Heute morgen habe ich im Netz gefunden, das der böse Steinbrück einen Vortrag für eine Anwaltskanzlei abgehalten hat, die zuvor bei dem Bundesfinanzministerium als dieser dort Minister war beratend tätig war. Auch Summen werden genannt: 1,8 Millionen für die Beratungstätigkeit der Kanzlei und 15.000 Euro für den Vortrag.
Das ist natürlich ein Skandal!
Spannend ist es, das dies im Prinzip die Kerninformationen sind, die die Springerpresse den Lesern vermittelt.
Da ist zum einen die „BLÖD“, die wieder mal ganz selbstlos gegen das Bundesfinanzministerium zur Herausgabe der Infos geklagt hat. Spannend, das die Überschrift scheinbar mehr Platz einnimmt, als der Text: „In seiner Zeit als Finanzminister Steinbrück zahlte 1,8 Mio. Euro an Anwalts-Kanzlei“. Dann ist da noch die Intellektuellen-Blöd des Springer-Verlages, die Welt. Dort wird man dann doch etwas genauer, wobei man mit der richtigen Redewendung dafür sorgt, das man auch ja einen Zusammenhang sieht:
Ministerium zahlte 1,8 Millionen Euro an Kanzlei
Unter dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück soll eine Kanzlei 1,8 Millionen Euro erhalten haben. Die Summe ist umstritten, weil Steinbrück später von der Kanzlei ein Vortragshonorar erhielt.
[…]
Nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt hielt Steinbrück im September 2011 einen Vortrag bei Freshfields und bekam dafür 15.000 Euro Honorar. Dies war bei Bekanntwerden von einigen Politikern kritisiert worden.
(Quelle: Die Welt – Ministerium zahlte 1,8 Millionen Euro an Kanzlei)
Nun, da war Steinbrück (so „Die Welt“) vom „22. November 2005 und dem 27. Oktober 2009“ Bundesfinanzminister und die Kanzlei hat während dieser Zeit als Berater fürs Ministerium gearbeitet. Der Vortrag war im September 2011 (!), also 2 Jahre später und nicht, wie es der Satz in „Die Welt“ suggerieren will „Nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt“.
Offen bleibt die Frage, ob die Kanzlei nicht bereits vorher und nachher für das Bundeswirtschaftsministerium (und anderen Ministerien) gearbeitet hat, somit keine direkte Beeinflussung durch Steinbrück erfolgt ist. Weiter ist natürlich anzufragen, in welchem Rahmen der „Vortrag“ von Steinbrück war. Handelte es sich um eine einmalige Veranstaltung? Oder veranstaltet die Kanzlei vielleicht nicht schon seit Jahren Vorträge?
Ich kenne eine Menge Kanzleien, die regelmäßig zu Vorträgen einlädt. Auch Zeitungen sind da nicht untätig. Diese führen auch selbst immer wieder regelmäßig Veranstaltungen durch, bei denen möglichst Bekannte Personen des Zeitgeschehens eingeladen werden. So veranstaltet die Stuttgarter Zeitung seit Jahren in der Reihe „Denkanstöße“ Vorträge, speziell abgeschnitten für Führungskräfte Veranstaltungen, bei denen auch politische Amtsträger schon mal Vorträge hielten (im nächsten Jahr ein „Ex-Agenten/Kriminalist“, also jemand aus dem öffentlichen Dienst mit hohen Sicherheitseinstufungen). Diese Veranstaltungen sind nicht gerade Kostengünstig und die Vortragenden auch nicht gerade „günstig“.
Also ist die Frage nicht die ob Steinbrück für die Kanzlei einen Vortrag gehalten hat, sondern, ob es Anzeichen dafür gibt, dass der Vortrag in direktem Zusammenhang mit der Mandatstätigkeit der Kanzlei stand. Diesbezüglich liefert der Springer-Verlag nichts.
Wie schon bei Wulff ist es dabei besonders ärgerlich, das die anderen Zeitungen den Mist von Springer einfach nachschreiben und sich nicht davon Abheben, in dem sie diese Nachricht hinterfragen.
Spannender finde ich da die Pressemitteilung des Verwaltungsgericht Berlin zu Ihrer Entscheidung. Da heißt es:
Nach dem Berliner Pressegesetz seien alle Behörden verpflichtet, der Presse zur Erfüllung ihrer Aufgabe Auskünfte zu erteilen. Dem BMF stehe demgegenüber kein Auskunftsverweigerungsrecht zu. Die privaten Interessen der Kanzlei seien bei einer Abwägung mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht schutzwürdig. Mit Blick auf die kommende Bundestagswahl im Herbst 2013 bestehe ein breites öffentliches Interesse an umfassender Information über den Kanzlerkandidaten der SPD; dieses erstrecke sich – neben dessen schon bisher breit in der Öffentlichkeit diskutierten Nebeneinkünften in der Zeit als einfacher Bundestagsabgeordneter- auch auf Fragen der bisherigen Führung von politischen Ämtern. Die Informationen hierüber seien für eine Wahlent-scheidung der Bürger relevant.
(Quelle: Verwaltungsgericht Berlin – Finanzministerium muss Auskunft über Kanzleihonorare in der Ära Steinbrück geben (Nr. 52/2012) [Pressemitteilung]; Hervorhebung durch meine Wenigkeit)
Ich kann diesem nur Zustimmen!
Interessant ist nur, ob das „öffentliche Interesse“ an der Rolle der Bundeskanzlerin in dem Regime der DDR ebenfalls mal im Interesse der Öffentlichkeit ersucht werden darf. Es steht immer noch im Raum welche Rolle Merkel in der FDJ wirklich gespielt hat. War sie wirklich „nur“ Kulturreferentin, wie Sie selbst verbreitet oder doch als „Sekretärin für Agitation und Propaganda“ zuständig, wie andere Zeitgenossen berichten? Entsprechende Unterlagen sind scheinbar „verschwunden“.
Dieser schlechte Journalismus ändert nichts an der Tatsache, das ich persönlich Steinbrück für einen Parasiten der Gesellschaft halte und er mir nicht Sympatisch ist. Sollten sich wirklich Querverbindungen zwischen Amtsträgerschaft, Vorteile der Kanzlei und pers. Vorteil von Steinbrück ergeben, bin ich genau so bereit hier dagegen zu wettern, wie ich auch über die für mich offensichtlichen direkten Zusammenhänge zwischen Wulff und Konsorten zu wettern.
Bis dahin bleibt für mich persönlich nur die Erkenntnis, das Steinbrück, wie auch Merkel, Schäuble, Schröder, Rössler, Fischer, usw. für mich nur einer der ganzen Klientel-Politiker ist.
Links:
- Bild: „In seiner Zeit als Finanzminister Steinbrück zahlte 1,8 Mio. Euro an Anwalts-Kanzlei“
- Die Welt: Ministerium zahlte 1,8 Millionen Euro an Kanzlei
- Focus: Finanzministerium zahlte Lobby-Kanzlei Millionen für Beratung
- Zeit Online: Finanzministerium zahlte Anwaltskanzlei 1,8 Millionen Euro
- Verwaltungsgericht Berlin: Finanzministerium muss Auskunft über Kanzleihonorare in der Ära Steinbrück geben (Nr. 52/2012) [Pressemitteilung]
Eine Antwort auf Steinbrück und Honorare: Skandal!