Nun ist die Wahl vorbei und das vorläufige Endergebnis bekannt gegeben.
Der Jubel in der SPD gestern Abend war wohl verfrüht.
Stärkste Partei wurde mit etwas über 6.000 Stimmen mehr die CDU. Die Grünen haben Ihr Ergebnis fast verdoppelt und Die Linken schaffen den Sprung ins Parlament.
Die FDP hat seinen Posten als Mehrheitsgeber verloren.
Was ist nun das Fazit?
Die beiden „Volksparteien“ können keine der Wunschkoalitionen (Rot/Grün und Schwarz/gelb) für eine stabile Mehrheit eingehen. Dies ist vom Wähler eine klare Absage gegen diese schon vielfach fehlgeschlagenen Koalitionen.
Hier hat der Wähler auch den kleineren Parteien klar die Grenzen gewiesen. Es ist nicht mehr so, das eine Partei, die knapp über die 5% kommen mehr Macht auf die Regierung ausüben, als ihnen von den Wählerstimmen zustehen.
Die Frage wird sein, ob sich die SPD wieder von der CDU für eine Regierung auf Basis einer großen Koalition verheizen lässt? Bei der letzten großen Koalition auf Bundesebene ist genau dies passiert und das Ergebnis war die jetzige Regierung.
Die SPD muss sich sehr gut überlegen, ob Sie sich wieder als Buhmann für die CDU einspannen lässt. Leider muss man hier nicht nur die Belange des Landes NRW im Blick haben, obwohl man diese als den wichtigsten Maßstab sehen muss, sondern auch, das der Wähler eine solche Landesregierung bei Bundestagswahlen bestrafen werden wird.
Das SPD und Grüne nicht mehrheitsfähig sind, halte ich persönlich für gut. Es hat sich immer wieder gezeigt, das die Grünen, sobald diese den Stallgeruch der Macht riefen, Ihre Werte genau so schnell vergessen, wie die SPD Ihre traditionelle Herkunft. Gerade in NRW sollte man sich da auch noch an die Firma Trinikens erinnern.
NRW ist nun in einem 5-Parteiensystem angekommen. Ich denke, mit ein paar Prozentkorrekturen, nicht die schlechteste Lösung, um die Parteien daran zu erinnern, das Ihre Abgeordneten einen Auftrag vom Volk haben.
Gut ist, das sich Parteien nun scheinbar Ihrer Sache nicht mehr zu sicher sein können.
Wer ist der Verlierer? Wer ist Gewinner?
Die CDU ist in NRW der eindeutige Verlierer. Die starke Position als „wirklich“ stärkste Partei ist die der theoretisch (Stimmenmäßig) stärksten Partei gewichen. Moralisch sind sie dies schon nicht mehr. Über diesen Nimbus der „stärksten Partei“ in NRW wird immer das Schwert der 6.000 Stimmen und der Verlust von über 10% der Wählerstimmen liegen. Ein Schönreden, das man es ja geschafft habe, die stärkste Partei im Land zu sein würde eine Farce sein.
Die SPD sah sich lange Zeit gestern Abend als Sieger der Wahl. Man verdrängte, das auch die SPD Verluste hinnehmen musste. Diese Wirklichkeit holt diese Partei mit dem Ergebnis wieder ein. Man kann sagen, das es die „Notlösung“ Frau Kraft geschafft hat, ein Verlustdebakel zu verhindern. Aus eigener Kraft gewonnen haben sie nicht. Es ist bestimmt kein Fehler, das die SPD ihre Verluste bei dieser Wahl nicht als „Stärkste“ Partei im Land Schönreden kann. Die jahrelange Krise der SPD und der Identitätsverlust ist noch lange nicht überwunden. Da steht vor der SPD noch eine schwierige Aufgabe.
Die FDP hat sogar noch leicht zugelegt. Da aber die Verluste der CDU sich nicht annähernd auf die Prozente der FDP ausgewirkt haben, scheint es so, das Die Bürger in NRW begriffen haben, das die FDP keine Alternative für Volksorientierte (wenn vielleicht auch nur angeblich) Parteien ist. Die FDP ist eine Partei für einen kleinen Prozentsatz der Bevölkerung und von daher sind sie da, wo sie Hingehören. Wobei ich bezweifle, das deren Klientel wirklich um die 6% der Bevölkerung von NRW ausmachen.
Die Grünen, die Gewinner der Wahl auf dem Blatt. Das Ergebnis fast verdoppelt, ist drittstärkste Partei geworden. Doch reicht es nicht, um ein starker Koalitionspartner für einen der beiden Volksparteien zu werden und mit einem von Ihnen eine sichere Regierungsbasis zu bilden. Was man so als Verlieren definieren könnte, ist für die Grünen vielleicht ein Segen. Bis jetzt haben sich die meisten Koalitionen der Grünen mit den Volksparteien auf Landes und Bundesebene für die Partei und Ihrem Selbstverständnis als Desaster gezeigt. Aktuell braucht man doch nur mal nach Hamburg und Saarland schauen.
Die Linken sind auch Gewinner der Wahl. Sie wurden mit dem Einzug ins Parlament auch indirekt Verhinderer einer Rot/Grünen Koalition. Es ist doch sehr stark zu vermuten, das diese Wählerstimmen ansonsten nicht zur FDP und wohl auch nicht zur CDU abgewandert wären. Ob sich diese im Parlament nun recht junge Partei einen gefallen tut, sich direkt in die Koalitionsmühlen von der SPD und den Grünen zu begeben ist fraglich. Vor allem in dem Vorzeichen, dass die SPD und die Grünen vieles auch ohne die Stimmen der Linken durchsetzen könnten (Schließlich fehlt zur Mehrheit nur 1 Stimme). Somit würde die Linke evtl. ein Opfer der rot/grünen Koalitionsregierung werden und mit diesen dann bei der nächsten Wahl abgestraft zu werden, ohne die Chance zu haben, sich selbst in einer solchen Regierung positionieren zu können.
Die „Sonstigen“ sind eigentlich zu vernachlässigen. Trotzdem ist es erstaunlich, das dieser Bereich noch gestiegen ist. Hier könnte man vielleicht einige der Proteststimmen wiederfinden. Nach dem Wirbel um die Piratenpartei, ist es erfreulich, das diese sich dort wiederfinden, wo Sie ganz offensichtlich auch Ihr Klientel gesucht haben, auf der ebene der Rechten Klientel. Sie stehen somit mit rund 1,5% jetzt auf Augenhöhe der Rechten „Pro NRW“.
Die Nichtwähler sind in meinen Augen die wahren Verlierer. Diese Gruppe hat es versäumt, Einfluss auf die Zusammensetzung des Landtages zu nehmen. 40% aller Stimmen wurden nicht abgegeben. Auf diese Masse können die etablierten Parteien setzen und sich weiterhin „Volksparteien“ schimpfen. Dann doch lieber Wählen gehen und ungültig stimmen. Diese Gruppe hat zahlenmäßig, trotz geringerer Wahlbeteiligung noch zugenommen. Es gab bei dieser Wahl rund 24.000 ungültige Stimmen mehr.
Wo sind die stimmen hin?
Es ist erstaunlich, dass die CDU, wie auch die SPD so starke Verluste einfahren. Und auf der anderen Seite gerade die fehlenden Stimmen der CDU sich nicht bei Alternativparteien wiederfinden. Schaut man sich die reinen Stimmen an, so ist das Debakel noch deutlicher sichtbar. Der Verlust der Stimmen kann nicht durch die Zugewinne der der anderen Parteien, vor allem Grüne und die Linke erklärt werden.
Für mich stellt sich die Vermutung auf, das es die Grünen und Linke geschafft haben neue Wähler zu gewinnen, während die Wähler, die den beiden Volksparteien den Rücken zugekehrt haben in einem nicht unwesentlichen Teil auf die Wahlbeteiligung verzichtet haben.
Es wird Spannend sein, die nächste Zeit der Regierungsfindung zu beobachten.
Links:
– Landeswahlleiterin NRW: Wahlergebnisse Landtagswahl 2010
– Landeswahlleiterin NRW: Sitzverteilung Landtagswahl 2010