GermanOffice Insolvenz – Gewährleistung vs. Garantie – Und die Frage, wann man besser auf sein Recht verzichtet

Ein alltäglicher Vorgang.
Man kauft bei einem Online-Shop eine Ware. Diese funktionierte bei dem zweiten Nutzen nicht mehr. Die Ware wird zurückgegeben und entweder Repariert, Ausgetauscht oder der Verkauf Rückgängig gemacht. Wenn man einverstanden ist, kann auch eine Minderung der Kaufsumme vereinbart werden.
So dachte ich auch.
Ich kaufte eine wasserdichte Kamera bei der Firma GermanOffice im Internet. Als ich diese das zweite mal benutzen wollte, sah ich auf dem Display nur noch bunte senkrechte Streifen und dabei hatte ich die Kamera nicht mal unter erschwerten Bedingungen benutzt.
Das kann passieren und es ist kein Problem, man hat ja 2 Jahre Gewährleistung und die ersten 6 Monate hat der Verkäufer die Pflicht, zu beweisen, das der Fehler nicht durch einen Mangel entstanden ist, der beim Kauf nicht vorhanden war. Bei mir sowieso nicht von Relevanz, da ich die Kamera ja noch gar nicht weiter benutzt hatte.
Also den Verkäufer über meinen Einkaufaccount im Internet angeschrieben, den Fehler beschrieben und angekündigt, das in den Nächsten Tagen ein Päckchen mit der Kamera bei Ihnen eingehen würde. Man schrieb mir dann in dem Accout zurück, das ich die Kamera doch wegen der Garantieabwicklung direkt zu dem Hersteller senden sollte.
Achtung:
Wer solche Aussagen von seinem Händler bekommt, bei den sollten die Alarmglocken läuten. Da könnte es sein, das sich der Händler von seiner Gewährleistungspflicht drücken will. Diese ist, im Gegensatz zur Garantie ein gesetzlich verankertes Recht und vor allem auch in seinem Umfang der Rechte und Pflichten geregelt.

Da ich nicht so Blöd bin und auf meine gesetzlichen Rechte verzichte, nur damit es der Händler einfacher hat, war mein Päckchen mit Kamera und einem Anschreiben in dem ich mich auf die Gewährleistung berufen habe und eine Frist zu Mangelbeseitigung gesetzt hatte schon längst unterwegs zu Händler. Ich habe Ihn dann über den Account-Kontakt nochmals darauf hingewiesen, das ich die Kamera natürlich an Ihn gesendet habe, da dieser mein Ansprechpartner für die Gewährleistung ist und nicht der Hersteller.
Die Frist verstrich unbeantwortet und eine Nachfrage wurde auch ignoriert. Also eine neue Kamera gekauft und die Kaufsumme (Kamerapreis + Portokosten, wie auch die Kosten der Rücksendung) per Einschreiben zurückverlangt. Die hier sehr großzügig gesetzte Frist (da ich unmittelbar nach dem Schreiben in Urlaub gefahren bin) verstrich, wie sich manche denken können, ohne jede Reaktion.
Nun gut, frei nach dem Motto meines Anwaltes -„Drohe niemals mit Dingen, die Du nicht bereit bist, auch durchzuziehen“- habe ich wie in der Rückzahlungsforderung die Sache meinem Anwalt übergeben.
Das ich hieran gut getan habe, zeigte sich, das der Händler meinem Anwalt meine Kosten erstattet hat.
Nur mit der Erstattung meiner Anwaltskosten war dem leider nicht so. Dort hat der Anwalt des Händlers für die Gebührenrechnung „nur“ die Summe des Verkaufspreises der Kamera als Grundlage genommen. Das der Schaden aber weit aus höher war (schließlich hatte ich und mein Anwalt einiges an Aufwand) hatte dieser dabei geflissentlich übersehen. Es ist Durchaus üblich, dass in einem solchen Fall die Berechnungsgrundlage auf 1500 Euro gesetzt wird, um dem Aufwand gerecht zu werden.
Die Folge, das mein Anwalt auf Zahlung klagen sollte.
Nun ist der Punkt erreicht, wo die inzwischen eröffnete Insolvenz greift. In einem solchen Fall kann der Insolvenzverwalter die Klage annehmen oder ablehnen. Da dieser blöd wäre, diese Klage, die eine sehr gute Chance hat, gewonnen zu werden anzunehmen, haben wir die Klage auf Zahlung zurückgenommen.
So bekomme ich nun die Gerichtsgebühren wieder erstattet, bleibe aber auf den Mehrkosten sitzen.
Das es sich bei der Firma um das „GermanOffice“ handelte, die nun fast 1000 Opfern hinterlassen hat und einen Schaden von über 300.000 Euro bei den Insolvenz-Opfern (Quelle: http://www.goopfer.de/

Warum berichte ich dies hier so genau?

Zum einen möchte ich die Leser sensibilisieren und vor allem über den Unterschied von „Gewährleistung“ und „Garantie“! Dies wird gerne Verwechselt und die Händler verwirren in dieser Beziehung auch gerne Ihre Kunden.
Zum Anderen möchte ich auch aufweisen, dass es durchaus Risiken gibt, auch wenn man im Recht ist. Wie in meinem Fall, wo die Insolvenz meine berechtigten Forderungen, die ich erst gerichtlich feststellen lassen müsste mir einen Strich durch die Rechnung macht.
Und das eine Konsequente Durchsetzung seines Rechts durchaus vorteile bringt.

zu dem Unterschied zwischen „Gewährleistung“ und „Garantie“ komme ich später noch.
Was zeigt der Fall hier? Ich habe dem Händler klare Fristen gesetzt (die im Rahmen des Üblichen waren, wenn nicht sogar noch großzügiger) und habe meine Linie konsequent durchgezogen. Auch habe ich mich weder auf Brieffreundschaften oder Verständniserlangung eingelassen. Das Ergebnis war, das meine Forderung dann bis auf den streitigen Anwaltsanteil zurückerstattet wurde. Hätte ich diese konsequente Linie nicht verfolgt, wäre ich jetzt auch einer der knapp 100 Opfer, die darauf hoffen müssen, das der Insolvenzverwalter nach Abrechnung seines Geldes und der Vorrangigen Gläubiger noch genügend Geld übrig behält, um die Opfer zu entschädigen.
Die Geschichte von Insolvenzen und der Bericht eines Bekannten, der bei der Firma schon mal etwas direkt abgeholt hatte, lassen mich an diese Hoffnung zweifeln. Ich wünsche an dieser Stelle den Opfern der Insolvenz trotzdem aus vollem Herzen viel Glück.
Was bei der Ganzen Geschichte nicht unerwähnt bleiben soll ist, dass ich auf einen Teil meiner Kosten sitzen geblieben bin. Ich bin also nicht Schadenslos bei dieser Geschichte heraus gekommen. Dies liegt in meinem Fall zum einen an der Besonderheit des Insolvenz-Rechtes, aber es können auch manchmal auch andere Gründe eine Rolle spielen.
Deswegen muss man sich manchmal auch Fragen, wie die Kosten-/Nutzungsrechnung ist. In meinem Fall war mein jetziger Verlust weit aus geringer, als bei einem Verzicht der Erstattung. Wäre die Insolvenz früher eröffnet worden, dann sähe diese Rechnung anders aus. Aber solche Dinge sind nicht voraussehbar und liegen in dem Bereich der höheren Gewalt. Ebenso, wie die Situation meiner oben beschriebenen Klage.
Alles in Allem, kann man sagen, das ich schneller war, als die Insolvenz und sich der Einsatz eines Anwaltes in der Gesamtbilanz durch die glückliche Zeitabfolge gelohnt hat.

Gewährleistung vs. Garantie

Nun also die graue rechtliche Theorie. 😉
Nein, ich werde versuchen, die beiden Begriffe einfach und kurz zu erläutern. Wer sich unsicher ist, was in seinem Schadensfall greift, sollte sich fachlichen Rat einholen, z.B. in den Verbraucherzentralen.

Gewährleistung
Vor einigen Jahren hat sich das Gewährleistungsrecht geändert.
Zum 1.1.2002 traten grob folgende Änderungen in Kraft.
– Ein Mangel einer beweglichen Sache muss innerhalb von 2 Jahren gerichtlich geltend gemacht werden.
– In den ersten 6 Monaten muss der Käufer der Ware nicht nachweisen, dass der Mangel beim Kauf schon vorhanden war (Beweisumkehr). Nach sechs Monaten ist es so, wie in der alten Regelung, das der Übernehmer (= Kunde) beweisen muss, das der Mangel bei der Übernahme schon vorhanden war.
– Es gilt als Eigenschaft das was der Hersteller „öffentlich Äußert“, also auch in Werbung und TV-Spots, sowie des EWR-Importeurs und auch des Übergebers (= Händler).
– Es wird nicht mehr zwischen verschiedenen Stufen des Mangels (wesentlich oder unwesentlich, bzw. behebbar oder unbehebbar) unterschieden. Eine Mängelbeseitigung, bzw. Wandel oder Minderung steht in jedem Fall zu.
– Schadensersatzansprüche werden gesetzlich geregelt und somit wurde bereits erfolgte juristische Linien gesetzlich verankert.
– Werksverträge fallen auch unter das Gewährleistungsrecht. Somit entfallen die Sondergewährleistungsvorschriften.

Dies Stichwortartig, die Eckpunkte des (inzwischen nicht mehr so) „neuen“ Gewährleistungsrecht.
Was bedeutet dies für den Käufer und Kunden.
Die Gewährleistung ist ein rechtliches Verhältnis zwischen den direkten Vertragspartnern. Es ist also für den Kunden uninteressant, wie das Vertragsverhältnis zwischen diesem und seinem Zulieferern sei es der Großhandel oder der Hersteller ist. Man selbst hat auch einen bekannten udn direkten Vertragspartner, nämlich den Händler, der einem die Ware verkauft hat.
Weiter besteht für die ersten 6 Monate eine Beweisumkehr. Also nicht der Käufer muss als „Kläger“ (also anzeigender des Mangels) beweisen, das der Mangel bereits beim Kauf vorhanden war, sprich die Eigenschaften der Ware nicht mit den Aussagen übereinstimmt (in meinem Fall, dass die Kamera das Sucherbild und fotografierte Bildern, sowie die Einstellungsangaben auf dem Display anzeigt). Darauf zu Achten ist, das der Mangel in dieser Frist angezeigt werden muss. Dies sollte nachweisbar geschehen.

Garantie

Bei der Garantie handelt es sich um eine Zusicherung von Eigenschaften, die ein „Hersteller“ dem Endverbraucher gegenüber einräumt.
Welchen Umfang die Garantie eines Herstellers hat, kann dieser selbst bestimmen und ist in den Garantiebedingungen festzuhalten. Diese Garantie ist auch, im Gegensatz zur Gewährleistung direkt beim Hersteller einzufordern, was bei ausländischen Firmen ein Problem sein könnte.
Die Garantie kann sich auch nur auf bestimmte teile der Ware begrenzen, bzw. andere Dinge ausschließen. Oft werden Garantien entsprechend der Nutzung eingeschränkt, so findet man im Autohandel oft Einschränkungen, die je nach Nutzung bestimmte Personen benachteiligen. So wird beim Autokauf oft eine Umfassende Garantie gegeben, die sich auf eine bestimmte Zeitfrist begrenzt, wenn innerhalb dieser Frist nicht eine bestimmte Fahrleistung überschritten wird. So kann die Garantie für einen Vielfahrer (z.B. einem Handelsvertreter, der quer durch Europa fahren muss) schon im ersten Monat vorbei sein, während der Wenigfahrer die Fahrleistungsbegrenzung evtl. in der Garantiezeit bei weitem unterschreitet.
Eine gegebene Garantie ist Vertragsbestandteil und man hat ein Recht auf Erfüllung der Garantieversprechen. Deswegen lesen Sie sich bei Mangelerscheinung der Ware die Garantiebedingungen gut durch und Dokumentieren sie den Mangel gut. Ist die Ware erst mal beim Hersteller, ist es schwierig, den Mangel noch nachzuweisen.
Es soll sogar schon mal Fälle gegeben haben, wo eine Ware ausgetauscht wurde, was dann anhand der Seriennummer bewiesen werden konnte.

Überhaupt ist sowohl bei der Gewährleistung (in den ersten 6 Monaten immer mein Favorit), wie auch der Garantieleistung eine gute Dokumentation immer wichtig.
So habe ich von der Kamera, die ich mit dem Mangel zurück gesendet habe, sowohl den Zustand, wie auch den Mangel Dokumentiert. Natürlich auch die Seriennummer festgehalten.

Mein Fazit:
Achten Sie darauf, dass sie Ihr Recht bei mangelhafter Ware schnell und Konsequent durchsetzen. Nur so haben sie Gute Chancen, das alles zu Ihrem Gunsten erledigt wird. Vor allem, wenn der Mangel in den ersten 6 Monaten nach Kauf der Ware auftritt ist schnelles und konsequentes Handeln von Vorteil.
Gerade am Beispiel von GermanOffice zeigt es sich, das kompromissloses Handeln nicht nur Klarheit schafft, sondern auch manchmal von direktem Vorteil ist. Bei einem Händler, der sich ebenso korrekt verhält, wie man es von den Kunden erwartet, würde solch eine Situation gar nicht erst entstehen. So hatte ich schon die Situation, das bei einem Mangel, die Ersatzlieferung vor der Rücksendung der Mangelhaften Ware vorgenommen wurde. Auch eine Komplette Rückabwicklung durch den Händler, inkl. Beauftragung eines Kurierdienstes habe ich schon erlebt.
Von daher immer freundlich, aber bestimmt sein Recht einfordern. Nicht jedes Unternehmen verhält sich so, wie im obigen Fall beschrieben!

Links:

– ZVEH: Neues Gewährleistungsrecht ab 1.1.2002 (PDF) – ZVEH = Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (eine sehr kompakte und gute Zusammenstellung der „neuen“ Regelungen)

GermanOffice-Opfer – Ein Portal der Insolvenzopfer

Anmerkung
Ich habe versucht, die rechtlichen Rahmenbedingungen darzustellen. Dies beinhaltet weder einen Anspruch auf Vollständigkeit und nicht Vorhandensein von Irrtümern.
Sollte jemand noch eine Verständnisfrage haben, so werde ich gerne versuchen, diese zu beantworten. Ich weise darauf hin, das ich weder Rechtsberatung mache, noch aus dem Text ein Haftungsanspruch erwirkt werden kann. Sollte jemand eine direkte juristische Frage haben oder Antwort auf einen speziellen Fall suchen, sollte dieser sich an die entsprechenden juristischen Fachstellen (z.B. Verbraucherzentrale oder Anwalt) Rat einholen.
Für Fragen und Bemerkungen (z.B. zu GermanOffice) die Kommentarfunktion benutzen.
Danke

Ach ja, die Kamera, die ich mir dann bei einem anderen Händler kaufte (gleiches Modell) funktioniert immer noch prächtig und nahm mir auch ein Bad im Bodensee und der Elbe nicht krumm. Es war also kein Fehler, der bei der Kamera üblich ist.

Dieser Beitrag wurde unter Aktuelles, Information, Recht, Verbraucherschutz abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

6 Antworten auf GermanOffice Insolvenz – Gewährleistung vs. Garantie – Und die Frage, wann man besser auf sein Recht verzichtet

  1. Pingback: 0Gehirnsturm

  2. Pingback: Ich bin Terrorist » Das Recht auf Anonymität?

  3. Pingback: Ich bin Terrorist » [Update] GermanOffice Insolvenz – Reinbacher Internethändler Michael K. wurde verurteilt

  4. Pingback: Ich bin Terrorist » [Update] GermanOffice Insolvenz – “Rheinbacher Internet-Händler richtet Millionenschaden an” (GA Bonn)

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.