Heute habe ich bei den Kollegen von F!XMBR einen fiktiven Artikel über die Entwicklung der Piraten gelesen.
Unter dem Titel „Was war nur schiefgelaufen?“ wird im Jahr 2033 der Erfolg und Fall der Piraten als Gedankengang durch den (fiktiven) Innenminister Christopher Lauer dargestellt.
Science-Fiction? Utopie? Übertreibung? Warnung?
Vielleicht ist dies die Ambition von Christian Sickendieck, der den obig erwähnten Text geschrieben hat.
Nun, mir kam ein Bild auf aus meiner Jugendzeit, sogar noch etwas länger her als 22 Jahre.
Es begann alles vor der Rats-/Bezirksvertreterwahlen in Köln. Bereits sehr früh wurde klar, das man in Köln eine Veränderung haben will. Eine Stimme, die sich an der Basis orientiert. Ich selbst bin mit einem Dreirad, auf dem Megaphone montiert waren und einem Kassettenrecorder, mit dem die Ziele der Grünen verkündet wurden durch die Stadt gefahren. Viele, auch Parteilose haben die Grünen damals unterstützt und der Erfolg blieb nicht aus. Bei der Wahl im September 1984 wurden die Grünen sofort mit 10,8% die dritte Kraft in Köln. Die FDP hatte dort erst mal eine Auszeit bekommen und flog mit 4,5% aus dem Rat heraus.
Die SPD konnte damals noch zulegen und die CDU rutschte um über 7% ab. Die Grünen waren mit einem beachtlichen Ergebnis im Rat der Stadt Köln und auch in vielen Bezirksvertretungen, wie z.B. in der Innenstadt.
Einer der ersten Hürden, in denen die Grünen sich beweisen mussten, war die Platzbesetzung des Kaiser-Wilhelm-Rings wenige Jahre später. Die Stadt ist gerade in der Innenstadt mit Grün eher bescheiden gesegnet, weswegen sich zahlreiche Kölner Bürger gegen den Raubbau von uralten Bäumen an dieser Stelle wehrten. Neben den Bläck-Föös, die in der Kanrevalsaison Ihren einzig freien Tag mit einem Konzert auf dem Gelände verbrachten, kam auch BAP, damals auf Ihrem Höhepunkt des Erfolges auf dem Platz, um die Interessen der Bevölkerung zu Unterstützen.
Zu dieser Zeit kamen die aktiven Besetzer regelmäßig zu den sogenannten Mittwochtreffen. Nach einem dieser Treffen hat der damalige Ratmitglied Dieter Göbel ohne das die anderen Ratsmitglieder dem widersprachen nach dessen Weggang geäußert, das es Ihm doch „scheißegal sei, ob Bäume gefällt werden oder nicht“. Ihm war sein Posten damaals schon wichtiger als Inhalte. Jetzt im Altenteil spielt er den Mini-Grünen-Geißler und mahnt in einem „Interview“. exklusiv von Grünen Funktionären für Grüne Fans „Trotz Kompromissen nicht die Ziele aus den Augen verlieren“. Ehrlicher wäre es wohl gewesen, wenn er gesagt hätte: „Trotz Ziele, die Kompromisse nicht aus dem Auge verlieren“. Ob er wirklich, wie mir gegenüber mal erwähnt wurde vor seinem Eintritt bei den Grünen aktiv bei der FDP war, kann ich nicht sagen, würde aber zu diesem Zyniker passen. Das er bei einer anderen Gelegenheit kurz danach mal eben seine Einstellung gegenüber von Frauen auch im Mittwochkreis äußerte sei hier nur am Rand erwähnt und hinterließ mir einen Eindruck eines Geschlechterfaschisten.
Ein anderes mal durfte ich in der Vorbereitung für die Bezirksvertreterversammlung mitbekommen, wie man sich wegen der Unetrstützung eines „Kunstmäzens“ der Stimme enthielt, weil man dem Wähler nicht erklären könne, wieso man gegen diesen Menschen stimmen könne.
Der Hintergrund war dies, das der selbsternannte Kunstmäzen „Ingo Kümmel“ (1937-1990). Dieser sollte für eine Ausstellung finanzielle Unterstützung durch die Stadt bekommen. Im Vorfeld zu der Ausstellung wurden Vorwürfe gegen einen der ausstellenden Künstler laut, dem vorgeworfen wurde, das dieser eine Frau vergewaltigt hätte. Das ganze wurde nicht richtig in die Öffentlichkeit gebracht und einige der Mitwirkenden um die Fraktion der Grünen haben verlangt, das sich Ingo Kümmel und auch der Künstler erklären, sowie das man näheres zu dem Vorwurf zu wissen verlangen sollte, bevor man eine solche Ausstellung durch die Stadt unterstützen dürfe. Mit dem Argument, das man dem „Wähler“ eine Ablehnung des Antrages nicht vermitteln könne, wurde entschieden, das man sich der Stimme enthält.
Später kam dann heraus, das die Vorwürfe wohl sehr konkret waren und der vermeintliche Künstler dies als einen künstlerischen Vorgang definiert habe. Ingo Kümmel hat daraufhin erklärt das wenn der Künstler erklärt, dass der Vorgang der Vergewaltigung Kunst sei, es Kunst ist.
Die Grünen erklärten später in dem internen Kreis, das man froh ist sich der Stimme enthalten zu haben, wo das nun heraus kam.
Auch muss ich immer noch mit einem Schmunzeln daran denken, wie später mal die Spitzenkandidatin Barbara Moritz sauer auf mich war, weil ich nicht auf einer Wahlkampfveranstaltung für die Grünen auftreten wollte. Wo es doch um unsere gemeinsamen Interessen gehe und nicht um die Grünen als Partei (deren verlogene Politik ich als Grund für meine Weigerung genannt hatte). Nun, ich bin da vielleicht zu kompromisslos. 😉
Nun, ich wurde in Folge auch nie mehr gefragt, ob ich mit einem Auftritt die Partei unterstützen wolle.
Inzwischen sind die Grünen meiner Meinung nach eine der Parteien in Köln, die genau so beliebig ist, wie alle anderen. Man lässt sich „Sponsern“, sprich, warum sollte man die einzigen sein, die keine Bestechungsgelder annehmen?
Eines der letzten Begegnungen mit den Grünen in Köln, bzw. mit der Ratsfraktion war eine Farce, wie im demokratischen Verständnis meiner Meinung nach einmalig.
Was war die Vorgeschichte? Eine Gruppe von Menschen hatte sich von den Grünen im Rat Geld für dringende Ausgaben geliehen. Man vereinbarte, das diese Gruppe von Menschen das Geld in kleinen Raten zurückzahlen solle. Nach Jahren hat sich die Situation für diese Gruppe von Menschen geändert und Sie stellten als Tagesordnungspunkt eben für den hier schon öfters erwähnten „Mittwochskreis“ mit dem Antrag, die restliche Summe in eine Schenkung oder verlorenen Kredit zu verwandeln. Es kamen mehrere Vertreter der Gruppe zu dem Treffen um Ihre Bitte zu erläutern und für Fragen zu Verfügung zu stehen. Fragen, ja die wurden nicht gestellt. Man stellte aus dem Kreis der „Mitwoochskreis“-Beteiligten den Antrag, das man einen Verein in den einige der Gruppe Mitglied waren als Rechtsnachfolger erkläre und mit diesem wegen der noch offenen Summe in Verhandlung setzen solle.
Ich habe noch gegen den „Antrag zur Geschäftsordnung“ gesprochen das es weder rechtlich, noch inhaltlich gehe einfach jemanden einseitig zu einen Rechtsnachfolger zu benennen und es ginge hier um eine „Bitte“ der Gruppe.
Was soll ich sagen, man hat über den Antrag abgestimmt und der „Mittwochskreis“ hat diesen Antrag mit großer Mehrheit (Wenn ich nochmal in Köln bin, müsste ich mal Einsicht in das Sitzungsprotokoll verlangen) angenommen. Ein Parteiloser (so weit ich meine es noch zu wissen) wurde mit den Gesprächen beauftragt. Er kam dann zu mir, der nochmals, als damaliger mit im Vorstand sitzender des „Rechtsnachfolger“-Vereins und meinte, das ich einfach, wenn ich gefragt werde sagen solle, das man im Gespräch miteinander wäre und so könne man das alles vergessen. Ich habe Ihm damals schon gesagt, das dies auf jeden Fall nicht mit mir so ginge und ich die offizielle Mitteilung der Ratsfraktion bezüglich dieser Entscheidung erwarte. Ich würde dann schon entsprechend über diese juristische Merkwürdigkeit reagieren.
Also, halten wir fest. Die Fraktion beschließt, das jemand Drittes die Schulden von einer Gruppe übernehmen solle, die sich mit einer Bitte an eben diese Fraktion gewendet hatte. Ist es noch erwähnenswert, das sich weder die Fraktion oder ein Vertreter von dieser in der Folge bei dem Verein gemeldet hatte und so weit ich es weiß (ist schon einige Jahre her und ich bin bald auch aus dem Vorstand ausgeschieden) bis heute nicht. Parteipolitisch eine Bankrotterklärung.
Ich könnte hier auch noch die Geschichet von dem ehemaligen Wohnungsbauexperten der Fraktion und seinem Umgang mit Mietern seiner Objekte, sowie sich die Grünen dazu stellten berichten, aber das würde den Rahmen sprengen. Vielleicht wird dies mal ein eigenes „Classics“. Nicht wahr mein lieber Rolf. 😉
Also, mein Fazit, wie im Kleinen (auf kommunaler Ebene) so im Großen, setzt man auf das Klammern von Pöstchen. Wie die Ratsfraktion Ihre Pöstchen behalten wollen, klammern sich die Grünen im Bund an alte Pöstchen und Träumen davon diese wieder einzunehmen (vielleicht träumt Trittin ja wirklich schon vom Kanzlerpöstchen), egal welche Kompromisse man eingehen will.
Bleibt nur zu hoffen, das eben diese Erfahrung und die Science-Fiction von Christian Sickendieck nicht Realität werden und die Wähler nicht nur die Auswahl einer weiteren Belanglosigkeit bekommen.
Ich habe hier nur mal einige wenige Beispiele meiner ganz persönlichen Erfahrungen mit den Grünen in Köln erzählt. Meine weiteren Erlebnisse, die ich hier nicht erwähnt habe, sind für mich auf kommunaler Ebene der Grund gewesen mich von parteipolitischer Aktivität ganz zurück zu ziehen.
Links:
– F!XMBR: Was war nur schiefgelaufen?
Pingback: [Classics] Wie die Kölner Polizei über 18 Stunden eine Halle besetzt hielt, um einen “schwerkriminellen Ring” auszuheben. ;-) |