Die Piratenpartei fordert zum Spam auf …

… oder „Die FREIHEIT, die ich meine, ist die FREIHEIT von uns Piraten!“

Oder wie sonst muss ich es verstehen, dass dieses Wort von vielen empörten Piratenanhängern missbraucht wird, wenn Kritik geäußert wird. Ja es wird sogar unter diesem Wort die eine oder andere Hexenjagd begangen.

Aber man ist wohl der Meinung, dass man selbst über dem Recht steht.

Deswegen habe ich mal diesen Punkt aus meinem Teil 3 herausgenommen und behandle diesen mal für sich.

Wegen der Satire mit dem Piratenlogo bei FiXMBR hat es in einem Kommentar dazu folgendes gestanden:

Piraten Wahlprogramm Kapitel 1:

“Für Menschenrechte kämpfen

Die grundlegenden Rechte jedes einzelnen Menschen sind das höchste Gut und Ausdruck unserer Menschlichkeit. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, beschlossen und anerkannt von den Staaten der Vereinten Nationen, stellt dabei die umfassende und allgemein anerkannte Sammlung dieser Rechte dar. Die dort genannten Rechte sind unteilbar und gelten für jeden Menschen gleichermaßen, unabhängig von seiner Herkunft, seiner Religion, seinem Geschlecht, seiner Kultur oder anderer Merkmale. Jeder Mensch muss sich frei entfalten können, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Jede Diskriminierung ist abzulehnen. Wir kämpfen dafür, die Menschenrechte national wie international durchzusetzen.”

Ist für mich eine ziemlich klare Abgrenzug gegenüber jeder Rechten Ideologie.

Nun, wie es dann aber geschehen kann, dass ein Bodo Thiesen seine Menscherechtsverachtenden Thesen bzgl. dem dritten Reich sogar im Wiki der Partei verbreiten durfte und darf ist mir ein Rätsel. Wie da ein Jörg Tauss in Schutz genommen wird, der, aus welchem angeblichen Grund auch immer, Menschenrechtsverletzendes Material auf privaten Medien gespeichert hat, wird mir da auch ein Rätsel bleiben.

Aber das ist nicht das Thema dieses Artikels. Besser nicht Inhaltlich, sondern eher von der Grundeinstellung der Partei, wie sie sich nach Außen gibt. Alles ist ein Recht auf Freiheit, solange wir (die Piraten) es machen.
Das war der Grund, warum ich diesen Kommentar aus dem Beitrag auf FiXMBR hier zitiert habe.
Was schreibt da derjenige, der den Kommentar dort eingestellt hat:
„Jeder Mensch muss sich frei entfalten können, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Jede Diskriminierung ist abzulehnen.“
Also, ich darf mich frei entfalten, ich darf mein Geist gebrauchen um etwas zu Schöpfen. Eine Diskriminierung, wie z.B. durch Vorschriften, wie ich diese zu Verwerten und wem ich diese zugänglich zu machen habe ist „abzulehnen“? Also, warum muss ich dann ständig was darüber lesen, dass man meine Schöpfung einfach enteignen will? Weil die Freiheit, die die Piraten meinen, nur die Freiheit eben dieser ist? Dann ist es keine Freiheit, sondern eine Diktatur!

Aber auch das ist nicht das Thema.
Nachdem nun oben aus dem Wahlprogramm (hier zum Download des Wahlprogramms – PDF) Kapitel 1 (übrigens Seite 4 der PDF) zitiert wurde, nun noch ein Zitat aus dem selben Werk und dem Kapitel 2 (Seite 5 der PDF):

Der Schutz der Privatsphäre und der Datenschutz gewährleisten Würde und Freiheit des Menschen, die freie Meinungsäußerung, demokratische Teilhabe und in der Folge unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaftsform, die in der Vergangenheit auch unter Einsatz zahlloser Menschenleben erkämpft und verteidigt wurde.
,,,
Das Recht auf Wahrung der Privatsphäre ist ein unabdingbares Fundament einer demokratischen Gesellschaft. Die Meinungsfreiheit und das Recht auf persönliche Entfaltung sind ohne diese Voraussetzung nicht zu verwirklichen.

Schöne Worte, wie auch diese Überschriftsteil nach dem oben zitierten Absätzen 1 und 3 des Anfangs vom Kapitel 2:

– das Recht in Ruhe gelassen zu werden

Dem kann ich nur meine Zustimmung geben. Auch ich möchte gerne in Ruhe gelassen werden. Statt dessen muss ich mich mit Parteimitgliedern (ich schreibe diesmal extra Parteimitglieder, da es in den mir bekannten Fällen nicht „nur“ Piratenanhänger sind) der Piraten in Foren rumschlagen, die meinen, dass eine Vereinbarung für sie nicht gilt. Aber auch das ist eigentlich nicht direkt das Thema, wobei habe ich da kein Recht darauf in „Ruhe gelassen zu werden“?

Nein, das Thema ist, dass die Partei der Piraten zum Spam auffordert und zwar explizit zum
1. Mailspam
2. Chatspam
3. Communitiespam
um nur die zu nennen, wo man explizit auf die Belästigung auf bestimmten offenen Plattformen und dem Mailspam zu beschränken, da ja die Aufforderung zum bloggen, bei Twitter, StudiVZ und im Piratenforum auf die Aktion „Ich bin Pirat“ aufmerksam zu machen, sich ja durchaus auf den eigenen Account beschränken könnte.

Was ist den nun da mit dem „Recht in Ruhe gelassen zu werden“?
Ach ja, da hatte ich ja was vergessen. Das Ganze oben zitierte bezieht sich ja nicht auf die Piraten. Das gilt ja alles nur für den Staat!
Sonst wäre es ja auch für die Anhänger des Urheberdiebstahls schwer zu begründen, warum das legal sein soll.
Deswegen heißt die Überschrift ja auch nicht:
„– das Recht in Ruhe gelassen zu werden“
Nein, das wäre ja viel zu Global und würde ja die eigene Freiheit – die des Piraten einschränken -, also lieber doch die Überschrift so:
„Kein Überwachungsstaat – das Recht in Ruhe gelassen zu werden“

Und zwischen dem schönen Absätzen 1 und 3, die ich oben zitiert habe und die so schön die Menschenrechte hoch halten, schieben wir nun doch mal den Absatz 2 rein:

Jeder einzelne Schritt auf dem Weg zum Überwachungsstaat mag noch so überzeugend begründet sein – doch als Deutsche und Europäer wissen wir aus Erfahrung, wohin dieser Weg führt. Diesen Entwicklungen stellen wir uns entschieden entgegen und sagen dem Überwachungsstaat den Kampf an.

Da ja den Kritikern der Piratenpartei gerne Bösartigkeit vorgeworfen wird, hier meine „bösartige“ Interpretation dieses Textes:
„Lieber Staat, ich, der Pirat möchte von Dir in Ruhe gelassen werden und in meiner Privatsphäre nicht gestört werden, damit ich weiterhin in Ruhe in die Persönlichkeitsrechte anderer eindringen kann und diese bestehlen kann.“

Nun, dieses Recht auf Ruhe gilt natürlich nicht, wenn die Piraten Wahlkampf machen.
So fordern diese in Ihrem Wiki unter dem Artikel „Ich bin Pirat“ auf, diese Aktion im Internet durch Spam zu verbreiten.
Unter der Überschrift „Verbreite „Ich bin Pirat!““ wird dort folgende Aufforderung verbreitet;

Wenn man befreundeten Piraten von der Aktion berichtet, darüber bloggt, den Link in Chats, bei Twitter, StudiVZ, im Piratenforum und sonstigen Communities verbreitet, kann ein Schneeballeffekt entstehen.

Diese Aufforderung ist von dem Artikeleröffner „Twitgeridoo“ eingestellt, wie man dies in diesem Versionsvergleich sehen kann: Versionsvergleich zwischen der „Version vom 14:42, 14. Aug. 2009“ und der „Version vom 14:42, 14. Aug. 2009“

Nun, da man von Seiten der Piraten sich bedeckt hält, wer dort eine weitergehende Funktion hat (sei es SysOp-Rechte oder Administratorrechte) ist es auch nicht klar, in wie weit da diese Seite überprüft wurde. In den Wikis, wo ich erweiterte Rechte habe (immerhin bei 4 verschiedenen Wikis) haben wir dies so, dass eine Seite als geprüft vermerkt werden kann. Das hilft uns, die mit der Verantwortung, ein Wiki zu haben und der damit verbundenen Haftung einen Überblick zu bewahren.
Das bei einem Wiki höhere Haftungen bestehen, als beispielsweise in einem Forum (von wegen ab „Kenntnisnahme“) zeigt die Rechtssprechung.
Aber auch darum geht es nicht. Es geht einfach um Anspruch andern gegenüber und dem eigenen Willen, selbst diesem Anspruch gerecht zu werden.

Nun, das war es diesbezüglich zu den Vorwürfen in Punkt 2. und 3..
Aber selbst das könnte man vernachlässigen. Nicht das es nachher heißt: In einem Wiki kann ja jeder schreiben, dass hat nichts mit den Piraten zu tun, diese Aufforderung.

Aber die Härte finde ich sowieso, dass die Piratenpartei, genau genommen, laut Impressum die „Piratenpartei Sachsen-Anhalt“ scheinbar einen Service bereit stellt, mit den Mailspam versendet werden kann, pro Absendung an bis zu 10 Empfänger. Das ist nicht nur gegen jeden Grundsatz der Persönlichkeitsrechte, sondern auch gegen das geltende Recht.
Das Ganze ist professionell aufgezogen. Auf der Webseite „ich-bin-pirat.de“ gibt es die Subseite „Informiere Deine Freunde, Verwandten & Bekannten über unsere Aktion mit einer E-Mail:“. Dort findet man eine Maske, in der man seinen eigenen Namen, bzw. einen beliebigen Namen (!) und die Mailadressen von bis zu 10 Empfängern einsetzen kann. Der „eigene“ Name wird dann in dem Text, der dort vorbereitet ist automatisch eingesetzt. Die Maske, bzw. die gesamte Seite sieht so aus:
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Wie man bemerkt, habe ich diesen Service getestet. Natürlich, da ich die Persönlichkeitsrechte meiner Freunde für wichtig erachte an eine Mailadresse von mir. Wobei es mich schon gereizt hätte diese Mail an einige bekennende Piraten zu senden, die sich auch stark im Verbraucherschutz engagieren.
Nun, diese ist auch angekommen:
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Man achte auf den Absender!
„noreply@ich-bin-pirat.de“
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, da bekommt man eine Mail von einem Absender, den es nicht gibt! Und das von einer Partei, die sich nicht scheut von Privatsphäre, Persönlichkeitsrechte, ja sogar von Menschenrechte und Transparenz (!) zu sprechen.
Nun, dass man, wenn man solch eine Mail bekommen hat, sich nicht umgehend sich beschweren kann und eine Unterlassung fordern das habe ich geprüft. Ich habe an die „reply“-Adresse wiederum von meiner Seite aus eine Mail Versand mit der Bitte um Aufklärung, wie so etwas möglich sei. Also wie es möglich ist, dass eine Partei den Mailspam von unbescholtenen Mail-Adressen-Inhabern möglich macht.
Diese Mail ist natürlich, wie es die Absenderadresse vermuten lässt zurück gekommen:
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Dies ist nicht nur moralisch eine Sauerei und die Piraten machen sich so zumindest der Mittäterschaft am Spam schuldig. Ich bin sogar der Meinung, weitergehend als die Überschrift, dass durch den Aufruf die Piratenpartei sich diese direkt des Spam schuldig machen.
Wieder mal ein Beispiel, wie die Piratenpartei recht einseitig mit den von Ihnen so hochgelobten Freiheiten umgeht. Sie (die Piraten) nehmen sich die Freiheit zu spammen. Die Empfänger haben auch eine Freiheit, nämlich die Freiheit den Spam empfangen zu müssen, egal ob sie es wollen oder nicht. Nun, man gönnt ihnen, den Empfängern ja vielleicht noch die Freiheit, den Spam zu löschen!

Was mich da auch noch auf dem Webauftritt irritiert ist, dass es zwar ein Impressum gibt, ja sogar ein Link zu den Datenschutzerklärungen von „Paypal“, für die Spenden. Was ich aber vermisst habe, ist auch nur eine Andeutung, was mit den Daten geschieht, die dort eingetragen werden. Sprich im Klartext, der „eigene Name“ und vor allem die Mailadressen der Empfänger. Da die Mails ja versendet werden, ist es Datenrechtlich sehr bedenklich, was da geschieht.
Man hat es nicht nötig, die Absendenden oder die Empfänger auch nur zu Informieren, was mit diesen Daten geschieht, ob und wo diese gespeichert werden.
Besonders, da der Empfänger ja nicht selbst entschieden hat, die Adresse dort einzugeben. Man hält es nicht mal für nötig in der Mail die rechtlich verpflichtenden Angaben des Anbieters anzugeben. Hier empfiehlt sich die Lektüre des TMG.

Aber warum meckern? Nehmen wir doch mal einfach eine Überschrift und den ersten einleitenden Satz aus dem Parteiprogramm der Piratenpartei, um gerade bezogen auf die hier dargestellten Vorgänge der Piraten deutlich zu machen, wie ernst diese es wirklich meinen:

2.2 Informationelle Selbstbestimmung
Das Recht des Einzelnen, die Nutzung seiner persönlichen Daten zu kontrollieren, muss gestärkt
werden.

Oder entsprechendes aus dem Wahlprogramm, wo man den obigen Satz noch durch diesen Ergänzt hat:

Jegliche kommerzielle Nutzung persönlicher Daten muss verboten sein, solange sie nicht ausdrücklich vom Betroffenen erlaubt wird

Liebe Piraten und besonders die Piraten von Sachsen-Anhalt,
habt Ihr eigentlich Euer eigenes Wahlprogramm oder wenigstens das Parteiprogramm schon mal gelesen?
Nachdem was da geschieht, ganz offensichtlich nicht.
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass das Impressum dieser Seite (ich-bin-pirat.de) nicht den Ansprüchen des TMG entspricht. Nur mal ein, von ein paar Fehlern:

§ 5 Allgemeine Informationspflichten
(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:
1. den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den Vertretungsberechtigten und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden, das Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen,
[…]

Das es sich bei einer Partei, die ein Maildienst wie er dort angeboten wird und auch noch zusätzlich zu Spenden aufgeruft, mit dieser Seite um ein Anbieter mit einem „geschäftsmäßigen“ Angebot von Telemedien handelt, denke ich, ist nicht strittig (naja, so wie ich es bisher mitbekommen habe…, aber lassen wir das). Dass eine Partei eine „juristische Person“ ist, ist wohl auch nicht strittig. Also, wo ist der Verantwortliche in dem Impressum?
Wer Transparenz von anderen Fordert, sollte diese auch selbst erfüllen, wenigstens so weit, wie es der Gesetzgeber vorschreibt.

Das Fazit für mich ist, dass die Piraten es nicht nur nicht schaffen, Ihr „Einthemenprogramm“ selbst zu erfüllen, nein, sie schaffen es nicht mal die paar moralisch und objektiv positiven Gesetze für Ihre potenziellen Wähler einzuhalten.

Tja, Anspruch und Wirklichkeit!

Anhang:

Damit die anonymen Kreischer nicht so mühsam suchen müssen, wie Sie mich am besten bedrohen und beleidigen können, hier der Hinweis:
Ich habe für (eigentlich Menschen, die die Anonymität als Schutz brauchen) bei einem Dienst, der die Herkunft des Schreibers anonymisiert einen Account eingerichtet. Diesen Findet ihr im Impressum (das ich mit meiner Seite, da ohne jedes geschäftliche Interesse eigentlich nicht bräuchte. Nur so, von wegen Offenheit und Transparenz 😉 ), einfach oben rechts schauen. 😉

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