Web-Abzocker – Strafrecht vs. Zivilrecht

Schon vor Monaten habe ich einen Artikel zu diesem Thema geschrieben. Dabei ging es um zwei Vorgänge, die fast Zeitgleich geschehen waren. Zum einen das Urteil eines Zivilgericht auf Kostenerstattung gegen die Abwehrung unberechtigter Forderungen durch eine Abofalle, auf der anderen Seite die Einstellung eines Strafverfahrens gegen eine Aboabzocke durch die Staatsanwaltschaft.
Siehe dazu hier: Zivilrecht: Kosten für die Abwehr einer Forderung durch eine Abofalle muss erstattet werden! – Strafrecht: Verfahren gegen die Betreiber von fabriken.de (Abo-Abzocke) eingestellt!

Nun, ist in der neusten c’t gibt es einen Artikel über das Thema. Ein Grund für mich, das Thema mal wieder aufzunehmen.
Dort wird meine Meinung bestätigt, das die Justiz sich beim Strafrecht in Bezug auf die Abofallen schwerer tun, als die Zivilgerichte.
In dem Artikel „Web-Nepper auf dünnem Eis“ wird auf der einen Seite die Tendenz im Zivilgericht zu Gunsten der angeblichen Schuldnern eingegangen, wie auch die Schwierigkeiten im Strafrecht zu einem Abschluss zu gelangen. Bis auf sehr wenigen Ausnahmen wurden Strafanzeigen, selten mit Auflagen, eingestellt.
Das Problem des Strafrechtes ist der Nachweis, das ein Betrug oder eine arglistige Täuschung vorliegt. Also die bewusste Absicht. Es ist wie bei einem vermeintlichen Ladendieb. Wenn dieser Ware in eine Tasche steckt und diese an der Kasse aus der Tasche nimmt und bezahlt, dann kann man zwar vermuten, das es eine Diebstahlabsicht gab (z.B. weil man sich selbst so ungeschickt benommen hat, das der vermeintliche Dieb einen wahrgenommen hat), aber wie will man dies beweisen?
Von dieser Seite habe ich Verständnis für die Justiz.
Hier ist der Gesetzgeber gefordert. Aber dieser hat ja Angst, das er seine Pizza nicht mehr per Telefon bestellen kann. Muss erst so viel passieren, wie damals mit den Dealer-Schadsoftware, bis der Gesetzgeber tätig wird und sich nicht mehr von den „Interessenverbänden“ und Schmiergeldzahlern bezirzen lassen?

Die ganz einfache Forderung, das ein Vertrag schriftlich zu erfolgen hat, würde dem Ganzen (und nicht nur bei den Abo-Abzockern) sehr schnell ein Riegel vorschieben.
Die ehemalige Justizverarscherin Zypries würde auch weiterhin Ihre Pizza bestellen können. Was würde anders sein?
Ich bestelle eine Pizza und wenn diese geliefert wird zahle ich diese. Habe ich keine bestellt und an meiner Tür klingelt ein Pizzabote, dann würde ich auch Heute schon diesen wieder wegschicken und auf gar keinen Fall die Pizza bezahlen. Das Risiko des Pizzadienstes würde sich nicht ändern. Die Rechtslage auch nicht, da es sich hier um einen direkten Bar-Kauf handelt, also Ware gegen Geld.
(Ich liebe dieses Beispiel, das die Zypriese als Beispiel herangenommen hat, das dieses Thema juristisch nicht so einfach sei. 😉 )

Nun ist die Rechtslage nun mal so, das man derzeit recht guten Erfolg im Zivilrecht gegen die Forderungen der „Wab-Nepper“, hat, wogegen das Strafrecht sich schwer tut.

Bei c’t kann man dazu ausschnittsweise folgendes lesen:

Web-Nepper auf dünnem Eis
Neues von der juristischen Front in Sachen Vertragsfallen

Im Umgang mit Abofallenbetreibern und anderen Online-Abzockern lassen Zivilgerichte eine verschärfte Gangart erkennen. Nur Strafrechtlich bleiben die schwarzen Schafe des E-Commerce nach wie vor weitgehend ungeschoren.



Trendwende in der Betrugsfrage?
Während Zivilgerichte also eine wünschenswerte klare vertrags- und wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Abofallen geliefert haben, ist die strafrechtliche Situation nach wie vor unbefriedigend: Es bleibt umstritten, ob das Geltendmachen einer nicht begründeten Forderung einen (versuchten) Betrug im Sinne von § 263 des deutschen Strafgesetzbuchs (StGB) darstellt oder nicht.
Das Anḿtsgericht (AG) Wiesbaden beispielweise ist nicht dieser Ausfassung [10].



Dieses Urteil (Anm.: des AG Wiesbaden) spiegelt eine Rechtsprechung wider, die bis vor einiger Zeit noch vorherrschend war [11]. Mittlerweile deutet sich indessen eine Trendwende an, die auf eine Entscheidung des AG Karlsruhe vom August 2009 zurückgeht [12].



Zögerliche Strafverfolger
Die Tendenz, Vertragsfallen im Internet endlich als das zu würdigen, was sie im Empfinden des gewöhnlichen Websurfer schon immer gewesen sind, mag erfreuen. Bei all dem sollte man jedoch nicht übersehen, dass es sich nicht um die Rechtsauffassung von Staatsanwälten oder Strafrichtern handelt.


(Quelle: Zeitschrift c’t, Ausgabe 17/2010, Seite134 ff., „Web-Nepper auf dünnem Eis“)

Quellenangaben in den zitierten Textteilen (die Ziffern in den eckigen Klammern):

[10] AG Wiesbaden, Urteil vom 4.8.2008, Az. 93 C 619/08
[11] etwa AG Peine, Urteil vom 19.12.2007, Az. 18 C 135/07; AG Recklinghausen, Urteil vom 5.3.2008, Az 14 C 372/07; AG Groß-Gerau, urteil vom 13.3.2008, Az. 65 C 65/07 (71)
[12] AG Karlsruhe, Urteil vom 12.8.2009, Az. 9 C 93/09

(Quelle: Zeitschrift c’t, Ausgabe 17/2010, Seite137, „Web-Nepper auf dünnem Eis“ – Literatur)

Gerade der Verweis auf recht viele Urteile und weiterführende Literatur zum Thema machen den Artikel noch wertvoller.

Der Artikel ist lesenswert, wenn ich persönlich auch die etwas pauschale Verurteilung der strafrechtlichen Seite nicht ganz zustimmen kann.

Links:

– c’t-Zeitschrift: Screen des Artikels „Web-Nepper auf dünnem Eis“ (ct-Inhalt, es ist in einer Auflösung, die den Artikel nicht lesbar macht. Dazu muss man sich die Zeitschrift besorgen)
– c’t-Zeitschrift: Links zum Artikel „Web-Nepper auf dünnem Eis“

– Ich bin Terrorist: Zivilrecht: Kosten für die Abwehr einer Forderung durch eine Abofalle muss erstattet werden! – Strafrecht: Verfahren gegen die Betreiber von fabriken.de (Abo-Abzocke) eingestellt!

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