Mappus – Co. und „die Unschuldsvermutung“


(Foto: Originalfoto von dpa, überarbeitet von Gaston)

Ja, der Wirbel um Mappus, aber auch um seinen Trauzeugen und Spezi Dirk Notheis sind jetzt groß. Nun geht’s aber weiter, da sind Stächele der den eindeutig als Verfassungswidrig entstandenen Vertrag mit unterzeichnet hat, sowie Rau -der Staatsminister unter Mappus- auch in den Fokus der Ermittlungen geraten.
Schnell bemühten sich alle, nichts mehr mit Ihm zu tun haben wollen. Das Hauk sich direkt, als bekannter Gegner von Mappus distanzierte, mag nicht verwundern. Das aber Leute wie die Gönner sich nun so undifferenziert distanziert ist doch zu verwundern. Gerade diese sollte als ehemalige Umweltministerin und damit verantwortlich um die immer noch nicht geklärte Frage der Unfallvertuschung bei Baden-Württembergischen AKWs eigentlich ganz ruhig sein.

Nachdem sich nun so viele Spitzenpolitiker der CDU sofort gemeldet hatten und empört waren über den Alleingang, schien man zu merken, dass dies bei den Wählern (und niederen Parteigenossen) nicht gut ankam. Stehen doch für 2013 nicht nur eine Bundestagswahl an, sondern auch die für BW wichtigen Kommunalwahlen. Dieses Jahr gibt es auch noch einige Bürgermeisterwahlen unter anderem auch in Stuttgart, wo ebenfalls nach jahrzehntelanger CDU-Herrschaft ein Machtwechsel im Bürgermeisterbüro anstehen kann. Alles Gründe, die dann doch zur Vorsicht mahnen, in dem Taktischen (wenn auch nicht ehrlichen) Spiel um Macht.
Dann auch noch der Landesparteitag in einer Woche (21.7.2012) in Karlsruhe. Seit der Wahlmisere udn den nicht abflauenden Skandalen bei der Süd-West-CDU hat die Basis an Macht gewonnen und die Filzläuse in den oberen Etagen können nicht mehr so schalten und walten wie sie wollen. Speziell für Hauk ist der Landesparteitag eine Frage ums überleben. Aber auch viele andere Funktionäre werden sich um die Basis neu bemühen müssen. Auch zeichnet sich ja schon ab, mit den Erweiterungen der Ermittlungen auf Stächele und Rau, dass man diesen „Skandal“ nicht auf eine Person innerhalb der CDU isolieren kann.
So verwundert es nicht, das Hauk (vielleicht von seinen PR-Beratern ein geflüstert) auch kurz nach seiner Distanzierung wieder leisere Worte von sich gibt. Unter anderem zwitschert er mit den anderen Heuchlern seiner Partei in den Slogan „es gilt die Unschuldsvermutung“.

CDU-Fraktionschef Peter Hauk warnte Grün-Rot vor einer Vorverurteilung: „Ein Anfangsverdacht ist kein Schuldspruch.“

(Quelle: Südwest Presse – Affäre erreicht Ex-Minister)

Schade das er sich an diesen Grundsatz nicht erinnert, wenn es um Dinge geht, die er bei seinen politischen Gegnern sieht.

Aber ich gebe den Politikern Recht. Es gilt in der deutschen Justiz der Grundsatz der Unschuldsvermutung! Es gibt im deutschen Recht aber auch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerungen.
Und meine Meinung dazu ist, dass Mappus, Notheis. Stächele und Rau hier wie miese kleine Betrüger kriminell gehandelt haben. Das ist aber duie Spitze des Eisberges und manche Wähler erkennen dies inzwischen.
Auch tut man so, als ob erst mit der Machtübernahme der Grünen und SPD im Land der EnBW-Deal kritisch hinterfragt wird. Dies ist aber bei weitem nicht so. Schon mit Bekanntgabe des Ankaufes hagelte Kritik, auch über die horrende Kaufsumme!

Das manche die CDU bis zum Mappus als die Regierungspartei der „sprichwörtlichen Hausfrau“ verklärt, ist mir nicht verständlich. Außer vielleicht, damit man selbst nicht in ein großes Sinnloch fällt. Das selbst Journalisten dieses verklärte Bild den Lesern (und potentiellen Wählern) vermitteln wollen ist bedenklich:

Die Sparsamkeit der schwäbischen Hausfrau ist legendär: Ein wenig spießig, aber verlässlich. So war bislang auch das Image der langjährigen Regierungspartei CDU in Baden-Württemberg, die damit gut zu dem wirtschaftlich erfolgreichen aber politisch eher langweiligen Bundesland zu passen schien.

(Quelle: Mitteldeutsche Zeitung – CDU Baden-Württemberg | Gezockt und verloren)

Das die stellvertretende Chefredakteurin dann noch behauptet, das Mappus dafür gesorgt hat, dass dies nun vorbei sei, vergisst, dass die CDU Baden-Württemberg einfach nur früher mit einer Feudaleinstellung über und gegen jeden Kritiker hinweg gegangen ist. Denken wir daran, wie Öttinger noch selbstherrlich zur Trauerfeier von Filbinger tausende Naziopfer, auch durch Filbingers Richterhand ermordeten vor den Kopf gestoßen hat, in dem er Filbinger nicht nur von „Makel“ des Nationalsozialisten frei reden wollte, nein diesen sogar noch zu einem Nazi-Gegner hochstilisieren wollte. So sieht die „schwäbische Hausfrau“ bei der CDU-Führung als.
Auch wird übersehen, das mit der „nachträglichen“ Zustimmung des EnBW-Deals durch die Mehrheit der Regierungspolitiker (darunter auch Hauk und viele andere immer noch im Landtag sitzenden Politikern!) sich diese Mitschuldig gemacht haben. Das SPD und Grüne das Parlament vor der Abstimmung verlassen haben, macht diese auch zu passiven Tätern!

Das man auf Grund der Geschichte vermuten kann, dass die CDU Baden-Württemberg nach dem Krieg das Auffangbecken für die alten Seilschaften ist, muss ich vermuten, nachdem ich den Krimi von Gunter Haug „Pumpensumpf“ gelesen hatte.
Aufmerksam auf diesen Krimi bin ich eigentlich nur durch die Ausladung des Autors bei den Buchwochen geworden und der Gerichtsverhandlung um die Verträge des Autors mit dem „Masken-Verlag“ vor dem LG Heilbronn.
Der Krimi, in dem es Vordergründig um die Baustelle S21 geht, handelt eigentlich um die lange Linie der Verstrickungen der Politik mit der Wirtschaft.
Erst ganz zum Schluss kommt der Autor auf einen Punkt, der die ganze Misere geschichtlich aufzeigt. Die beiden Kommissare, die in Ihrer Freizeit und entgegen dem Willen der Landesregierung ermitteln stoßen auf ganz alte Zeitungsartikel im Internet.
Dieser Teil des Krimis ist keine Fiktion, sondern Realität. Es geht um den „Bürkle-Skandal“ kurz nach dem Krieg. In den 50ern hat (offiziell) Schlamperei und Unachtsamkeit dazu geführt, dass dem Bauunternehmer Bürkle Millionen aus der städtischen Girokasse (Vorgänger der Stadtsparkasse) als Darlehen gegeben wurde. Insgesamt 8 Millionen. Für damalige Verhältnisse durchaus in einer höheren Größenordnung, wie beim EnBW-Deal. Aus dem bankrotten betrieb konnte die Girokasse noch 2 Millionen zurück erlangen. Die restlichen 6 Millionen waren verloren.
Das pikante nun, dass die Verantwortlichen damals, unter anderem Oberbürgermeister Dr. Klett, Stadtkämmerer Hirn und die beiden Stadträte Schmid und Wachmeier zwar auf Grund eines Amnestiegesetzes nicht Strafrechtlich belangt werden konnten. Aber bei einer ersten Klage, bei der 400.000,– DM eingeklagt wurden, bekam die Girokasse, vertreten durch den Aufsichtsrat recht.
Das war wohl ein Unfall gewesen, der nicht dazu diente, die Politiker rein zu waschen. Statt das nun die restlichen 5,6 Millionen ebenfalls eingeklagt wurden, schien man noch nicht mal ein Interesse an den gewonnenen 400.00 DM zu haben. Zwar wurden nach und nach knapp 85.000 DM auf einem Sonderkonto eingezahlt, dann war es das auch schon. Auch die Stadt hat die vorgestreckten Kosten für die Verhandlung nie bei den Verklagten zurück verlangt.
Das wäre Aufgabe des Regierungspräsidenten Dr. Schöneck gewesen. Aber der handelte nicht. Warum auch, der saß nämlich mit seinem Arsch inzwischen auf einem Grundstück, das die Stadt für ein Kinderheim gekauft hatte und dem RP für gut die Hälfte des normalen Grundstückpreises dieser Zeit überlassen hat. Das Dr. Schöneck dann noch, statt wie alle anderen nicht „nur“ ein einstöckiges Haus sondern ein mehrstöckiges Haus bauen durfte überraschte nicht nur die Nachbarn des neuen Anwohners.
Nicht nur das, eben auch jener Dr. Schöneck brachte ein Papier in den Rat der Stadt, dass die ganze Bürkle-Geschichte entgültig abschließen sollte, inkl. Verzicht der Schadensersatzzahlungen.
Ich verweise bei dieser Geschichte auf die Archivquellen diverser Zeitschriften, allen voran, der damals noch kritische „Spiegel“. Links dazu weiter unten.
Das waren die Anfänge des Selbstbedienungslandes Baden-Württemberg gestützt durch die CDU und die damalige SPD hat sich auch nicht Lumpen lassen, zumindest auf städtischer Ebene. Erst durch den städtischen Mehrheitsverlust der SPD waren sie von den Mauscheleien von Stadt und Land abgeschnitten. Damit begann nun endgültig das feudale Machtgehabe der CDU im Machtzentrum Stuttgart, auf allen Ebenen.

Ähnlich wie diese Süd-West-CDU handelten in Deutschland eigentlich nur die CSU, die inzwischen auch Ihre Felle wegschwimmen sieht. Deutlich zu sehen an den immer panischeren Reaktionen Ihres Häuptlings Seehofer.

Auch möchte ich dies nicht als ein Problem einzig der CDU/CSU im Süden sehen. Neben dem Bürkle-Skandal, der durchaus auch als SPD-Skandal zu sehen ist, vergessen wir nicht, das z.B. die SPD fast ähnlich in Ihrer ehemaligen Hochburg NRW und beide Parteien wechselseitig in Niedersachsen so gegen die Interessen der Bürger gehandelt haben und handeln. Als die SPD-Hochburg NRW gefallen war und die CDU/CSU im Süden immer noch fest im Sattel saß, hat diese dann endgültig jedes Maß, selbst nach außen verlieren lassen.

Es ist Richtig, es gilt die „Unschuldsvermutung“ und ich hoffe das sich das Gericht daran hält. Das Heißt, ich glaube sogar daran, da die alten CDU-Strukturen noch nicht gebrochen sind. Deswegen ist die Justiz auch unabhängig, bzw. soll es sein. Ich unterstehe diesem Grundsatz nicht und kann für mich meine Meinung propagieren, das Mappus & Co in meinen Augen miese kleine Verbrecher sind.

Links:

– Südwest Presse: Affäre erreicht Ex-Minister

– Gehirnsturm: Gunter Haug heute vor dem LG Heilbronn
– Gehirnsturm: Verfassungsbrecher Willi Stächele tritt als Landtagspräsident zurück
– Gehirnsturm: Volksvertreter? Für’n Arsch! – Die wahren Beweggründe der CDU-Spitzen in Baden-Württemberg
– Gehirnsturm: Hey Mappus: Wenn der eigene Wortschatz nichts hergibt …
– Gehirnsturm: Mappus extra: Wer nicht mehr mit Lügen und Rechtsbeugung weiter kommt, fängt an zu jammern!
– Gehirnsturm: Merkel, Mappus, Gönner und Röttgen glaubt Ihr wirklich, dass das ganze Volk so blöd ist?

Spezial (zum Bürkle-Skandal aus den 50er Jahren):
– Spiegel: BÜRKLE-SKANDAL | Geld und Sühne
– Spiegel: KLETT | Echt Orientalisch
– Spiegel: KREDITSKANDAL | Ins Grab genommen
– Spiegel: KLETT | Der Motor mit Humor
– Spiegel: RÜCKSPIEGEL | Der SPIEGEL berichtete …
– Zeit Online: Tragödie eines Vorbestraften
– Wikipedia: Willy Bürkle

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Mappus – Co. und „die Unschuldsvermutung“

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