[Update] Legal? Illegal? … Scheißegal? Julia Schramm – Bettina Wulff

Nachdem sich die beiden „Autoren“ (*hüstel*, oder um es mit neudeutsch zu sagen: „LOL“) aus unterschiedlichen Standpunkten gegen einen kostenlosen Download ihrer Werke (über ihre Verlage) gewehrt haben, ist nun der Alltag für diese und den Verlagen zurück gekommen.
Bei Julia Schramm scheint der Verlag (mindestens) sich verkalkuliert zu haben.Der Hype auf das Buch bleibt aus. In den Bestseller-Charts (Bereich „Sachbuch-Hardcover“) suchte man es vergeblich, und die Verkaufszahlen bei Amazon sind ernüchternd:

(Quelle: Novalrank – Verkaufszahlen „Klick mich“, Stand 29.9.2012 Mittags)

Mit einem Amazon-Ranking (Deutschland) von 35.622 und absolut verkauften Büchern von 31 Büchern (Wobei die Frage ist, wie in der Statistik zu den Amazon-Verkäufen Verkäufe von Mai, Juli und August kommen, wo das Buch erst im September erschienen ist; ohne diese sind es ganze 26 Bücher) kann man eigentlich sehr gut ableiten, wie sich der Verkauf insgesamt abzeichnet. Für den Verlag dürfte es wirtschaftlich gesehen ein reines Ausleihungsgeschäft sein. Die Frage ist nur, ob diese diesen Verlust für den Imageverlust der Piraten in Kauf genommen hat?
Das dieser Imageverlust vorhanden ist, liegt nicht nur an Julia Schramm und dem Verlag, sondern auch an den verherenden Reaktionen der Piratenpartei selbst. Die Stellungsnahme des Bundesvorstandes ist für die Piratensympatisanten ein Schlag ins Gesicht. Vor allem für diese, die geglaubt haben, das die Partei hinter Ihren eigenen gesetzten Zielen stehen würde. Dies dürfte zumindest bei dem Bundesvorstand nicht der Fall sein. Die Sprachlosigkeit anderer Verbände (bis auf den schnell zurückgeruderten Vorstoß der Piraten Niedersachsens) hilft da auch nicht weiter.

Ich habe bereits geschrieben, das Julia Schramm jedes Recht hat Ihr Buch so gewinnbringend wie möglich an den Mann (bzw. die Frau) zu bringen. Nur sollte sie dann auch so ehrlich sein und alles was dieser Tat zuwider spricht, wie eben die aktive Beteiligung an einer Partei mit einem anderslautenden Grundsatzprogramm zu unterlassen. Auch die anderen Funktionäre dieser Partei täten gut daran, sich zu überlegen, ob sie Ihre Posten nach der eigenen Stellungsnahme noch ernsthaft ausfüllen können. Die Parteibasis tut ebenfalls gut daran, sich zu überlegen, ob sich Ihre Funktionäre noch auf der Basis Ihrer Partei bewegen. Für mich als potenziellen Wähler (ich oute mich mal und gebe zu, dass ich bereits ein Wähler dieser Partei war) stellt sich die Frage, ob eine Partei, die sich so zu Ihren Grundsätzen verhält, noch wählbar ist. Gut, beim Urheberrecht und geistigen Eigentum bin ich anderer Meinung, als die Aussagen des Programms der Partei, aber wie projiziert sich dies auf Themen die mir in dem Parteienprogramm wichtig sind. Das ist für mich eine wesentliche Frage, in wie weit ich da dieser Partei noch vertrauen kann.

Spannend fand ich es, dass ich von einer Bekannten mehrere nette Ausschnitte aus dem Buch bekommen habe, die auch jüngste Aussagen von Frau Schramm, um es mal freundlich auszudrücken in ein -meiner Meinung nach- seltsames verlogenes Licht stellen.
So hat sich Frau Schramm direkt nach dem sogenannten „Shitstorm“ um die Dateieinlöschung gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ dahingehend erklärt, dass sie nicht die Urheberschaft ablehnen, sondern den Begriff des „geistigen Eigentum“:

„Es ist ja klar, dass der Verlag dagegen vorgeht, wenn mein Buch auf einer Homepage zum Download steht. Ich sehe darin auch keinen Widerspruch. Ich lehne nicht das Urheberrecht, sondern den Begriff des geistigen Eigentums ab, weil er ein Kampfbegriff ist„, verteidigte sich die Piraten-Politikerin

(Quelle: Süddeutsche Zeitung – „Jetzt krakeelt wieder der Mob“; Hervorhebung durch mich)

Nun, es wäre für die Frau Schramm evtl. mal ganz hilfreich gewesen, wenn sie mal selbst in ihr eigenes Buch geschaut hätte. In den mir übermittelten Textpassagen liest sich das Ganze (also auch so vom Verlag veröffentlicht) so:

Ich lehne den Begriff des geistigen Eigentums ab, er ist ein Kampfbegriff, der die Debatte vergiftet. Die emanzipatorische Idee dahinter ist längst vergessen, ja sogar karikiert worden. Denn der Begriff wird missbraucht, um emanzipatorische Bewegungen im Netz zu unterdrücken. Und ich wehre mich dagegen, dass unter dem Vorwand, Urheberrecht und geistiges Eigentum schützen zu wollen, die Freiheit des Internets zerstört wird. Stattdessen will ich darüber sprechen, welche Funktion die Kunst und die Künstler in unserer Gesellschaft haben und damit wieder eine allgemeine Wertschätzung für das Werk und seinen assoziierten Künstler schaffen. Ein Imperativ für das Teilen im Netz wäre für mich: Nutze Kunst und Kultur so, wie du möchtest, dass mit deiner Kunst und Kultur umgegangen wird. (Und übrigens: Wer geistiges Eigentum hinterfragt, sollte vielleicht auch Eigentum hinterfragen. Unabhängig vom Geist.)

(Quelle: Julia Schramm – Klick mich; lt. den mir vorliegenden Kopien: Ende Seite 40, Anfang Seite 41)

Nicht nur, dass sie hier sich selbst zu ihrer positiven Aussage zur Löschung der Buchdatei widerspricht (in eben selbigen Buch), nein sie setzt bei dem Vorwand eben „geistiges Eigentum“ (das sie ekelhaft und als „Kampfausdruck“ empfindet) dem Urheberrecht (= Urheberschaft) gleich. Für sie ist beides ein „Vorwand“. Sie geht noch weiter und stellt das Eigentum an sich in Frage. Wenn man sich Ihre Reaktion bei der illegalen Datei ansieht, dann frage ich mich, wie sie wohl reagiert, wenn jemand bei Ihrem Notebook das „Eigentum“ an sich „hinterfragt“. 😉
Weiter scheint sie auf Seite 51 ihren Werdegang im Netz zu beschreiben:

Einflussreiche Gruppierungen hatten nach Jahren der Ignoranz plötzlich das Netz als Feind entdeckt. Von Netzsperren war die Rede. Auch davon, dass Urheberrechtsverstöße streng geahndet, das Netz kommerzialisiert und reguliert werden sollte. Bisher hatte man die Netzgemeinde frei sein lassen in den unbestimmten Sphären. Doch die Mittel wurden erbarmungsloser. Der Ton rauer. Das jahrelange Schattendasein der Digital Natives war plötzlich von Interesse für die Mächtigen. Und warum? Weil das Netz nicht so tickt, wie sie das gerne hätten.

(Quelle: Julia Schramm – Klick mich; lt. den mir vorliegenden Kopien: Auf Seite 51)

Man könnte nach diesen Worten wirklich meinen, dass Frau Schramm hier Ihre eigene Geschichte niederschreibt. Von der Zeit, als sie sich in Tauschbörsen und anderen Stellen des Internets mit allem versorgt hat, was sie meinte haben zu müssen Filme, Musik, Texte und wie sie dann zur Schützerin ihres eigenen Werks wurde und dafür auch rauere Maßnahmen und Kontrolle des Netzes für sich (stellvertretend durch den Verlag) beansprucht.

Auf Seite 87 definiert sie dann noch den (früher) auch von Ihr gerne verwendeten Begriff „Contentmafia“:

Contentmafia
Umgangssprachlich, abwertend: Gesamtheit der (großen) Verlage, der Musik- und Filmindustrie, die ein verschärftes Urheberrecht fordert.

(Quelle: Julia Schramm – Klick mich; lt. den mir vorliegenden Kopien: Auf Seite 87)

Bettina Wulff scheint nun in der Versenkung verschwunden zu sein. Nachdem sie öffentlichkeitswirksam dafür gesorgt hat, dass nun alle von den Gerüchten um ihre angebliche Rotlichtzeit wissen (die ich noch nie für wahr hielt) und dementsprechend (vermeintlich) geschickt den Veröffenlichungstermin Ihres Buches vorgelegt hatte, bleibt nun der Erfolg wohl aus. Hat man noch vor ein paar Tagen mit einer gewissen Häme auf die negativen Kommentare zu Ihrem Buch berichtet, dass dieses Buch von 0 auf Platz 1 der Bestseller-Charts gekommen ist (wobei man die Tatsache, das es sich um die Charts für „Sachbücher Hartcover“ handelte meist, wenn überhaupt nur gut versteckt mitteilte), hat nicht nur die nächste Veröffentlichung (Heinz Buschkowsky: „Neukölln ist überall“) in diesem Bereich das Buch von Bettina Wulff von platz 1 geschmissen, sondern sie fiel sogar noch hinter dem einen Monat früher herausgegebenen Buch von Rolf Dobelli („Die Kunst des klugen Handelns“). Wenn man sich den Trend der Verkaufszahlen bei Amazon anschaut, wird das Desaster noch besser sichtbar:

(Quelle: Novalrank – Verkaufszahlen „Jenseits des Protokolls“, Stand 29.9.2012 Mittags)

Hier ist Sie sogar aus den Topp 100 mit dem derzeitigen Rang 428 in die tiefen des dreistelligen Rankings gefallen. Schaut man sich die Kurve an, so sieht man, dass die täglichen Verkaufszahlen nach einer gewissen zeit deutlich nachgelassen haben. Wie ich schon zu dem Bestsellerchart in einem anderen Artikel beschrieben habe, ist es normal, wenn zu einer Buchveröffentlichung die Verkaufszahlen hoch sind, weil sich alle schon vorher interessierten das Buch kaufen und der Bedarf nach kurzer Zeit gesättigt ist. Ich denke, dass sich der Verkauf des Buches bei Amazon nun deutlich unter 10 exemplare pro tag für eine Zeit einpendelt. Noch etwas später wird dann das Buch nicht mehr täglich verkauft. Vergleicht man die Verkäufe mit dem jetzigen Erstplatzierten (Heinz Buschkowsky: „Neukölln ist überall“), so fällt auf, dass die tägliche verkaufte Anzahl an Büchern auch über den Anfangshype beständig über 60 Exemplare steht (vergl. Novalrank, Stand 29.9.2012), einen Wert den Bettina Wulff nur einmal überschritten hat. Er hat sogar im Ausland schon ein Buch verkauft.

Dies sind aber alles nur kleine Zahlenspiele, die davon ausgehen, dass man die Verkaufszahlen bei einem der größten Buchversender auf die Entwicklung der Verkäufe allgemein setzen kann. Über tatsächliche Zahlen und vor allem die interessante Frage nach den insgesamt verkauften Buchexemplare sagt dies natürlich nichts aus, sondern lässt nur Vermutungen zu.

Zu dem Thema illegale Kopien im Netz ist bei Bettina Wulff noch darauf hinzuweisen, dass die Downloadseite, die zu etwas Aufregung geführt hatte nicht mehr erreichbar ist. In meinem Artikel „Legal? Illegal? … Scheißegal? -Teil 2- Bettina Wulff“. bin ich der Frage nach gegangen, wie es rechtlich für zufällige Besucher der damalig gut gefakten Seite ist, wenn sie das dort angebotene Buch downloaden. Die neue Entwicklung habe ich dort bereits als „Update“ eingefügt. Aber in diesem „Update“ möchte ich nochmals darauf eingehen, das die Seite nicht mehr erreichbar ist.

Wie ich erst die Tage (genauer am 26.9.2012) entdeckt hatte kam man beim Besuch der Seite „jenseits-des-protokolls-lesen.com“ nicht mehr auf die in meinem oben erwähnten Artikel beschriebene Seite, sondern am frühen Morgen auf eine Seite mit Nacktbildern (weiblich) und Verweise auf diverse Seiten. Kurze Zeit später wurde die Info und Beratungsseite für Prostituierte Berlin „HYDRA“ auf der Domain angezeigt. Dies scheint nun schon wieder veraltet, da sich nun wieder die Beschriebene Seite mit dem Download und Lesemöglichkeiten dort finden lässt. Ob dies evtl. Providerabhängig ist, muss ich noch prüfen, da ich gerade über einen anderen Provider im Netz bin, als bei den früheren versuchen auf die Seite zu gelangen. Halte das aber für eher unwahrscheinlich.
Ob es nun vom Provider abhing oder die Seite zeitweilig nicht online war, sei mal dahin gestellt (ich habe nachgeschaut, so weit ich es sehe wurde auch nicht der Serveranbieter gewechselt). das aber zeitweise die Seite des Vereines „HYDRA“ dort erschien hatte schon was für sich und war passend. 😉
ich habe dazu mal über die Kontaktfunktion auf der Seite „jenseits-des-protokolls-lesen.com“ eine Anfrage dazu gestellt. Mal sehen, ob ich eine Antwort bekomme.

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