"Bundesministerium der Justiz" rät bei Abofallen im Internet: "In jedem Fall gilt: Nicht zahlen!"

Jawohl, man mag es nicht glauben, das Justizministerium schreibt tatsächlich das man nicht Zahlen soll. Wenn man bedenkt, dass die letzte Justizministerin, wenn es um mehr Sicherheit bei Verträgen gemäß des Fernabnahmegesetzes ging, mehr Angst um Ihre Pizza vom Pizzataxi hatte, als Sorge um die Rechte der Bürger, mag einen eine solche Seite erstaunen!
Als ich die entsprechende Meldung bei „Abzocknews.de“ gelesen hatte, dachte ich zuerst, das Adrian der Schalk gepackt hatte. Aber nachdem ich die entsprechende Meldung bei „Computerbetrug.de“, auf die sich die Meldung bei „Abzocknews.de“ bezieht gelesen hatte, habe ich mir die Seite beim Justizministerium angeschaut.
Ich muss sagen, dass ich begeistert bin. Eine der wenigen Informationen in dem Bereich, die von staatlicher Seite her eine eindeutige Sachkompetenz und ein wissen um die Begleitumstände aufzeigen. Gerne möchte ich wissen, wer der Autor dieses Textes war (werde mal eine Anfrage machen).
Auch wenn ich den „rosaroten“ Blick bezüglich des geltenden Rechtes teile und auch den letzten Absatz („Was die Bun­des­re­gie­rung gegen Kos­ten­fal­len im In­ter­net un­ter­nimmt“) mit einem lächeln (aus meiner Erfahrung heraus) gelesen habe, ist der Text als ganzes endlich mal Richtungweisend. Das man die eigene Position da anders sieht als ich, kann ich dabei guten Gewissens Akzeptieren.

Noch mehr würde es mich freuen, wenn sich die „VOLKS“-Vertreter endlich zu dem einfachen Schritt aufraffen würden, dass Verträge im Fernabnahmebereich (Telefonisch, Mail, Internet und Gedankenübertragung 😉 ) so lange schwebend sind, bis beide Vertragspartner sich schriftlich dem Vertrag zugestimmt haben.
Der Irrwitz, das zwar Spam-Anrufe seit der Gesetzesnovelle vom Aug. 09 (auf dem im Text des Justizministerium Bezug genommen wird) zwar verboten sind, aber Verträge, die aus dieser Situation heraus entstehen dennoch rechtsgültig sind, ist immer noch nicht behoben.

Nun gut, dass soll dem guten Informationstext des „Bundesministerium der Justiz“ keinen Abbruch antun. Besonders, da diese auch Lösungen aufzeigt, wie man sich bei solchen Abofallen verhalten soll.

Besonders möchte ich nun hier auf ein paar Teile des Textes von dem Justizministerium hinweisen.

Wer von den Opfern kennt das nicht. Es flattert eine Rechnung ins Haus, wenn man „Glück“ hat, meist sogar direkt eine Mahnung oder eine Schreiben eines der einschlägig bekannten Inkasso-Hanseln. Man weiß aber gar nicht, das man je auf so einer Seite war und erst recht nicht, das man was angeklickt hat. Das ist der eine Fall, wo einfach mal an alle eingekauften oder sonst wie erlangten Adressen Rechnungen geschickt werden. Ein anderer Fall kann sein, dass man eine Zeit lang über das Anklicken auf spezielle Links (z.B. in gut kaschierten Spam-Mails) auf eine Seite kommt, die alles als „Kostenlos“ anpreist. Geht man aber z.B. über eine Suchmaschine auf die Seite, kommt man auf eine Angebotsseite, die genau so aussieht, wie die vorherige, aber seltsamerweise diesmal mit einer Kostenmitteilung und das „Kostenlos“ ist geheimnisvolle weise verschwunden.
Das solche Rechnungen dann gerne mit Beweise, wie einer IP-Adresse (da hat es schon mal einen Fall gegeben, wo alle Abgemahnten die selbe IP-Adresse benutzt haben sollten!), mit der man angeblich nachweisen kann, wer vor dem Computer gesessen hat.

Aber trotzdem bleibt bei all den Versuchen, einem Opfer einen Vertrag unter zu jubeln folgender Satz in dem Text des Justizministerium, den man sich merken sollte:

In jedem Fall be­grün­det eine ein­sei­ti­ge Rech­nungs­stel­lung des In­ter­net­an­bie­ters ohne ver­trag­li­che Grund­la­ge keine Zah­lungs­pflicht.

Besonders hervorheben und in Gänze zitieren, will ich den Punkt 5. des Textes auf der Webseite des Justizministeriums:

5. Was tun, wenn man in eine Kostenfalle geraten ist?

* In jedem Fall gilt: Nicht zahlen! Bei den Anbietern kann es sich um Kapitalgesellschaften mit geringer Haftungssumme und Sitz im Ausland handeln, die zudem im sogenannten Impressum lediglich eine Briefkastenadresse angeben. In diesen Fällen sind gezahlte Beträge nur schwer zurückzuerlangen. Sie haben bei dieser Vorgehensweise in der Regel nichts zu befürchten: Unseriöse Anbieter setzen darauf, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher aus Angst oder um Ärger zu vermeiden zahlen, und machen die behaupteten Ansprüche nur selten gerichtlich geltend.
* Nicht unter Druck setzen lassen! Auf gewöhnliche Rechnungen und Mahnungen müssen Sie nicht reagieren. Sie können aber vorsorglich darauf hinweisen, dass kein Vertrag zustande gekommen ist und hilfsweise die Anfechtung bzw. den Widerruf erklären. In diesem Fall sollten Sie den Brief per Einschreiben und Rückschein versenden. Muster für einen solchen Brief stellen die Verbraucherzentralen bereit.
* Auf Mahnungsbescheide reagieren! Auf einen Mahnbescheid vom Gericht müssen Sie hingegen reagieren. Hier müssen Sie unbedingt auf dem beigefügten Formular Widerspruch einlegen. Dieser muss innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des Mahnbescheids bei dem Gericht eingegangen sein, das den Mahnbescheid erlassen hat. Haben Sie dies versäumt, müssen Sie unbedingt Einspruch gegen den nachfolgenden Vollstreckungsbescheid einlegen. Der Einspruch muss ebenfalls innerhalb von zwei Wochen bei dem Gericht eingegangen sein. Muster dafür finden sich ebenfalls bei den Verbraucherzentralen.
Weitere Informationen zum Umgang mit unberechtigten Rechnungen finden Sie in der Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 22. Dezember 2008.
* Minderjährige sind geschützt! Ist ein Minderjähriger in eine Kostenfalle geraten (siehe oben 2 d), sollten die gesetzlichen Vertreter (regelmäßig die Eltern) dem Anbieter mitteilen, dass sie die erforderliche Zustimmung zur Vertragserklärung verweigern. Bei Geschäftsunfähigen (also Kindern, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben) genügt der vorsorgliche Hinweis, dass kein Vertrag zustande gekommen ist.
* Hilfe holen! Hilfe bieten außerdem die örtlichen Verbraucherzentralen und die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale). Beide Verbände können auch gerichtlich gegen unseriöse Anbieter vorgehen (siehe oben 4).
* Rechtsrat einholen! In Zweifelsfällen sollten Sie Rechtsrat bei Rechtsanwälten/innen einholen. Einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger können im Einzelfall beim zuständigen Amtsgericht Beratungshilfe für eine anwaltliche Beratung und für die außergerichtliche Abwehr unberechtigter Forderungen beantragen (Broschüre „Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe“).

(Quelle der beiden Zitate: Bundesministerium der Justiz: Kostenfallen im Internet)

Anmerkungen zu dem zitierten Punkt 5.:

– „Nicht unter Druck setzen lassen!“
Diesen Satz sollte man sich als „Mantra“ nehmen, wenn man in solch eine Situation gerät. Weder die ganzen Mahnschreiben, mit den verschiedensten offenen, wie versteckten Drohungen, sei es z.B. die gerne verwendeten Drohungen des Schufa-Eintrages, der Lohnpfändung beim Arbeitgeber oder sonstige Phantasiegebilden der angeblichen Gläubiger haben Substanz, wie auch die Drohungen des berüchtigten Inkasso-Team Moskau, die sich jetzt auch noch wegen Betrug rechtfertigen müssen und dessen Chef ein Gewerbeverbot bekommen hat (ich berichtete: Inkasso Team Moskau | Gewerbeverbot für den Chef des berüchtigten Moskau-Inkasso rechtmäßig!).

– „Auf Mahnungsbescheide reagieren!“
Man beachte, dass das Justizministerium hier die „Gerichtlichen Mahnbescheide“ meinen und nicht die Phantasietitel der angeblichen Gläubiger. Ich habe da schon die erstaunlichsten Titel gesehen. Sehr schön ist dies in der Mahnpyramide des „Kalletaler Dreieck“. Mir persönlich ist mal eine „Allerletzte vorgerichtliche Mahnung“ in die Hänge gekommen.
Wenn ein „Gerichtlicher Mahnbescheid“ eintrudelt, so wird man dort zum einen darüber aufgeklärt, dass das Gericht die Forderung des Mahnbescheides „nicht“ geprüft hat. Darüber sollte man sich im klaren sein. Das Gericht, das den Mahnbescheid versendet prüft nicht, ob diese Forderung berechtigt ist oder nicht. Weiter kann man gegen diesen Mahnbescheid innerhalb von 14 Tagen Widerspruch einlegen, indem man einfach an entsprechender Stelle ein Kreuz in das entsp. Kästchen setzt. Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht notwendig und ich persönlich empfehle auf eine Begründung grundsätzlich zu verzichten. Wir, als Opfer dieser Schergen brauchen gar nichts beweisen! Wie auch das Justizministerium richtig schreibt:

Will der Anbieter einen Zahlungsanspruch geltend machen, muss er beweisen, dass eine wirksame Einigung über eine entgeltpflichtige Leistung erzielt wurde.

Also der Anbieter und angebliche Gläubiger ist Erklärungspflichtig und nicht wir als Opfer! Dazu heißt es dann auch beim Justizministerium richtig:

Das wird ihm in vielen Fällen nicht gelingen.

(Quelle der beiden Zitate: Bundesministerium der Justiz: Kostenfallen im Internet)

Ich kann es nicht oft genug Erwähnen, ich warne vor Brieffreundschaften mit solchen Leuten.
Zurück zum „Gerichtlichen Mahnbescheid“. Hat man den Widerspruch dieses Mahnbescheid angekreuzt, so wird dieser Mahnbescheid (eine Durchschlag ist für die eigenen Akten und sollte gut aufgehoben werden) an das Ausstellende Gericht zurück gesendet und nicht etwa an den angeblichen Gläubiger!

– „Hilfe holen!“ und „Rechtsrat einholen!“
Hierzu ist gesagt, dass jeder, der sich gegen diese Machenschaften nicht gewachsen sieht, sollte sich auf jeden Fall frühzeitig Hilfe holen. Ist man Geringverdiener oder z.B. Harz IV-Empfänger, so stehen einem finanzielle Unterstützungen für Rechtsberatung, ja auch für Gerichtsgänge zu Verfügung. Für die Rechtsberatung gibt es den sogenannter „Beratungsschein“. Wie man an diesen kommt und was die Voraussetzung zum Erhalt eines „Beratungsscheines“ sind, kann man in dem Wikitext des Verbraucherschutzverein „Antispam e.V.“ nachlesen: „Anwaltskosten – Beratungsschein“

Wenn jetzt das Justizministerium sich aktiv für wirklich besseren Schutz der Verbraucher in den Bundestag einbringt und den Lobbyisten Paroli bietet, dann kann man wirklich mal an ein Austrocknen der sogenannten „Nutzlosbranche“ kommen.

Wer sich trotzdem noch unsicher fühlt, kann sich neben den im Text des Justizministerium erwähnten Stellen auch an eine der vielen Foren Hilfe und Unterstützung suchen.
Da kann ich, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, folgende Seiten Empfehlen (Sortierung nach dem Alphabet ohne Wertaussage):
Antispam e.V.: Gemeinnütziger Verein mit einem breit gefächerten Forumsbereich
BooCompany: Forum mit dem Slogan: „Abgezockt im Internet? Heul nicht! Sag was!“
– Computerbetrug.de: Zusammenschluss der ehemaligen Seiten „Dailerschutz.de“ und Computerbetrug.de
Neben den Foren bieten die Seiten meist weitere Infos (News, Infowikis, etc.).
Auch gibt es etliche Blogs, deren Schwerpunkt im Verbraucherschutz liegen. Auf eine Auflistung verzichte ich hier, da das ehemalig sehr Gute Blog „Rotglut.org“ und das, was daraus geworden ist, mich vorsichtig werden lässt.

Links:

– Abzocknews.de: Justizministerium: Abo-Fallen im Internet nicht bezahlen

– Boocompany.com: Justizministerium gibt Tipps zu Abofallen

– Computerbetrug.de: Justizministerium: Abo-Fallen im Internet nicht bezahlen

– Bundesministerium der Justiz: Kostenfallen im Internet und der Link zum Download der im Text angesprochenen Broschüre „Be­ra­tungs­hil­fe und Pro­zess­kos­ten­hil­fe“

– Antispam e.V.: Wikitext über die Beratungshilfe „Anwaltskosten – Beratungsschein“

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