Die Polizei, die Beschützer Deiner Rechte (Vorsicht Ironie)

Nun, zuerst einmal eine Meldung zu einem Übergriff auf der Demonstration „Freiheit statt Angst“ in Berlin. Viele erinnern sich vielleicht noch an die Videos mit dem Radfahrer. Dieser Vorfall ist aber nicht der, um den es hier geht.

Ein Polizist wurde verurteilt, wegen dieser Tat:

Der Polizist wurde nun zu 80 Tagessätze á 60 Euro verurteilt (das entspricht einer Gesamtstrafe von 4800 Euro).
Heise Online schreibt dazu:

Polizist nach Angriff während Datenschutz-Demo verurteilt
Im ersten Prozess um Gewalt von Polizisten gegen Teilnehmer der Demonstration „Freiheit statt Angst“ im vergangenen Jahr ist ein Beamter am Montag zu 4800 Euro Geldstrafe (nach Angaben von Prozessbeobachtern 80 Tagessätze à 60 Euro) verurteilt worden.
[…]
Der Polizist hatte den Vorwurf der Körperverletzung im Amt bestritten. Eigenen Angaben nach hatte er einen Angriff befürchtet und den Mann zur Abwehr von sich weggestoßen.
[…]
Nach der Festnahme des Radfahrers war die Stimmung aufgeheizt. Der 30-jährige Angeklagte in dem nun vor dem Amtsgericht verhandelten Verfahren hatte das spätere Opfer, den heute 23-jährigen Angestellten, mehrfach des Einsatzortes verwiesen. Danach hätte sich der Helfer nicht dort aufhalten dürfen. Der Schlag des Beamten, der sich möglicherweise provoziert fühlte, sei aber nicht verhältnismäßig gewesen, urteilte das Gericht. Die erhöhte Stresssituation nach der Festnahme des Radfahreres wertete die Richterin strafmildernd.

(Quelle: heise online – „Polizist nach Angriff während Datenschutz-Demo verurteilt“)

Zuerst einmal kann man denken, gut, da ist Gerechtigkeit erfolgt. Nur leider ist das in dem Artikel nur die eine Seite der Medaille, nämlich die des Urteils.
Die Aussage: „Die erhöhte Stresssituation nach der Festnahme des Radfahrers wertete die Richterin strafmildernd.“ hat einen sehr bitteren Beigeschmack, wenn man den Kommentar bei Heise Telepolis liest:

Prügelpolizist Erkan C. zu 4800 Euro Geldstrafe verurteilt
Ein Beamter, der auf der Demonstration „Freiheit statt Angst 2009“ einem Teilnehmer einen Fausthieb in die Wirbelsäule versetzte, bleibt dank „mildernder Umstände“ unter der Vorstrafengrenze von 90 Tagessätzen und behält voraussichtlich seinen Arbeitsplatz
[…]
Eines der Opfer war der IT-Fachmann Adrian Lang. Er half unter anderem dem umgeschubsten Grünen-Bundestagsreferenten Oliver Feldhaus beim Aufstehen. Dabei wurde er vom 30-jährigen Polizeibeamten Erkan C. angeschnauzt, er solle „abhauen“ und bekam von ihm anschließend einen Fausthieb in die Wirbelsäule versetzt. Ein 21-Jähriger dokumentierte die Tat auf Video und stellte sie bei YouTube ein. Erschreckender als der Schlag selbst wirkte darin auf manche Beobachter der Gesichtsausdruck des Polizisten, der unter anderem zu Spekulationen über die Gefühlswelt einzelner Beamter führte.
[…]
Über ein Jahr nach der Tat verurteilte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten Erkan C. jetzt wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je 60 Euro. Ein erster Strafbefehl gegen den Polizisten hatte noch auf 120 Tagessätze gelautet, womit der Beamte deutlich über jener Grenze von 90 Tagessätzen gelegen hätte, ab der jemand als vorbestraft gilt.
[…]
Wenn allerdings selbst so (wie vom Gericht bestätigt) objektiv ungefährliche Situationen bei C. Stress auslösen, der Bürger in schwere Gesundheitsgefahren bringt, dann fragt sich, ob ihn sein Arbeitgeber nicht besser durch eine weniger anfällige Person ersetzt sollte.
[…]

(Quelle: Heise Telepolis – „Prügelpolizist Erkan C. zu 4800 Euro Geldstrafe verurteilt“)

Auch wenn ich den Titel selbst nicht gut finde, bleibt doch mit der „strafmildernden“ Begründung ein fahler Geschmack zurück. Der Polizist bleibt weiter im Dienst und wird womöglich wieder auf Bürger losgelassen.
Das pikante bei der Ganzen Sache ist, das beide Übergriffe durch Polizisten (die inzw. verurteilte und die noch offene mit dem Fahrradfahrer) auf einer Demonstration gegen ein Gesetz war, dass das BVerfG später als Grundgesetzwidrig erklärt hat.
Auch die Behauptung, das das spätere Opfer Platzverbot erhalten habe sehe ich als eher Pikant an. Da soll also das Grundrecht auf Versammlung durch das Aussprechen eines Platzverbotes hinfällig werden? Das kann nicht sein. Erst recht kann es nicht sein, das damit eine humanitäre Hilfeleistung an einen Dritten zur Berechtigung eines Übergriffs dienen kann.
Was mich nach dem Lesen des Artikels auch in erschrecken versetzt hat, war das nochmalige betrachten des Videos nach diesem Kommentarabschnitt: „Erschreckender als der Schlag selbst wirkte darin auf manche Beobachter der Gesichtsausdruck des Polizisten“. Ich muss dem Kommentar da zustimmen. Hier war in meinen Augen nicht Stress sondern die Wut- und Machtlust zu sehen.

Der Tenor der Rechtsprechung im Fall von Polizisten als Täter lässt in den Fällen um den 30.09.2010 in Stuttgart nichts gutes erahnen. Auch wenn ich hier der Meinung bin, das die Polizisten hier rechtswidrig zu einem politischen Instrument missbraucht werden, bleibt festzuhalten, das es dafür immer 2 Seiten braucht, der der missbraucht und der der sich missbrauchen lässt.
Wir erinnern uns, das in den 80ern viele Polizisten den Dienst gegen die Wackersdorf-Demonstranten verweigert haben. Es sollen sogar um die 100 Beamte den Dienst wegen dem Missbrauch der Polizei für politische Interessen quittiert haben. Es geht also auch anders.
ich weiß auch, das viele Polizisten, denen der Mut für solche Schritte fehlten „Krank“ über ihre Situation wurden.
Ob der Klassiker „Lieber krank feiern als gesund schuften!“ nun nicht nur für die modernen Zwangsarbeiter (auch 1 Euro-Jobber genannt) interessant wird, sondern auch für Polizisten bleibt abzuwarten.

Anmerkung:
Das Buch „Lieber krank feiern als gesund schuften!“ wurde verboten und mit Polizeigewalt aus den (meist alternativen) Buchläden entfernt. Besonders beeindruckend ist diese Aktion, wenn man sich Erich Kästners Berichte über die Gefühle bei den Bücherverbrennungen im 3. Reich ansieht. Aber das ist nicht alles, er musste dann eine Wiederholung dieser Geschichte im Jahr 1965 machen.
Das Buch wurde dann in einem Autorenkollektiv wieder verlegt. Inzwischen kann man das Buch online hier anschauen, leider ohne die schönen Karikaturen des Originals: Lieber krank feiern als gesund schuften!
Als Anleitung zum Krankfeiern habe ich das Buch nie gesehen, eher als Anklage gegen das krankmachende System.

Aber es geht weiter!
Die Konsequenz aus Jahrzehntelanger Verletzung von Menschen mit Wasserwerfern geht in eine neue Runde. Zukünftig will man es scheinbar vermeiden, das sich die Opfer solcher Wasserwerfereinsätze noch „Medienwirksam“ beschweren können. Eine neue Generation von Wasserwerfern soll in den nächsten Jahren in Deutschland ein zu halten. Die ersten sollen in einigen Bundesländern zu Testzwecken eingesetzt werden. Pikanter weise sind die glücklichen Länder für die ersten Wasserwerfer des neuen Typs „Hamburg, Berlin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg„.
Wir erinnern uns, In Baden-Württemberg wurden unlängst 2 Demonstranten bei einer Aktion der Polizei zum Schutz einer illegalen Baumfällung an den Augen schwer verletzt. Wenn die Gewaltbereitschaft der Politik und der Ausführenden Kräfte (Polizei) weiter so steigt, ist zu befürchten, das der von einem Wasserwerfer „überfahrene“ Mensch (Mitte der 80er) nicht das einzige tödliche „Opfer“ eines Wasserwerfers bleiben.

Aber das wird bald vorbei sein. Das neue Motto wird dann wohl heißen:

Wasserwerfer – TODsicher

Ob sich Mappus noch darüber freuen kann, endlich die Demonstranten noch wirkungsvoller vom Tisch, äh einer illegalen Baustelle zu fegen, bleibt fraglich.
Auch die Bürger sollten sich überlegen, ob sie solch einer Volksvertretung noch trauen kann, die so gegen sie aufrüstet.

Nicht vergessen, wir bezahlen bis zum Jahr 2019 75 Millionen Euro dafür, das man uns besser Mondtod machen kann, das Grundrecht mit 10 Bar Wasserkraft wegwischen kann. Aber das ist noch nicht alles, Gleichzeitig sollen Fahrzeuge mit Videokameras und Richtmikrofonen für etliche Millionen angeschafft werden, damit man im Vorfeld auch das Recht auf informelle Selbstbestimmung mit Füßen treten kann. Diese haben auch direkt ein Bearbeitungstool integriert, damit die nächste Pressekonferenz nicht so dilettantisch ist, wie die des Polizeipräsidenten in Stuttgart, wo man sogar vergessen hatte in der Beweisführung die Zeiten zu editieren und so der Betrug um der von Anfang an gewalttätigen Demonstration sichtbar wurde.

Ein (meiner Meinung nach ganz guten) Artikel zu den neuen Wasserwerfern ist bei Heise Telepolis zu finden: Mit Hochdruck gegen Ungehorsam

Links:

– Heise Online: Polizist nach Angriff während Datenschutz-Demo verurteilt

– Heise Telepolis: Prügelpolizist Erkan C. zu 4800 Euro Geldstrafe verurteilt
– Heise Telepolis: Mit Hochdruck gegen Ungehorsam

Weitere den Text begleitende Links:

– anarchismus.at: Lieber krank feiern als gesund schuften!

– Wikipedia: Günther Sare (Das Opfer des Wasserwerfers in Frankfurt Mitte der 80er)

– referate10.com: Bücherverbrennung Erich Kästner (ein Referat)

– christen-und-juden.de: „Stichtag der Barbarei“ – Der 10. Mai 1933 und die Folgen

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