Am Wahlabend ging es lange um die Frage, ob die CDU/CSU nicht evtl. doch die Absolute Sitzmehrheit im Bundestag erlangt. Dieser Kelch ist dankenswerterweise an uns vorüber gegangen.
Die Woche war geprägt mit der Frage, wie nun die nächste Regierung aussehen könne:
Schwarz/Rot ?
Schwarz/Grün ?
Rot/Rot/Grün ?
Am Wahlabend waren viele noch der Meinung, das die große Koalition so gut wie beschlossen ist.
Das dies aber nicht so einfach sein wird, war der CDU/CSU wohl schon nach den Auflösungserscheinungen der Parteienspitze bei der SPD und Grünen klar. So musste ich mit einem Lachen aufnehmen, das aus der CDU das „Koalitionskompromiss“-Angebot für höhere Steuern kam.
Ein kleiner zeitlicher Fehler, der die sonst übliche Schuldzuweisung an die Anderen nun stark erschwert. Es war so, das weder SPD, noch die Grünen überhaupt schon etwas in Richtung Sondierung zu einer Koalition getan hatten. Trotzdem taucht die CDU/CSU schon mit Kompromissangeboten auf. Als dieser Fauxpas bemerkt wurde, ruderte man schnell und energisch zurück.
Aus dieser Situation könnten die SPD und die Grünen Kapital schlagen. Die Frage ist nur, ob die Gier der Parteifunktionäre dieser beiden Parteien nicht der Stolperstein für diese wird.
Die Grünen wollen sich erneuern, aber Trittin und Konsorten treten irgendwie nicht ab von der politischen Bühne. Die SPD schwimmt ebenso Profillos wie die Grünen und die Teflon-Merkel im Parlamentsbecken herum.
Nach diesem Fauxpas der Merkel-Fraktion ist die Position möglicher Koalitionspartner so Stark wie nie. Werden diese es Nutzen können? Ich fürchte nein, eben wegen der Pöstchengier der Parteifunktionäre und Mandatsträger.
Die beiden möglichen Koalitionspartner für eine Schwarz-X-Koalition könnten nun die CDU/CSU in ihrem eigenen Steuersaft schmoren lassen. Das eine Erhöhung der Steuern kommen wird, ist mehr als Klar. Das die CDU/CSU die Bürger darüber belogen hatte sollte eigentlich seit Mitte der Woche auch dem verblendetsten CDU-Gläubigen klar sein.
Am Mutigsten wäre es, wenn sowohl die SPD, wie auch die Grünen der Kanzlerin eine Abfuhr erteilen. Nein, man braucht dann nicht die gefürchtete „Rot/Rot/Grün-Koalition eingehen. Eröffnet man doch der Kanzlerin die Möglichkeit einer Minderheitenregierung. Da dürften dann Kratzer in die Teflon-Schicht der Kanzlerin kommen. Ich glaube, das Sie eine Neuwahl ebenso scheut wie der Teufel das Weihwasser, wie auch die Grünen und SPD davor eine unverständliche Angst haben. Sowohl die Grünen, wie auch die SPD können mit einem wirklichen profiliertem Erscheinungsbild bei einer möglichen Neuwahl nur gewinnen. Die Grünen hätten dabei sogar die Möglichkeit zu beweisen, wie ernst es ihnen mit der „Erneuerung“ ist. Sie könnten die „Altlasten“ aus den Listen streichen.
Wer wirklich nach dieser Wahl etwas zu verlieren hat, ist Merkel. Sie Baut auf die Machtgeilheit der anderen Parteien. Damit ist Sie bisher gut gefahren.
Was wäre die andere geschickte Alternative, statt einer Neuwahl?
Geschickt wäre es das Thema Steuererhöhungen aus den Koalitionsverhandlungen raus zu halten. Da gibt es für die Menschen direkt viel wichtigere Themen, wie z.B. einen Mindestlohn. Eine Verhandlung mit dem Schwerpunkt, von der CDU/CSU als Kompromiss die Einführung eines Mindestlohn abzuverlangen bringt die CDU/CSU nach dem Medienwirksamen zurückrudern bzgl. der Steuererhöhungen in arge Bedrängnis. Der Ball für das Thema wäre dann in einer Regierungskoalition bei eben der CDU/CSU. Die Koalitionspartei bräuchte dann nur noch warten, bis diese gezwungener Maßen mit dieser Forderung kommen muss.
Die SPD und Grünen haben vor sich selber Angst. Und so lange dies so ist, so lange braucht Merkel keine Angst zu haben. Nicht mal, wenn wie diese Woche Geschehen ein solcher Fauxpas passiert, wie mit der „Kompromissbereitschaft“ zu Steuererhöhungen, wo nicht mal klar ist, wem man diesen Kompromiss anbieten soll.
Eine Koalition abzulehnen und der Kanzlerin eine Minderheitenregierung anzubieten wäre für SPD und Grüne eigentlich eine Win-Win-Situation. Beide Parteien könnten die Geschicke in Deutschland aktiv mitgestalten. Sei es als Mehrheitsgeber für Merkel oder mit eigenen Ideen, die evtl. von der gesamten Opposition durchgebracht wird, ohne das man Wortbrüchig wird (keine Koalition mit „Die Linke“). Man hat auf jeden Fall die Möglichkeit wieder Profil zu zeigen. Etwas was die beiden Parteien dann von der CDU/CSU abheben würden.
Ich halte das Wahlergebnis mit dem Ausscheiden der FDP für spannend. Ich fürchte aber, das die möglichen Koalitionspartner/Opposition dies nicht nutzen können. Sie stehen sich fast alle selbst im Weg.
Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, das ich deutliche Mehrheiten für den jetzigen Stand in unserer sogenannten Demokratie für Falsch halte. Von diesem Standpunkt her gefällt mir das Ergebnis eigentlich nicht. Lieber wäre mir eine Konstellation in der sich keine 2er-Koalition bilden kann. Dabei entsteht zu schnell eine bürgerfeindliche Regierung, wie wir dies seit Jahren erleben, in dem es wenigen immer schlechter geht, der wählenden Masse ungefähr gleich mit der ständigen (eingeredeten) Angst, es wird schlimmer wenn sich was ändert und denen, die für die Politiker uninteressant sind geht es weiter dreckiger und wahrscheinlich noch schlechter. Gemeint sind die Ärmsten, die Resignierten, die auch zu einem hohen Prozentsatz die Nichtwähler stellen. Wer nicht zur Wahl geht, der kann auch nicht (wenigsten den versuch starten) etwas ändern.