Thema Beschneidung, die Vierte

Bereits drei mal habe ich mich in meinem Blog zum Thema Beschneidung geäußert.

Seit dem erreichte mich eine Welle von Hass.
Gerade nach meinem ersten Artikel Ein Urteil des Kölner Landgericht und eine Horde aufgeregter Religionsfunktionäre kam es knüppeldick.
Warum fragte ich mich, werde ich so angegriffen?
Lag es vielleicht daran, dass ich mich mehr mit den angeblichen „Gesetzen“ zur Beschneidung befasst habe? Das ich es wagte sogar auf Basis dessen was ich gelesen hatte einen Kompromiss vorzuschlagen, der sowohl die „Tradition“ beachtet, wie auch den Menschen?
Oder war es dies, das ich nicht direkt „Verbrecher“ rief?
Oder vielleicht sogar, das ich trotz anderer Meinung zu Seiten verlinkt habe, in denen die Beschneidung befürwortet wurde und wird?
Ich schreibe hier in den Blog meine Meinung und diese ist nicht Neutral. Diesen Anspruch habe ich nie gehabt. Aber ich versuche immer, die Leser meiner Artikel anzuhalten, sich selbst eine Meinung zu bilden. Das scheint nicht das Ziel derjenigen zu sein, die mich so massiv angreifen und sogar bedrohen.
Ich habe damals die Mittel für meine Argumentation genommen, die ich kannte und die überall zitiert wurden. Also vor allem die Bescchneidungsanweisung an Moses im Genesis (Tora), bzw. dem 1. Buch Moses (Altes Testament). Und ich habe es gewagt Links zu Beschneidungen einzustellen, damit sich jeder ein eigenes Bild machen kann von einer Beschneidung, sowohl bei Kleinkindern, wie auch bei Erwachsenen.

War es vielleicht das, was einen Vorsitzenden einer jüdischen Gemeinde dazu bewegte, meinen Artikel anzugreifen und meine Quellen (also unter Anderem auch die Tora) als Dubios zu bezeichnen?
Nun, mich hatte dies interessiert und ich habe diesem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde einen offenen Brief (Beschneidungsartikel – Offener Brief in eigener Sache) zukommen lassen. Eine Antwort steht bis heute aus.

Auch könnte ich vermuten, das einer der mir drohenden ein gewisser Herr „Ernst Meir Stern“ ist, da dieser öffentlich zu ähnliche Straftaten auffordert, wie sie mir entgegen gebracht wurden:

Als persönliche Konsequenz dessen wünschte ich, es würden sich ein paar beherzte Juden finden, die sich den werten Herrn schnappen und ihm ruckzuck eine rituelle Beschneidung (humanerweise mit Lokalbetäubung) verpassen!

Das Ganze selbstverständlich gefilmt und ins Internet gestellt – als eindeutiges Signal für alle seine Gesinnungsgenossen in Europa, dass Juden sich heutzutage nicht mehr alles bieten lassen. Nicht von Regierungen und deren Behörden, nicht von Organisationen, und schon gar nicht von Einzelpersonen. Legal? Illegal? Scheißegal! Mir wenigstens…

(Quelle: Die Jüdische – „Am deutschen Wesen…“: Arzt zeigte Rabbiner an!)

Ähnliches, ja teilweise sogar fast wörtlich gleich wurde mir auch angedroht. Mich interessieren aber solche Menschen nicht und ich schließe aus solchen Fanatikern nicht auf ein ganzes Volk / Gemeinschaft.

Entsprechend fand ich im Netz reichlich Menschen, sowohl sogenannter jüdischer, wie auch muslimischer Abstammung, die sich sehr kritisch zu der Beschneidung und vor allem zu der angeblichen unabänderlichen Tradition als ein unverrückbares Gesetz Gottes äußern.
Gott ist hier das falsche Wort, es geht um „einen“ Gott, bei den Juden z.B: „Er“ oder „G“tt“, da gläubigen Juden sie den Namen von Gott (Jahwe oder das Tetragramm JHWH) weder ausgesprochen noch ausgeschrieben oder bei den Muslimen eben „Allah“.

Die muslimische Welt kennt im Koran keine „Regel“ für eine Beschneidung. Von daher ist die Beschneidung nicht als Gesetz, sondern als Tradition zu sehen. Diese ist auch ja nach Herkunft der muslimischen Gläubigen recht unterschiedlich. So gibt es auch muslimische Religionsgruppen, die keine Beschneidungen vornehmen. Eine Beschneidung, wenn die Kinder von muslimischen Eltern selbst entscheiden können ist hier wohl eher eine Frage der Auslegung und dem Willen der Eltern, sich nicht von der Macht Ihrer Glaubensvorstände das Recht auf den Willen des Kindes beschneiden zu lassen.

Der jüdische Aufschrei (derer, die da aufschreien) basiert immer auf den Grundsatz, dass durch das „göttliche“ Gebot es keinen Spielraum zur jetzigen Beschneidungstradition besten würde. Dies sehe ich auch durch immer mehr Artikel von Menschen jüdischer Abstammung widerlegt.
Nach meinem bescheidenen Kenntnisstand war das Volk der Hebräer ursprünglich ebenso ein Volk, das mehrere Götter anbetete. Darunter soll auch eben jener Jahwe (es gibt verschiedene Schreibweisen) gewesen sein. Dieser eine Gott 8unter mehreren) hat nun Abraham verkündet, das er der allmächtige Gott sei und Ihn als den Vater des „neuen“ Volkes ernennt. Er und seine Nachfahren soll für das Bündnis mit Gott sich überdurchschnittlich vermehren. Auch die vorherige Identität wurde diesem und seiner Frau genommen. Er soll sich nicht mehr Abram, sondern Abraham nennen und seine Frau soll statt Sarai nun Sara heißen. Nun verlangt jener Gott noch als Zeichen des Bundes, dass jedes männliche Mitglied der Familie, worunter auch Angestellte und Sklaven fallen beschnitten werden sollen.
Es liegt hier also nicht eine Gesetzmäßigkeit für den geborenen „Juden“ vor, weil sonst anderstämmige Mitbewohner bei der Familie von diesem „Gesetz“ ausgenommen wären und vor allem auch nicht die krasse Strafe bei Zuwiderhandlung:

Ein Unbeschnittener, eine männliche Person, die am Fleisch ihrer Vorhaut nicht beschnitten ist, soll aus ihrem Stammesverband ausgemerzt werden.

(Quelle: Universität Innsbruck – Das Buch Genesis, Kapitel 17,14)

Auch, das dies kein Gesetz für das „jüdische Volk“ ist, zeigt in meinen Augen dieser Abschnitt aus dem selben Kapitel:

Alle männlichen Kinder bei euch müssen, sobald sie acht Tage alt sind, beschnitten werden in jeder eurer Generationen, seien sie im Haus geboren oder um Geld von irgendeinem Fremden erworben, der nicht von dir abstammt.

(Quelle: Universität Innsbruck – Das Buch Genesis, Kapitel 17,12)

Es ist also ein Absolutheitsanspruch an alle, die von den „Jüngern“ dieses Gottes unterdrückt werden. Auch Sklaven und die nicht durch Abram geborene im Hoheitsbereich der Familie. Das Gott nicht den Absolutheitsanspruch hat, bzw. dass die Schreiber der Texte diesen nicht beherzigten (wie immer man es sieht. Ob die Bibel/Tora „Gottes eigenes Wort“ ist oder eine schriftliche Überlieferung durch Menschen). Sonst verstehe ich den Teil mit den 10 Geboten der Bibel/Tora nicht, in dem es einfach und eindeutig heißt:
„Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.“
Dies macht nur Sinn, wenn jener Gott eben nicht der Alleinig vorhandene Gott ist. Er beanspruchte ja auch „nur“ für sich, das er der „Allmächtige“ ist. Jedenfalls erhebt er diesen Anspruch für diejenigen, die er (lt. der Bibel) auserwählt hat, die Personen, die im Haushalt des Abram/Abraham lebten und deren Nachkommen.
Unter diesen Aspekt ist ein Symbol der Zugehörigkeit schon verständlich.
Das aber einem Menschen die komplette Vorhaut entfernt werden muss, kann ich trotz intensivsten lesen des Alten Testamentes und der Tora nicht finden. Im Gegenteil, immer wieder treffe ich aufTexte, die eindeutig die Vermutung in mir reifen lassen, dass die Vorhaut eben nicht beider Beschneidung entfernt wird.
Durch einen Artikel von Herrn Michael Wolffsohn, einem renommierten Geschichtswissenschaftler der sich schon lange mit der jüdisch-christlichen Geschichte befasst auf ein weiteres Beispiel gestoßen.
Wolffsohn erläutert mit Heranziehung der Bibel, Josua 5, 2-9 das bei der 40jährigen Wüstenwanderung nach diesen Überlieferungen die Nachkommen alle nicht beschnitten wurden. Dies ist die eine Seite. Was mich bei dem Text noch fastzinierte, das ich darin eine Bestätigung meiner Meinung fand, die ich in meinem ersten Artikel bereits vertreten habe: Das der Bund nicht mit der kompletten Entfernung der Vorhaut geschlossen wurde und geschlossen werden sollte.
In dem Text, den Wolffsohn heranzieht heißt es:

Zu der Zeit sprach der HERR zu Josua: Mach dir steinerne Messer und beschneide die Kinder Israel zum andernmal.
Da machte sich Josua steinerne Messer und beschnitt die Kinder Israel auf dem Hügel Araloth.
Und das ist die Sache, darum Josua sie beschnitt: Alles Volk, das aus Ägypten gezogen war, die Männer, alle Kriegsleute, waren gestorben in der Wüste auf dem Wege, da sie aus Ägypten zogen.
Denn alles Volk, das auszog war beschnitten; aber alles Volk, das in der Wüste geboren war, auf dem Wege, da sie aus Ägypten zogen, das war nicht beschnitten.
Denn die Kinder Israel wandelten vierzig Jahre in der Wüste, bis daß das ganze Volk der Kriegsmänner, die aus Ägypten gezogen waren, umkamen, darum daß sie der Stimme des HERRN nicht gehorcht hatten; wie denn der HERR ihnen geschworen hatte uns zu geben, ein Land, darin Milch und Honig fließt.
Deren Kinder, die an ihrer Statt waren aufgekommen, beschnitt Josua; denn sie hatten Vorhaut und waren auf dem Wege nicht beschnitten.
Und da das ganze Volk beschnitten war, blieben sie an ihrem Ort im Lager, bis sie heil wurden.
Und der HERR sprach zu Josua: Heute habe ich die Schande Ägyptens von euch gewendet. Und diese Stätte ward Gilgal genannt bis auf diesen Tag.

(Quelle: BibleGateway.com – Josua 5, 2-9 / Luther Bibel 1545)

Also neben dem, dass das auserwählte Volk 40 Jahre lang den Bund zu Ihrem Allmächtigen Herrn nicht geschlossen hatte, ist für meine These vor allem dieser Satz (Josua 5, 7) interessant:
Deren Kinder, die an ihrer Statt waren aufgekommen, beschnitt Josua; denn sie hatten Vorhaut und waren auf dem Wege nicht beschnitten

Wieder wird hier deutlich gemacht, dass es Kinder gab, die eine Vorhaut hatten (also die Jungen/Männer) und eben noch nicht beschnitten waren. Wenn es darum ginge das die Vorhaut an sich schon der Markel des nicht vorgenommenen Bundes sei, würde der Text meiner Meinung nach anders lauten müssen. Vor allem wäre dann der Hinweis der nicht beschnittenen Vorhaut überflüssig, da ja die Vorhaut als solches schon der Markel sei.

Ebenso, wenn man die Überlieferung, wie eine Beschneidung vor sich ging anschaut, komme ich nicht zu dem Ergebnis, dass die komplette Entfernung die Beschneidung im biblischen Sinne war. Abram/Abraham ging nach Hause und beschnitt alle. Ein damals schon recht alter Mann, bei Beschneidungen unerfahren und mit einem Messer die Vorhaut seiner männlichen Bewohner und seine selbst beschnitt. Ohne die später entwickelten Hilfsmittel. Dann die Erzählung, dass Moses ältester Sohn (nicht Beschnitten!) von seiner nichtjüdischen Mutter mit einem herumliegenden Stein beschnitten wurde, um den Zorn Gottes von Ihm zu wenden:

Und als er unterwegs in der Herberge war, kam ihm der HERR entgegen und wollte ihn töten.
Da nahm Zippora einen Stein und beschnitt ihrem Sohn die Vorhaut und rührte ihm seine Füße an und sprach: Du bist mir ein Blutbräutigam.
Da ließ er von ihm ab. Sie sprach aber Blutbräutigam um der Beschneidung willen.

(Quelle: BibleGateway.com – 2 Mose 4:24-26/Exodus 4:24-26 [Luther Bibel 1545]

Die Beschneidung, wie sie mit einem Stein, der auf dem Weg liegt erfolgen kann reichte Gott also aus, um das Zeichen des Bundes mit Ihm anzuerkennen. Was kann dies aber mehr gewesen sein, als das ein Stück der Vorhaut mit dem Stein abgequetscht wurde, bzw. noch eher, dass die Vorhaut eingequetscht wurde, also wie einen Einschnitt in die Vorhaut.
Geschichtlich gesehen liest man immer wieder, dass die jüdische Beschneidung bis ins 2. Jahrhundert nach Christus nicht so radikal war, wie sie heute praktiziert wird.
Geschichtlich gesehen heißt es zur Beschneidung z.B. bei dem Portal „uni-protokolle.de“:

Beim Mann wird die Vorhaut teilweise oder vollständig entfernt oder (seltener) eingeschnitten. Dabei ist der Grad des Eingriffs unterschiedlich.
Zu biblischen Zeiten wurde lediglich die besonders empfindliche Spitze der Vorhaut entfernt. Bei den heute vorherrschenden Beschneidungen wird die Vorhaut teilweise oder sogar ganz entfernt. Wenn sowohl innere als auch äußere Vorhaut soweit entfernt werden daß die Eichel immer auch im nicht eregierten Zustand frei liegt und nur noch ein Rest von ca. 10 mm innerer Vorhaut verbleibt spricht man von einer radikalen Beschneidung.

(Quelle: uni-protokolle – Beschneidung von Jungen und Männern)

Dies ist ein Ausschnitt aus einer gesicherten Wikipedia-Seite, die gelöscht wurde. Auf einer anderen Seite wird der Wandel der Beschneidung auch zeitgeschichtlich eingeordnet:

Unter dem Diktat von Moses wurde die Beschneidung von Neugeborenen („milah“) zur Pflicht. Bis ins zweite Jahrhundert wurde diese Beschneidung in einer weniger radikalen Form durchgeführt. Dann wurden Fälle bekannt, dass sich Männer in ähnlicher Weise wie das heute wieder aktuell ist, ihre Vorhaut wiederherstellten. Um das in Zukunft zu verhindern, wurde die verschärfte Praktik des „Parijah“ eingeführt.

(Quelle: Geburtskanal – Die Beschneidung in der antiken Welt)

Also vermutlich im 2. Jahrhundert wurde die jetzige radikale Form der Beschneidung, wie sie manche Glaubensgemeinschaften durchführen hoffähig. Ein weiterer Blick in die Geschichte führt zu Moses Maimonides (1135-1204). Er gilt als einer der hervorragendsten jüdischen Gelehrten des Mittelalters. Seine Lehren und Einflüsse wirken sich bis in die heutige Zeit aus. So war auch der Wandel in der Beschneidung durchaus Ihm zuzuschreiben. So heißt es in seinem Buch „Der Führer der Unschlüssigen“ zur Beschneidung:

Teil III, Kapitel 49, Seite 609:

Was die Beschneidung anbelangt, ist meiner Meinung nach einer der Gründe dafür, der Wunsch eine Verringerung des Geschlechtsverkehres und eine Schwächung des fraglichen Organs zu bewirken, sodass seine Aktivität vermindert sei und das Organ sich in einem Zustand befinde, der so ruhig wie möglich ist. Es wurde angenommen, dass die Beschneidung einen angeborenen Makel vervollkommnet. Dies gab allen die Möglichkeit einen Einwand zu erheben und zu erklären: Wie können natürliche Dinge so fehlerhaft sein, dass sie einer Vervollkommnung von außen bedürfen, wo wir doch wissen, wie nützlich die Vorhaut für dieses Körperglied ist? Tatsächlich wurde dieses Gebot nicht mit der Absicht aufgetragen einen angeborenen Makel zu vervollkommnen, sondern einen moralischen Makel.

Der Körperliche Schmerz, der diesem Körperteil zugefügt wird, ist der wahre Zweck der Beschneidung. Keine der Körperfunktionen, die für das Überleben des Individuums notwendig sind, wird dadurch geschädigt, auch wird die Fortpflanzung nicht unmöglich gemacht aber ausschweifende Begierde und Lust, die über das hinausgeht, was unbedingt gebraucht wird, werden verringert. Die Tatsache, dass die Beschneidung die Fähigkeit zur sexuellen Erregung schwächt und manchmal vielleicht das Vergnügen, ist unbestreitbar. Denn wenn dieses Glied bei der Geburt zum Bluten gebracht und seiner Bedeckung beraubt wurde, wird es zwangsläufig geschwächt. Die Weißen, möge ihrer Erinnerung gesegnet sein, haben ausdrücklich erklärt; Es ist schwer für eine Frau, die mit einem unbeschnittenen Mann geschlechtlichen Verkehr hatte, sich von diesem zu trennen. Meiner Meinung nach ist dies der stärkste Grund für die Beschneidung.
Seite 611:

Diese Klasse von Geboten umfassen ebenfalls das Verbot die Geschlechtsorgane sämtlicher männlicher Tiere zu verstümmeln, was auf dem Grundsatz der rechtmäßigen Gesetze und Urteile beruht, Ich meine den Grundsatz, in allen Dingen Maß zu halten. Der Geschlechtsverkehr soll weder übermäßig vollzogen, noch vollständig abgeschafft werden. Gebot er uns nicht und sagte: Seid fruchtbar und mehret euch? Demgemäß wird dieses Organ mittels der Beschneidung entfernt, wird jedoch nicht durch eine Entfernung zerstört. Was natürlich ist, wird gemäß der Natur belassen, aber es werden Maßnahmen gegen Ausschweifungen ergriffen. Jener, dessen Hoden zerquetscht sind oder dessen Glied verstümmelt ist, darf keine Frau Israels heiraten, den solch eine Kohabitation wäre pervertiert und ziellos. Solch eine Ehe wäre ebenfalls ein Stolperstein für die Frau und für den, der sie erwählt. Das ist sehr klar.

(Quelle: Beschneidung von Jungen.de – Beschneidung und Judentum)

mal abgesehen davon, dass schon der Titel „Der Führer der Unschlüssigen“ bei gläubigen (und damit in keiner Weise „unschlüssig“) zum Aufschrei führen sollte, ist dieser Hintergrund des jetzigen Art der Beschneidung scheinbar doch nicht so mit der Tradition des für die Juden wichtigen Bundes mit Ihrem Gott zu begründen.
Das was angeblich dem Kindeswohl dienen soll, wird hier als bewusste Schmerzzuführung bezeichnet. Also kein Wort darüber, dass Kinder und vor allem Säuglinge (mit dem 8. Tag) keine Schmerzen Empfinden. Jener Moses Maimonides wollte genau dies, schmerzen zufügen und war wohl damals schon der Meinung, dass diese Erfahrung sich in das Gedächtnis einbrennt. Also genau das, was heute als „frühkindliches Trauma“ bezeichnet wird.

Ich habe bereits in meinem ersten Artikel angefragt, warum die Gemeinschaften nicht auf Symbolhandlungen beschränken und die Entscheidung einer kompletten Beschneidung nicht der Person dann später selbst überlassen.
Eine Antwort hat es auf diese Frage nicht von diesen Seiten gegeben. Nur immer den Verweis auf das Göttliche Gebot/Gesetz. Dass dieses in der Form wie es heute ausgeführt wird gar nicht seit Abram/Abraham gegeben hat, scheint dabei nicht von Interesse zu sein.
Viel mehr scheint es hier um die Macht der Glaubensführer über die Gläubigen zu sein. Eine Macht, die gerne Missbraucht wird, wie die Skandale um sexuelle Übergriffe durch christliche Geistliche in den letzten Jahrzehnten beweist. Und vor allem, wie es die Aufarbeitung dieser Gemeinschaften noch nachhaltiger beweist.
Die ebensolche Weigerung, die heutige Beschneidung in Rahmen der geschichtlichen Entwicklung sehen zu wollen, zeugt in meinen Augen von ähnlichem Machtmissbrauch.

Von daher ist auch die Unterstützung der christlichen Geistlichen nach zu vollziehen, da ein Wackeln der Herrschaft über die Gläubigen bei anderen Religionen (vor allem, da die Christliche auf die jüdische Religion aufbaut) auch die Fundamente des eigenen Religionssystems erschüttert.

Neben der Frage nach der Art, wie die Beschneidung als „Gebot“ Gottes durchzuführen sei, steht die Frage ob eine Beschneidung aus religiösen Gründen überhaupt notwendig ist.
Wolffsohn hat in seinem Artikel dargelegt das die Beschneidung in der Antike durchaus umstritten war und erst 130 Jahre nach Christus, mit dem Beschneidungsverbot als ein „scheinbar“ unabänderliches Gesetz eingeführt wurde. Also Jahrtausende nach der Bündnisforderung von Gott an Abram/Abraham:

Erst das von Kaiser Hadrian um 130 n. Chr. verhängte Beschneidungsverbot verwandelte das innerjüdisch nicht unumstrittene Beschneidungsbrauchtum in ein scheinbar unumstößliches Gesetz.

(Quelle: Welt online – Nicht die Beschneidung macht den Juden)

Die historische und biblische Betrachtung, wie auch der Tora brachte den Historiker Wolffsohn zu der Ansicht, das Beschneidungen in der antike nicht so unumstritten waren, wie heute behauptet.
Aber auch in der Neuzeit regt sich widerstand gegen die Beschneidung. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Israel. So fand ich ein Interview mit Jonathan Enosch aus Israel, wo er sich mit einigen Mitstreitern als Antibeschneidungsaktivist (Gründer der Initiative „Ben Shalem“) betätigt. Mit aussagen, wie das die Beschneidung das „am besten akzeptierte Verbrechen in der Weltgeschichte“ sei und „Viele wollen sich mit Beschneidung freikaufen“ geht er hart mit (unter Anderem) seinen Glaubensgenossen ins Gericht. Wie weit „Religionsfreiheit“ von Glaubensgemeinschaften akzeptiert werden, zeigen solche Äußerungen, wenn diese der Wahrheit entsprechen:

Ich habe von jungen Eltern gehört, denen die Großeltern damit drohten, das Kind zu entführen, um es beschneiden zu lassen.

(Quelle: Die Presse – Enosch: „Viele wollen sich mit Beschneidung freikaufen“)

Solche „Erfahrungen“ decken sich mit meinen, das religiöse Gemeinschaften durch Psychoterror und gesellschaftlichen Druck die Freiheit der Einzelnen brechen und missachten wollen. Um so wichtiger ist ein starker Staat, der die verbrieften Rechte des Einzelnen (z.B. körperliche Unversehrtheit und Religionsfreiheit) nicht durch die Intoleranz der religiösen Institutionen opfert. In Deutschland sehen wir gerade, wie eben dies geschieht. Nicht nur bei der Beschneidung, sondern auch bei der Kindesmisshandlung durch christliche Funktionäre.

Die Unabhängigkeit des Staates gegenüber den religiösen Gemeinschaften ist wichtig, aber ebenso wichtig ist die Brücke des Staates zu den „Gläubigen“ direkt. Dazu gehört neben Aufklärung (z.B. wie die Beschneidung geschichtlich wirklich war!) auch die Brücke, wie sie den bis zum heutigen Tag aufgebauten Psychoterror der religiösen Institutionen überbrücken können. Machen wir uns nichts vor. Wir können nicht mit dem Finger schnippen und es ist alles anders. Über Generationen wurden Menschen von den unterschiedlichsten Religions-Funktionären beeinflusst. Das kann man nicht von gleich auf jetzt ändern. Zu tief sitzt diese Gehirnwäsche in einem drin (ich nehme mich als „Opfer“ der römisch-katholischen Kirche da nicht aus), die mit frühester Kindheit erfolgt. So muss die historische Symbolik der antiken Beschneidung, im Gegensatz zu der heutigen biblisch nicht zu rechtfertigenden Vorhautentfernung verdeutlicht werden und den Gläubigen die Brücke der Symbolik für Ihre Nachkommen geöffnet werden. Ob sich dann in den nächsten 3000 Jahren die Vernunft und das Bewusstsein der Religionsfreiheit des Einzelnen wirklich durchsetzt, das kann ich nicht sagen. Ich halte auf jeden Fall bei historischer Betrachtung das einritzen der Vorhaut als völlig ausreichend, um das gebot Gottes zu erfüllen.

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