Wieder eine Woche vorbei, bei der ich fast durchgehend Offline war.
Ja ich genieße es, aber es hat sich einiges getan.
Nachdem Kaspersky einen neuen Staatstrojaner gefunden hatte (ich berichtete: „Neuer Staatstrojaner! Die Big-Brother-Version des CCC überprüften Trojaners!“), befasste sich auch der Chaos Computer Club mit einer ca. drei Jahre neueren Version des bereits analysierten Staatstrojaners.
Aber erst mal zurück zu den Ereignissen zwischendurch.
Der wissenschaftliche Dienst stellte Überlegungen an, das der Chaos Computer Club sich strafbar gemacht hätte, weil dieser den „Quellcode“ des Trojaners veröffentlicht hätte. Das kleine kosmetische Problem bei dieser Überlegung war aber, das der Chaos Computer Club den Quellcode nicht veröffentlicht hat, da er diesen ebenso wie die Nutzer des Trojaners gar nicht kannten. Auch darüber hatte ich berichtet: „Die pösen, so pösen Chaos Computer Club – Diese “Terroristen”- -”Schwerkriminelle”- -”Talibans”- oder was weiß ich?“
Ich muss sagen, das mir so langsam selbst der Galgenhumor und die Ironie im Halse stecken bleibt, die mich bisher vor schlimmeren ausfälligen Bemerkungen geschützt hat. Derzeit wäre es fatal, wenn ich meinen geplanten Artikel über die neue Missachtung der Bürger schreiben würde, in dem man sie zu „Wutbürgern“ (auch wieder so ein Kunstwort der Politik, um von sich selbst abzulenken) degradiert.
Gut, man hat bei Kaspersky einen Trojaner entdeckt, den diese als die „Big Brother“-Version des vom CCC analysierten Trojaners bezeichnet.
Die Politik und die Ermittler redeten sich heraus:
Zierckes Argument entkräftet
Das BKA unter Chef Jörg Ziercke bestritt die Existenz der Lücken.
BKA-Präsident Jörg Ziercke hatte die Überwachung von Computern als unverzichtbar bezeichnet, wenn das Internet für schwere und schwerste Kriminalität eingesetzt werde. Die Kritik des CCC, der Trojaner könne manipuliert und rechtswidrig eingesetzt werden, wies Ziercke vor einer Woche im Innenausschuss des Bundestages auch mit dem Hinweis zurück, der Club habe eine „circa drei Jahre alte Version der Software (analysiert), die das BKA nicht eingesetzt hat“.
(Quelle: n-tv – „“Spukhaftes Fernlöschen“: Hacker kontern BKA-Präsident“)
Nun wurde auch dieses Lügengebäude des BKA-Präsidenten zerstört und man muss sich bewusst machen, das einer der obersten Hüter des Staatssicherheit meiner Meinung nach ein jämmerlicher Lügner ist!
Wie gesagt, der Chaos Computer Club hat einen Staatstrojaner zugespielt bekommen, dessen Version vom Dezember 2010 stammt. Sozusagen „fast Fabrikneu“ und mit einer Entwicklungszeit von 3 Jahren zu dem erstmalig analysierten Staatstrojaners.
Der Chaos Computer Club schreibt in einer Pressemitteilung vom 26.10.2011 folgendes:
Chaos Computer Club analysiert aktuelle Version des Staatstrojaners
Dem Chaos Computer Club (CCC) wurde jüngst eine noch fast fabrikneue Version des Staatstrojaners zugetragen. Der Vergleich zur älteren, vom CCC bereits analysierten Version mit dem aktuellen Schnüffel-Code vom Dezember 2010 förderte neue Erkenntnisse zutage. Entgegen aller Beteuerungen der Verantwortlichen kann der Trojaner weiterhin gekapert, beliebiger Code nachgeladen und auch die angeblich „revisionssichere Protokollierung“ manipuliert werden.
[…]
Obwohl der CCC handfeste technische Beweise veröffentlicht hatte, dementierten die Behörden, verantwortliche Innenpolitiker und der Hersteller DigiTask die Existenz illegaler Funktionalitäten [1],[2],[10] und beriefen sich auf eine angeblich veraltete Softwareversion des analysierten Trojaners.
Die Ausflüchte variierten von „Testversion“ bis „Prototyp“, DigiTask beteuerte noch am 11. Oktober 2011 gegenüber seinen Behördenkunden, daß fast alle Probleme in neueren Versionen gelöst seien. Die Funktion zum Code-Nachladen wird vom Hersteller DigiTask unisono mit den einsetzenden Behörden als „natürlich notwendig“ angesehen, zum darin implizierten Grundrechtsverstoß wird in keiner Weise Stellung bezogen. Gemacht wird, was nutzt, der Zweck heiligt die Mittel.
[…]
„Auch in den letzten drei Jahren waren die Behörden und ihr Dienstleister offensichtlich nicht in der Lage, einen Staatstrojaner zu entwickeln, der auch nur minimalen Anforderungen an Beweiskraft, Grundgesetzkonformität und Sicherheit gegen Manipulation erfüllt“, faßte ein CCC-Sprecher die neuen Erkenntnisse zusammen. „Es steht aus prinzipiellen und konkreten Gründen auch nicht zu erwarten, daß dies in Zukunft gelingt.“
[…]
„Der Kontrast zwischen den wohlfeil klingenden Beschwichtigungen des BKA-Präsidenten im Innenausschuß und den vorgefundenen technischen Realitäten könnte kaum größer sein“, kommentierte ein CCC-Sprecher. „Das DigiTask-Trojaner-Modell 2010 entspricht wie seine Vorgängervarianten in keiner Weise dem Stand der Technik und enthält weiterhin die grundgesetzbrechende Funktion zum Nachladen beliebiger Erweiterungen. Es ist ein ‚multifunktionaler Rohling‘ in einem ganz anderen Sinne.“
(Quelle: CCC – „Chaos Computer Club analysiert aktuelle Version des Staatstrojaners“)
Es fällt mir schwer, hier aus der Presseerklärung wesentlicher heraus tzu Filtern, deswegen sollte man die Zitate eher als Schlagworte sehen und sich die Erklärung komplett durchlesen!
Was ich heraus stellen will sind die Forderungen in der Pressemitteilung:
Der CCC fordert daher:
- Kein weiterer Einsatz von Trojanern in strafprozessualen Ermittlungen,
- Sofortige Offenlegung der Quellcodes und aller Prüfprotokolle über vergangene Einsätze von Trojanern durch deutsche Ermittlungsbehörden,
- Zukünftige automatische Offenlegung von Quellcode, Binary und Protokollen des Trojaners nach jedem Einsatz.
- Bei einer staatlichen Infiltration eines Rechners muß unwiderruflich die Möglichkeit erlöschen, Daten von der Festplatte des infiltrierten Systems gerichtlich zu verwerten.
(Quelle: CCC – „Chaos Computer Club analysiert aktuelle Version des Staatstrojaners“)
Dem ist eigentlich nichts mehr hinzu zu fügen, außer das man die Lügner und Verfassungsbrecher aus Ihren Ämtern jagen müsste!
Viele Äußerungen aus Politik und Verwaltung, die den Staatstrojaner rechtfertigen und verteidigen, sind unwahr. Der Chaos Computer Club (CCC) hat sich mit einer aktuellen Version des Staatstrojaners befasst und bleibt bei seinen Vorwürfen. Auch die neueren Versionen der Software widersprechen geltendem Recht.
[…]
In der Politik, die diese Fragen nun mit Bezug auf praktische Konsequenzen zu diskutieren hat, bleibt man gezwungen pragmatisch: „Wir können ausschließen, dass wir einen Trojaner angewendet haben, der nicht den rechtlichen Bestimmungen entspricht“, gab Ole Schröder, parlamentarischer Staatssekretär des Innenministeriums vergangene Woche im Bundestag zu Protokoll.
Solch eine Aussage kann per Definition nicht stimmen – nicht, weil der Politiker sich auch in einer Verteidigungshaltung befindet, die die Wahrheit flexibel macht, sondern, weil die Aussage zwei Negationen enthält, die sich nicht beweisen lassen.
(Quelle: FAZ – „Der Computer steht offen wie ein Scheunentor“)
Digitask dementiert
[…]
Ein Sprecher der Firma Digitask sagte, er könne noch nicht beurteilen, ob die vom CCC analysierte Software tatsächlich von Digitask stamme. Generell liefere das Unternehmen das, was die Behörden auf der Grundlage geltender Gesetze bestellen. Für den konkreten Einsatz der Software seien die Behörden selbst verantwortlich.
(Quelle: TAZ – „_0zapftis 2.0 ist auch illegal“)
Und zu guter Letzt noch dies hier:
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Gespräch
„Wir sollten nach der Ohrfeige einen Schritt zurücktreten“Kurz: Frau Leutheusser-Schnarrenberger, vor drei Wochen haben wir den Staatstrojaner enttarnt. […]
Leutheusser-Schnarrenberger: Wir stehen am Anfang der Befassung. Einfach zu sagen, was schert uns ein Landgerichtsurteil, und austesten, wie weit man gehen kann – das geht nicht.
Rieger: Es geht um die Nachladefunktion, die ja noch extra getarnt wurde. Entweder war da jemandem bewusst, dass er etwas Unrechtes tut, oder es war seine Aufgabe, das stärker zu verbergen. […]
Anmerkung:
Ich habe von dem Artikel über das Gespräch mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger absichtlich nur ein Fragment einer Bemerkung von Constanze Kurz (CCC) mit einer Antwort von Ihr eingestellt, sowie das Fragment einer weiteren Frage/Bemerkung von Frank Rieger (CCC) eingestellt. Wie gerade auf die zweite Bemerkung eine Reaktion des Ausweichens und Nichteingehens erfolgt, sollte jeder selbst lesen. Es war ein Gespräch zwischen:
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Bundesjustizministerin)
Constanze Kurz (CCC)
Frank Rieger (CCC)
Reinhard Müller (Politik-Redakteur der FAZ)
Frank Schirrmacher (Mitherausgeber der FAZ)
Zu Leutheusser-Schnarrenberger möchte ich die Kollegen von F!XMBR zitieren:
Man möge mir bitte niemals wieder sagen, die Dame sei liberale Bürgerrechtlerin. Leutheusser-Schnarrenberger hat ihr liberales Bürgerrechtsrückgrat schon vor langer Zeit an der parteipolitischen Garderobe abgegeben.
(Quelle: F!XMBR – #0zapftis — Kein Fehler im System, der Staatstrojaner ist das System“)
Auch bei F!XMBR habe ich diesen Beitrag gefunden:
Erschreckend vor allem, wie sich der „Rechtsstaat“ da einer Firma Ausliefert. Sogar die gesetzlich zwingend geforderte Löschfunktion musste teuer nachgekauft werden (ab Minute 2:20). Ich stelle mir gerade vor, wie man ein Auto kauft und sich dann für 130.000 Euro die Bremsen zusätzlich nachkaufen muss!
Das die Firma „Syborg“ einen Zugriff auf das Überwachungssystem haben ist dabei ein Skandal, führt mich hier zu einem Beitrag vom NDR. In der Sendung „45 Minuten“. In dieser Sendung vom 29.03.2011 wurde über den Internetkrieg berichtet. Über Aushorchung, Angriffe auf Computersysteme, Erpressung und Cyberkriegsvorbereitungen, nicht nur durch den Staat:
(Siehe auch NDR – „45 Min – Angriff aus dem Internet“ [Video)]
Dazu passend dieser Artikel vom NDR: Stuxnet: Der erste echte Cyberwar-Angriff
Und überall hat der Staat irgendwie seine dreckigen Finger mittendrin.
Wie war das nochmal, was Schäuble wegen des Bundesverfassungsgerichtsurteil gesagt hatte, nachdem diese „sein“ Datenspeichergesetz auseinander genommen hatten:
Man kann doch nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen
Nun, die aktuelle Version dieser bürgerrechtsverachtenden Äußerung, sozusagen der „Verfassungsbrecherspruch 2.0“ ist von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU):
„Wenn jemand sagt, das ist von den Gesetzen nicht gedeckt, dann soll er die Gesetze ändern, damit es gedeckt ist.“
(Nein diesmal keine Linkliste. Würde mich nur aggressiv machen.
Wer mehr wissen will folge den Links im Text und schaue sich auch dei Umfangreiche Linkliste bei Farolin Inside -Bundestrojaner-Artikel-Sammlung- an)