Vor ein paar Tagen las ich bei Heise Online den Artikel „Bundesagentur für Arbeit: Reinemachen in der Datenbank“.
Schön dachte ich, vielleicht schafft es die „Agentur für Arbeit“ endlich, Ihre Internetpräsenz auf einen qualitativen Level zu setzen, den man bei den Kosten der Gestaltung der Seiten (Wer erinnert sich noch, an das Millionen-Projekt, das bis heute nicht richtig funktioniert? Das ja letztendlich von uns Steuerzahlern bezahlt wurde) auch erwarten könnte.
Erst vor kurzer Zeit habe ich nach der Aktion wegen gesetzwidriger Jobannoncen vor über einem Jahr im Auftrag des Verbraucherschutzverein „Antispam e.V.“ ein Resümee gezogen, das nicht besonders gut ausgefallen ist. Dabei habe ich mir nicht mal sehr viel Mühe gemacht. Also einen Aufwand, den ich ebenso von der „Agentur für Arbeit“ erwarten kann. Darüber habe ich hier im Blog berichtet: „“Agentur für Arbeit” Handlanger für illegale Cold-Caller?„, vom 6.12.09
Nun habe ich versprochen, das ich über die Feiertage mich am PC etwas zurückhalte, weswegen ich vorgestern (also am 28.12.09) mir mal die Jobbörse bei der Agentur für Arbeit angesehen habe. Natürlich wieder den Bereich für „Call Center Agenten/in“. Dabei handelt es sich um einen Bereich, der eigentlich schon immer, wegen klaren Gesetzen, bzw. Verordnungen (z.B. Werbeverbot für Glücksspiele und Lotterien) und nach der (angeblichen) Verschärfung der Gesetze zum Schutz der Verbraucher (ich berichtete: “Seit gestern Gesetze zum Schutz der Verbraucher bzgl. ColdCall in Kraft – Und?” und „Telefonspam – Werbeanrufe ohne Rufnummernanzeige, das ist doch inzwischen verboten! Oder? Will man uns für Dumm verkaufen?“) ganz klar eine sensible juristische Kontrolle benötigt.
Nun, mein persönliches Fazit ist erschreckend.
Die Übersicht der ersten 10 Angebote sind ernüchternd:
9 von 10 Angebote laufen über Zeitarbeitsfirmen, so das eine Kontrolle über die Tatsächliche Tätigkeit gar nicht möglich ist. Aber schon bei den Stellenbeschreibungen sollten die Alarmglocken läuten. So ist die Aufgabe „Kundengewinnung“ und „Kundenbefragung“ sehr verdächtig und erfordert meiner Meinung nach nähere Betrachtung:
Wie überhaupt die Stellenbeschreibungen einiges zu wünschen übrig lassen. Hier noch ein paar Beispiele, wo eigentlich meiner Meinung nach eine nähere Betrachtung durch den Plattformbetreiber von Nöten ist:
Arbeitsaufgaben, wie „Verkauf von Produkten und Dienstleistungen“ oder „Outbund bei XXXX“ (diversen Telefon- und Kabelanbietern) sollten elektrisieren und der Arbeitgeber sollte den Aufgabenbereich entsprechend genauer erläutern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Telefonvermarktung dieser Produkte per Telefon nach dem angeblich nun „Verbraucherfreundlicheren“ Gesetzen möglich ist, da für jede Firma eine eindeutige Einwilligung zum Anruf für Werbezwecke vorliegen muss.
Vor allem, da man nicht weiß, wer der eigentliche Auftraggeber ist (da man über Zeitarbeitsfirmen agiert) ist es auch schlicht unmöglich zu prüfen, ob die Arbeitgeber (bzw. CallCenter-Betreiber) nicht die üblich Verdächtigen sind, von denen dann die „Auftraggeber“ (z.B. Telefonanbieter) dann immer sagen, dass man diese „ja nur beauftragt habe und selbst nichts dafür könne“ (wer es glaubt!).
Aber auch heute habe ich mal reingeschaut bei den Jobs für „Call-Center-Agenten/in“ und siehe da, wirklich interessantes.
Zuerst weiterhin fast nur Zeitarbeitsfirmen (ich würde diese ja als die modernen Sklavenhändler bezeichnen) und es gibt so schöne Angebote, wie:
– „Einladung zu der Info-Veranstaltung „Welcome-Day“ 08.12.2009 (Call-Center-Agent/in)“ mit dem netten Angebot „Bei Interesse können Probearbeitstage im Unternehmen vereinbart werden.“
– „Callagent (m/w) Outbound (Call-Center-Agent/in)“ mit der Aufgabe „Telefonischer Verkauf von Firmeneinträgen an kleine und mittlere Unternehmen“ (Anm.: Auch Firmen dürfen nicht einfach telefonisch belästigt werden, wie es eindeutige Urteile bestätigen)
– „Mitarbeiter im Vertrieb (m/w) für Neukundengewinnung (Call-Center-Agent/in)“ mit der netten Stellenbeschreibung „Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir zum 01.10.2009 zwei Mitarbeiter/innen für die Akquise von Neukunden und Koordination bzw. Abwicklung unserer Produkte.“ und der Aufgabenbeschreibung: „Sie nehmen zunächst telefonisch ersten Kontakt zu unseren Kunden auf, nachdem diesen unsere Broschüre mit einer Auflistung unserer Dienstleistungen zugegangen ist. Während dieses Prozesses sind Sie entscheidend gefordert und repräsentieren unsere Firma nach außen.“.
Gerade im letzten Beispiel wird mal wieder die Ignoranz der Werbewirtschaft bezüglich der Gesetze deutlich. Es reicht also, jemanden Werbemüll (= Broschüre) zu senden, dass aus jemanden mit Recht auf Privatsphäre ein „Kunde“ wird. Der Versand der Broschüre scheint hier schon als Berechtigung angesehen zu werden, diese Personen telefonisch zu belästigen. Dies war auch schon vor der hübschen Verbesserung des Verbraucherschutzes nicht so! Auch berechtigt dies noch lange nicht Firmen mit Anrufen zu belästigen!
Dies sind nur ein paar Beispiele, die ich allein auf Grund der Übersichtsbeschreibung mal angeklickt habe. Und alles Angebote, die trotz des „Reinemachens“ immer noch so auf der Jobbörse zu finden sind. Ein wirkliches „Aufräumen“ kann ich, zumindest in dem Bereich, den ich mir angeschaut habe nicht finden, im Gegenteil, das Verschleiern der Arbeitsstellen durch Zeitarbeitsfirmen nimmt noch mehr zu.
Aber schon damals, als ich im Auftrag des Verbraucherschutzverein „Antispam e.V.“ die Agentur für Arbeit angeschrieben habe, wollte man sich nicht der Verantwortung stellen, statt dessen hieß es in der Antwort:
Sehr geehrter Herr Gaston,
vielen Dank für Ihren Hinweis.
Grundsätzlich handelt es sich bei der JOBBÖRSE der Bundesagentur für Arbeit (BA) unter www.arbeitsagentur.de, um eine selbstbeschreibbare Plattform. Die Verantwortlichkeit für von Arbeitgebern selbst eingestellte Stellenangebote liegt nicht bei der BA, sondern beim registrierten Nutzer, der das Stellenangebot in das Portal arbeitsagentur.de eingestellt hat (vgl. Haftungsausschluss § 6 der Nutzungsbedingungen des Portals arbeitsagentur.de). Eingriffe durch die BA sind zulässig, sofern ein eingestelltes Stellenangebot gegen die Nutzungsbedingungen des Portals arbeitsagentur.de verstößt.
(Quelle: http://www.antispam.de/forum/showpost.php?p=166154&postcount=41 )
Wenn man bedenkt, wie flatterhaft die Rechtsprechung immer noch wegen „anklickbaren Links“ auf andere Webseiten in Foren und Blogs ist, bezüglich der Haftung, dann halte ich solche Äußerungen über Inhalte, die auf der eigenen Webseite sind für eine Unverschämtheit und ein schlag ins Gesicht der Arbeitssuchenden.
Mein Fazit zu dem Thema „Reinemachen“ ist, ein hübscher PR-GAG, in der man vielleicht das peinlichste entfernt hat, aber dem Übel nicht an die Wurzel geht. Ich werde den Bereich des Telefonmarketing bei der Jobbörse auch weiterhin kritisch beobachten.
Gerne kann mir auch jemand Stellenangebote (auch aus anderen Bereichen) zusenden, in dem er Gesetzes-/Verordnungsverstoße oder Ungereimtheiten vermutet.
Links:
– Heise Online: „Bundesagentur für Arbeit: Reinemachen in der Datenbank“
– Antispam e.V.: Offener Brief an NKL/SKL: unlautere und verbotene Telefonwerbung Thread mit der Antwort der „Agentur für Arbeit“ wegen Jobangebote mit eindeutigen Verstoß des „Glückspielvertrages“
Eigene Artikel zum Thema:
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