Naja, ich wollte mit meiner Überschrift mal auf „Blöd“ machen. 😉
Natürlich gibt es noch eine Regierung, aber Saarlands Koalition wurde aufgekündigt. Wenn die Vorwürfe von der Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer stimmen, dann ist es mal wieder die FDP, die das Chaos verursacht.
Was Sie auf jeden Fall macht, ist den Koalitionspartner der Parteigenossin Merkel erheblich zu schwächen, so weit dies noch möglich ist.
Nicht Neuwahlen, was für die CDU in Saarland zu einer Katastrophe führen könnte, bei der politischen Lage derzeit im ganzen Land, sondern eine große Koalition strebt die Ministerpräsidentin an.
Hier wird die SPD sehr gut beraten sein, sich die Entwicklung in Berlin anzuschauen, wo Wowereit den Wählerwillen aus „Bequemlichkeit“ missachtet hat. Es waren nicht wenige sauer über Ihn, das er nicht mal ansatzweise in ernste Verhandlungen auch mit den Grünen gegangen ist.
Als Verliere dürften schon jetzt die Grünen angesehen werden. Ich denke, sie sind weg vom Fenster. Kommt die große Koalition, so sind Sie eine kleine Oppositionspartei noch hinter den Linken (21,3 %), der FDP (9,2 %).
Kommen Neuwahlen, dürften sie für Ihr anbiedern an die CDU abgewatscht werden, vor allem da diese Koalition, wenn auch scheinbar ohne das Verschulden der Grünen gescheitert ist. Zudem stehen die Grünen mit Ihren 5,9 % aus der letzten Wahl nicht rosig da. Zwar gibt es im Bundestrend einen Hype für die Grünen, durch die aktuellen Vorkommnisse (Fukushima) und dem Außenbild, das Kretschmann versteht zu verkaufen. Aber in Saarland ist die Situation etwas anders. Im Heimatland von Lafontaine ist „Die Linke“ überdurchschnittlich für Westdeutschland vertreten, auch mit Themen, die sonst von den Grünen besetzt sind, im Rest der Republik. Und mit einem Seitenblick auf dem verblassenden Hype der Piratenpartei bleibt doch noch die Frage, wie viele Stimmen diese bei Neuwahlen den anderen Parteien und besonders den Grünen abtrotzen können.
Manch einer wird es nicht vergessen, das es unter der Führung von Hubert Ulrich die Grünen waren, die der jetzt gescheiterten Koalition den Weg geebnet hat
Viele Unwägbarkeiten, die da auflaufen.
Sollte sich nun Lafontaine, zwar gesundheitlich angeschlagen und sich offiziell aus dem Bundesgeschehen herausgeklinkt, aber immer noch, wie Zeit seines Lebens Vollblutpolitiker und Faraktionsführer der Linken im Saarland zu einer Kandidatur entschließen, könnte es für die anderen Parteien eng werden. Es war gefährlich gerade in Saarland, das Lafontaine-Land, wie man fast sagen kann die „Linke“ und somit über 20% der wählenden Bevölkerung vor den Kopf zu stoßen.
Nun, die Lage ist verzwickt. Die SPD könnte hier die falschen politischen Signale setzen, in dem Sie mit der CDU eine Koalition eingeht. Die FDP ist sowieso der Verlierer und kann sich so oder so auf eine evtl. FDP-freie Legistaturperiode einstellen, ob dieses Jahr bei Neuwahlen oder 2014. Der Negativtrend der FDP ist nicht ein kurzes Tal, zu viele Alternativen für diese Partei sind inzwischen auf dem politischen Parkett, so das die Großmannssucht nun abgestraft wird. In Umfragen etabliert sich diese Partei inzwischen fast Flächendeckend gut unter 5% (meist so um die 3%). In Saarland wird man auch noch 2014 sich der Rolle der FDP bei dem Possenspiel jetzt erinnern und wenn die Anderen Parteien die Wähler wieder daran erinnern.
Die SPD hat bei Neuwahlen eigentlich nichts zu verlieren. außer die Option einer Koalition mit der CDU, wenn sie diese Ablehnt und es dadurch zu Neuwahlen kommt. Sie kann sich alle sonstigen Optionen offen halten und sich dann sogar als standhaft im Anblick der Früchte der Macht zeigen.
Die CDU hat hier wohl die Landes-Machtpolitische Notbremse gezogen und Ihr Landespolitisches Überleben der Bundesweiten Situation der CDU einen höheren Stellenwert gegeben. Ein Bruch (Aufkündigen) einer Koalition ist immer ein Imageverlust. Aber der Schaden, das die Koalition wegen der Unfähigkeit der FDP in sich zusammenbricht ist weit aus höher. Von daher ein politisches Kalkül, das mit der sofortigen Ankündigung, das man, wie in Zeiten der Not üblich (warum eigentlich?) eine starke Koalition mit der zweitstärksten Partei, der SPD eingehen will. Man wird dies als Versuch erklären, das Saarland in diesen schweren Zeiten durch eine dann endlich (nachdem man sich so in der FDP getäuscht hatte) stabile Regierungsmehrheit mit weniger Variablen zu sichern.
Ich weiß nicht, wie das Recht im Saarland ist, aber ich glaube ein Regierungswechsel ohne Neuwahlen geht nicht. Das wäre sonst eine Option, die die Grünen über diese Blamage jetzt hinweg retten könnte. Wenn die Grünen das Büßerhemdchen anlegen und sich zum Landesstudio des ZDFs oder ARD begeben und Ihre Fehler vor dem Landesstudioleiter der ARD und des ZDF eingestehen und nun „Offen“ und „Transparent“ für sinnvolle Koalitionen offen sind und niemanden mehr Ausschließen, sich dann anschließend mit der SPD und Linke auf eine eigene Regierungskoalition einigen, könnten sie mit viel Glück bis 2014 den Schaden wieder gut machen, den Hubert Ulrich ihnen durch die jetzige Situation eingebrockt hat. (Tschuldigung, aber das mit dem „Landesstudio“ musste jetzt einfach sein 😉 )
Ich glaube aber, das mit der Auflösung der jetzigen Regierung, bzw. dem Abdanken der Ministerpräsidentin Neuwahlen notwendig sind.
Ich bin gespannt, welches die involvierten Parteien als das kleinste Übel wählen. Eine große Koalition, in der die SPD fehlendes Rückgrat beweist oder Neuwahlen, die für alle außer den Linken und evtl. der SPD (bei richtiger Reaktion jetzt) eine Unwägbarkeit bedeuten?
Update:
Kurz bevor ich den Artikel veröffentlichen wollte, las ich im Handelsblatt folgendes:
CDU-Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer will die Regierungskrise im Saarland rasch überwinden. Nach dem Bruch der Jamaika-Koalition strebt sie nun eine große Koalition an. In der SPD zeigt man sich offen dafür.
Saarbrücken/Düsseldorf Im Saarland stehen die Zeichen nach dem Ende der Jamaika-Koalition auf Schwarz-Rot. Sie habe dem SPD-Landesvorsitzenden Heiko Maas Gespräche für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen angeboten, sagte Annegret Kramp-Karrenbauer am Freitag auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz.
(Quelle: Handelsblatt Online – Angebot an die SPD: CDU will große Koalition im Saarland)
Es scheint, das ich mit dem Satz „Sie kann sich alle sonstigen Optionen offen halten und sich dann sogar als standhaft im Anblick der Früchte der Macht zeigen.“ weiter oben, das Kernproblem getroffen habe.
Während die Grünen in Berlin es endlich mal geschafft haben, sich nicht komplett zu verkrümmen, nur um an die Früchte der Macht zu kommen, wird es sich Zeigen, ob die Pöstchengeilen Politiker der SPD weiter schauen können, als bis zum nächsten Pöstchen mit mehr Entschädigungsgeldern (Diäten)?
Ich glaube, das die Wähler (soweit sie noch zur Wahlurne gehen) nicht mehr so vergessen wie früher und der Wähler, der schon „immer“ die Partei „A“ oder „B“ gewählt hat stirbt aus, selbst bei der Generation, wo es noch in letzten Jahrtausend so üblich war.
Das erste Geblubber von „stabiler Regierung“ läuft schon bei der SPD:
„Das Saarland braucht jetzt eine verlässliche Regierung, dafür steht Heiko Maas und die SPD“, sagte Annen Handelsblatt Online.
(Quelle: Handelsblatt Online – Angebot an die SPD: CDU will große Koalition im Saarland)
Frau Annen ist Mitglied des SPD-Bundesvorstandes.
Update:
Ich liebe Verschwörungstheoretiker 😉 :
Luksic habe noch am Donnerstagabend Kramp-Karrenbauer informiert, dass die FDP am Wochenende eine gemeinsame tragfähige Lösung mit Wirtschaftsminister Christoph Hartmann als neuem Fraktionschef präsentieren könne. „Damit hätte die Jamaika-Koalition wieder ihre bisher erfolgreiche Sacharbeit fortsetzen können.“ Die Entscheidung zum Bruch rücke auch den Fraktionswechsel von Schmitt „in ein anderes Licht“.
(Quelle: Focus – Saarländische FDP kritisiert Ministerpräsidentin)
Last Euch Einsargen!
Und wie ich finde noch ein recht guter Kommentar in der Süddeutschen:
Lieber eine Neuwahl an der Saar
Ein Kommentar von Detlef Esslinger
Dreierkoalitionen sind schwierig. Eine neue Zusammenarbeit zwischen CDU, Grünen und FDP besonders. Doch das Scheitern von Jamaika im Saarland hat nichts mit politischer Farbenlehre zu tun, sondern nur mit dem Personal der Liberalen. Was die Saar jetzt am wenigsten braucht, ist eine große Koalition bis zur regulären Landtagswahl 2014.
[…]
(Quelle: Süddeutsche Zeitung – Lieber eine Neuwahl an der Saar (Kommentar))
Schon die Einleitung bringt es auf den Punkt, was der Saarländer nicht braucht. Es lohnt sich aber, den Rest zu lesen.
UPDATE 2:
Ich hatte es geahnt, oder besser gesagt, Lafontaine kann gar nicht anders. Er ist halt ein Vollblut-politiker:
Lafontaine will bei Neuwahl Spitzenkandidat werden
Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer strebt eine große Koalition an, Grüne und Linkspartei verlangen hingegen Neuwahlen. Lafontaine erklärt sich zu Spitzenkandidatur bereit.
[…]
„Selbstverständlich“, sagte Lafontaine „Welt Online“, sei er bereit, in diesem Falle als Spitzenkandidat anzutreten.
(Quelle: Welt Online – Lafontaine will bei Neuwahl Spitzenkandidat werden)
Diese Aussicht dürfte für viele ein Horror sein. Nein nicht die Bürger, sondern ich meine die Saarländischen Landesparteien. 😉
Und ich bin ehrlich, ich gönne es Ihnen alle, nicht weil ich die Linken gut finde (ich frage mich manchmal, ob es überhaupt noch eine „Partei“ gibt, die ich gut finde), sondern, weil es nun mal so ist, ob es den anderen Parteien gefällt oder nicht, bei der Wahl vor gut 2 Jahren hat man über ein fünftel der (wählenden) Bevölkerung vom politischen geschehen ausgeschlossen. Die SPD und die Grünen haben eine Zusammenarbeit mit den Vertretern eines 5tels der Bevölkerung (der wählenden, ok) abgelehnt. Das wird sich dann wohl rächen.
Um so mehr wird es dann wohl auf eine große Koalition hinaus laufen. Aber ob das die Wähler in den verbleibenden 2 Jahren wieder vergessen, diese Farce?
Links:
– Süddeutsche Zeitung: Aus für Jamaika-Koalition im Saarland | Kramp-Karrenbauer: FDP im Zustand der Zerrüttung
– t-online: Liberale empört über Koalitions-Ende
– Handelsblatt: Angebot an die SPD: CDU will große Koalition im Saarland
– Focus Online: Jamaika-Koalition im Saarland geplatzt: Kramp-Karrenbauer schmeißt die FDP aus der Regierung
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