Nun, in vielen Verbraucherschutzforen (auch in denen, wo ich mich mal mehr oder weniger stark beteilige) kommt seit der Pressewirksamen Ankündigung, dass man die Gesetze „verbraucherfreundlicher“ gestalten möchte, die anfragen, dass ja nun die Rufnummern angezeigt werden müssten und warum die Behörden nicht tätig werden.
Am Anfang musste man den Leuten erklären, dass die Ankündigung solcher „verbraucherfreundlicheren“ Gesetze nicht gleich zu setzen ist, mir der Inkraftsetzung eben dieser.
Diese sind dann anfang August dieses Jahres, mit weit aus weniger Presserummel dann in Kraft getreten. Dazu udn warum amn da vielleicht auf ein Presserummel verzichtet hat, habe ich in dem Artikel „Seit gestern Gesetze zum Schutz der Verbraucher bzgl. ColdCall in Kraft – Und?“ Stellung genommen.
Achtung! Zwischen den Entwürfen, zu denen ich Stellung bezogen habe und der Fassung, die dann veröffentlicht wurde sind ein paar kleine Unterschiede, in denen ich in einem Update im Anschluss des dortigen Artikels eingehe.
Diese persönliche Stellungsnahme ist nicht besonders löblich für die Gesetzgeber und zeigt, dass die Lobbyisten, obwohl die ganze Branche heuchlerisch herumgejammert hat, ganze Arbeit geleistet hat.
Wie schon in der Einleitung erwähnt, taucht nun vermehrt die Frage auf, wie es sich nun mit der Rufnummerunterdrückung verhält. Da dies ein hervorragendes Beispiel ist, wie der Gesetzgeber viel Geblubber von wegen „Verbraucherfreundlich“ von sich gibt, dabei aber Maßnahmen trifft, dass die Bestimmungen zahnloser sind, als ein hundertjähriger Mann in den Anden, werde ich diese Beispiel mal etwas näher in diesem speziellen Artikel aufzeigen.
Zäumen wir doch das Pferd von hinten auf.
Telefonanrufe von Firmen, sind diese den überhaupt erlaubt?
Nun, wenn diese nicht explizit für diese Firma erlaubt wurden, waren diese schon vor diesen Gesetzesänderungen nicht erlaubt und man hatte einen Unterlassungsanspruch. Dies hat sich durch die neue Gesetzeslage nicht geändert.
So heißt es in der UWG unter §7:
§ 7 Unzumutbare Belästigungen
[…]
(2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen
[…]
2.
bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung;
[…]
Wenn man bedenkt, dass die Rechtsprechung inzwischen so weit ist, dass globale Einwilligungsformulierungen, wie man sie z.B. bei diesen dubiosen Gewinnspielen findet, ungültig sind, kann man diese inkonsequente Weiterführung als blamabel, wenn nicht sogar Kontraproduktiv ansehen. Wohlgemerkt die einzige Änderung zur alten Version sind die beiden hervorgehobenen Wörter „vorherige ausdrückliche“ dazugekommen. Damit wird eigentlich nur verhindert, dass eine „nachträgliche“ Genehmigung behauptet wird, was aber auch schon von diversen Gerichten verneint wurde.
Es bleibt zu hoffen, dass die Gerichte Ihrer Urteilslinie auch nach dieser „Verbesserung“ des Verbraucherschutz treu bleiben und den Beibehalt des zweiten Teil nicht neu bewerten.
Was wirklich als innovativ zu bewerten ist, ist die mögliche Bestrafung eines Verstoßes. Unter dem neuen §20 „Bußgeldvorschriften“ heißt es nun:
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 7 Abs. 1 in Verbindung mit
Abs. 2 Nr. 2 gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung mit einem
Telefonanruf wirbt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die
Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen.
Zu Absatz 1:
Die Einschränkung der Einschätzung, wann eine Ordnungswidrigkeit bei Telefonanrufen vorliegt, nun auf nur noch:
„gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung mit einem Telefonanruf wirbt.“
Lässt mich hoffen, dass die von mir angesprochene Urteilslinie, bzgl. der Einwilligungen weiter fortgeführt wird.
Zu Absatz 2:
Hier ist darauf zu Achten, das es sich um eine Ordnungswidrigkeit handelt, somit es der zuständigen Behörde frei steht, ob diese überhaupt entsprechen tätig wird (also ein Ordnungsgeld erlässt) und vor allem in welcher Höhe.
Damit kommen wir
zu Absatz 3:
Hier wird nun aufgezeigt, dass für die Ordnungswidrigkeiten nach dem UWG die Wattestäbchenarmee „Bundesnetzagentur zuständig ist. Diese ist bereits für Ihre lange Bearbeitungszeit von Beschwerden über Mehrwertnummern und auch für Ihr geringes Durchsetzungsvermögen (oder -willen?) bekannt, sollen nun also auch noch die Telefonspamer belangen. Der Erfolg bleibt abzuwarten, vor allem, wenn man sich mal die Verlautbarungen der Bundesnetzagentur ansieht:
Erfolgt ein Werbeanruf ohne das Einverständnis des Verbrauchers, sollte dieser der Bundesnetzagentur vor allem folgende Daten mitteilen:
* Datum und Uhrzeit des Anrufs,
* Name des Anrufers und – wenn möglich – dessen Rufnummer,
* Name des Unternehmens, in dessen Auftrag der Anruf erfolgt ist,
* Grund des Anrufs.
(Hervorhebung durch mich!)
Weiter heißt es ein paar Sätze weiter:
Zugleich appelliere ich auch an die werbenden Unternehmen, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten und aus Werbemaßnahmen keine Belästigung von Verbrauchern entstehen zu lassen. Dies schadet auch dem Ansehen der Unternehmen.
Mal abgesehen davon, dass sich mir der „Grund“ bei 99% solcher Anrufe nicht ergibt (außer, dass Sie mein Geld wollen), wie sieht es denn nun mit CallCenter oder sonstige Belästiger aus, die weiterhin Ihre Rufnummern unterdrücken oder verfälschen?
Hier kommen wir nun zum Kern des Problems
Gerne wird mit der Zahl von 50.000 Euro Strafe bei Verstoß gegen die Bestimmungen geprotzt (und dabei ganz vergessen zu erwähnen, dass es 1. heißen muss „bis zu“ und 2. es nicht zwingend zu einer Ordnungsstrafe kommen muss).
Nun, ich bekomme einen Anruf, wo mir keine Nummer angezeigt wird. Schön, da greift doch jetzt die Änderungen des Telekommunikationsgesetzes, kurz TKG genannt. Dort heißt es dann auch im §102 Abs. 2 so schön:
(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 dürfen Anrufende bei Werbung mit einem Telefonanruf ihre Rufnummernanzeige nicht unterdrücken oder bei dem Diensteanbieter veranlassen, dass diese unterdrückt wird.
(Anm.: Abs. 1 Satz 1 regelt, dass ein Diensteanbieter, der Rufnummernanzeige anbietet, auch eine Unterdrückung der Rufnummer zulassen muss)
So weit, so gut, das ist ja eindeutig.
Folgerichtig heißt es dann auch unter den Bußgeldvorschriften in Punkt 17c:
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
[…]
17c. entgegen § 102 Abs. 2 die Rufnummernanzeige unterdrückt oder veranlasst, dass diese unterdrückt wird,
Genial, nicht war! Es wird also festgestellt, dass jemand sich Ordnungswidrig verhält, wenn er sich nicht an §102 Abs. 2 hält!
Ich bin begeistert von unseren Gesetzgebern.
Also steht der Bestrafung eines CallCenter oder einer Firma, die temporär oder grundsätzlich ihre Rufnummern unterdrücken lässt nichts mehr im Wege, oder?
Richtig, ja wenn es da nicht die Änderungen im Absatz 2 des selben §149 gäbe. Dort wird nämlich die mögliche Höchstsumme der Bußgelder, je nach Verstoß des Kataloges vom Absatz 1 mitgeteilt.
Dieser Absatz, bzw. dessen Änderungen sind so süffisant, dass ich hier nun erst mal den kompletten 2. Absatz einstelle, wie er sich „vor“ der Änderung dargestellt hat. Da uns vor allem ja der Punkt 17c, im Blick auf Telefonspam interessiert, habe ich das wesentliche mal hervorgehoben und immer bedenken, den Punkt 17c gab es in der alten Version noch nicht:
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 Buchstabe a, Nr. 6, 10, 22, 27, 31, 36 und 37 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 16 bis 18, 26, 29, 30a, 34, 38 und 39 mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 Buchstabe b, Nr. 12, 13 bis 13b, 13d bis 13j, 15, 19, 21 und 30 sowie des Absatzes 1a Nr. 1 und 2 mit einer Geldbuße bis zu einhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 5, 7, 8, 9, 11, 17b, 20, 23 und 24 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro und in den übrigen Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reichen die in Satz 1 genannten Beträge hierfür nicht aus, so können sie überschritten werden.
Also auf gut Deutsch sagt dieser Absatz in Bezug auf die Punkte 17 aus, dass diese alle (in der alten Version gab es den Punkt 17, 17a und 17b) mit einer Geldstrafe bis zu 300.000 Euro geahndet werden konnten (siehe unterstrichenen Teil) und ein Verstoß von Punkt 17b „nur“ bis zu 50.000 Euro.
Wenn dieser Absatz nun nicht geändert wurden wäre, könnte man davon ausgehen, dass die Punkte „16 bis 18“ weiterhin komplett (mit Ausnahme von 17b) bis zu 300.000 Euro Strafe nach sich führen könnten.
Jetzt ist dieser Abschnitt 2 aber geändert worden. Zwar nicht wesentlich, aber mit verherenden Auswirkungen.
Also hier den Absatz 2 des §249 in der jetzt gültigen Fassung:
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 Buchstabe a, Nr. 6, 10, 22, 27, 31, 36 und 37 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 16, 17, 17a, 18, 26, 29, 30a, 34, 38 und 39 mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 Buchstabe b, Nr. 12, 13 bis 13b, 13d bis 13j, 15, 19, 21 und 30 sowie des Absatzes 1a Nr. 1 und 2 mit einer Geldbuße bis zu einhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 5, 7, 8, 9, 11, 17b, 20, 23 und 24 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro und in den übrigen Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reichen die in Satz 1 genannten Beträge hierfür nicht aus, so können sie überschritten werden.
Wieder habe ich das wesentliche hervorgehoben und die Änderung, wie in dem vorherigen Beispiel unterstrichen. Also geändert wurde der Satzteil “ in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 16 bis 18″ in „in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 16, 17, 17a, 18“. Der Rest blieb unberührt. In den anderen Fällen kann eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro erhoben werden. Die Verwaltungsbehörde ist in diesem Fall auch wieder die Wattestäbchenarmee der Bundesnetzagentur.
Was bedeutet dies?
Nun, es wurde vermieden, den CallCentern und sonstigen Telefonbelästigern ein Zeichen zu setzen. Das unterdrücken der Rufnummer und somit die Verhinderung der Identifizierung des Anrufers wird hier zur Bagatelle runtergesetzt. Also der Kernpunkt des Privatrechtes der Leute, die tagtäglich von diesen Belästigern gestört werden, ist aus einer richtigen Bestrafung ausgeklammert worden. Hätte man die Alte Formulierung bestehen lassen, so hätte man, soweit überhaupt willens, selbst bei geringeren Ordnungsgeldern im Verhältnis zur Höchstsumme immer noch empfindlichere Strafen verhängen müssen, als bei einer Höchstsumme, die nur ein 30igstel der Summe ist.
Nehmen wir mal an, dass für Täter, die eine erste Ordnungsstrafe bekommen ein 10tel der möglichen Höchststrafe angesetzt wird, so würde sich diese mit der alten Formulierung auf ca. 30.000 Euro belaufen und nun mit der neuen Formulierung auf gerade mal 1.000 Euro. Eine Summe, die solche Firmen aus der Portokasse begleichen. Und wer sich mit der Bundesnetzagentur und deren „harte“ Wattestäbchen“-Linie mal befasst hat, wird mir zustimmen, das ein 10tel, als erststrafe noch eine recht hohe Schätzung sein könnte.
Ich kann dazu nur eines sagen:
Bravo, Ihr Lobbyisten.
Das war saubere Arbeit und das Jammern der Firmen Bühnenreif.
Was lernen wir daraus?
Wir müssen endlich anfangen den Politikern auf die Finger zu hauen!
Ein Anfang ist es, zur Bundestagswahl zu gehen, um seine politische Wahl zu treffen und dabei nicht die Stimme abzugeben, sondern diese immer wieder zu erheben, wenn die Politiker scheiße bauen und sie daran erinnern, dass es wieder Wahlen gibt und man diesmal nicht vergisst.
Besser drückt es Wilfried Schmickler aus, mit dem Satz über die Politiker: „Die Feigheit vor dem eigenen Volk”
NACHWORT
Im Artikeltitel frage ich:
„Will man uns für Dumm verkaufen?“
Meine ganz persönliche Antwort darauf ist ganz einfach:
„Ja“
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