Ja, das Eigentum nicht einfach eine Anhäufung von „Meins“ ist, das steht ganz klar im Grundgesetz. Das man dieses Grundrecht in Deutschland so missachtet, das liegt daran, das die „Eigentümer“ keine Angst vor den sie in den Arsch kriechenden Politiker und Erfüllungsgehilfen haben müssen.
Am Donnerstag ist Rosemarie Fliess gestorben.
Sie wurde, trotz vorhandener Lösungen Zwangsgeräumt, als Schwerbehinderte und alte Frau aus Ihrem sicheren Nest entrissen. Wenn man sich anschaut, was passiert ist, dann kommt einem nur die Wut hoch.
Die Frau hat sich immer mehr eingeigelt, ließ den sozialen Dienst der Stadt nicht mehr an sich heran, der „Eigentümer“ der Wohnung, in der sie gewohnt hatte ist gewechselt und für die Stadt war dies alles ein willkommener Anlass alle Zahlungen für die Wohnung einzustellen. Seit einem halben Jahr wurde keine Miete mehr bezahlt, das Wasser und der Strom abgestellt.
§ 1 SGB I Aufgaben des Sozialgesetzbuchs
Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen gestalten. Es soll dazu beitragen,ein menschenwürdiges Dasein zu sichern,
gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen, zu schaffen,
die Familie zu schützen und zu fördern,
den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und
besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden oder auszugleichen.§ 1 SGB IX Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung getragen.
Gerade die Sozialgesetzbücher werden z.B. von der „Agentur für Arbeit“ gerne zitiert, wenn es darum geht, das Menschen ihre Leistungen vorenthalten werden sollen. Da sind es vor allem das SGB II und III. Aber diese beschäftigen sich auch mit den anderen Menschen, die nicht mehr aus eigener Kraft Ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Die beiden Ziele der für diesen Fall relevanten Sozialgesetzbücher habe ich oben mal zitiert.
Nirgendwo steht, das man bei einer einem nicht genehmen „Selbstbestimmung“ die Menschen einfach fallen lassen darf. Dies ist aber in diesem Fall geschehen.
Wenn es stimmt, was die Presse schreibt, begründen die Behörden Ihren Zahlungsstopp mit der Ablehnung der Frau Fliess damit begründet, das diese jeden Kontakt mit Ihnen verhindert hat.
das Sozialamt stellte die Mietzahlungen an die Rentnerin ein, nachdem diese den Kontakt zur Behörde abgebrochen hatte. Rosemarie F. bezog Grundsicherung; nachdem die Rentnerin ein halbes Jahr keine Miete gezahlt hatte, kündigte die Vermieterin und schaltete den Sozialpsychiatrischen Dienst ein. Uwe Brockhausen (SPD), Gesundheitsstadtrat von Reinickendorf, äußerte sein „tiefes Bedauern“ angesichts der Ereignisse: „Ich hätte mir gewünscht, dass Frau F. die Hilfsangebote des Bezirks angenommen hätte.“ Mehrfach habe man versucht, mit Rosemarie F. in Kontakt zu treten. Bis zuletzt hatte F. vor Gericht versucht, wegen „Räumungsunfähigkeit“ in der Wohnung bleiben zu dürfen – die Richter lehnten den Antrag aber ab, da die Rentnerin kein fachärztliches Attest vorlegen konnte.
(Quelle: Tagesspiegel – Friedliche Mahnwache für Rosemarie F.)
Der sozialpsychiatrische Dienst kam nicht mehr an die Frau heran. Doch Rosemarie Fliess schottete sich in ihrer Wohnung ab. Weder öffnete sie die Tür, noch reagierte sie auf Mitteilungen.
(Quelle: Berlin-Kurier – Warum haben sie Rosemarie sterben lassen?)
Sie schottete sich immer mehr ab, das scheint der Tenor in den Berichten um die Zwangsräumung zu sein. Aber irgendwie passt dies nicht zu dem, was man sonst liest. Da heißt es zum Thema „Zahlungseinstellung“ an anderer Stelle des Artikels „Warum haben Sie Rosemarie sterben lassen?“:
Durch Eigentümerwechsel, Krankheit und Krankenhausaufenthalte geschah dies nicht rechtzeitig.
(Quelle: Berlin-Kurier – Warum haben sie Rosemarie sterben lassen?)
Also nichts nur mit „abschotten“ und niemanden mehr heran lassen. Dieser Argumentation stehen auch die Aussagen der Initiative „Kälte Nothilfe“, dort besonders Herr Grasshoff und der „Bündnis Zwangsräumungen verhindern“ entgegen, die von Besuchen und Gesprächen mit der Rentnerin Frau Fliess berichteten. Ja gerade die „Kälte Nothilfe“ hat ja die Frau, weil sie sich einer Räumung psychisch nicht gewachsen sah vor dem Räumungstermin bereits aus der Wohnung begleitet.
Es wäre wohl an der Behörde und den sozialpädagogischen Dienst gewesen, sich einer ungewöhnlichen Methode zu bemühen, um der Frau zu helfen. Auch hätte man die rechtlich der Frau zustehende Grundversorgung, dazu gehören auch Miete, Strom und Wasser nicht einfach einstellen dürfen. Dies ist in meinen Augen ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte, dem Grundgesetz und den Sozialbüchern.
Auf der anderen Seite die neue Eigentümerin.
Diese hätte ebenso unbürokratisch das Angebot des SPD-Sozialstadtrat Andreas Höhne von Reinickendorf annehmen können, um im weiteren in Ruhe für eine für alle erfreuliche Lösung zu finden. Angeblich soll die Frau Fliess diese „tyrannisiert haben, wie auch die Nachbarn. Nun, man hat diese Frau von allen Seiten her bevormundet und gedroht. Sie hat sich darauf hin immer mehr eingeigelt, so die Presse. Die Frage ist, wie z.B. sich das Amt für Grundversorgung im Haus benommen hat. Gerne lassen „Sozialarbeiter“ anderen Ihre Macht spüren und auch habe ich selbst schon mitbekommen, wie solche Menschen die Macht mit Bloßstellungen Dritter gegenüber demonstriert haben.
Ebenso wie die Presse mitteilt, das die „gebrechliche“ Frau Fliess die arme neue Eigentümerin „tyrannisiert“ hat, kann man sich auch die Frage stellen, ob die Frau Fliess in Ihrer Verzweiflung keine andere Möglichkeit mehr sah sich zu wehren. Und vor allem, wie sah das Aus, das Tyrannisieren einer Frau, die jeden Kontakt abbrach und niemanden mehr an sich heran lies.
Und ist es nicht eher so, dass Sie, wenn man die Presse verfolgt zu den Aktivisten vertrauen gewonnen hatte? Kann es daran liegen, das man Sie ernst nahm, das man auch Ihre Wünsche respektierte.
Wie passt dieses Verhalten zu dem Bild, das uns das Amt und die Vermieterin hier präsentieren will?
Ist es vielleicht ein Versuch, die eigene Unmenschlichkeit zu Kaschieren?
Eigentum verpflichtet, heißt es im Grundgesetz, aber weder die Justiz, noch die Politik nehmen die Eigentümer dafür in die Pflicht. Nein, sie ebnen der Unmenschlichkeit auch noch den Weg.
Dann ist da noch die Justiz, der eine Attest eines „Allgemeinmediziners“ nicht ausreichte, um einen Menschen sozial verträglich seinen Lebensabend verleben zu lassen. Das Gericht interessierte es nicht, das Eigentum auch verpflichtet, dass das Sozialgesetzbuch das Fallenlassen eines Menschen nicht vorsieht, dass das Amt trotzdem die Zahlungen eines nach dem SGB III besonders zu fördernden Menschen eingestellt hat. Auch hat es nicht im Zweifel für den Angeklagten gesprochen. Es hat sich in seiner typischen selbstherrlichen sozialen Kälte gezeigt.
Nun, sie haben es geschafft, der Staat, vertreten durch seine Ämter, die Eigentümerin und die Justiz. Sie haben einen Menschen seiner Wurzeln beraubt und diesen damit die Lebensader entzogen.
Nachdenkliches:
Es ist schon viele Jahre (bzw. schon Jahrzehnte) her, da wohnte ich mit vielen Menschen in einem Haus zusammen, besser gesagt einem Riegel mit verschiedenen Räumen mit gegenüberliegenden Räumen und Werkstätten. Gemeinsam lebte man im Sommer im Hof und man Arbeitete auch zusammen.
In einem Raum mit direktem Zugang zum Hof wohnte M., eine Frau, die Jahrelang erfolgreich im Berufsleben stand und eines Tages beschlossen hatte das Ihr Denken ein anderes wurde. Oder Landläufig gesagt, sie wurde irgendwie etwas verrückt oder vielleicht doch nicht?
Diese Frau Brüllte andere an, Sie wirkte aggressiv und unnahbar. Aber sie konnte sich Ihr Essen einkaufen, sich selbst versorgen. Ja und wenn sie ruhig war, dann saß Sie bei uns und unterhielt sich mit uns und manchmal erzählte Sie auch ganz spannende Erlebnisse aus Ihrer früheren Tätigkeit. Sie konnte Ihr leben leben. Ja sie hat uns auch zum Teil „Tyrannisiert“, in Ihren Anfällen. Wir sind Ihr so begegnet, wie sie uns begegnet ist. Vielleicht war dies der Grund, warum sie und die Gemeinschaft in dem 6 Jahren die ich dort war miteinander (ja miteinander und nicht nebeneinander) Leben konnten. Sie wurde als „Mensch“ ernst genommen!
Zum Schluss ohne Worte: