Heute ist die Entscheidung gefallen.
Das Bundesverfassungsgericht hat meine Verfassungsbeschwerde, wie auch von über 3000 weiteren statt gegeben.
Die Schwarz-Gelbe Regierung hatte im Alleingang und 5 Monaten nach Ablauf der Frist von BVG das Wahlrecht nach Ihrem Vorteil ein wenig kosmetisch verändert hat gegen die Stimmen der Opposition einfach durchgeboxt.
Dass der gesamte Bundestag aber Jahre vorher eine ernsthafte Arbeit an dem Wahlgesetz versäumt hat, das verschweigen nun die Jubeltöne der Opposition, namentlich die SPD und die Grünen.
Auch kein Wort darüber, das man im Bundesrat das Gesetz „durchgewunken“ hatte. Angeblich um den Weg für eine Verfassungsbeschwerde frei zu machen.
Ich Frage mich aber, ob es wirklich die Aufgabe des Bundesverfassungsgericht ist, die Arbeit der Volksvertreter zu machen.
Von daher sehe ich das Jubeln des „Gewinn der Demokratie“ mit einem Würggefühl.
Art 38
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.
(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz
(Quelle: Grundgesetz)
Eigentlich ganz einfach. Es steht dort nichts von Direktwahl und Übergangsmandate. Aber dies ist es, was bei einer Wahl (wie in Schleswig-Holstein verfassungswidrig geschehen) über eine, wenn auch knappe Regierungsmehrheit entscheiden könnte, gerade für die CDU/CSU.
In meinen Augen wird mit dem jetzigen Wahlrecht auch der Anspruch aus dem Grundgesetz, der „unmittelbaren“ Wahl nicht entsprochen.
Ich bin für ein reines Verhältniswahlrecht mit unmittelbarer Personenwahl. Jeder Bürger erhält x Stimmen, die er nach freien Gutdünken an einzelne Abgeordnete oder Listen etc. abgeben kann oder eben einfach weniger Stimmen abgeben.
Daraus entsteht eine Stimmverteilung auf die verschiedenen Parteien und die Listen werden entsprechend der Stimmzahlen auf die einzelnen Abgeordneten sortiert. Entsprechend der Verhältnisse der Stimmen werden dann von der Liste die entsprechende Anzahl der Abgeordneten berufen. Bei den wohl recht unwahrscheinlichen Stimmgleichheit bei dem letzten Platz entscheidet das Los.
Aber zurück zur Urteilsentscheidung des Bundesverfassungsgericht. Die stellte fest, dass das Wahlrecht durch ein bisschen kosmetisches herumgespachtel nicht verfassungskonformer wird.
Im Blick auf die unendliche Geschichte um die bisherigen „Bemühungen“ hat das BVG keine Frist für ein neues Gesetz gesetzt, sondern das Gesetz mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Diese Entscheidung war einstimmig.
1.
Die Bildung der Ländersitzkontingente nach der Wählerzahl gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BWG ermöglicht den Effekt des negativen Stimmgewichts und verletzt deshalb die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl sowie der Chancengleichheit der Parteien.2.
a) In dem vom Gesetzgeber geschaffenen System der mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl sind Überhangmandate (§ 6 Abs. 5 BWG) nur in einem Umfang hinnehmbar, der den Grundcharakter der Wahl als einer Verhältniswahl nicht aufhebt.
b) Die Grundsätze der Gleichheit der Wahl sowie der Chancengleichheit der Parteien sind bei einem Anfall von Überhangmandaten im Umfang von mehr als etwa einer halben Fraktionsstärke verletzt.
(Quelle: Leitsätze des Urteils vom BVG – 2 BvF 3/11 -/- 2 BvR 2670/11 -/- 2 BvE 9/11)
Diese Leitsätze sagen eindeutig aus, dass die „Verhältnismäßigkeit“ der Wahl gewahrt sein muss.
Ebenso, wie es heuchlerisch von den Bundesrat-Durchwinkern es ist sich nun über die Niederlage zu freuen, ist es peinlich und heuchlerisch, wenn nun der CDU-Mann Lammert die „Rückkehr zum Allparteienkonsens beim Wahlrecht“ fordert. Dazu hatte seine und die Koalitionsparteien über 3 Jahre Zeit gehabt.
Spannend dabei ist auch, in wie weit man nach dem Landesparteitag der CDU im Südwesten nehmen kann, dass man mehr Bürgerbeteiligung will. Hier haben sie die große Chance von Ihren Bundespolitikern eine Bürgerbeteiligung abzuverlangen. Allein der Glaube fehlt mir.
Sicher können wir sein, dass die Parteien aller Couleur dafür sorgen werden, das ihre Machtstellung für die begehrten Volksvertreter-Posten nicht gefährdet werden.
Na also! Das Bundesverfassungsgericht verpasste den schwarz-gelben Demokraten die erwartete Ohrfeige in Sachen Wahlrecht. In Sonntagsreden pflegen die Politiker dieser schwarz-gelben Koalition sich stets lautstark als mustergültige Demokraten zu rühmen. Trotzdem wollten sie ihre Macht mit einem Wahlrecht verteidigen, das ihnen einseitige Vorteile verschafft und bei dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Bundestag eines Tages eine Mehrheit zusammensitzt, die sich nicht auf eine Mehrheit der Wählerstimmen berufen kann.
[…]
Das Verhältnis zwischen Regierung und Bundesverfassungsgericht dürfte sich damit weiter eintrüben.
[…]
Angela Merkel hat ziemlich energisch erkennen lassen, dass sie die Verfassungsrichter zuweilen als politische Störenfriede betrachtet, die den Bundestag unnützerweise zu Sondersitzungen zwingen. Andererseits scheint sie die Mühsal, demokratisch einwandfreie Verfahren und verfassungskonforme Gesetze zu etablieren, für eine zu vernachlässigende Größe zu halten.
[…]
Es ist vermutlich auch kein Zufall gewesen, dass die Kanzlerin bei der Suche nach einem neuen Bundespräsidenten Verfassungsgerichtpräsident Andreas Vosskuhle als Gauck-Konkurrenten ins Spiel brachte. Sie handelte, wie sie es immer tut, wenn ihr Männer politisch im Wege stehen. Sie versucht sie abzuschieben – wie Friedrich Merz in der Fraktion, Roland Koch in Hessen, Christian Wulff in Niedersachsen. Zum Glück hat Vosskuhle widerstanden. Hat erkannt, dass er in Karlruhe politisch mehr zu sagen hat als im Amt des Bundespräsidenten.
(Quelle: Stern – Verfassungsgericht lehnt Wahlrecht ab | Zum Glück ließ sich Vosskuhle nicht wegbefördern)
Für unsere Demokratie ist es zu hoffen, dass die Richter der obersten Gerichte weiter so (relativ) unabhängig bleiben und sich nicht wegkomplimentieren lassen. Dann gibt es noch ein wenig Hoffnung für unsere Demokratie.
¹ Überarbeitet nach einer Vorlage von Stupidedia
Links:
– Bundesverfassungsgericht: Urteil zum Wahlrecht vom 25.7.2012
– Stern: Verfassungsgericht lehnt Wahlrecht ab – Zum Glück ließ sich Vosskuhle nicht wegbefördern
– Stern: Schlappe für die Bundesregierung – Karlsruhe erklärt Wahlrecht für verfassungswidrig
– Süddeutsche Zeitung: Schmetterschlag gegen Schwarz-Gelb
– Frankfurter Allgemeine: Wahlrecht verfassungswidrig „Eine konstitutionelle Staatskrise“
– Gehirnsturm: Wahlrecht in Deutschland Verfassungswidrig?
– Gehirhsturm: Neues Wahlrecht nun auf dem Prüfstand des Verfassungsgerichts
Eine Antwort auf Bundeswahlrecht verfassungswidrig! Bundesverfassungsgericht hebt Wahlrecht einstimmig auf