Das „Modell Mollath“ soll auf einen rechtlichen Boden gestellt werden!

Der Fall „Mollath“ geht seit Monaten durch die Presse. Es ist aber bei weiten kein Einzelfall, wie es uns die Regierenden vorgaukeln wollen.

Nun wird, während man nach Außen den auch so tollen Wiederaufnahmeantrag publiziert unter möglichst dem Ausschuss der Öffentlichkeit versucht die Gesetzliche Grundlage für eine bessere Misshandlung unliebsamer Fälle zu schaffen.
Auf der Seite des Paritätischen Wohlfahrtsverband liest sich das zur Lesung am 10.12.2012 so:

Zu Beginn der Anhörung äußerten Psychiatrie Erfahrene Besucher/-innen deutlich Ihren Protest gegen das Gesetzesvorhaben. Es kam dann bedauerlicherweise zu tumultartigen Szenen mit der Folge, dass mehrere Besucher/-innen unter Hinzuziehung von Polizeikräften des Saales verwiesen wurden.

(Quelle: Der Paritätische – Öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme am 10.12.2012)

Wo Anders (FAZ) liest sich das Ganze dann so:

Anhörungen in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages, im Rechtsausschuss zumal, sind in der Regel gediegene, wohlorganisierte Veranstaltungen, die deutlich öfter lang- als kurzweilig sind. Dass das Publikum, wie Montagvormittag im Rechtsausschuss geschehen, um Zurückhaltung gebeten und darauf hingewiesen wird, dass bei einer Anhörung seine Beteiligung nicht vorgesehen sei, ist ungewöhnlich.
[…]
Ursprünglich war geplant, diese weit in die Grundrechte von rechtlich betreuten Menschen eingreifenden Regelungen leise, schnell und ohne große Diskussionen ins Betreuungsrecht zu schreiben.

(Quelle: Frankfurter Allgemeine – Es geht auch ohne Zwang)

Und noch deutlicher ein Bericht eines polnischen Pressevertreters, der über sein Erlebnis bei dieser „öffentlichen Sitzung“ berichtet:

Geheime Anhörung im Bundestag

Im deutschen Parlament findet eine als öffentlich deklarierte Anhörung des Rechtsausschusses des deutschen Bundestages statt.
[…]
Eingeladen sind- abgesehen von den Bundestagsabgeordneten- jene von der Psychiatrie betroffenen Personen, die als Zuschauer “miterleben” dürfen, welche Zwangsmaßnahmen über sie verhängt werden sollen. Wir kommen als polnische Pressevertreter mit offizieller Akkreditierung für Ton- und Bild- Berichterstattung im Bundestag, was bei öffentlichen Versammlungen prinzipiell kein Problem darstellen sollte. Immerhin ist die Pressefreiheit im deutschen Grundgesetz vermerkt. Ebenso wie insbesondere das Parlament keine Geheimnisse vor den Bürgern haben sollte. Polizisten machen uns jedoch schon bei den ersten Aufnahmen darauf aufmerksam, dass mit Hinweis auf das “Hausrecht” des Vorsitzenden jegliche Aufzeichnungen- noch deutlicher: jede Aufnahme von Beweisen- untersagt seien. Nicht mal schriftlich können sie uns dieses Verbot geben, das unsere Akkreditierung aufheben soll. Kurz darauf verweisen sie einen von uns des Raumes. Weitere folgen. Dabei erkundigten wir uns lediglich gut vernehmlich nach der Pressefreiheit und welches Recht sich diese Menschen heraus nähmen, voller Gefühlskälte über Leben und Tod anderer zu entscheiden, nur weil sie angepasst und etabliert sind.

(Quelle: Readers Edition – Geheime Anhörung im Bundestag)

Nun, es geht nicht nur darum, das „Modell Mollath“ rechtlich zu legalisieren, sondern diesen sogar noch zu erweitern. Nach dem geplanten Gesetz ist es nicht nur so, dass man Menschen in die Psychiatrie einsperren kann, sondern auch gegen Ihren Willen mit Chemie vollpumpen kann, also Willenlos zu machen, zuerst rechtlich, in dem man die „ärztliche Zwangsmaßnahme“ verordnet, dann durch die Medikamente. Eine Taktik, die nicht nur in Diktaturen hervorragend funktioniert, sondern gegn die gerade in Amerika seit Jahrzehnten gekämpft wird.
Aber das scheint den Machthungrigen in D-Land noch nicht genug. So heißt es in dem Beschluss zur Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister 2012 wie folgt:

Die Justizministerinnen und Justizminister begrüßen, dass sich das
Bundesministerium der Justiz nach den Beschlüssen des Bundesge-
richtshofs vom 20. Juni 2012 (Az. XII ZB 99/11, 130/11) der Sache
angenommen hat. Sie weisen allerdings darauf hin, dass die vom
Bundesministerium der Justiz vorgelegte Formulierungshilfe der Prob-
lematik nicht vollständig gerecht wird, weil danach die ärztliche Maß-
nahme nur dann zulässig sein soll, wenn der Betroffene in einer ge-
schlossenen Einrichtung untergebracht ist. Wird eine ärztliche Maß-
nahme gegen den Willen des Betroffenen nur im Rahmen einer ge-
schlossenen Unterbringung erlaubt, bleibt jedoch nach Ansicht der
Justizministerinnen und Justizminister einem nicht unbeträchtlichen
Teil von Betroffenen die notwendige und zugleich schonendere Zu-
wendung medizinischer Hilfe versagt. Zu denken ist dabei insbeson-
dere auch an demenzerkrankte Betroffene bei der Behandlung soma-
tischer Leiden.

(Quelle: Beschlüsse der Herbstkonferenz 2012 – Tagesordnungspunkt 1.1 (Absatz 3 ist hier zitiert) [PDF ca. 261 KB])

Was maßen sich Juristen an, entscheiden zu wollen, was für einen Menschen richtig ist?
Ich habe jahrelang in Nachbarschaft einer Frau gewohnt, die als ehemalige Journalistin sich irgendwann von unserer (und meiner) realistischen Welt fast komplett verabschiedet hat. Sie sprach immer vor sich her und ab und an brüllte sie und brüllte auch mal den Einen oder Anderen an. Aber sie lebte, sie Ging Einkaufen, sie versorgte sich selbst. Manchmal konnte man mit Ihr zusammen sitzen und recht interessante Gespräche führen. Dann von einer Minute auf die Andere brüllte Sie einen an. Na und? Man stand auf und ging dann einfach. Da sich das Ganze in unserem Innenhof abspielte blieb das Ganze außerhalb der Öffentlichkeit und so konnte sie in Ihrer Welt (ob zufrieden, das weiß ich nicht) leben. Bloß weil es evtl. Menschen gibt, die meinen, so einer Frau „muss“ geholfen werden, auch gegen Ihren Willen, soll Sie dann mit Chemie vollgepumpt werden oder für den Gewinn einer Psychiatrie auf Steuerkosten weggesperrt werden?
Welch eine verkommene Welt, in der man solche Mittel braucht, um die Menschen gefügig zu halten.

Und für alle, die meinen, das es für sie ja bequemer sei, wenn man nicht mit solchen Menschen konfrontiert wird und auch all die Querulanten weg-medikamentiert sind, sei dieser Spruch von „Martin Niemöller“ ans Herz gelegt:

„Als die Nazis die Kommunisten holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Gewerkschafter holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Gewerkschafter.

Als sie mich holten,
gab es keinen mehr,
der protestieren konnte.“
(„Als die Nazis die Kommunisten holten…..“)

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