Es ist eigentlich eine alltägliche Situation.
Jemand ist mit dem Laptop unterwegs oder sitzt irgendwo und findet ein offenes WLan. Naja, mal eben schauen, ob neue Mails angekommen ist. Oh Trudi hat geschrieben. Na gut, eben mal antworten. Schadet ja niemanden. Oder doch?
Nun, dem ist es nach Ansicht von Gerichten nicht so. Und ich bin ehrlich, ich finde es gut so.
Wenn ich die Türe meiner Wohnung offen habe, heißt das noch lange nicht, das darin eine Berechtigung zu sehen ist, einfach in meine Wohnung zu gehen. Auch wenn die Haustür offen ist, ist das immer noch Hausfriedensbruch.
Ebenso, wie es in meiner Kindheit üblich war, die Türen offen zu haben und sogar die Nachbarn klingelten und nicht einfach rein gingen, so erwarte ich ein Respekt vor den Internettüren der Mitmenschen. Aber wie man in dem Ort meiner Kindheit inzwischen die Haustüren geschlossen hält, so muss man wahrscheinlich auch seine Internettüre mit mehreren Riegeln versperren.
Heise Online hat nun über einen Fall berichtet, wo eine Frau ein WLan in der Nachbarschaft genutzt hatte, um Ihren Ex-Freund und dessen neue Lebenspartnerin zu stalken.
Sie wurde wegen der Nachstellung (dem Stalken) und falscher Verdächtigung (dem Inhalt des Stalking), aber auch wegen „Abhörens“ verurteilt.
Dabei ist dieses „Abhören“ der Verstoß, dessen die Frau wegen der Nutzung des fremden WLan nach dem TKG strafbar gemacht hat:
Juristisch bemerkenswert ist an der Entscheidung vor allem die Verurteilung wegen der Nutzung eines offenen WLANs. Die Staatsanwaltschaft bewertete diese Nutzung nach Anfrage von Heise Online als unbefugtes Nutzen eines fremden Computernetzwerks durch regelmäßiges Herstellen einer Funkverbindung per Laptop zum Internet. Das sei als Straftat nach den Paragraphen 89 und 148 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) bewertet worden.
So liest sich das bei Heise Online (–> Geldstrafe für die Nutzung eines offenen WLAN und Stalking auf studiVZ).
Hinter dem § 89 verbirgt sich folgendes:
§ 89 Abhörverbot, Geheimhaltungspflicht der Betreiber von Empfangsanlagen
Mit einer Funkanlage dürfen nur Nachrichten, die für den Betreiber der Funkanlage, Funkamateure im Sinne des Gesetzes über den Amateurfunk vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S. 1494), die Allgemeinheit oder einen unbestimmten Personenkreis bestimmt sind, abgehört werden. Der Inhalt anderer als in Satz 1 genannter Nachrichten sowie die Tatsache ihres Empfangs dürfen, auch wenn der Empfang unbeabsichtigt geschieht, auch von Personen, für die eine Pflicht zur Geheimhaltung nicht schon nach § 88 besteht, anderen nicht mitgeteilt werden. § 88 Abs. 4 gilt entsprechend. Das Abhören und die Weitergabe von Nachrichten auf Grund besonderer gesetzlicher Ermächtigung bleiben unberührt.
Hier wird deutlich, dass die Privatsphäre hier sehr hoch geachtet wird. Selbst der „unabsichtliche“ Empfang ist verboten. Aber dazu komme ich später noch mal.
Weiter heißt es unter § 148:
§ 148 Strafvorschriften
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. entgegen § 89 Satz 1 oder 2 eine Nachricht abhört oder den Inhalt einer Nachricht oder die Tatsache ihres Empfangs einem anderen mitteilt oder
2. entgegen § 90 Abs. 1 Satz 1 eine dort genannte Sendeanlage
a) besitzt oder
b) herstellt, vertreibt, einführt oder sonst in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt.
(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 Buchstabe b fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
Wie man hier sieht, wird ein Verstoß nach § 89 selbst bei „Fahrlässigkeit“ keine Änderung im Strafmaß vorgesehen wird.
Es werden also recht hohe Forderungen an den Empfänger von Funksignalen gestellt.
Wobei, sind diese Forderungen im PC-Bereich eigentlich so hoch?
Mein Laptop hat einen Knopf, mit dem ich das WLan komplett ausschalten kann, wenn ich offline arbeite. Das Firmenlaptop regelt das Ganze auf Software-Basis. Weiter kann ich genau regeln, welche WLan-Netze überhaupt zu einer Verbindung zugelassen werden.
Also eigentlich recht einfach.
In diesem Zusammenhang ist bei dem Beitrag von Heise Online eigentlich nicht so sehr der Artikel selbst (den kann jeder selbst lesen und sich eine Meinung bilden) das Interessante, sondern die Kommentare.
Die Rechtsauffassung, die dort vorherrscht ist schon beängstigend.
So wird die Verantwortung auf den WLan-Betreiber geschoben. Frei nach dem Motto, das dieser selbst schuld ist, wenn er ein „offenes“ WLan-Netz betreibt.
Zum einen habe ich bereits angedeutet, dass eine „offene“ Tür, sei es zum Zugang in meine Wohnung oder zum Zugang in meine Internetverbindung meiner Meinung nach nicht das Recht gibt, diese Tür auch zu betreten.
Wobei ich damit nicht den WLan-Betreiber einer Verantwortung entbinden möchte. Aber darum geht es zum einen in diesem Fall nicht. Zum anderen, um bei dem Beispiel „offenen Tür“ zu bleiben. Wer sein Auto nicht abschließt, handelt Fahrlässig und kann ein Ordnungsgeld aufgedrückt bekommen. Sogar die Sicherstellung des Fahrzeuges kann eine Folge sein, inkl. aller Kosten. In Süddeutschland hat ea in den 90ern einen Fall gegeben, wo eine Apotheke die Tür zu Ihrem Geschäft nicht verschlossen hatte. Ausgestattet mit einem Sensor öffnete sich diese, wenn jemand recht nah an dem Fallgitter des Ladenlokaes vorbeiging. Da das Fallgitter nicht als ausreichender Schutz gegen Einbruch oder unerlaubten Zutritt angesehen wurde und der Inhaber nicht erreicht wurde, wurde diese Apotheke die Nacht über bewacht. Die Kosten für den Einsatz hatte der Besitzer der Apotheke als Verursacher zu tragen.
Ein üblicher Kommentar im Forum von Heise Online, der auch der Grund für meine Einleitung war:
Nun, wie auch der Fahrer eines Wagens verpflichtet ist, sich von dem ordnungsgemäßen Zustand eines Fahrzeugs zu überzeugen, so hat auch der Nutzer eines PCs sorge dafür zu tragen, dass der PC betriebssicher ist und nicht einfach ungebremst in das fremde WLan-Netz einfährt.
Klar halte auch ich es in der heutigen Zeit für „Fahrlässig“, wenn man ein WLan ohne Passwort, also offen betreibt. Das liegt aber daran, dass das Rechtsverständnis vieler in unserem Lande so ist, dass man die Türen nicht einfach offen lassen kann. Es zeigt eigentlich nur den kranken Zustand unserer Gesellschaft.
In diesem Kontext passt die folgende Falscheinschätzung des Artikels durch einen Userkommentar:
Mal davon abgesehen, dass dieser User ein Problem zwischen dem Lesen und dem Verstehen hat, zeigt dies eine Einstellung, die nicht nur in diesem Fall weit verbreitet ist.
Aber es kommt ja noch schlimmer, einige Kommentare zeigen ein düsteres Licht auf das Rechtsverständnis von einigen Usern im WeltWeitenWeb.
Da wird mal wieder Deutlich, wie selbstverständlich mache etwas nehmen, bloß weil es für Sie der einfachste weg ist.
Ich halte dies für Schmarotzertum!
Bloß weil man zu geizig ist, selbst für den Zugang zu sorgen, will man sich ein Recht beireden, dass weder virtuell noch real stimmt! Auch wenn ich eine Jahreskarte für den ÖPNV habe und da jemanden mitnehmen kann, dann kostet mich das Mitnehmen von jemanden keinen (jetzt hätte ich fast Pfennig geschrieben) Cent mehr. Es liegt aber ganz allein in meiner Entscheidung „ob“ und vor allem „wen“ ich mitnehmen möchte! Wo liegt hier der Unterschied zum WLan? Ich sehe im Kern keinen. Bei Beiden, kostet mich (im Normalfall heutzutage) es nicht einen Cent mehr, ob jemand diesen mitbenutzt oder nicht. Nun aber mal der „Nicht-Normalfall“, einer hat einen Router mit einem Nutzungsvertrag über die Nutzungszeit oder -volumen. Der hat den Router (darüber den Access-Point) so eingestellt, das er eine Verbindung herstellt, wenn es zu einem versuch des Verbindungsaufbau kommt (geht z.B. mit meiner Fritzbox). Auch hat er eingestellt, dass diese Verbindung nach x Zeit ohne Aktivität unterbrochen wird, so haben wir schon einen Fall, den nicht nur rechtlich bedenklich ist, sondern auch finanzielle Konsequenzen hat, aber das ist ja nach Meinung diverser Kommentaren die Schuld des WLan-Betreibers!
Hier verwechseln wohl einige WLan-Verbindungen mit temporären oder dauerhaften Hotspots (so gab es zum Papstbesuch und bei dem Weltkirchentag in Köln solche temporären Hotspots, die ein lokaler Anbieter eingerichtet hatte). Und es verwechseln einige Kommentatoren bei Ihrem Straßenvergleich, dass eine öffentliche Straße nichts mit einem Privatgrundstück zu tun hat, auch wenn da kein Zaun mit Selbstschussanlage vorgebaut ist!
Oder sind die Kommentierenden einfach nur zu Geizig, sich selbst einen Anschluss zu leisten oder unterwegs eine entsprechende Verbindungsperipherie (z.B. einen Surfstick!)?
Link:
– Heise Online: Geldstrafe für die Nutzung eines offenen WLAN und Stalking auf studiVZ