Wenn das „System Wulff“ ins schwanken gerät

Nun, es ist ja eigentlich nicht das „System Wulff“, sondern das System der Verfilzung, die in Köln gerne verharmlosend „Klüngel“ genannt wird. Sie ist auch nicht ein CDU-Spezifisches Problem. Es erstreckt sich durch alle Parteien, ja selbst bei den Piraten sah man mit dem ersten Einzug in ein Parlament diese Mentalität. Gut mangels Masse halt in dem eigenen bescheidenen Rahmen, aber vom Prinzip her genau das selbe, ebenso wie die Ausreden.

Derzeit entwickelt sich aber um das nördliche Bundesland Niedersachsen eine Farce, die sich vor allem auf die CDU bezieht. Auch wenn der Filz und die Hannover-Connection auch zu SPD-Zeiten hervorragend funktioniert hat, fallen die besonders gemeinen Dinge vor allem (nicht ausschließlich!) bei den sogenannten Christlichen auf.
Nun haut es in der ehemaligen Gruppe um Wulff so ziemlich heftig drauf. Aber nicht etwa von draußen, sondern man klatscht sich selbst eine auf die Backe.

Auf der einen Seite in der Vergangenheitsbewältigung:
Bettina Wulff soll nun als Zeugin gegen Ihren Mann bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt haben. Zynisch gesprochen, auch eine Methode die „Eigenständigkeit“ zu Ihrem Mann wieder zu erlangen. Interessant ist es, worum es dabei geht. Vielleicht (Achtung, nur reine hypothetische Spekulation!) um diese doch merkwürdigen Barerstattungen von anderen bezahlten Hotels und Kindermädchen.
Ich habe auch in die Richtung spekuliert, dass die Ehe beim Wegfall des Nutzen für Bettina Wulff ihrem ende zugehen würde. Scheinbar werden diese Zyniker recht behalten. Gerade in der moralischen Frage der Vorteilnahme und Bestechlichkeit könnte eine Aussage von Bettina Wulff interessant sein. Ob die juristische Hürde für solch ein Vergehen erreicht wird, ist dabei die zweite Frage. Und ebenso die Frage, ob eine juristische Verfolgung politisch erwünscht ist.

Auf der anderen Seite dieser merkwürdige Befangenheitsantrag gegen den Vitzepräsidenten des niedersächsischen Staatsgerichtshofes „Herwig van Nieuwland“:
Das die Gerüchte von der angeblichen Rotlicht-Tätigkeit von Bettina Wulff evtl. von der Partei Ihres Mannes in die Welt gesetzt wurde, ist ein interessantes Gerücht. Das nun in Nebensätzen verschiedener Spekulationen über das „Schattenkabinett“ des Ministerpräsidenten-Kandidaten der SPD, Stephan Weil nun ein Misstrauensantrag gegen diesen durch die persönliche Behörde des Ministerpräsidenten McAllister erfolgte ist mehr als Spannend.
Man beachte, dass diese angebliche „Personaldebatte“ erst von der CDU, genauer gesagt von dem CDU-Politiker Thümler forciert wurde:

Pressemitteilung vom 30.09.2012

Thümler: SPD muss Spekulationen um van Nieuwland-Berufung beenden

Hannover. Angesichts der Spekulationen über die Berufung des Vizepräsidenten des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes Dr. Herwig van Nieuwland in das SPD-Schattenkabinett, hat CDU-Landtagsfraktionsvorsitzender Björn Thümler gefordert, reinen Tisch zu machen. „Herr Weil muss endlich klar stellen, dass Herr van Nieuwland nie in seinem Schattenkabinett war und dafür auch zukünftig nicht vorgesehen ist. Andernfalls könnte man unterstellen, dass jemand für eine mögliche kommende Landesregierung gehandelt wird, der seit Monaten ein Verfahren gegen die amtierende Landesregierung führt.“

Träfe das zu, so Thümler, müsse die jetzige Landesregierung einen Befangenheitsantrag vor dem Staatsgerichtshof stellen. „Hinter der Neutraliät eines Richters darf nicht das kleinste Fragezeichen stehen – die Person und das Amt nehmen sonst Schaden“, so der CDU-Fraktionschef. Ähnliches gelte auch im Falle des Landesrechnungshofpräsidenten Richard Höptner. Auch er wird im Zusammenhang mit einem SPD-Schattenkabinett genannt.

(Quelle: CDU Fraktion im Niedersächsischen Landtag – SPD muss Spekulationen um van Nieuwland-Berufung beenden)

Wie gesagt, davor gab es diesbezüglich keine „Spekulation, sondern nur in ein oder zwei Zeitungen einen Nebensatz, in der der Vizepräsident des Saatsgerichthofs erwähnt wurde. Die Spekulationen wurden allein von der CDU in die Welt gesetzt. Das man auf solch einen Schwachsinn nicht reagiert, ist schon mal löblich. Dann wird aber plötzlich von der persönlichen Behörde des Ministerpräsidenten ein Befangenheitsantrag gegen den Vizepräsident des Saatsgerichthofs gestellt. Erst hier meldet sich die SPD. Die SPD gibt am 4.10. eine Presseerklärung heraus:

CDU und Staatskanzlei inszenieren Rufmordkampagne gegen Vizepräsidenten des Staatsgerichtshofes

04. Oktober 2012 | Zu den Angriffen des CDU-Fraktionsvorsitzenden Thümler auf den Vizepräsidenten des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes, Herwig van Nieuwland, erklärt der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Stefan Schostok:

„Die CDU und die Staatskanzlei treiben mit der Person des Vizepräsidenten des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes, Herwig van Nieuwland, ein würdeloses Spiel. Auf der Basis einer haltlosen Spekulation, die vom CDU-Fraktionschef Thümler erfunden und in den vergangenen Tagen verbreitet wurde, stellt nun die Staatskanzlei die Integrität des Juristen öffentlich in Frage. Was für ein perfides Pingpong-Spiel! Ziel ist es offenbar, Stimmung im Wahlkampf zu machen und ein Verfahren vor dem Staatsgerichtshof zu manipulieren. Das ist in dieser Form beispiellos und infam.

Ich finde, die Art und Weise, mit Gerüchten und Versuchen der Rufschädigung Wahlkampf zu betreiben, ist an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten. Aber anscheinend entspricht diese inszenierte Rufmordkampagne dem Niveau von Herrn Thümler und Co. und hat Methode.

Der Niedersächsische Staatsgerichtshof soll unbelastet von politischen Ränkespielen seine Arbeit fortführen können. Sollte die Landesregierung dennoch auf der Basis eines Gerüchts, das aus den eigenen Reihen gestreut worden ist, einen Befangenheitsantrag gegen den Vizepräsidenten des höchsten niedersächsischen Gerichts stellen, schriebe sie damit Rechtsgeschichte – im negativen Sinne.“

(Quelle: SPD Landesfraktion Niedersachsen – CDU und Staatskanzlei inszenieren Rufmordkampagne gegen Vizepräsidenten des Staatsgerichtshofes)

ich hätte da wohl weit aus unsympathischer Worte für gefunden und im umgekehrten Fall, dass die SPD gegen den Präsidenten des Staatsgerichthofs (der ausgewiesener CDU-Mann ist) einen Befangenheitsantrag gestellt hätte, die CDU bestimmt auch.
Wäre von der SPD oder auch von Herwig van Nieuwland umgehend ein Dementi erfolgt, hätten entsprechende Spekulationen deswegen wohl (besonders von Seiten der CDU) nicht lange auf sich warten lassen. Was die SPD gemacht hat, ist für mich verständlich (auch wenn ich die SPD in Niedersachsen als Partei nicht für sympathischer halte). Das der Richter Herwig van Nieuwland nicht reagiert hat, nur konsequent, weil dieser sich eben nicht von jedem scheiß zu einer Erklärung bringen lassen muss, da er sonst wirklich seine Unabhängigkeit verliert.

Demokratisch ist es vor allem beängstigend, wie die Ministerpräsidentenbehörde (und damit auch der Ministerpräsident selbst) versucht Einfluss auf eine der unabhängigen Säulen des Staatssystems zu nehmen.
Die SPD hatte angekündigt, dass der Ministerpräsidenten-Kandidat Stephan Weil sein Schattenkabinett im Oktober, also diesen Monat vorstellt. Dass das Staatsgericht bereits in diesem Monat ein Urteil in der Sache Wulff fällen würde, das glaubt ja wohl niemand. Aber die CDU wollte nicht auf die Vorstellung des Schattenkabinetts warten, sondern forcierte das Gerücht selbst noch und versuchte schon fast nach Muppus-Manier jede Demokratie auszuhebeln, um sich einen Wahlvorteil zu schaffen. Wie dies nachhaltig bei Mappus seinem EnBW-Deal (um einen Wahlvorteil zu bekommen) fehl geschlagen ist, hoffe ich, dass McAlister auch hier die Quittung bekommt.

Was mich am meisten dabei ärgert ist, dass ich hier nun gerade eine ebenso verfilzte Landespartei verteidigen muss, wie es in meinen Augen die CDU Niedersachsen ist. Dafür müsste ich eigentlich Schmerzensgeld bekommen.
Aber es scheint ein interessanter und schmutziger Wahlkampf in Niedersachsen zu werden. Nun ein wenig höher, in Schleswig-Holstein hat es die CDU ja schon mal gezeigt, wie man einen schmutzigen Wahlkampf betreibt. Übrig geblieben ist ein irgendwie nie aufgeklärter Badewannen-Tod. Hoffentlich geht es nie mehr so weit.
und es scheint sich eine schmutzige Familiengeschichte anzubahnen (wenn das mit der Zeugenaussage stimmt), wobei die Vorgehen um den Wahlkampf Niedersachsen wichtiger sind.

Übrigens, zu Bettina Wulff:
Wo sie hier kurz in Bezug auf Ihren Mann Thema war, noch etwas zu Ihrem Buch. Nachdem die Gazetten sich nach der ersten Woche überschlugen, dass Ihr Buch „Jenseits des Protokolls“ trotz harscher Kritik zum Bestseller werde sind schon eine Woche Später die Verkaufszahlen in den Keller gegangen. Wie in meinem letzten Artikel dazu aufgezeigt, sind bei Amazon die Verkaufszahlen nach nicht mal 2 Wochen in den Keller gegangen und die Amazon-Verkaufszahlen bleiben auf dem niedrigen Niveau und in der Platzierung ist heute auf Platz 581 angelangt. Im Bestsellerranking für „Sachbuch Hartcover“, einem Ranking, in dem Verkaufszahlen meist eher niedrig sind rutschte sich weiter ab auf Platz 8. Den Vorschuss für das Buch dürfte der Verlag noch bei weitem nicht wieder eingefahren haben.

Links:

Auf Links verzichte ich, da es schon nervig genug ist mit der (doch etwas kleineren) Tastatur meines Netbooks unterwegs diesen Artikel zu schreiben. Jetzt noch die Links und Artikel rüber zu Kopieren, das tue ich mir nicht an. Wer mehr von mir dazu lesen will oder in der Presse, der soll die entsprechenden Suchfunktionen benutzen (für meine Artikel oben in der rechten Spalte).

Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft, Politik, Recht abgelegt und mit , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort auf Wenn das „System Wulff“ ins schwanken gerät

  1. Pingback: Henning Uhle | Tagesspiegel laut Focus: Wulff im Fall Wulff

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.