Ich hatte eigentlich gehofft, das Amnesty International (= „AI“) die Pressekonferenz auch ins Netz stellt. Leider ist dem offensichtlich nicht der Fall.
Nun denn, dann werde ich meine Meinung dazu eben ohne einen Link zu der Pressekonferenz mal kund tun.
Update:
Wie der Kommentar von „Tim“ aufzeigt, gibt es von der Pressekonferenz eine Aufzeichnung. Auf diese wird in einem Text nach der Pressekonferenz recht unscheinbar hingewiesen (schade eigentlich).
Hier nun doch ein Link zu der Aufzeichnung der Pressekonferenz: Amnesty-Pressekonferenz: Transparenz schützt Menschenrechte – Mehr Verantwortung bei der Polizei
Zuerst einmal muss ich sagen, das ich von der Pressekonferenz enttäuscht war, da der Titel irreführend war. Unter dem Slogan „Täter unbekannt“ wurde zu einer Pressekonferenz mit dem Thema „Menschenrechtsverletzungen in Deutschland“ eingeladen.
Tatsächlich ging es um Übergriffe der Polizei mit Menschenrechtsverletzungen. Kein Wort von den Menschenrechtsverletzungen bei den Streitkräften und durch die selben auch in Ihren angeblichen „Verteidigungsauftrag“ unter anderem in Afghanistan. Kein Wort über die geduldete Menschenrechtsverletzungen von anderen Nationen auf deutschem Boden, als Beispiel die US-Streitkräfte (Stichwort z.B. Guantanamo-Gefangene, die über Deutschland transportiert wurden).
Auch war man scheinbar nicht bereit das Ausmaß der Übergriffe durch die Polizei in Deutschland in eine klare Relation zu stellen. Man war eher bemüht, immer wieder darauf hinzuweisen, das man in Deutschland keine Systematik im Bezug aus Menschenrechtsverletzungen bei der Polizei sehen würde.
Festzuhalten ist, das es ein System der Gesetzesüberwachung und Durchsetzung geben muss.
Festzuhalten ist aber auch, dass das jetzige System fehlerhaft ist.
Schon allein, das die Staatsanwaltschaft diese Macht hat, eine Ermittlung einzustellen ist mehr als Fragwürdig. Als ermittelnde (= Exekutive) Behörde sehe ich nicht, mit welchem Recht diese eine Entscheidung (= Judikative) treffen. Diese steht diesem im Rahmen der Gewaltenteilung meiner Meinung nach nicht zu. Aus Aktuellem Grund werde ich zu den Staatsanwaltschaften noch einen speziellen Artikel schreiben.
Dazu kommen die inzwischen starken Verflechtungen der drei Säulen (= Gewalten) des Deutschen Staates.
Dies ist auch kein Problem des einzelnen Menschen, also Polizisten, Staatsanwaltes, Richter, usw.. Und wenn man noch betrachtet, wie die Gesetzgeber (=Legislative) sich von Interessenvertreter und Schmiergeldzahlern beeinflussen lassen, könnte einem schlecht werden.
Zurück zu der Pressekonferenz:
In dem Bericht zur Pressekonferenz, die man sich herunterladen kann (PDF; Link unten) wird festgehalten, das seit dem letzten Bericht im Januar 2004 „AI“ über 869 Fälle von Übergriffen durch die Polizei informiert wurde.
Zusätzlich stellt „AI“ fest:
So lassen sich
etwa allein seit 2006 namhaften
Zeitungen (wie taz, Frankfurter Allgemeine
Zeitung, Süddeutsche Zeitung,
Stuttgarter Zeitung, Kölnische
Rundschau) über 100 weitere Fälle
von mutmaßlichem polizeilichem
Fehlverhalten entnehmen.
Um, die Dunkelziffer außer acht lassend, sich mal ein Bild über das Ausmaß zu machen, ein kleines Rechenexempel. Es geht also um 869 bekannten Fällen von „Fehlverhalten“ durch die Polizei in rund 6 1/2 Jahren. Das entspricht 12,42 „Fehlverhalten“ durch deutsche Polizisten, also mehr als jeden 3. Tag ein „Fehlverhalten“ mit mutmaßlicher Menschenrechtsverletzung. Und das nur die bekannten Fälle. Meiner Meinung nach ist die Dunkelziffer weit aus höher, da es eine (leider nicht unberechtigte) Angst vor einem Gang in die Öffentlichkeit gibt.
Und nur selten gibt es eine so deutliche Dokumentation, wie in dem Fall des Radfahrers bei der Demonstation gegen die Vorratsdatenspeicherung „Freiheit statt Angst“ im September (Infos dazu: AK Vorrat: „Freiheit statt Angst am 12. September 2009/Pressespiegel“) und auch dort ist eine entsprechende Verurteilung oder zumindest Konsequenzen mehr als fraglich.
Also halten wir fest, mind. jeden 3. Tag wird ein „Fehlverhalten“ (mit mutmaßlicher Menscherechtsverletzung!!!) durch Polizisten getätigt. Dies sind keine Einzelfälle mehr. Rechnet man noch die Dunkelziffer und die Menschenrechtsverletzungen von anderen Behörden, Organisationen, etc. dazu ist es schon erschreckend.
Das ist aber kein Phänomen der neueren Zeit.
In Köln hatte sich wegen der zunehmenden Gewalt durch Polizisten schon in den 80ern die Initiative „Bürger beobachten die Polizei-BüBePo“ gegründet.
BüBePo
Die Initiative „Bürger beobachten die Polizei“ (BüBePo) existierte in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre in Köln, ähnlich wie vergleichbare Gruppen aus dem Umfeld der Menschenrechts- und Justizbewegung in anderen deutschen Großstädten. Die Initiative sammelte alle veröffentlichten Materialien zur Polizei, insbesondere zu „Polizeiübergriffen“, um die in der Regel fehlende Öffentlichkeit herzustellen. Bei Auflösung der Gruppe ging das gesammelte Material mit insgesamt 35 Einträgen ans KölnArchiv über. Der Teilbestand hat eine eigene Systematik, die als Hinweis (in Klammern gesetzte Ziffern) hinter dem jeweiligen Stichwort auftauchen.
(Quelle: KölnArchiv e.V.: Protest in Köln: Das Findbuch – „Findbuch – Einführung von Martin Stankowski“)
Die Übergriffe der Polizei sind jede für sich Einzeln zu sehen. Auch ich würde nicht von einer „Systematik“ sprechen. Wovon ich aber Spreche ist von einer „Ideologie“. Also ein gemindertes Rechtsbewußtseit durch die Beamten, die dieses „Fehlverhalten“ begangen haben oder auch „nur“ beobachtet haben. Diese wird durch die Art unterstützt, wie gegen diese „Fehlverhalten“ Ermittelt werden.
In diesem Zusammenhang spreche Ich sehr wohl von einer „Systematik“ durch die Exekutive. Eine Unabhängigkeit ist nicht gegeben.
Hier ist der Rechtsstaat gefordert. Es kann nicht sein, dass der Täter gegen sich selbst ermittelt, was derzeit in Deutschland Gang und Gebe ist. Die Staatsanwaltschaft zeigt sich hier auch nicht unabhängig. Sie lässt die Opfer von den Polizeiwachen Befragen, in denen das „Fehlverhalten“ begangen wurden. Ja sogar, das der Beschuldigte selbst die Befragung durchgeführt hat, wurde auch schon dokumentiert. Hier sollte die Staatsanwaltschaft selbst die Untersuchung führen und auch die Aussagen selbst durchführen und dies nicht durch die Polizei geschehen lassen. Das die Staatsanwaltschaft diese (vorhandene) Möglichkeit nicht nutzt, zeigt schon, das ein Interesse an eine „unabhängige“ Untersuchung der Vorfälle nicht vorhanden ist.
Leider muss man sagen, das die Fälle zeigen, das hier das Sprichwort, das „eine Krähe der Anderen kein Auge aushackt“ zutreffend ist.
Aber vergessen wir nicht, das Menschenrechtsverletzungen nicht nur bei der Polizei begangen werden. Und das macht mir Sorge.
Nicht die Taten als solches haben eine Systematik, sondern die Grundlage, das dies in Deutschland überhaupt geschehen kann und vor allem folgenlos geschehen kann.
Links:
– Amnesty International: Eine Kampagne von Amnesty International
– Amnesty International: „Täter Unbekannt“ – Der Bericht von Amnesty International
– Amnesty International: „Täter Unbekannt“ – Der Bericht von Amnesty International Als PDF zum Downlaod (2,4 MB)
– Amnesty International: Zusammenfassung des Berichts 2010 (Mit drei Fallbeispielen)
– Amnesty International: Zusammenfassung des Berichts 2010 Als PDF zum Download (42 kb)
– Amnesty International: Amnesty International bei YouTube
– Amnesty International: Amnesty-Pressekonferenz: Transparenz schützt Menschenrechte – Mehr Verantwortung bei der Polizei Pressekonferenz als Film, auch als Download (Dank an den Kommentator „Tim“ für den Hinweis)
– AK Vorrat: AK Vorrat: „Freiheit statt Angst am 12. September 2009/Pressespiegel“
– Ich bin Terrorist: Deutschland, deine Menschenrechtsverletzungen – Pressekonferenz Amnesty International
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