Mehr Schutz vor Werbung auf Webseiten für Kinder

Passend zu der an Jugendliche gerichtete Werbung, in der dann per „Premium-SMS“ abgezockt wird, hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen eine Pressemitteilung heraus gebracht.
Der Bundesverband fordert mehr Schutz der Kinder vor Werbung. Vor allem die versteckte Werbung ist den Verbraucherschützern ein Dorn im Auge:

Viele Webseiten, die sich an Kinder richten, enthalten unzulässige Werbung. Das hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in einer Überprüfung von Spieleportalen festgestellt. „Werbung kommt auf Kinderseiten oft als Wolf im Schafspelz daher“, kritisiert Vorstand Gerd Billen.
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Urheber der überprüften Seiten sind Unternehmen aus der Film- und Fernseh-, Werbe- und Medienbranche. Ziel der stichprobenartigen, nicht repräsentativen Untersuchung war es, Probleme zu identifizieren, mit denen Kinder in der digitalen Welt konfrontiert sind.
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„Es hat sich gezeigt, dass viele Unternehmen nicht ausreichend zwischen Werbung und redaktionellem Inhalt trennen“, erklärt Carola Elbrecht, vzbv-Projektleiterin Verbraucherrechte in der digitalen Welt. Dies ist gerade bei Kinderportalen fatal: Denn die Fähigkeiten eines Kindes, zwischen Inhalten und eingebundener Werbung zu unterscheiden, steigt erst mit zunehmendem Alter.
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Von den für die Überprüfung von Internetseiten zuständigen Gremien fordert der vzbv eine aktivere Rolle. Institutionen wie die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) und der Deutsche Werberat werden in der Regel nur anlässlich gezielter Beschwerden tätig. „Hier braucht es mehr Prävention statt nur Reaktion“, fordert Elbrecht.

(Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband „Mehr Schutz für Kinder nötig“)
Der Bundesverband hat zudem einen Forderungskatalog veröffentlicht, den diese aufgestellt hat (Downloadlink unten).
Besonders in der Kritik sind so genannte Kinderspielseiten, in denen Werbung auch schon mal in einem vorgeschalteten Spiel versteckt sind:

Ebenfalls problematisch: Werbung, die einem Spiel vorgeschaltet ist.

(Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband „Mehr Schutz für Kinder nötig“)

Das führt mich abschweifend zu den „Gratis-Spielen“, die mit spezieller Werbung an Kinder und Jugendliche angeboten werden. Hat man sich das Programm zum Onlinespiel herunter geladen, stößt man beim Spiel schnell an seine Grenzen. Um weiter zu kommen und mehr Spielspaß zu erleben hat dann der Spieler die Möglichkeit sich „Waffen“ und erweiterte „Optionen“ kostenpflichtig dazuzuholen. Es wird von Spielern berichtet, die so schnell mal Summen im 4-Stelligen Bereich ausgegeben haben.

Bei den Kinderspielseiten haben sogar Erwachsene Probleme die Grenzen zwischen Werbung und Redaktionellen Teil zu entdecken heißt es bei „Heise Online“:

Häufig sei sie direkt in den Inhalt eingebunden und von den Jüngsten nicht zu erkennen; teilweise sei es sogar für Erwachsene schwierig gewesen, zwischen Werbung und redaktionellem Inhalt zu unterscheiden.

(Quelle: Heise Online „Verbraucherschützer gehen gegen Kinder-Websites vor“)
Weiter heißt es bei der Verbraucherzentrale Bundesverband:

Elf Anbieter von Kinderportalen hat der vzbv wegen unlauterer Praktiken abgemahnt. In sechs Fällen gaben die Betreiber eine Unterlassungserklärung ab, in zwei Fällen wird Klage eingereicht und drei Fälle befinden sich noch im außergerichtlichen Verfahrensstadium.

(Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband „Mehr Schutz für Kinder nötig“)

Da ist es nicht verwunderlich, dass Heise Online berichtet, das die Werbeindustrie dies ganz anders sieht:

Dass die Werbewirtschaft den Vorwürfen erst einmal widerspricht und die Sache anders sieht, verwundert nicht: Der Sprecher des Zentralverbandes der Deutschen Werbewirtschaft und des Deutschen Werberates, Volker Nickel, hält die Aufregung um Kinderwerbung für übertrieben. „Wenn Kinder etwas kaufen wollen, sind immer noch die Eltern dazwischen“, betonte er laut dpa. Wer Kinderwerbung dämonisiere, stelle die Jüngsten als naiv dar. Es sei Aufgabe von Eltern, Kindergärten und Schulen, die Minikonsumenten über Funktionen von Werbung aufzuklären.

(Quelle: Heise Online „Verbraucherschützer gehen gegen Kinder-Websites vor“)
Ich stimme dem Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft zu, es ist tatsächlich die Aufgabe von Eltern, Kindergärten und Schulen, die Kinder auf das Leben vorzubereiten. Gleichwohl ist es Aufgabe der Gesellschaft und damit dessen Vertretern die Kinder während dieser Entwicklung zu schützen! Das will der Zentralverband wohl nicht wahr haben.
Wie heißt es dazu bei dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Kinder und Jugendliche verdienen den besonderen Schutz unserer Gesellschaft. Alle Erwachsenen stehen somit in der Verantwortung, Kinder und Jugendliche vor schädlichen Einflüssen, zum Beispiel in bestimmten Medien oder vor den Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums zu schützen. Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) ist am 1. April 2003 in Kraft getreten.
[…]
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen hat für die Bundesregierung oberste Priorität. Dieser Schutz Kinder und Jugendliche in verschiedenen Lebensphasen und Lebenssituationen begleiten.

(Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Jugendschutz aktiv: Das Jugendschutzgesetz“)
Bleibt nur zu hoffen, dass die Politiker diese Aussagen ernst nehmen und nicht vor den Spendengeldern und Lobbyisten der Firmen einknicken!

Links:

– Verbraucherzentrale Bundesverband: „Mehr Schutz für Kinder nötig“

– Heise Online: Verbraucherschützer gehen gegen Kinder-Websites vor

Download:
– Verbraucherzentrale Bundesverband: Forderungskatalog Kinderspielportale (PDF, 27 KB)

Eigene Artikel:

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