Manchmal bin ich froh, das mit durch meine Arbeit die Zeit fehlt auf manches direkt mit einem Artikel zu reagieren. So auch in diesem Fall, der Leibesvisitation durch die Polizei in der Friedrich-List-Wirtschaftsschule, München.
Das hätte wohl dann eine Anzeige von Staatlicher Seite mit sich geführt. So kann ich meine (Kraft-) Ausdrücke wohl beherrschen.
Was passiert ist, kann man in zahlreichen Zeitungsartikeln nachlesen.
Interessant sind die Äußerungen drumherum.
Die erste die mir aufgefallen war, ist die Bemerkung, dass man gegen die Polizisten auch wegen sexuellem (verbalen) Übergriff ermitteln müsste, wenn es eine entsprechende Anzeige durch die Eltern kommt.
„Wenn Strafanträge seitens der Eltern kommen, müssen wir überprüfen, ob der Tatbestand Beleidigung auf sexueller Basis zutrifft.“
(Quelle: Süddeutsche Zeitung – Entblößt im Klassenzimmer)
Mal abgesehen davon, das es in Deutschland ein Unding ist, dass die Polizei gegen sich selbst ermittelt, ist es im Interesse der Öffentlichkeit, das Strafvergehen gegenüber besonders Schutzbefohlener (hier minderjährige Kinder) umfangreich geprüft und in allen Richtungen und auf alle Straftaten hin überprüft werden. Wenn sich Kinder auf Grund einer wagen Äußerung eines Kindes vor fremden Erwachsenen ausziehen müssen, sich im Intimbereich untersuchen lassen müssen, ist dies vielleicht (ich kann nicht in die Köpfe dieser Individuen rein schauen) nicht aus einem sexuellen Hintergrund heraus geschehen, aber das dies für nicht wenige auch Erwachsene ein sexueller Übergriff bedeutet, wird man wohl nicht abstreiten können. Dazu kommt, das ja scheinbar die Untersuchung nicht einheitlich erfolgte. Es gab also eine gewisse Auswahl, nach dem die Intensität der Leibesvisitation erfolgte. Waren dies evtl. ethnische oder körperliche Gesichtspunkte? Somit evtl. rassistisch oder doch sexuell begründet?
Unabhängig davon ist es schon mal ein ganz klarer Verstoß gegen die Grundrechte, der Menschenrechtskonvention und der Konvention für Kinderrechte. Die Polizisten durften die Kinder überhaupt nicht mal befragen, ohne das vorher die Eltern informiert würden und diese mit anwesend sind.
Weiter ist die Rolle der Schule und LehrerInnen sehr Fragwürdig. Während die Schulleitung behauptet nichts von den Vorgängen gewusst zu haben, berichtet die Polizei davon, das die Leibesvisitation in Absprache mit der Schule erfolgte. Ob die Schulleitung davon wusste oder nicht, ist meiner Meinung nach unerheblich. Das aber, wie behauptet wird die direkten Lehrer angeblich nichts davon wussten ist so oder so ein Unding!
Haben die Lehrer den Vorgang mit der Leibesvisitation, ja schon vorher mit der unglaublichen im Vorfeld geschehenen Aktionen des Jugendbeauftragten der Polizei wirklich nicht mitbekommen, haben sie gegen Ihre Aufsichtspflicht während des Unterrichtes eklatant verstoßen. Waren diese (von 2 Lehrern wird ja in der Presse gesprochen) statt Ihrer Aufsichtspflicht nach zu gehen im Klassenzimmer Kaffee trinken oder in der Kneipe um die Ecke einen Schnaps?
Die Lehrer hatten während dem Unterricht in der Klasse zu sein und sonst nirgendwo. Von daher hätten sie auch die Ereignisse bis zu der Anweisung der illegalen Leibesvisitation mitbekommen müssen. Also entweder man lügt ganz erbärmlich von Seiten des Lehrkörpers oder man macht nicht seine Arbeit. In beiden Fällen hat sich die Schulleitung und die betroffenen Lehrer gleichermaßen mitschuldig gemacht.
Das die Lehrerschaft scheinbar keine Verantwortung für Ihre Untätigkeit übernehmen will, kann man an Hand eines Artikels in dem Internetauftritt „news4teachers.de“ entnehmen. Unter dem Titel „Wegen 5 Euro: Polizist durchsucht Achtklässler bis auf die Unterwäsche“ berichtet diese Internetseite über den Vorgang. Noch entlarvender ist der URL-Titel des Artikels, der da heißt: http://www.news4teachers.de/2012/12/wegen-5-euro-leibesvisitation-an-achtklasslern-beendet-zivilcourage-schulung/
Zynischer weise ist in dem Artikel nicht ein Wort über Lehrer zu lesen. Kein Wort über die mangelnde „Zivilcourage“ der Lehrer, kein selbstkritisches Wort. Dabei behauptet dieser Internetauftritt über sich:
News4teachers wird von Lehrern und Journalisten betrieben. Die Seite ist ein gemeinsames Projekt von 4teachers, der Service-Plattform von Lehrern für Lehrer,
[…]
News4teachers ist eine Nachrichtenseite, die sich mit seriösen Berichten an pädagogische Profis richtet.
(Quelle: news4teachers.de – Über uns)
In dem Artikel über die Leibesvisitation merkt man nur nichts von dem „von Lehrer für Lehrer“ und erst recht nichts von „pädagogischen Profis“. Vielmehr hat man beim lesen den Eindruck, dass die ganze Aktion autark zum Schuldasein geschehen ist. Also ganz losgelöst davon, das diese komplette Aktion im geschlossenen Umfeld einer Schule mit angeblichen „pädagogischen Profis“ erfolgt ist.
Schaut man auf die Webseite der Schule, so fällt auf, das man dort diese Vorgänge ebenfalls einfach mal ignoriert. Der letzte „Elternbrief“ ist vom September (stand 9.12.2012), keine Entschuldigung, keine Unterstützung, keine Hilfe für die betroffenen Eltern, sei es nur mit aktuellen Anlaufstellen für die Verarbeitung der traumatischen Geschehnisse.
Statt dessen liest sich unter dem Hintergrund der Leibesvisitation die Eigenvorstellung zum ende hin auch eher Zynisch:
Durch eine systematische Fortbildung der Lehrkräfte und eine moderne Ausstattung stellen wir uns den Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels.
Wir fördern Aktivitäten außerhalb des Unterrichts, an deren Organisation die Schülerinnen und Schüler beteiligt sind.
Wir handeln offen und konsequent.
Alle Beteiligten der Schulgemeinschaft tragen zu einem positiven Schulklima bei. Es ist bestimmt von Menschlichkeit, gegenseitiger Hilfe und Unterstützung, Toleranz und Höflichkeit, sowie gegenseitiger Achtung.
(Quelle: Friedrich-List-Wirtschaftsschule links auf „Unsere Schule“ –> „Leitbild“ klicken)
Das die Überschrift des Menüs „Unsere Schule -> Leitbild“ dann noch „Mit uns in die Zukunft“ heißt, mag nach diesen Vorgängen auch bitter erscheinen.
Man ist scheinbar mehr damit beschäftigt, die eigene Rolle in der Aktion von sich zu weisen, als seiner pädagogischen (und gesellschaftlichen) Aufgabe und Pflicht gerecht zu werden.
Das scheinbar die beteiligten Polizisten und Lehrer weiterhin einer Funktion nachgehen können, in der sie Macht über Dritte ausüben können ist eigentlich nur noch das politische No-Go dieser Angelegenheit. Es ist, so glaube ich für die Eltern nicht nur eine theoretische Frage, ob man seine Kinder in die pädagogischen Hände solcher Lehrer geben kann. Ebenso wie man sich fragen muss, ob Polizisten mit so schlecht ausgeprägten Rechtsverständnis überhaupt einen Dienst ausüben dürfen, bei dem sie evtl. vor der Entscheidung stehen, in den Privatbereich Dritter einzugreifen. Scheinbar sind diesen die Grenzen nicht bewusst. Alle Beteiligten sind wohl eher dazu geeignet Briefmarken abzulecken und auf Blankoumschläge zu kleben.
Über die Nebengeschichte, das scheinbar das Mädchen die 5 Euro „Vermisst“ hat und nicht etwa behauptet hat, das diese gestolen wurden und das man 3 Kinder, die je ein 5-Euro-Schein in Ihrem Geldbeutel hatten zur weiteren befragung ins Polizeirevier gebracht hat, will ich mich besser nicht Äußern. Auch das hier scheinbar die Staatsanwaltschaft der Polizei die Handlungsvollmacht noch nicht entzogen hat, darüber schweige ich mal lieber.
Nachtrag:
Schon in den 70ern und 80ern war es auffällig, wie sich die sogenannten „schwarzen Sheriffs“ dort verhalten haben. Diese „Privat-Armee“ mit einheitlicher Uniform taten so, als ob sie in der Innenstadt sowohl Durchführende wie auch Richtende Rechte hätten. Dies konnten sie sich durch ein System der Duldung durch Polizei, Staatsanwaltschaft udn Gerichten damals in München erlauben. Wie dies heute so ist, kann ich nicht sagen, da meine Besuche in München zum einen seltener sind, zum anderen sich in einem anderen Bereich abspielen.
Nachtrag 2
Einen entsprechenden Kommentar, in dem ich auf das fehlen einer Äußerung zu der Verantwortung der Schule und der involvierten Lehrer hinwies, ist bis heute nicht zu dem Artikel auf „news4teacher.de“ veröffentlicht worden. Man scheint sich nicht mit der eigenen Verantwortung auseinander setzen zu wollen.