Staatstrojaner und die Kompetenzpartei “Die Piraten” (und mehr) *Teil 2*

Ich habe die Piraten des öfteren kritisiert.
Gerade erst in der Art und weise, wie die „öffentlichen“ Vertreter der Partei darauf reagiert haben und zuletzt auch unter anderem wie der Berliner Pirat und Landtagsmitglied Christopher Lauer versucht hat, sich in seinem Blog den Anschein des „jetzt aber“ zu geben.
Nun, da der Beitrag auf seinem Blog als Reaktion des Interviews mit dem Parteivorsitzenden Nerz in der Frankfurter Allgemeinen bezog, sehe ich dieses in meinen Augen schwache „Jetzt aber“ auf seinem Blog als weitere Parteipolitische Äußerung.
Mehr dazu nachzulesen, in meinem vorherigen Artikel zum Thema: Staats- / Land- / Bundestrojaner und die Kompetenzpartei “Die Piraten”

Spannend finde ich immer wieder die Kommentare und die selbe Leier der Funktionäre und Parteimitgliedern bei Zeitungsartikeln und Blogbeiträgen über oder durch ihre Partei. Reflexartig wird immer wieder Meinungsfreiheit und Unschuldsvermutung, die angeblich basisdemokratischen Strukturen usw. hervor geholt. Reicht das nicht, kommt wieder der Vorwurf, das es ein „Piraten-Bashing“ gebe. Und um dies zu Unterstützen sieht man oft, das es die Piratenanhänger selbst sind, die ständig Ihre mitgeführten Lasten, wie Tauss etc. aufführen, um das als Beweis des „Piraten-Bashing“ hinzustellen.
So wird z.B., bei völliger Verkennung das Tauss zugegeben hat, die Bilder gespeichert zu haben, gefordert sein Urteil aufzuheben, da die Beweise ja unter geschoben sein konnten. Die anschließende Diskussion darum wird direkt als Beweis des „Piraten-Bashings“ bewertet.
Noch jämmerlicher ist das „Die sind aber viel Schlimmer“, das eine andere Variante bei Kritiken gegenüber der Partei.

Nun aber mal ein sehr positives Beispiel bei den Piraten!

Der Berliner Landtagsabgeordnete Pavel Mayer hat in der FAZ, bzw. wie ich jetzt lernen konnte, in der FAS einen Kommentar (Feuilleton) geschrieben, den ich persönlich für sehr Lesenswert halte.
Dieser Beitrag setzt sich sehr schön von dem Geblubber seiner Parteigenossen und auch dem Geblubber anderer Parteien ab.

Da sind zum einen die „Kartelle der Angst“, die sich dem Wandel entgegenstemmen. Es sind mehr oder weniger mächtige Interessengruppen, die Angst vor Veränderung haben. Sie glauben, dass ihre bisherigen wirtschaftlichen und politischen Erfolge sie moralisch dazu berechtigen, die Regeln der neuen Welt bestimmen zu können.

(Quelle: Frankfurter Allgemeine – Netzfreiheit „Die Antwort der Piraten“)

Dem kann ich, mit der Ausnahme des Begriffes „neue Welt“ zustimmen, aber es ist auch nicht an den Netzis, die Regeln für das „neue Kommunikationsmedium“ zu erstellen. Schon der Ausdruck „neue Welt“ für eine technische Plattform ist gefährlich und eine Ausgrenzung derjenigen, die das Medium nicht als Realweltersatz benutzen oder auch, aus welchem Grund auch immer nicht nutzen.

Die Piratenpartei in Schweden startete als Gegenreaktion auf Repressionen des dortigen Urheberrechtskartells, die Piratenpartei in Deutschland hat ihren entscheidenden Aufschwung durch die Netzsperrendiskussion erfahren.

(Quelle: Frankfurter Allgemeine – Netzfreiheit „Die Antwort der Piraten“)

Hier wird etwas wesentliches erkannt. In Deutschland war nicht die Urheberfrage der Punkt, der den Piraten einen Hype gegeben hat, sondern eben die Frage nach der Netzfreiheit, bzw. wodurch diese Eingeschränkt werden darf. Und das auch erst, nachdem die Diskussion durch andere Organisationen, wie „AK Zensur“ oder „AK Vorratsdatenspeicherung“ bereits aus dem Fokus des unaussprechlichen gerückt worden ist. Dies sollten die Piraten nicht vergessen!

Die Konservativen im Land werden die gefährlichsten Gegner der Piraten, denn sie sind bemerkenswert handlungsfähig. Drei Tage, nachdem in Fukushima die Meiler explodiert waren, stritten grüne und linke Kräfte noch über Strategien und Demonstrationstermine, während die Konservativen bereits die kurz zuvor in ihrer Laufzeit noch verlängerten Altkraftwerke reihenweise herunterfuhren – eine beeindruckende Demonstration von politischem Gespür und Machtinstinkt.

(Quelle: Frankfurter Allgemeine – Netzfreiheit „Die Antwort der Piraten“)

Das die Regierung diesen Schritt gemacht hat und dies von der Energiewirtschaft relativ unerwidert akzeptiert wurde hatte nichts mit politischem Gespür zu tun. Es war der reine Machterhaltungstrieb der Regierungspartei und der Unternehmen, die genau wissen, dass gerade existenzbedrohende Situationen unter Umständen nicht kontrollierbar sind. Auch bewerte ich die Aktion etwas anders. Da wurden erst mal AKWs still gelegt, die meiner Meinung nach schon vorher nach gesetzlichem Regeln vom Netz gehört haben. Und machen wir uns nichts vor, die Töne der „Alternativlosigkeit“ zur Atomkraft werden wieder stärker. Und auch die Kritik gegenüber der Opposition ist meiner Meinung nach in dem jetzigen Regierungssystem falsch. Oder besser gefragt, was haben die Piraten anders gemacht, als Außerparlamentarisch agierende Partei? Nichts, eher noch weniger! Ich habe nichts weiter bemerkt, als das die Piraten als Pulk zu den Demonstrationen kam und mit unverhältnismäßig vielen Fahnen eine unerträgliche Dominanz innerhalb eines Bürgerprotestes stellen wollen.

Sie sind mit der Macht ausgestattet, Zwang und Gewalt auszuüben, um dem Recht zur Geltung zu verschaffen. Wie aber können Verantwortliche, die das Recht mit Füßen treten, sich anmaßen zu behaupten, sie würden das Recht schützen? Das Grundgesetz ist kein nach Belieben den Umständen anpassbarer unverbindlicher Leitfaden. Es ist unmittelbar geltendes Recht, und diese Menschen haben nicht nur das Recht gebrochen, sondern auch ihren Amtseid.

(Quelle: Frankfurter Allgemeine – Netzfreiheit „Die Antwort der Piraten“)

Da steht wieder mal die Frage: „Wer kontrolliert die Kontrolleure“?

Sieht man mal von der parteipolitischen Piratenverklärung ab, so ist dieser Kommentar einer der besten, die ich im bisher gelesen habe. Hier habe ich nur einige wenige Zitate herausgegriffen und auch im Blick auf die Piratenverklärung kommentiert, was nichts von dem positiven Gesamttenor des Kommentars abschneiden soll. Ich kann nur empfehlen sich diesen Artikel durchzulesen.

Mir zeigen solche positiven Erlebnisse wieder einmal, das ein personelles Wahlrecht längst überfällig ist. Ich möchte weder die Arschlöscher bei den Grünen, CDU, FDP, SPD oder Linke wählen, noch die Arschlöcher bei den Piraten. Manch ein Mensch, der vielleicht sich wählen lassen würde, wenn er sich nicht einer Partei unterordnen müsste, wäre auch für mich eine Wahloption. Solch ein Wahlverfahren würde auch die Macht der Parteien mindern und vor allem den rechtswidrigen Fraktionszwang einen nicht unerheblichen Riegel vorschieben!

Mir scheint, das ich heute nicht mehr nachkomme. Als „Freizeitblogger“ ist natürlich für mich die Arbeit ein Hindernis, immer aktuell und allezeit schreiben zu können.
So gibt es inzwischen einen weiteren sehr guten Artikel bei der FAZ.
Frank Rieger vom Chaos Computer Club hat ein Replik, also eine Erwiderung zu den Äußerungen des „Verfassungsbruchminister“ Hans-Peter Friedrich geschrieben.
Wie derzeit sehr viele Artikel zu dem Thema Staatstrojaner und Staatsverbrechen in der FAZ.

Es war ein jämmerliches Schauspiel, das die Innenminister von Bund und Ländern in der vergangenen Woche boten, als sie versuchten herauszubekommen, was eigentlich in Sachen Staatstrojaner in ihrem eigenen Beritt passiert war. Konfusion und Ahnungslosigkeit der Amtsinhaber bescherten der staunenden Öffentlichkeit einen bunten Reigen von sich widersprechenden, inhaltlich fragwürdigen und korrekturbedürftigen Statements. Statt stringenter transparenter Aufklärung gab es Salamitaktik – nur schnitten die Minister nicht einmal von derselben Salami.
[…]
Implizites Bekenntnis zum Verfassungsbruch

„Ich weiß nicht, welche Software der CCC vorliegen hat, also kann ich nicht beurteilen, was das Programm, das der CCC analysiert hat, kann oder nicht kann“, versuchte der Bundesinnenminister die Frage nach den klaffenden Sicherheitslücken im vom CCC analysierten Trojaner zu parieren.
[…]
Und so ist die Trojaner-Variante, über die der Minister nichts zu wissen vorgibt, seit Samstag, dem 8. Oktober, auf der Webseite des CCC für jedermann herunterladbar – sogar für das Bundesinnenministerium. Der kritische Teil, die Funktion zum Code-Nachladen, war sogar unübersehbar groß gedruckt in der FAS zu besichtigen. Man sollte meinen, die Zeit hätte für die Informationsbeschaffung ausreichen können.

(Quelle: Frankfurter Allgemeine – Hauptsache, wir können überwachen?)

Ganz klar ist, das sich der Chaos Computer Club nicht in die Ecke der Chaoten und Lügner stecken lassen. Auch lassen Sie sich vor keine Parteipolitischen Karren spannen, weder als Freund, noch als Feind. Nur Fakten zählen! Allein diese Zitatfetzen oben sind ein Beispiel der hervorragenden Entgegnung.

Auch die Aussage, das man nicht wusste, was man da habe wird ganz klar widerlegt:

Ein weiteres Bestreiten oder gar die Ausrede, die Behörden hätten nicht um die mögliche Funktionserweiterung ihres digitalen Spions gewusst, war nach den Veröffentlichungen vom Wochenende jedenfalls nicht mehr möglich. Der „Spiegel“ schreibt: „Nur DigiTask ließ die deutschen Fahnder in den Quellcode schauen, jenen Bauplan eines Programms, an dem Profis ablesen können, was genau eine Software tut.“ Damit ist klar, dass die deutschen Behörden zweifelsfrei wissen mussten, was der Trojaner tatsächlich kann.

(Quelle: Frankfurter Allgemeine – Hauptsache, wir können überwachen?)

Wie auch den vorherigen Bericht, ist dieser wirklich lesenswert.


Um die Infos zu dem Thema noch zu erweitern hier noch ein Link zu einer Zusammenstellung der Überwachungsgesetze vom Jahr 1956 bis Heute und das Stimmverhalten der einzelnen Fraktionen.
Und nicht übersehen ganz unten die Analysen zu den Gesetzesabstimmungen!

Eine Reihe der Tabelle möchte ich hier mal in Textform wieder geben:

Zustimmungen zu verfassungswidrigen Gesetzen
CDU/CSU 2 von 4
SPD 3 von 4
FDP 2 von 4
Grüne 2 von 4
Linke 0 von 3 (Die Linke hat „nur“ bei 3 Entscheidungen als Fraktion die Möglichkeit der Stimmabgabe)

Einzig die als Verfassungsfeindlich von den anderen Parteien gescholtene Linke hat nicht einen der Verfassungswidrigen Gesetzen zugestimmt. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Alles im allen eine erschreckende Auflistung.

Links:

– Frankfurter Allgemeine: Netzfreiheit „Die Antwort der Piraten“
– Frankfurter Allgemeine: Hauptsache, wir können überwachen?
– Daten-Speicherung.de: Überwachungsgesetze vom Jahr 1956 bis Heute
– F!XMBR: 0zapftis: Der Zweck heiligt die Mittel

Ältere Links aus andere Artikel

Aus dem Artikel „George Orwell 1984, äh „2.0““:
– CCC: Chaos Computer Club analysiert Staatstrojaner
– CCC: „ANALYSE EINER REGIERUNGS-MALWARE“ Das Script als PDF 186,6 KB)
– F!XMBR: Terrororganisation hackt deutsche Sicherheitssoftware
– F!XMBR: Unwirklich
– Farolin Inside: Und noch ein Sargnagel für die Vita der Regierung
– Farolin Inside: Bundestrojaner-Artikel-Sammlung (Sehr umfangreiche Linksammlung zum aktuellen Thema Bundestrojaner)
– FAZ: Anatomie eines digitalen Ungeziefers
– FAZ: Code ist Gesetz
– FAZ: Der deutsche Staatstrojaner wurde geknackt
– Zeit: CCC enttarnt Bundestrojaner
– Spiegel: Programmierter Verfassungsbruch
– ORF: Schwere Vorwürfe gegen Behörde
– Udo Vetter: Chaos Computer Club enttarnt den Bundestrojaner
– Handelsblatt: Der Staat ist technisch gefährlich inkompetent

Aus den Artikel „Staats- / Land- / Bundestrojaner und die Kompetenzpartei „Die Piraten““:
– F!XMBR: Eine mögliche Pressemitteilung der Piratenpartei Deutschland
– F!XMBR: Offener Brief an Angela Merkel von Hu Jintao, Staatspräsident der Volksrepublik China (eine Satire, die aber auch real sein könnte. Lesen und nachdenken ist angesagt)
– Frankfurter Allgemeine: „Im Gespräch: Sebastian Nerz und Christopher Lauer – Die Überwachung lässt sich nicht sinnvoll begrenzen“
– Christoph Lauer: Zum Bundestrojaner, ein Rant (wegen der Vollständigkeit. Ob lesenswert? Soll jeder selbst entscheiden.)

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2 Antworten auf Staatstrojaner und die Kompetenzpartei “Die Piraten” (und mehr) *Teil 2*

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