Wenn Ex-Piraten den Beweis antreten wollen das ihre Ex-Partei unrecht haben, sollten sie sich aber schon bewusst sein wie sie dies durchführen sollen.
Jochen Mitschka alias „Jo Menschenfreund“ hat als „ehemaliger Aktivist der Piratenpartei Deutschland“ (lt. „XinXii“) ein Buch geschrieben. Der Titel: „Piraten auf falschem Kurs“.
Das ist an sich noch nichts besonderes und hört sich bei einem „Ex-Parteimitglied“ eher nach Sandkasten an. So richtig Sandkasten wird es aber nicht durch den Inhalt, sondern durch das Marketing (wenn man davon sprechen kann).
Im Buch selbst heißt es:
Copyright / Verwertungsrechte: Alle Rechte beim Autor CC BY-NC-SA¹ – Kontakt für kommerzielle Nutzung über den Verlag oder jo.menschenfreund@googlemail.com
[…]
¹ http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/de/
(Quelle: Buch „Piraten auf falschem Kurs“ Seite 1; Hervorhebung [Fettschrift] durch mich)
Das Buch ist also in einer „CC-Lizenz“ veröffentlicht. Genauer gesagt durch den zugehörigen Link als „CC BY-NC-SA“ der Version 2.0 Deutschland. Noch genauer, man darf das Werk weitergeben und sogar verändern (auch ein „neues Werk“ daraus machen). Dies ganze darf nur nicht aus kommerziellen Zwecken geschehen und man muss den Namen des Urhebers/Autors nennen (siehe auch den Link im Zitat).
Da geht nun jemand, genauer gesagt ebenfalls ein „Ex-Pirat“ hin und schreibt auf Twitter folgende Nachricht:
Da gibt jemand das Buch als PDF weiter, natürlich nicht ohne auf die Weitergabebedingungen (also die CC-Lizenz) und den Autor (Namensnennung, wie in der CC-Lizenz gefordert) hinzuweisen.
Dies scheint aber dem Herrn Jochen Mitschka alias „Jo Menschenfreund“ scheinbar nicht recht zu sein:
Das Buch „Piraten auf falschem Kurs“ (1) sollte unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlicht werden, damit solche Leser, die lieber ein gedrucktes Buch lesen, sich das E-Book ohne Probleme bei einem Book on Demand-Anbieter ausdrucken konnten.
[…]
Ein weiterer Grund für die Veröffentlichung unter einer Creative Commons Lizenz war der Wunsch zu prüfen, inwieweit solche Veröffentlichungen kannibalisiert würden durch Downloadangebote von Protagonisten, die sich für eben jene Kostenloskultur einsetzten.
[…]
Das Buch geht nun offiziell am 1.8. in den Buchhandel, wurde aber von jenen Kostenloskultur-Vertretern bereits am 29.07. zum Download bereitgestellt. Das war zwar legal, aber damit wurde die These der professionellen Verwerter von Texten bestätigt, dass die angeblich gesellschaftlich so wichtige Freiheit, Texte privat kopieren zu dürfen, im Internetzeitalter missbraucht wird. Die Verleger können jetzt nachweisen, dass Creative Commons dazu führen würde, dass Urheber und Verwerter keine Chance mehr hätten einen angemessenen Erlös zu erzielen.
[…]
Damit haben gerade jene dem Gedanken der Creative Commons Lizenz erheblich geschadet, die behaupteten, sich für sie einsetzen zu wollen. Aber so wie keines der drei ehemaligen Vorstandsmitglieder der Piratenpartei bereit gewesen war, aus Angst vor persönlichen Einbußen, sein Buch unter einer Creative Commons Lizenz zu veröffentlichen, und damit dem Gedanken dieser Bewegung enorm schadeten, so hat nun wieder ausgerechnet eine Person aus dem Umfeld der Piraten Munition für die angebliche „Content-Mafia“ geliefert.
(Quelle: Jo Menschenfreund – Piraten gegen Creative Commons?; Hervorhebung von mir)
Nun, er gibt ein Buch unter einer freien Lizenz heraus und beschwert sich nun, das man diese auch nutzt. Ich gebe zu das mir hier der Verstand einen streich spielt. Ich verstehe das einfach nicht. Vor allem wenn ich die angebliche Begründung dazu lese. Das Buch ist mit einer „Creative Commons Lizenz veröffentlicht werden, damit solche Leser, die lieber ein gedrucktes Buch lesen, sich das E-Book ohne Probleme bei einem Book on Demand-Anbieter ausdrucken konnten“? Upps, da hat wohl jemand das Prinzip „Creative Commons Lizenz“ und vor allem seine vielen Abstufungen nicht begriffen. Daneben hat wohl einer das Prinzip des „Book on Demand“ ebenso wenig erfasst. Habe ich rein theoretisch eine PDF oder ein eBook erworben kann ich dieses natürlich ausdrucken und binden lassen. Das ist aber nicht „Book on Demand“, sondern ein ganz einfacher Ausdruck und Bindeauftrag, den ich bei jedem Kopier-Shop machen lassen kann. Oder wie ich es zum Teil mache, wenn ich ein Digitaldokument auf Papier brauche, ausdrucken und mit meiner Drahltbindemaschine als Heft zusammenfügen. Dazu gibt es nur eine Voraussetzung. Nämlich das diese Dateien nicht durch entsprechende Maßnahmen unterbunden wird (wie z.B. das DRM bei eBooks und PDFs). Book on Demand ist eine Möglichkeit ein Buch nur nach Bedarf zu produzieren und zwar durch den Autor, bzw. seinen Lizenznehmer (wie z.B. einem Verlag) und nicht durch einem Besitzer einer PDK oder einem eBook.
Das nun der Ex-Pirat Stephan Urbach das Buch sozusagen mit dem Link „weitergibt“ ist legal, wie es selbst „Jo Menschenfreund“ bestätigen musste. Was er aber daraus schließt, ist mir ein Rätsel:
„damit wurde die These der professionellen Verwerter von Texten bestätigt, dass die angeblich gesellschaftlich so wichtige Freiheit, Texte privat kopieren zu dürfen, im Internetzeitalter missbraucht wird. Die Verleger können jetzt nachweisen, dass Creative Commons dazu führen würde, dass Urheber und Verwerter keine Chance mehr hätten einen angemessenen Erlös zu erzielen.“
Also ich muss sagen, das ich selten solch einen Blödsinn gelesen habe. Weil jemand genau das macht, was er darf beweist er damit, dass die Verwerter nun einen Beweis gegen das „Creative Commons“ haben? Das beweist weder etwas für, noch gegen das „Creative Commons“. Es Beweist nur, das der Autor dieses Buches scheinbar zu blöd ist, sein Werk unter den Bedingungen zu veröffentlichen, zu dem er dieses scheinbar angeblich veröffentlichen wollte. Nun für die eigene Dummheit sollte man Andere nicht verantwortlich machen.
Ich stehe dem Urheberrechtsplänen der Piraten auch kritisch, ja ablehnend gegenüber. Ich habe „Werke“ (=Urheberschaft), die ich weiterhin absolut gegenüber Dritte geschützt haben möchte und ich werde auch mit allen rechtlichen Mitteln einer Missachtung meiner Urheberrechte entgegentreten. Auf der anderen Seite habe ich auch Werke, die ich allen zu Verfügung stelle. Ob sie es annehmen ist Ihre Sache.
In dem Fall dieses Buches, mit dem der Autor scheinbar einen „angemessenen Erlös“ erzielen will, wäre eine normales Copyright durchaus angemessen gewesen. So wäre die „Weitergabe“ von Kopien, wie jetzt legal geschehen nicht mehr möglich gewesen. Verkauft man dann noch eine Originaldatei ohne DRM-Schutz steht auch dem Inhaber der Datei auch ein Ausdruck nichts im Wege. Statt unter „Copyright / Verwertungsrechte“ eine CC-Lizenz zu vergeben wäre eine eindeutige Erlaubnis für einen Ausdruck dort weit aus ehrlicher und vor allem eindeutiger gewesen.
Ebenso wäre ein entsprechende individuelle Zuordnung durchaus auch möglich gewesen, mit dem der Druck eines Buches (bei Wunsch, wie der Autor ja betont) über einen „Book on Demand“ Anbieter möglich wäre. Was aber blödsinnig ist, da andersherum eher ein Schuh daraus wird.
Ich habe bereits einige eBooks ohne DRM-Schutz gekauft (wie z.B. die Handbücher für die Freeware „Calibre“) und das Geschäftsmodell scheint ja doch auf zu gehen. Auch habe ich einige Bücher (meist Fachbücher), wo man Zusatzmaterial (z.B. statt der früher beigelegten CD oder Übungen bei Software-Büchern), bzw. das Buch selbst nochmals als eBook/PDF über eine Webseite mit einem individuellen Code herunter laden kann. Auch diese sind bisher immer ohne DRM-Schutz gewesen. So scheint sich die Publikationsindustrie durchaus schon mit diesem Thema arrangiert zu haben.
Nur der Autor Jo Menschenfreund scheint dies nicht akzeptieren zu wollen und konstruiert hier krampfhaft eine „Beweiskette“ die nichts mit der realität zu tun hat.
Er sollte bei seinem nächsten Buch keine CC-Lizenz verwenden, sondern das Buch ganz normal als digitales Werk und in Buchform anbieten. Wer das Buch kauft, dem kann er ja dann die Möglichkeit geben, das Buch als digitales Dokument nochmals in seinen Besitz zu bringen.
Geht dann jemand aus dem „Umfeld der Piraten“ hin und stellt das Buch (dann wiederum illegal) zum Download bereit, dann würde auch ein Artikel darüber von mir anders ausfallen.
Was mich dabei auch noch belustigt ist der Verlag, der dem Autor seine ISBN-Nummern für die Publikationen zu Verfügung stellt. Laut der ersten Seite (dort wo schon das „Copyright / Verwertungsrechte“ steht) schreibt dieser:
Die ISBN wurde vom thüringischen Verlag derneuemorgen2 zur Verfügung gestellt. Der Verleger Holger Elias erklärte: „Als junger Verlag sind wir darauf angewiesen Gewinne zu generieren. Aber der Verlag entstand aus einer langen Tradition und Wurzeln in solidarischem Publizieren. Aus diesem Grund sind wir bereit, in einem Experiment Sie als Autor dieses Buches mit unserer ISBN zu unterstützen. Wir beobachten mit Interesse das Ergebnis der Veröffentlichung eines E-Books unter Creative Commons Lizenz, mit DRM-freien Dateien und seine Folgen.“
(Quelle: Buch „Piraten auf falschem Kurs“ Seite 1; Hervorhebung [Fettschrift] durch mich)
Der Verlag sieht hier also ein „Experiment“ und der Verleger beobachtet das „Ergebnis der Veröffentlichung eines E-Books unter Creative Commons Lizenz, mit DRM-freien Dateien und seine Folgen.“? Da hat sich ebenfalls ganz offensichtlich jemand verrannt. Es handelt sich bei der „Veröffentlichung“ nicht um eine „DRM-„-freie Datei, sondern um eine Datei mit einer CC-Lizenz und zwar einer, die eine kostenlose Weitergabe ausdrücklich vorsieht. Wer hier ein Ergebnis heraus beobachten will, der ist aus meiner Sicht nur zu bedauern. Aber dies ist wohl auch das Verständnis eines Verlages im Blick auf „Tradition und Wurzeln in solidarischem Publizieren“, dessen Publikationen, die mir als erstes aufgefallen sind unter Anderem aus Hörbüchern von „gemeinfreien Werken“ (Weil die Autoren seit über 70 Jahren Tot sind) bestehen. Mir vielen als erstes die Hörbücher „Mühsam: Die Psychologie der Erbtante“ und „Franz Kafka: Elf Söhne“ auf, beides Autoren deren Werke inzwischen „gemeinfrei“ sind, also keinen Urheberschutz (Mühsam seit 1934 und Kafka seit 1924 tot) mehr genießen.
In dem Zusammenhang ist es durchaus zynisch, wenn man unter der Rubrik „Leseangebot“ folgendes liest:
Sehr geehrte Kulturveranstalter,
unsere Autoren stehen Ihnen selbstverständlich sehr gern bundesweit zu Lesungen oder Gesprächsrunden zur Verfügung.
(Quelle: derneuemorgen – Leseangebot)
Das mag sich nun lächerlich anhören, aber wenn ein Verlag unter „Autoren“ 49 (stand 4.8.2013) selbige auflistet (unter denen weder Mühsam, Kafka, noch „Jo Menschenfreund“ zu finden sind) und von selbigen sind ca. 38 Autoren (das zählen war mühsam und einen Fehler kann ich nicht ausschließen) bereits über 70 Jahre tot, dann frage ich mich, welche Ambitionen eine Verlag mit solch einem „Experiment“ wirklich hat, wenn dieser scheinbar davon lebt, das sich die Menschen bei ihnen vor allem gemeinfreie Werke kaufen? Für diesen ist es natürlich eine „Überlebensfrage“, ob man sich z.B. von Rainer Maria Rilke das Werk „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ von ihnen kauft oder sich beim „Project Gutenberg“ legal und umsonst in verschiedensten Dateiformaten herunterlädt (siehe hier: Project Gutenberg – „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge by Rainer Maria Rilke“). Da kann man natürlich mit solch einem verfälschten „Experiment“ gegen die „Kostenlosmentalität“ und der CC-Lizenz im besonderen wettern.
Anmerkung:
Um nicht falsch verstanden zu werden. Ich halte sehr viel von den CC-Lizenzen und glaube auch, das viele Piratenanhänger diese nicht verstehen. Ich halte aber auch sehr viel von den Rechten der Urheber. Von daher halte ich auch nichts von den Enteignungsversuchen (auch wenn man diesen einen anderen Namen gibt) wie er von vielen Piraten angestrebt wird.
Aber noch weniger halte ich von davon, wenn man eine gute Sache, wie die CC-Lizenz missbrauchen will, wie es hier meiner Meinung nach geschehen ist.
Zum Buch „Piraten auf falschem Kurs“:
Ich habe mir dieses Buch „legal“ unter obig im Twitter dargestellten Link heruntergeladen. Dabei ging es mir vor allem um die rechtliche Stellung des Werkes. Nachdem ich mir die „Seite 1“ mit Impressum und den verschiedensten Anmerkungen (wie „Copyright / Verwertungsrechte“ oder dem Kommentar des Verlegers) gesichert habe, sowie den Titel als Bild für diesen Text entnommen habe, hab ich die PDF wieder gelöscht. Mir ging es hier nicht um den Inhalt und den Sandkastenspielchen zwischen den Piraten und Ex-Piraten. Deswegen habe ich auch keinen direkten Link zu dieser PDF gesetzt. Wer meint das Buch zu benötigen kann gerne selber danach suchen oder es einfach erwerben. Mich interessieren diese Streitereien nicht besonders.
Hier ging es mir nur um diese falsche Darstellung von Urheberrechten und Lizenzen, im besonderen der CC-Lizenz.
4 Antworten auf CC-Lizenz und das Buch „Piraten auf falschem Kurs“