[Mollath] Die „Stellungsnahmen“ des Ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz Bayern – Teil 1

Einleitung:
Eigentlich wollte ich diese hier angesprochene Stellungnahme in einem Rutsch erledigen. Aber da die Thematik so „Komplex“ ist, besser gesagt meine Zeit doch etwas begrenzt, teile ich meine Kommentare zu dieser Stellungnahme. Im ersten Teil habe ich es jetzt geschafft die ersten drei von 11 Vorwürfen und deren Stellungnahme dazu zu kommentieren. Da ich gerne für meine Meinung Belege zufüge ist dies immer eine Sisyphusarbeit, die dann aber (so hoffe ich) um so wirkungsvoller ist.

Gestern bin ich über die (private!) Seite von Beate Merk auf eine merkwürdige Stellungnahme gestolpert, die jeder Grundregel für offizielle Schreiben zuwider läuft. Ich berichtete ausführlich darüber hier: Ministerin für Justiz und für Verbraucherschutz in Bayern -Beate Merk- eine Täuscherin?

Dabei bin ich dann bei der Suche nach der Herkunft dieser „anonymen“ Stellungsnahme auf die Presseseite des Ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz von Bayern gelangt. Dort fand sich diese seltsame „anonyme“ Stellungsnahme unter der Unterrubrik „Aktuelles“ wieder. Aber nicht nur das, auch eine weitere PDF mit dem Titel „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“. Neugierig wie ich bin, habe ich mir auch diese Datei mal angeschaut. Es ist ein 5-Seitiges Dokument, das wiederum keinerlei Anbieterkennzeichnungen enthält. Einzig als Fußnote steht neben dem Text dort noch auf der ersten Seite „Dokument4“.
Also wiederum eine „anonyme“ Stellungsnahme? Eine Datei ohne jede Herkunftsangabe und Quellenangabe. Für ein Ministerium, das auch für Verbraucherschutz zuständig ist, ein blamables Vorgehen. Oder der Versuch hier bei Widerlegung der dort aufgestellten Thesen nichts damit zu tun zu haben?

Spannend ist es, dieses Dokument genauer anzusehen.
Da gibt es links den sogenannten „Vorwurf“ und rechts eine „Stellungsnahme“. Eine Quellenangabe woher man den „Vorwurf“ entnommen habe gibt es nicht, ebensowenig eine Angabe, von wem die „Stellungsnahme“ ist.
Also ein Dokument, was, wenn man es Ausdruckt am besten auf weichem dünnen Papier ausdruckt, damit es wenigstens auf einem „Stillen Örtchen“ noch zu etwas nutze ist.

Es fängt bereits sehr spannend an:
Als ersten „Vorwurf“ liest man folgendes:

Das StMJV hat die Justiz angewiesen, Herrn Mollath unterzubringen, um einen prominenten Steuersünder zu schützen.

(Quelle: Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Bayern (kurz: „StMJV“) – „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“ [PDF 58 KB])

Nun, eine interessanter Vorwurf, der mir in dieser genauen Zuordnung neu war. Also bin ich, da ja eine Quellenangabe fehlt auf die Suche gegangen. Trotz verschiedenster Suchwortkonstellationen fand ich nicht eine Aussage, die diesen angeblichen Vorwurf so bestätigt. Von daher ist die „Stellungsnahme“ (von wem auch immer) nur wegen der Vollständigkeit wegen hier erwähnt:

Das ist grob falsch. Das StMJV hat keinen Einfluss auf die Sachbehandlung der Strafanzeige Mollaths wegen Schwarzgeldverschiebung genommen. Der Vorgang Mollath wurde dem StMJV erstmals durch die Landtagseingabe des Herrn Mollath bekannt. Die Eingabe ging am 12.01.2004 ein. Hierzu forderte das StMJV am nächsten Tag einen Bericht der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth an. Dieser Bericht ging hier am 26.02.2004 ein und verwies auf die § 152 Abs. 2 StPO-Verfügung vom 09.02.2004. Auf diese Sachbehandlung der zuständigen Staatsanwaltschaft hat das StMJV keinerlei Einfluss genommen. Es gab im Übrigen auch keinen gesonderten Berichtsvorgang „Mollath“ im StMJV.

(Quelle: Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Bayern (kurz: „StMJV“) – „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“ [PDF 58 KB])

Nun, nach meinen Nachforschungen muss ich erst mal sagen, das der angebliche Vorwurf, der hier in diesem Dokument behauptet wurde „grob falsch“ ist.
Richtig ist, das es verschiedentliche Vorwürfe und Vermutungen gibt, dass die Justiz sich mit Ihren Handlungen schützend vor der im HVB-Revisionsbericht erwähnten „prominenten Persönlichkeit“ und evtl. anderen Betroffenen gestellt habe. Allein die „aktive“ Einmischung des Richters Brixner 2 Jahre bevor er überhaupt mit dem Fall betraut wurde war eine eindeutige Einmischung mit einer Bitte/Anweisung, das man die Anzeige von Mollath nicht weiter beachten müsse. Als Richter beim Landesgericht und seinem Anruf in dieser Funktion hat er somit als „Justiz“ gehandelt. Auf weitere Beispiele, wo die Justiz sich in diesem Fall mit „Anweisungen“ in die Ermittlungen eingemischt haben, wie z.B. bei der angeblichen Reifenstecherei verzichte ich.
Dagegen gibt es den vielfachen Vorwurf, das die Justiz, speziell in Bayern eben nicht diese „Unabhängigkeit“ hat, wie es das „StMJV“ und Frau Merk gende zur Schau stellen wollen. Anhand der Landesgesetze ist eine Bewerbung für ein Richteramt, bzw. die Berufung zu selbigen gleichzeitig eine Bewerbung für die Staatsanwaltschaft. Auch ist es immer möglich Richter zur Staatsanwaltschaft zu berufen und Staatsanwälte zu Richtern. Somit kann ein Richter durch Versetzung zu einem „weisungsgebundenen“ Staatsanwalt werden. Von daher ist ein Richter gerade in Bayern nur indirekt „unabhängig“.

Anmerkung:
Da sich die „anonyme“ Stellungsnahme über 5 Seiten zieht, werde ich nun in Folge nur einige mir „relevanten“ (frei nach Merk) Passagen zitieren, um den Beitrag nicht zum explodieren zu bringen. Im Gegensatz zur Frau Merk, weise ich hier aber darauf hin, dass der Originaltext unter dem Link in der Quellenangabe jederzeit selbst in voller Länge nachlesbar ist und auch gelesen werden sollte.

Weiter geht es mit dem zweiten „Vorwurf“:

Der Schlüsselsatz aus dem Sonderrevisionsbericht der HVB wurde dem Rechtsausschuss am 8. März 2012 vorenthalten.

(Quelle: Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Bayern (kurz: „StMJV“) – „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“ [PDF 58 KB])

Diesem Vorwurf ist ein Zitat des Landtagsabgeordneten Strobel aus dem Landtags-Plenum vom 14.11.2012 angefügt.
Nun, die „Stellungsnahme“ sagt dazu:

Frau Staatsministerin hat in ihrem Bericht vor dem Rechtsausschuss eingehend zu dem Sonderrevisionsbericht Stellung genommen, und zwar auf Grund der Bewertung durch die zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafverfahren Nürnberg-Fürth.

(Quelle: Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Bayern (kurz: „StMJV“) – „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“ [PDF 58 KB])

Im weiteren wird dazu die „Bewertung“ der oben genannten Staatsanwaltschaft erwähnt:

„Entgegen dieser Zusammenfassung findet sich jedoch eine Bestätigung des Verdachts, dass entgegen der offiziellen Weisung die geschilderte Art der „Auftragsübermittlung“ an Schweizer Banken nach 1998 weitergeführt wurde, oder des Verdachts, dass Wertpapiere oder Bargeld von Mitarbeitern der Bank persönlich in die Schweiz gebracht worden, gerade nicht im Bericht.“

(Quelle: Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Bayern (kurz: „StMJV“) – „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“ [PDF 58 KB])

Dazu den Hinweis, das man keinen „Anlass“ sah diese „Bewertung“ anzuzweifeln.

Gut, gerade dieser Punkt war eines meiner Kernfragen in dem Artikel: „Mollath und die Frage ob Frau Merk lügt“
Dort bin ich auch auf den in dem angeblichen „Vorwurf“ erwähnten Bericht vom 8. März 2012 eingegangen. Nun heißt es in dem Protokoll, das man leider nur über den SWR (und einigen, die es auf verschiedenen Seiten zum Download anbieten) einsehen kann und (seltsamerweise) nicht auf der Landtagsseite des Landes Bayern (oder ich habe es -trotz intensiver suche- nicht gefunden) zu dem „gesprochenen Wort“ von Frau Merk wie folgt:

Report Mainz hat am 14 Dezember (Anm.: 2011) erstmals eine Stellungnahme der Hypovereinsbank wiedergegeben,
[…]
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat angesichts der neuen Aüßerungen der HypoVereinsbank die Sache nochmals geprüft, ist umgehend an die HypoVereinsbank hernagetreten und hat eine schriftliche Stellungsnahme angefordert.
Die HVB sich hierzu mittlerweile auch gegenüber der Staatsanwaltschaft geäußert.
[…]
Die Bank hat – so der Bericht- auch das strafrechtlich relevante Verhalten der Mitarbeiter überprüft.
[…]
Der Bericht bestätigt jedoch gerade nicht den verdacht, dass diese Praxis nach 1998…
[…]
Stattdessen ergaben sich aus dem Bericht nur Hinweise auf möglicherweise strafrechtlich relevante Verstöße einzelner HVB-Mitarbeiter,
[…]
Der Sonderrevisionsbericht weist ferner auf einzelne Tatbestände hin, die bei einigen Mitarbeitern bzw. Kunden steuerlich relevant sein können.
[…]
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat den Revisionsbericht als Kontrollmitteilung an die Finanzbehörden weitergeleitet.
[…]

Mein Fazit zum zweiten Komplex lautet also:
[…]
Die von Herrn Mollath erhobenen Vorwürfe hat der Revisionsbericht jedenfalls für die Zeit nach 1998 gerade nicht bestätigt.

Er enthält nur Hinweise auf andere Straftaten, …
[…]

(Quelle: Protokoll vom 8.März 2012 im Rechtsausschuss – Beate Merk)

Ich habe hier mal versucht, nur die Passagen um den Revisionsbericht heraus zu holen. Den ganzen Text kann man sich auf der PDF in hinterlegten Link der Quellenangabe ansehen.
Dabei wird deutlich, das Frau Merk am 8.März zuerst über die Staatsanwaltschaft, die Ihr angeblich nur eine „Bewertung“ zugesandt habe aussagt, das diese eine „schriftliche Stellungsnahme“ von der HVB abverlangt habe und das sich die HVB mittlerweile (also bis zum 8. März 2012) gegenüber der Staatsanwaltschaft geäußert habe. Sie selbst nimmt dann Bezug auf den Revisionsbericht („Die Bank hat –so der Bericht-“ oder „Der Bericht bestätigt jedoch“ usw.) und nicht auf eine „Bewertung“ der Staatsanwaltschaft! Somit ergeht sich Frau Merk direkt über den Bericht! Da sie anderen jedes Komma vorhält, muss sie sich hier auch ihre eigenen Aussagen vorhalten lassen.
Erst nachdem sie die angeblichen Ergebnisse aus dem Revisionsbericht dargelegt hat, erwähnt sie, das die Staatsanwaltschaft diesen zu den Finanzbehörden weiter gereicht habe. Und in ihrem höchsteigenen („Mein“) Fazit nimmt sie wiederum Bezug auf den Revisionsbericht und nicht auf irgendeine ominöse Bewertung der Staatsanwaltschaft.
Auch ist es erstaunlich, dass Frau Merk in Ihrem „gesprochenen Wort“ am 8.3.2012 so oft Bezug auf den Revisionsbericht nimmt, wo sie lt. der Stellungsnahme von der Staatsanwaltschaft diese Mitteilung bekommen habe:

Die Staatsanwaltschaft hat damals in ihrer Bewertung zu diesem Satz mitgeteilt:
„Entgegen dieser Zusammenfassung findet sich jedoch eine Bestätigung des Verdachts, dass entgegen der offiziellen Weisung die geschilderte Art der „Auftragsübermittlung“ an Schweizer Banken nach 1998 weitergeführt wurde, oder des Verdachts, dass Wertpapiere oder Bargeld von Mitarbeitern der Bank persönlich in die Schweiz gebracht worden, gerade nicht im Bericht.“

(Quelle: Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Bayern (kurz: „StMJV“) – „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“ [PDF 58 KB])
Nun, der „Kronzeugensatz“ berichtet nicht über Delikte, sondern das sich sie verfolgbaren Vorwürfe des Herrn Mollath als zutreffend erwiesen haben, wie in dem nachfolgend erwähnten Interview nochmals wortgetreuer zitiert wurde.
Unabhängig davon, hat Frau Merk bis weit in das Jahr 2013 hinein „Den nun immer wieder zitierten „Kronzeugensatz“ aus dem Bericht“ immer wieder dementiert. In dem viel beachteten Interview vom 12.11.2012 beim „Report Mainz“ hat sie diesen „Kronzeugensatz“ wieder dementiert und das obwohl sie dort ausdrücklich befragt wurde, ob sie den Revisionsbericht kenne:

Sie bestätigt dies mit einem ganz leichten Nicken und einem zustimmenden „mhm“, wie schon an derer Stelle des Interview sie so die Bejahung einer Frage vorgenommen hat. Darauf folgt dann der schon oft zitierte Satz „Soweit sie verfolgbar waren, haben sie sich nicht als zutreffend herausgestellt“.
Das bedeuten, dass -selbst wenn man entgegen dem „gesprochenen Wort“ von Frau Merk am 8.3.2012 davon ausginge- sie den „Kronzeugensatz“ dort noch nicht gekannt habe, beweist Frau Merk in dem Interview ein 3/4 Jahr später immer noch eine enorme Begriffsstutzigkeit, die die „Stellungsnahme“ im wesentlichen als Farce dastehen lässt. Ebenso wie nun auf Grund der „Vorwürfe“ des Herrn Mollaths doch erfolgten Ermittlungen das Gegenteil beweisen.
Als weiterer „Vorwurf“ zu diesem Thema wird Frau Aures von der SPD zitiert:

„Wir wissen, dass der Bericht der
Hypo-Vereinsbank seit Dezember 2011 vorliegt. Man muss heute die Erklärung einfordern, für wie dumm wir im März 2012 gehalten werden sollten.“ (MdL Aures, Lt-Plenum 14.11.2012, Prot: 10464).

(Quelle: Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Bayern (kurz: „StMJV“) – „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“ [PDF 58 KB])

Nun, hier ist ein klarer Vorwurf durch die Landtagsabgeordnete Frau Aures erfolgt. Das ist Richtig. Sie moniert, das der Landtag am 8.3.2012 dumm gehalten werden sollte. Und sie fordert richtiger weise eine Erklärung dafür. Ob die Justizministerin es zugelassen hat, das die Staatsanwaltschaft sie selbst dumm sterben lassen wollte ist dabei unerheblich! Fakt ist, das im Erfassungsbereich der Justizministerin der Revisionsbericht mindestens seit Dezember 2011 vorlag. Wenn die Cheffin nicht in der Lage ist -wie es die „anonymen“ Autoren der Stellungsnahme einen weiß machen wollen- sich für eine Antwort korrekt zu informieren und dann noch mit Ihrem Halbwissen falsche Tatsachenbehauptungen aufstellt, ist solch eine Erklärung eine richtige Forderung und hat nichts mit einem „Vorwurf“ zu tun.
Außer natürlich, wenn jede anderslautende Äußerung als Majestätsbeleidigung gesehen wird.

Ab dem 3. „Vorwurf“ hat man endlich auch den Bezug zu einer Konkreten Aussage:

„Anders als Sie es auch schon darzustellen versucht haben, ging es bei (bei dem HVB-Sonderrevisionsbericht) nicht um arbeitsrechtliche Zusammenhänge und Fragen, sondern es ging selbstverständlich auch um Geldwäsche und um Schwarzgeld.“
(MdL Stahl, Lt-Plenum 14.November 2012, Prot: S. 10461)

(Quelle: Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Bayern (kurz: „StMJV“) – „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“ [PDF 58 KB])

Das die Staatsanwaltschaft inzwischen gegen Personen ermittelt, die indirekt auch Gegenstand des Revisionsberichtes waren, sagt doch aus, das die Vorwürfe von Frau Stahl stimmen, das es sehr wohl auch um „Geldwäsche und Schwarzgeld“ gehe. Von daher verwundert die Antwort in der Stellungsnahme doch:

Man sollte sich schon die Mühe machen und den Rechtsausschussbericht vom März 2012 lesen. In diesem Bericht hat Frau Staatsministerin nie behauptet, dass es nur um arbeitsrechtliche Fragen ging. Im Gegenteil: Es wurde ausdrücklich dargestellt, dass die Bank auch die Geldanlagen in der Schweiz geprüft hat, jedoch zu dem Ergebnis kam, dass diese Praxis spätestens 1998 eingestellt wurde.

(Quelle: Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Bayern (kurz: „StMJV“) – „Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Fall des Herrn Mollath“ [PDF 58 KB])

Nun, ich habe den Rechtsausschussbericht gelesen und dort folgende, offensichtlich falsche Behauptung gefunden:

Der Bericht bestätigt jedoch gerade nicht den Verdacht, dass diese Praxis nach 1998 weitergeführt wurde, oder dass Wertpapiere oder Bargeld von Mitarbeitern der Bank persönlich in die Schweiz gebracht worden sind

Stattdessen ergaben sich aus dem Bericht nur Hinweise auf möglicherweise strafrechtlich relevante Verstöße einzelner HVB-Mitarbeiter, die nichts mit der von Mollath angezeigten Problematik und auch nichts mit seiner ehemaligen Ehefrau zu tun hatten …

(Quelle: Protokoll vom 8.März 2012 im Rechtsausschuss – Beate Merk)

Zuerst einmal ist dort sehr wohl von „strafrechtlichen Verstößen“ die Rede. Man will dies aber nicht für das Thema Schwarzgeld gelten lassen (wie in dem weiter gehenden Text dargestellt). Die detaillierte Beschreibung möglicher strafrechtlicher Verstöße in dem Bericht sind dabei verwunderlich, da Frau Merk doch angeblich nur eine „Bewertung“ des Revisionsberichtes durch die Staatsanwaltschaft gekannt haben will.
Nun, zu dem Thema Verdacht, dass die Praxis nach 1998 weitergeführt wurde gäbe es anhand des Revisionsberichtes nicht, stimmt so nicht. Auf Seite 2 des Berichtes unter Punkt 1.1 Abwicklungsmodalitäten der Vermögenstransfers“ heißt es dazu nur:

Zur Dauer der praktizierten Handhabung gibt es wieder unterschiedliche Angaben.
[…]
wurde diese Handhabung jedoch bereits Mitte der neunziger Jahre – nach Durchsuchung der HCM (Hypo Capital Management) – offiziell eingestellt.

(Quelle: SWR – Sonderrevisionsbericht der HVB zu den Vorwürfen von Herrn Mollath)

Es wurde also nur bestätigt, das die Bank diese Praxis „offiziell“ eingestellt habe. Schon im nächsten Satz heißt es dazu dann sehr eindeutig:
Es löiegt die Vermutung nahe, dass von einzelnen Mitarbeitern entgegen offiziellen Weisungen diese „Auftragsübermittlung“ weitergeführt wurde.

Diese Aussage steht nun im klaren Gegensatz zu den Äußerungen von Frau Merk, dass der Revisionsbericht diese Praxis nach dem Jahr 1998 nicht mehr weitergeführt wurde. Genau diesen Verdacht äußert der Revisionsbericht ganz konkret und genau nach dem so schön in der Stellungsnahme übernommenen Passus mit der „Bankendurchsuchung“.

Wenn man sich nun die Feststellungen der Bank zu Vorwürfen (Punkt 1.2, ab Seite 4) von Herrn Mollath durchliest, speziell zu Frau M (=Mollath), dann erkennt man schnell, dass Sie nur das zugibt, was anhand der (im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft und Finanzbehörden) bescheidenen Ermittlungsmitteln der Bank zugeben musste.
So heißt es in dem Revisionsbericht, das Frau Mollath zu dem Thema „Schweiz“ die Aussage verweigere. Ebenso bestritt sie weitere Delikte, wie z.B. eigene Kurierfahrten, womit letztendlich nur Aussage gegen Aussage steht. Trotzdem benennt der Bericht zu den Aussagen dagegen sprechende „Auffälligkeiten“.

In der Bewertung heißt es dann auch:

Insgesamt ist anzumerken, dass sich Frau M wenig kooperativ zeigte. So bestand sie jeweils darauf. ihr alle Fragen schriftlich vorzulegen, um juristisch prüfen zu lassen, ob sie diese überhaupt beantworten muss.

(Quelle: SWR – Sonderrevisionsbericht der HVB zu den Vorwürfen von Herrn Mollath)

Sie hat also „nur“ das beantwortet, was sie Ihrem Arbeitgeber juristisch auch beantworten musste und dies scheinbar auch nur mit einigem Widerwillen und einigem Hickhack. Diese persönliche Einschätzung wird dann auch noch in der später zitierten Zusammenfassung von der HVB bestätigt.
Im Weiteren befasst sich der Revisionsbericht mit den anderen angesprochenen Mitarbeitern.
Spannend wird es dann bei dem zusammenfassenden Ergebnis ab ende Seite 15. Dieser beginnt direkt mit mit der Einleitung zu dem hier in der Stellungsnahme als „Kronzeugensatz“ bezeichneten Feststellung:

Die Anschuldigungen des Herrn Mollath klingen in Teilbereichen zwar etwas diffus, unzweifelhaft besitzt er jedoch „Insiderwissen“. Alle nachprüfbaren Behauptungen haben sich als zutreffend herausgestellt.

(Quelle: SWR – Sonderrevisionsbericht der HVB zu den Vorwürfen von Herrn Mollath)

Danach kommt der Revisionsbericht dann zum „Kernpunkt“ der Befürchtungen der Bank, die auch heute noch im Raum stehen und die mit Blick auf dem was Herrn Mollath seitdem passiert ist, durchaus von einer Absicht innerhalb eines miteinander durch Straftaten verstrickten Personennetzes gesehen werden kann.

Es ist nicht auszuschließen, dass Herr Mollath die Vorwürfe bezüglich des Transfers von Geldern von Deutschland in die Schweiz in die Öffentlichkeit bringt. Er selbst spricht in diesem Zusammenhang auch vom „größten und wahnsinnigsten Steuerhinterziehungsskandal“ in dem die HypoVereinsbank verstrickt sei.

Herr Mollath, der einen Handel mit Autoersatzteilen betreibt, war bisher auf die finanzielle Unterstützung seiner Frau angewiesen (u.a. HVB-Darlehen über ca. 82 TEUR). Dies birgt die Gefahr, dass er eventuell versucht, sein Wissen zu „verkaufen“. Hinzu kommt, dass Herr Mollath möglicherweise noch über vertrauliche Belege/unterlagen aus dem Besitz seiner Frau verfügt.

(Quelle: SWR – Sonderrevisionsbericht der HVB zu den Vorwürfen von Herrn Mollath)

Hier wird zum einen deutlich, das es der Bank in dem Revisionsbericht nicht um die Verstöße der Mitarbeiter ging, sondern dass sie „Befürchtungen“ hatten, das Mollath dies öffentlich macht. Ein eindeutiges Indiz, dass die Strafwürdigung der Taten ihrer Mitarbeiter für die HVB nicht von Interesse war. Ansonsten wäre mit einem offensiven vorgehen anhand der eigenen Ermittlungen -z.B. durch eine Strafanzeige- zumindest für die Glaubwürdigkeit der HVB ein einfacherer und ehrlicherer Weg gewesen. Diesen hat sie aber mit der Vertraulichkeit der Ermittlungstätigkeit vermieden.

Aber es geht noch weiter. Unter dem Punkt 2.2. werden weitere „Fehlverhalten“ von Mitarbeitern in der Zusammenfassung beschrieben:

Allen Mitarbeitern waren viele und gravierende Verfehlungen bzw. Verstöße gegn interne Richtlinien und externe Vorschriften (u.a. Abgabenordnung, Geldwäschegesetz, Wertpapierhandelsgesetz) anzulasten.
Die Mitarbeiter, insbesondere Frau M haben wenig dazu beigetragen, die gegen sie und die Bank erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Sie haben durch unkooperatives Verhalten und das teilweise Zurückhalten von Informationen die Recherchen erschwert und in die Länge gezogen. Sachverhalte wurden erst nach Vorlegen von Belegen zugegeben.

(Quelle: SWR – Sonderrevisionsbericht der HVB zu den Vorwürfen von Herrn Mollath)

Sie haben sich also genau so verhalten, wie es einem Beschuldigten zusteht. Sie haben im Prinzip nur das zugegeben, was man Ihnen auch Belegen konnte. Das ist Ihr gutes Recht. Aber trotz dieses Umstandes und dem Umstand, das die Bank nicht die selben Ermittlungsrechte wie eine Staatsanwaltschaft oder noch mehr eine Finanzbehörde hat, kommt sie zu dem Schluss, dass diese Mitarbeiter gegen externe Vorschriften verstoßen haben. Dabei nennt die Bank beispielhaft drei Vorschriften, die traditionell auch dem sogenannten Schwarzgeldvergehen zugeordnet werden kann. Somit ein für nichtjuristen durchaus verständlicher und nachvollziehbarer Vorwurf.

Dieser ganze Text sagt letztendlich aus, das die „anonyme“ Stellungsnahme zu dem angeblichen „Vorwurf“ Punkt 3. falsch ist und das die Bank, wenn sie etwas festgestellt hat, dann nur, dass „diese Praxis“ nur „offiziell eingestellt“ hat.

Hiermit endet der erste Teil der Kommentierung dieser seltsamen „anonymen Stellungnahme“.
Weiter geht es dann, wenn ich wieder etwas Zeit fürs schreiben abzwacken kann.

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