Wahl in Berlin

Jetzt ist es soweit, die Berliner (mit deutschem Pass) können Ihren Senat wählen.

gestern habe ich dazu ein wenig geschrieben und auf die Wichtigkeit hingewiesen, das der Bürger sein Wahlrecht ausübt und eben zu den Wahlen gehen sollte.
Hier will ich mal auf ein paar Artikelfetzen in der einen oder anderen Zeitung eingehen.

Zunächst einmal etwas, was auch zu dem Aufruf zur Wahl zu gehen passt:

Nehmt die Nichtwähler ernst!

Wer nicht abstimmen möchte, wird oft scharf kritisiert. Doch nicht der Nichtwähler ist idiotisch, sondern die Situation, in der er lebt, kommentiert Lorenz Maroldt.

Kurz vor Wahlen und kurz danach ist die Nichtwählerbeschimpfung en vogue. Warum, ist klar. Sie verspricht anstrengungsloses Wohlwollen in den sich besser fühlenden demokratischen Kreisen. So beschimpfte der Regisseur Rosa von Praunheim die Abstinenzler dieser Tage als „Idioten“; andere gehen subtiler vor, ihre Botschaft aber ist die gleiche: Wer nicht wählt, ist kein Demokrat, stärkt die Nazis und gefährdet die Gesellschaft.
[…]
Sinkt die Beteiligung unter fünfzig Prozent, wie es bei Kommunal- und sogar Landtagswahlen bereits der Fall war, stellt selbst eine hundertprozentige Mehrheit im Parlament nicht sicher eine einfache Mehrheit des Bürgerwillens dar.
[…]
Das ist durchaus ein Problem für eine Demokratie, die sich als repräsentativ versteht. Und die naheliegende Haltung: „Selber schuld!“ hilft auch nicht weiter.
[…]

(Quelle: Zeit Online – Nehmt die Nichtwähler ernst!)

Ich kann nur empfehlen, den Artikel mal ganz zu lesen.
Ich bleibe aber dabei, das möglichst alle zur Wahl gehen.
Wie sagt Wilfried Scmickler in seinem Aufruf, den ich in dem gestrigen Artikel mal wieder eingestellt habe:

Wenn Sie jetzt Fragen: Ja, für wie dämlich halten uns diese Leute (anm. gemeint sind die Politiker) eigentlich. Dann sage ich’s Ihnen: Für ziemlich dämlich. Und darauf gibt es eigentlich nur eine Antwort: […] Wählen gehen. Und zwar Alle! Und zwar Alle! 98% Wahlbeteiligung, ich sage Ihnen, das wär‘ ein Schock. Und egal wie das Ergebnis dann aussieht, die Regierenden wüssten dann zumindest, das wir in Zukunft ganz genau und hellwach hingucken, was da in unserem Namen für unsere Zukunft entschieden wird.
Das wär’s doch!

(Quelle: Mitternachtsspitzen vom 5.9.09 – Wilfried Schmickler: “Die Feigheit vor dem eigenen Volk”) (Anm.: Die Lücke im Text „[…]“ ist nur, weil Wilfried dort das Datum der letzten Bundestagswahl genannt hat, ich dies aber als einen allgemeinen Aufruf wiedergeben wollte)

Ja, auch wenn ich den Artikel von der Zeit-Online als lesenswert empfinde, halte ich doch an dem (durch Wilfried Schmickler geäußerten) Wahlaufruf fest. So halte ich Wilfried Schmicklers Wahlaufruf für sehr hörenswert, wie auch den Text von Volker Pispers, den ich aus der letzten Sendung „Vokler Pispers und Gäste“ in Textform gebracht habe (siehe den Artikel „Nach der Wahl ist vor der Wahl – Eine Nachlese und Vorausschau“).
Sie denken, es ist ein Widerspruch?
Ich sehe es nicht so. Ich habe mich bei fast jeder Wahl beteiligt (einmal aus Gesundheitsgründen nicht). Ich kann nur von mir sagen, das ich nicht bei jeder Wahl eine solche Treffen konnte. Es mag zwar sein, das die Grünen meinen, das es Reicht, wenn man den Slogan “Nicht ganz so scheisse wie die Anderen” publiziert, um Stimmen für sich zu beanspruchen. Nein, das ist kein Scherz, dieser Slogan!
Also wie gesagt ich bin auf jeden Fall zur Wahl gegangen und wenn mir nichts anderes übrig blieb, als „Ungültig“ zu stimmen.
Und hier kommt der Satz von Wilfried Schmickler wieder ins Spiel:
98% Wahlbeteiligung, ich sage Ihnen, das wär‘ ein Schock. Und egal wie das Ergebnis dann aussieht, die Regierenden wüssten dann zumindest, das wir in Zukunft ganz genau und hellwach hingucken, was da in unserem Namen für unsere Zukunft entschieden wird.
98% Wahlbeteiligung und davon dann fast 50% Ungültige Stimmen (um mal das Beispiel Meck-Pomm zu nehmen). Da wäre es ein Schlag ins Gesicht der „Nicht-Auswähler“, wenn man hier von Politikverdrossenheit sprechen würde. Es wäre eine Partei- und Politikerverdrossenheit.
Das Souverän (also Wir) hätte den Parteien und Politikern die „repräsentative“ Volksvertretung aktiv abgesprochen. Damit dürfte die “parlamentarischen Diktatur” -oh Entschuldigung, ich meine natürlich: “Parlamentarische Demokratie”- eine starken Legitimationknacks bekommen.

Weiter in der Stuttgarter Zeitung:

Spannung auf den letzten Metern

Zwar ist der vor Monaten erwartete Showdown zwischen dem Regierenden Bürgermeister und seiner Herausforderin, der grünen Spitzenfrau Renate Künast, ausgefochten. Die Grünen liegen nach allen Umfragen weit hinter der SPD bei etwa 20 Prozent, und Renate Künast wird nach der Wahl in die Bundespolitik zurückkehren. Sie nahm sich gut eine Woche vor der Wahl durch eine klare Aussage selbst aus dem Rennen: Im Fernsehduell mit Wowereit erteilte Künast der Möglichkeit einer grün-schwarzen Koalition eine Absage. Das bedeutet ihr persönliches Aus in diesem Wahlkampf, denn sie hatte seit Beginn ihrer Kandidatur immer wieder erklärt, sie stehe für eine andere Rolle als die der Regierungschefin nicht zur Verfügung.

(Quelle: Stuttgarter Zeitung – Spannung auf den letzten Metern)

nun, wenn man Lokalpolitik ernst nimmt, dann kann man seine eigene Mitwirkung nicht von Pöstchen abhängig machen. Wenn die Frontfrau der Grünen nun den Wahlkampf darauf aufbaut, das Sie nur dann in der Berliner Politik mitmischt, wenn Sie den lukrativsten Posten dort bekommt, dann ist sowohl die Leaderin, wie auch die Basis selbst schuld, wenn es abwärts geht. Ich persönlich wünsche jeder Partei, die so agiert, auf Kosten der wirklichen Interessen der Bevölkerung den Abstieg unter die 5% Hürde. Bei der FDP scheint dieser Wunsch ja Realität zu werden. Und was will die Künast in der Bundespolitik? Sich monatlich mit Geldern der Bürger auf irgendeinen lukrativen Posten bereichern? Ich spreche solchen Leuten einen Volksvertreterwillen, also der Annahme des Vertretungsauftrages durch die Wahl ab! Leider scheinen solche Leute durch alle Parteien hindurch inzwischen die Mehrheit zu sein.

Über die Piraten konnte ich in der Welt-Online folgendes lesen:

Wahltag in Berlin – SPD klarer Favorit

Berlin (dpa) – Die Vorzeichen für die Berlin-Wahl sind klar: Vorfreude bei der SPD in der Hauptstadt und bundesweit, große Sorgen bei der schwarz-gelben Koalition im Bund.
[…]
Die FDP droht dagegen an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Schuld daran ist möglicherweise auch die junge, auf Bürgerrechts- Themen spezialisierte Piratenpartei, die bei Umfragewerten von 6,5 bis 9,0 Prozent erstmals in ein Landesparlament einziehen könnte.
[…]

(Quelle: Welt online – „Wahltag in Berlin – SPD klarer Favorit“)

Was lese ich da?
„die junge, auf Bürgerrechts-Themen spezialisierte Piratenpartei“
Nun, bloß weil das eine Thema der „Einthemen-Partei“ die Missachtung von Bürger- und Eigentumsrechte tangiert, macht es diese Partei noch nicht zu einer Bürgerrechtsthemen-Partei. Dazu gehört mehr, als die Rechte der Bürger im geistigen Eigentum und Internet einschränken zu wollen, nur damit irgendwelche Internet-Junkies nicht mehr für Ihren Urheberklau belangt werden können. Ich weiß, eine recht simple Kategorisierung, aber meiner Meinung nach hier genau passend.
Das man noch schnell das Programm etwas erweitert hat, ändert meiner Meinung nach nichts an der Tatsache, das man sich nur einseitig mit „Rechten der Bürger“ beschäftigt.
Ich selbst habe inzwischen mehrfach miterleben können, wie diese Partei meine Bürgerrechte mit Füßen tritt. So ist Ihre Webseite Ihnen viel wichtiger, als der Schutz meiner Privatsphäre und meinen Rechten. Es ist Ihnen egal, ob da jemand in (besser gesagt „mit“) meinem Namen Behauptungen in die Welt setzt. Ihnen ist es scheinbar wichtiger, das überhaupt Dynamik auf Ihren Seiten ist.
Ich bin mit vielen Dingen im Urheberrecht auch nicht einverstanden, aber Urheber zu enteignen, das ist auch nicht der Richtige Weg. Und egal wie schön sie es umschreiben und welche Konzepte sie für die „Entschädigung“ der Enteignung von Urheberschaften sie als Nebelkerzen in den Ring werfen. Ich bleibe dabei, wenn ich nicht mehr entscheiden Kann, was ich für alle Frei gebe, wer meine Urheberschaft nutzen darf und wer nicht, der Enteignet mich, egal wie schön er dies verpackt. und das ist meiner Meinung nach nicht nur eine moralischer Bruch mit der Gesellschaft und der Achtung vor dem Menschen. Es ist auch meiner Meinung nach ein klarer Bruch mit unserem Grundgesetz und den dort verankerten Persönlichkeitsrechten.
Die Welt-Online würde sich gut daran tun, nicht einfach „DPA“-Meldungen zu Kopieren und kritiklos wiederzukäuen.

Nun, bevor der Artikel einen Längenrekord erreicht mache ich mal lieber Schluss und Rufe alle Berliner nochmals dazu aus:
Geht Wählen, egal wie eure Wahl ist (ob die „nicht ganz so Scheisse“ oder eine andere Partei oder „Ungültig“), es ist wichtig zur Wahl zu gehen.

Links:

– Gehirnsturm: Nach der Wahl ist vor der Wahl – Eine Nachlese und Vorausschau
– Gehirnsturm: [Update] Heute Wahl in Bremen
– Gehirnsturm: Piratenpartei: Parteiinteresse vor Bürgerrechte?
– Gehirnsturm: Ich bin Schuld: Piratenpartei Sachsen-Anhalt versinkt in „jede Menge SPAM“
– Gehirnsturm: Die Piratenpartei fordert zum Spam auf …

– Zeit Online: Nehmt die Nichtwähler ernst!
– Stuttgarter Zeitung: Spannung auf den letzten Metern
– Welt online: Wahltag in Berlin – SPD klarer Favorit

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