Beschneidung: „§ 1631d“

§ 1631d
Beschneidung des männlichen Kindes

(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.
(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.

(Quelle: Gesetzentwurf der Bundesregierung)

So soll das neue Gesetz zur „Rechtssicherheit“ von der Beschneidung männlicher Kinder aussehen. Die Bundesregierung stellt sich damit gegen die von Deutschland ratifizierten Kinderrechtskonventionen. Sie haben das Tor mit dieser Bestimmung weit geöffnet. Im Ansatz 1 wird klar gestellt, das „jedes“ Kind (also auch von Eltern, die darin „nur“ einen ästhetischen Grund sehen) ohne dessen Einwilligung beschnitten werden kann. Im Absatz 2 geht man nun noch einen Schrittweiter. Nach diesem Abschnitt können Beschneidungen, bei denen religiöse Gründe vorgeschoben werden von Hinz und Kunz erfolgen. Diese brauchen dazu „nur“ eine nicht näher ausgeführte besondere Ausbildung. Sie müssen nur „vergleichbar“ befähigt sein. Wie ein „Beschneider“ eine so umfassende medizinische Einschätzung haben kann, wie ein Arzt, also auch bei Komplikationen, die mittelbar durch die Beschneidung entstehen können erlangen kann ist mir schleierhaft. zudem ist es erstaunlich, das dem Gesetzgeber scheinbar männliches Leben in den ersten sechs Monaten weniger Wert ist, als danach.
Ich bezeichne so etwas als Menschenverachtend!
Zudem wird es spannend sein, wenn der/die erste FanatikerIn auf Grund des Verfassungsmäßig verbürgten Gleichbehandlungsgrundsatz die Beschneidung bei einem Mädchen einklagt. Leider wird hier der Machtstreit der Religionsfanatiker auf Kosten der Kinder (erst mal der männlichen) ausgetragen.

Aber der Missbrauch von sogenannten religiösen Riten hat Tradition. Gerade in der Beschneidung bieten die heiligen Bücher von den Christen und den Juden dazu einen schönen Beweis. Extra für den Gemeindevorstand eine Gemeinde, die sich zu der „Union progressiver Juden“ zählen, zitiere ich aus dieser „dubiosen Quelle“ (siehe zu ‚dubiose Quellen‘: „Beschneidungsartikel – Offener Brief in eigener Sache“), der Tora/Thora, bzw. dem christlichen Gegenstück, das „Alten Testament“:

1 Dina aber, Leas Tochter, die sie Jakob geboren hatte, ging heraus, die Töchter des Landes zu sehen. 2 Da die sah Sichem, Hemors Sohn, des Heviters, der des Landes Herr war, nahm er sie und lag bei ihr und schwächte sie. 3 Und sein Herz hing an ihr, und er hatte die Dirne lieb und redete freundlich mit ihr. {~} {~} 4 Und Sichem sprach zu seinem Vater Hemor: Nimm mir das Mägdlein zum Weibe. {~} 5 Und Jakob erfuhr, daß seine Tochter Dina geschändet war; und seine Söhne waren mit dem Vieh auf dem Felde, und Jakob schwieg bis daß sie kamen. 6 Da ging Hemor, Sichems Vater, heraus zu Jakob, mit ihm zu reden. 7 Indes kamen die Söhne Jakobs vom Felde. Und da sie es hörten, verdroß es die Männer, und sie wurden sehr zornig, daß er eine Torheit an Israel begangen und bei Jakobs Tochter gelegen hatte, denn so sollte es nicht sein. 8 Da redete Hemor mit ihnen und sprach: Meines Sohnes Sichem Herz sehnt sich nach eurer Tochter; gebt sie ihm doch zum Weibe. 9 Befreundet euch mit uns; gebt uns eure Töchter und nehmt ihr unsere Töchter 10 und wohnt bei uns. Das Land soll euch offen sein; wohnt und werbet und gewinnet darin. 11 Und Sichem sprach zu ihrem Vater und ihren Brüdern: Laßt uns Gnade bei euch finden; was ihr mir sagt, das will ich euch geben. 12 Fordert nur getrost von mir Morgengabe und Geschenk, ich will’s geben, wie ihr heischt; gebt mir nur die Dirne zum Weibe. 13 Da antworteten Jakobs Söhne dem Sichem und seinem Vater Hemor betrüglich, darum daß ihre Schwester Dina geschändet war, {~} 14 und sprachen zu ihnen: Wir können das nicht tun, daß wir unsere Schwester einem unbeschnittenem Mann geben; denn das wäre uns eine Schande. 15 Doch dann wollen wir euch zu Willen sein, so ihr uns gleich werdet und alles, was männlich unter euch ist, beschnitten werde; 16 dann wollen wir unsere Töchter euch geben und eure Töchter uns nehmen und bei euch wohnen und ein Volk sein. 17 Wo ihr aber nicht darein willigen wollt, euch zu beschneiden, so wollen wir unsere Tochter nehmen und davonziehen. 18 Die Rede gefiel Hemor und seinem Sohn wohl. {~} 19 Und der Jüngling verzog nicht, solches zu tun; denn er hatte Lust zu der Tochter Jakobs. Und er war herrlich gehalten über alle in seines Vaters Hause. 20 Da kamen sie nun, Hemor und sein Sohn Sichem, unter der Stadt Tor und redeten mit den Bürgern der Stadt und sprachen: 21 Diese Leute sind friedsam bei uns und wollen im Lande wohnen und werben; so ist nun das Land weit genug für sie. Wir wollen uns ihre Töchter zu Weibern nehmen und ihnen unser Töchter geben. 22 Aber dann wollen sie uns zu Willen sein, daß sie bei uns wohnen und ein Volk mit uns werden, wo wir alles, was männlich unter uns ist, beschneiden, gleich wie sie beschnitten sind. 23 Ihr Vieh und ihre Güter und alles, was sie haben, wird unser sein, so wir nur ihnen zu Willen werden, daß sie bei uns wohnen. 24 Und sie gehorchten dem Hemor und Sichem, seinem Sohn, alle, die zu seiner Stadt Tor aus und ein gingen, und beschnitten alles, was männlich war, das zu dieser Stadt aus und ein ging. 25 Und am dritten Tage, da sie Schmerzen hatten, nahmen die zwei Söhne Jakobs, Simeon und Levi, der Dina Brüder, ein jeglicher sein Schwert und gingen kühn in die Stadt und erwürgten alles, was männlich war. 26 und erwürgten auch Hemor und seinen Sohn Sichem mit der Schärfe des Schwerts und nahmen ihre Schwester Dina aus dem Hause Sichems und gingen davon. 27 Da kamen die Söhne Jakobs über die erschlagenen und plünderten die Stadt, darum daß sie hatten ihre Schwester geschändet. 28 Und nahmen ihre Schafe, Rinder, Esel und was in der Stadt und auf dem Felde war 29 und alle ihre Habe; alle Kinder und Weiber nahmen sie gefangen, und plünderten alles, was in den Häusern war. 30 Und Jakob sprach zu Simeon und Levi: Ihr habt mir Unglück zugerichtet und mich stinkend gemacht vor den Einwohnern dieses Landes, den Kanaanitern und Pheresitern; und ich bin ein geringer Haufe. Wenn sie sich nun versammeln über mich, so werden sie mich schlagen. Also werde ich vertilgt samt meinem Hause. {~} 31 Sie antworteten aber: Sollten sie denn mit unsrer Schwester wie mit einer Hure handeln?

(Quelle: Genesis 34 nach der Übersetzung „Lutherbibel 1912“; Hervorhebung durch mich)

Hier wird deutlich, dass die „religiöse Beschneidung“ genutzt wurde, um eine komplette männliche Gemeinschaft einer Stadt in einer „dubiosen“ Kollektivschuld zu ermorden. Danach ging man noch weiter und bereicherten sich mit den Gütern der Ermordeten. Die Kinder und weiblichen Bewohner wurden gefangen genommen. Wie es diesen, den Frauen nun geschah, kann man sich aus Beschreibungen dieser Zeit wohl vorstellen, vor allem da die Versklavung zu dieser Epoche noch üblich war.

In diesem Text (dieser „dubiosen Quelle“) offenbart sich, dass religiöse Riten schon immer das sind, was sie auch heute noch sind. Sie sind ein Werkzeug von Funktionären, die mit den Handlungen und dem damit verbundenen psychischen Druck die Macht über die Untertanen (oder soll man besser „religiöse Leibeigene“ sagen?) erhalten wollen.
Bei den Diskussionen um die Missbrauchsfälle in den christlichen Kirchen wurde es ebenso deutlich, wie in dem festhalten einer jüdischen Glaubensgemeinschaft an zwei Versen eines mehrere hundert Seiten umfassenden Buches (bzw. Rolle), das in vielen Beispielen auch andere Wege aufzeichnet. Zudem sagen viele Stellen in der Tora/Thora und dem Alten Testament auf, dass eine Beschneidung wie sie heutzutage vorgenommen wurde nie so mit den Beschreibungen vorgenommen worden sein konnte. Es ist also einfach nur eine glatte Lüge, wenn man bei der heutigen Beschneidung von einer jahrtausendelangen Tradition spricht. Viele Verweise in der Tora/Thora und dem Alten Testament weisen auf eine symbolische Beschneidung, bzw. einer Beschneidung eines kleinen Teils der Vorhaut hin und nicht der (kompletten) Entfernung der selbigen.

Ein Satz in dem Gestz ist bemerkenswert:
„Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.“

Hier ist es spannend, wann das Kindeswohl gefährdet ist. ist es nicht schon gefährdet, wenn man davon ausgehen kann, dass ein bestimmter Prozentsatz der beschnittenen Kinder unter Komplikationen durch die nicht „medizinisch Notwendige“ Beschneidung leiden werden. Achja, die sind ja nach der Erklärung zu dem Gesetz „unbedeutend“!

Die chirurgisch durchgeführte Zirkumzision gilt als „komplikationsarm“ (Schumpe-
lick/Blesse/Mommsen, Kurzlehrbuch Chirurgie, 7. Auflage, 2006, S. 679). Als Komplikati-
onen möglich sind u. a. Nachblutungen, Wundschwellungen sowie Verletzungen der
Glans und der Harnröhre. Komplikationen seien aber „sehr selten und meist unbedeu-
tend“
(Schreiber/Schott/Rascher/Bender, Klin Pädiatr 2009; 221: 409 <411>). Die Häufig-
keit von Komplikationen soll bei etwa zwei Prozent, bei Neugeborenen nur bei 0,2 Prozent
liegen
(Stark/Steffen, Urologe 2003; 42: 1035; ähnlich: Stehr/Schuster/Dietz/Joppich, Klin
Pädiatr 2001; 213: 50 <53>).

(Quelle: Gesetzentwurf der Bundesregierung, Seite 9 „4. Medizinische Risiken und Folgen der Beschneidung“)

Ja was zählt auch ein (bzw. hier 0.2 bis 2% der Opfer) Menschenleben, wenn es um den religiösen Fanatismus geht, egal von welcher Religion!

Und der Bundestag ist dabei, sich zu jämmerlichen Handlangern dieser diktatorischen Gemeinschaften zu machen.

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