftsatz vom 1. Mai 2013 schreibt Verteidiger Gerhard Strate:
»Aus den in dem Duraplus-Ordner vorhandenen Schreiben meines Mandanten an seine Ehefrau gehen die sich steigernden Taktiken der Ehefrau, meinen Mandanten daran zu hindern, sein Wissen über ihre Tätigkeit zu verbreiten und ihn dazu zu bewegen, seine Ermahnungen, mit ihren illegalen Geschäften aufzuhören, einzustellen – und daneben auch finanziell gestärkt aus einem Scheidungsverfahren herauszugehen –, deutlich hervor. […]

In dem Schreiben vom 25.8.2002 (abgelegt in dem Duraplus-Ordner) berichtet Mollath über folgende sich steigernde Maßnahmen seiner Ehefrau gegen ihn, verbunden mit Lockangeboten:

Kündigung der Lastschriftverfahren, z.B. für die Beiträge Krankenkasse des einkommenslosen Mandanten;

Verweigerung von Unterhalt, verbunden mit der Ankündigung, dies auch zukünftig zu tun

Angebot, ihm 500.000,- Euro zu überlassen, damit er schweigt.« [Hier nachlesen]

(Quelle: Ein Buch lesen – Wiederaufnahme Gustl Mollath – 4. Tag: »Da ist schon was …«)

Die nachgewiesene „Lüge“ der Beisitzerin Frau Heinemann nachdem die Ärztin zum LG-Termin 2006 Vorgeladen war und nicht kommen konnte -widerlegt von Herrn Strate-, nimmt man dagegen eher gelassen hin. Wie man diese mehrfachen 180°-wendungen von Frau Heinemann bewerten kann, sei jedem selbst überlassen.
Den ersten Knall hatte sie mit Ihrer schriftlichen Erklärung an den Untersuchungsausschuss gemacht:

„Der Vorsitzende Brixner hat mir entwe-
der in einer Verhandlungspause oder kurz nach der Hauptverhandlung er-
zählt, er habe den vor der Tür des Gerichtssaals stehenden Martin Maske
als einen Handballer erkannt, den er früher trainiert habe. Er habe ihn kurz
begrüßt.“

(Quelle: UA Fall Mollath – Schlussbericht, Seite 73)
Den weiteren in der Zeugenvernehmung am Freitag. Dort verkündigte Sie, das es angeblich schon bei der Verhandlung am 8.August 2006 bekannt war, dass das Attest nicht von der Frau Dr. Reichelt selbst stamme. Also wieder eine „Lüge“. entweder am Freitag als Zeugin oder am 8.August 2006 als Richterin, wo das Attest als von Frau Reichelt stammend verlesen wurde und so auch (diktiert von Frau Heinemann) seinen Platz in der Urteilsbegründung fand.

Zu der Bekanntschaft von Herrn Brixner und dem jetzigen Ehemann von Frau Maske berichtet Frau Heinemann über eine „kurze“ Begegnung der Beiden auf dem Flur bei dem damaligen Prozess (siehe obiges Zitat) wird nun beiläufig erwähnt. Scheinbar war diese angeblich zufällige und kurze Begegnung so wichtig, das Herr Brixner lt. dem Schöffen Westenrieder sich zu folgendem Hinweis genötigt sah:

„Herr Brixner hat vor der Urteilsberatung erklärt, er kenne den Herrn Maske von einem Sportverein her, er will aber und wollte das bisher nicht laut sagen, weil sonst besteht die Möglichkeit, dass er wegen Befangenheit abgelehnt wird.“

(Quelle: SWR – Richter Brixner soll selbst von seiner möglichen Befangenheit gesprochen haben)

Der Nebeneffekt ist das schon jetzt im Vorfeld dieses Wiederausnahmeverfahrens und bevor Herr Brixner am Montag als Zeuge aussagt, mindestens eine seiner früheren Aussagen sich als eine Lüge herausstellt. Vor dem Untersuchungsausschuss hat Herr Brixner nämlich behauptet, das:

Herr
Brixner kannte Martin Maske, den damaligen Lebensgefährten und jetzigen
Ehemann von Petra Mollath und Mitarbeiter der HypoVereinsbank, da er in
den 80er Jahren dessen Handballtrainer war. Anders als an die Vorgänge
2006, konnte sich Herr Brixner an diese Umstände, die deutlich früher la-
gen, sehr gut erinnern. Herr Brixner gab an, Martin Maske seit April 1982
nicht mehr gesehen zu haben, eine Verbindung zum Fall Mollath habe er
nicht gekannt, obwohl sich Herr Mollath über die Anwesenheit von Herrn
Maskes in einer Verhandlung beim Amtsgericht beschwert hatte, wie sich
aus den Akten ergab. Ebenfalls folgte aus den Akten, dass Frau Mollath zu
Martin Maske nach Berlin gezogen war.

(Quelle: UA Fall Mollath – Schlussbericht, Seite 73)

Otto Lapp hat indes am Samstag einen Kommentar geschrieben in dem er diejenigen die immer noch an einen Komplott glauben für verrückt erklärt („… diese sollten besser zum Arzt gehen“). Er begründet das fehlen eines Komplotts mit der Stümperhaftigkeit, die für die Verurteilung an den Tag gelegt wurde.
Nun er hat es wenigstens geschafft, nicht von einer Verschwörungstheorie zu schwafeln. Ein Komplott, der aufgedeckt wird zeichnet sich meistens durch Stümperhaftigkeit aus. Sonst würde er ja nicht aufgedeckt werden.
So kommt Frau Krach (die das erste Ferngutachten zur angeblichen psychischen Situation Mollaths schrieb und „zufällig“ die Kundin von Frau Maske -die zur Erinnerung im Anlagebereich tätig war- gewesen war zu ihrer Zeugenaussage mit einer Akte, in der von einem „manipulierten Motorrad“ der Frau Maske die Rede ist. Dies nun, nachdem das Motorrad sehr wahrscheinlich gar nicht mehr existiert, bzw. bereits mehrfach überholt worden ist zu präsentieren ist ebenso geschickt, wie die neue Erkenntnis, dass die Herkunft des Attestes bereits bei der Hauptverhandlung 2006 mit Herrn Brixner bekannt war oder das die Freundin/Schwägerin/Arzthelferin nicht vereinbarungsgemäß vor dem Haus gewartet habe (alte Version), sondern mit dem Motorrad Frau Maske hinterher gefahren sei.
Man kann auch mal die Theorie aufstellen, ob es in Bayern im Jahr 2006 in der Gerichtsbarkeit Nürnberg nicht einfach gereicht hat, so stümperhaft vor zu gehen?

Mit Blick auf die Länge des Kommentars ende ich hier mal.

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