Wulff und Hintze: Wenn man „Tatsachen“ so verbiegt, das man schon wieder eine Lüge vermuten kann!

Bananenrepublik ¹

Ich habe keinen Fernseher und jeden Tag bekomme ich bestätigt, das ich nichts verpasse.
So auch jetzt.
In den Zeitungen machte die Meldung die Runde, das Wulff als Ministerpräsident von Niedersachsen eine Aktennotiz zu der Bürgschaft für die Filmfirma von Groenewolds extra auf seine Befangenheit hingewiesen habe.
Da ich mich da gerne eines besseren belehren lasse habe ich mir dieses ARD-Format mal nachträglich angetan (ich schreibe bewusst „angetan“). Und richtig, Hintze berichtet über diesen Umstand. Er ist da sehr genau und ich bin nicht weniger genau und habe mir die Mühe gemacht, diesen Text nieder zu schreiben:

Ich wollte zwei Informationen einmal geben.
Vorweg muss ich mal meiner Seele Luft machen. Ich finde es sehr Schade, wie mit Unterstellung ein Mensch herabgesetzt wird. Mit Behauptungen die zum ersten Falsch sind und zum Teil auch klar widerlegt sind. Ich will zwei Beispiele bringen.
Eben ist gesagt worden Millionenschwere Bürgschaften in seiner Amtszeit. In der Amtszeit von Christian Wulff ist eine Bürgschaft an eine Filmfirma gegangen in Höhe von vier Millionen. Eine Bürgschaftszusage. Wer macht die Bürgschaftszusagen?
Die macht der Wirtschaftsminister des Landes Niedersachsen. Diese Bürgschaftszusage ist der Staatskanzlei Hannover gemeldet worden. Auf der Akte findet sich der Vermerk von Herrn Wulff, das er mit dem Befreundet ist und sich deswegen in der Sache für befangen hält und um besonders gründliche Prüfung bittet.

(Peter Hintze, CDU (Bundestagsabgeordneter seit 1990) in „Günter Jauch“; ARD 12.2.2012)
Hinweis:
Ich habe versucht, die Aussage wortwörtlich nieder zu schreiben. kleine Fehler und fehlende „äh“s oder so bitte ich nachzusehen.

Also, hat Herr Wulff nach Hintze auf der Akte über die Bürgschaftszusage eine Aktennotiz geschrieben.
Nun, wenn die Staatskanzlei eine „Bürgschaftszusage“ gemeldet bekommen hat, ist der Vorgang nach meiner bescheidenen Meinung nach abgeschlossen, sonst würde eine Mitteilung über die „geplante“ Bürgschaftszusage erfolgen. Nur, wenn man es schon mal so genau nimmt.
Aber davon Abgesehen ist das schon interessant und bringt den Vorgang mit Groenewolds in ein ganz anderes Licht!
Da meldet schon am nächsten Tag die Grünen Fraktion von Niedersachsen, dass dieser Umstand für Sie etwas ganz neues ist, trotz Ihrer eingehenden Fragen an die Regierung:

Woher hat Merkel-Intimus Peter Hintze Kenntnis über Unterlagen der Staatskanzlei?
CDU-Politiker zitiert in Talkshow aus im Landtag nicht bekannten Akten

Der Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen Stefan Wenzel hat die Landesregierung zur „umgehenden Information“ darüber aufgefordert, wie der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Hintze in den Besitz von Akten aus der Niedersächsischen Staatskanzlei, die im Zusammenhang mit den Vorwürfen im Fall Wulff stünden, gekommen sei. Der Grünen-Politiker bezieht sich dabei auf die Ausführungen Hintzes in der Talkshow „Günther Jauch“ von gestern (Sonntag) Abend. Hintze hatte in der Live-Sendung einen Aktenvermerk zitiert, mit dem sich der ehemalige Ministerpräsident Christian Wulff zur umstrittenen Bürgschaftsvergabe an den Filmunternehmer Groenewold äußert. Dieser Vorgang sei bislang den Abgeordneten des Landtages nicht bekannt, beziehungsweise mit dem Hinweis, dass keine Akten vorhanden seien, vorenthalten worden, sagte Wenzel am Montag in Hannover.

Der Auftritt des ehemaligen CDU-Generalsekretärs, der gestern als hoch engagierter Wulff-Berater und –Verteidiger zu sehen war, werfe Fragen auf. „Was hat Herr Hintze überhaupt mit dieser Affäre zu tun und wer verschafft ihm den Zugang zu entsprechenden Unterlagen? Wenn der Wulff-Freund über Kenntnisse aus dem so genannten Kernbereich der Willensbildung der Landesregierung verfügt, die dem Landtag bisher verschwiegen wurden, dann haben wir es mit dem nächsten Kapitel im Parteienklüngel der CDU zu tun!“

(Quelle: Grünenfraktion Niedersachsen – Woher hat Merkel-Intimus Peter Hintze Kenntnis über Unterlagen der Staatskanzlei?)

Es scheint also so, das die Staatskanzlei „Hintze“ und Kunz über interne Notizen zu informieren, nur nicht die Vertreter des Souveräns? Will man mit solch einem Verschweigen die politischen Gegner und die Presse auflaufen lassen? Will man versuchen, in wie weit man dem Souverän Rechenschaft geben muss? Ob es reicht einfach zu behaupten, das alles korrekt gelaufen sei oder ob man dies mit klaren Belegen beweisen muss?

Das ist doch recht Merkwürdig. Man fragt sich, was dies soll und warum man damit erst nach der ganzen Diskussion heraus posaunt? Eine Frage, die sich scheinbar nicht nur die Grünenfraktion von Niedersachsen fragt, sondern auch die Süddeutsche Zeitung. Diese stellt unter dem Titel „Dokument entlastet Wulff im Fall Groenewold“ fest, das es eine solche Aktennotiz gibt:

„Bitte äußerste Zurückhaltung“: In der Affäre um eine Bürgschaft des Landes Niedersachsen für eine Filmfirma seines Freundes David Groenewold wird Bundespräsident Wulff ein Stück weit entlastet – und zwar durch eine handschriftliche Notiz.
[…]
Auf einem Vermerk „Landesbürgschaften für Unternehmen der Filmbranche“ vom 18. Mai 2009 hatte Wulff als Ministerpräsident in grüner Tinte notiert: „Bei allen Aktivitäten im Zusammenhang mit D. Groenewold bitte äußerste Zurückhaltung, um jeglichen Anschein von Nähe zu vermeiden. Hier müsste, wenn überhaupt, genau hingeschaut werden.“

(Quelle: Süddeutsche.de – „Aktennotiz des Bundespräsidenten | Dokument entlastet Wulff im Fall Groenewold“)

Nun, ist es wirklich eine Entlastung, wenn Wulff auf eine Akte im Jahr 2009 eine Bemerkung vornimmt, wo der beanstandete Sachverhalt bereits 2 Jahre vorher vollzogen geworden war?
Und vergleicht man mal diese Aussage, die laut Süddeutsche vorliegt mit den Aussagen von Hintze, so versetzt mich Herr Hinze mit seiner Genauigkeit, die er wiederum von anderen Verlangt recht Merkwürdig vor.

Er sagte bei Jauch:
„Diese Bürgschaftszusage ist der Staatskanzlei Hannover gemeldet worden. Auf der Akte findet sich der Vermerk von Herrn Wulff,“

Laut Süddeutsche handelt es sich aber nicht um eine Akte über die „Bürgschaftszusage“, sondern um eine Akte aus dem Jahr 2009 mit dem Titel:
Landesbürgschaften für Unternehmen der Filmbranche“

Also eine ganz allgemeine Akte und vor allem nicht speziell über die Bürgschaftszusage und erst recht nicht Zeitnah zur Bürgschaft von 2007.

Sagt daraufhin Hintze bei Jauch folgendes zu dieser Aktennotiz:
„Auf der Akte findet sich der Vermerk von Herrn Wulff, das er mit dem Befreundet ist und sich deswegen in der Sache für befangen hält und um besonders gründliche Prüfung bittet.“

Laut Süddeutsche stand auf der Akte 2 Jahre nach der Bürgschaftszusage:
„Bei allen Aktivitäten im Zusammenhang mit D. Groenewold bitte äußerste Zurückhaltung, um jeglichen Anschein von Nähe zu vermeiden. Hier müsste, wenn überhaupt, genau hingeschaut werden.“

Also nichts von Befangen, sondern je nach Lesart. Entweder etwas freundlich gesinnt: das man den Anschein von Nähe vermeiden soll und genau hinschauen sollte, das der Eindruck nicht entsteht oder negativer gesehen macht es so, das man meinen Einfluss da drin nicht sehen kann. So z.B., das die Bürgschaft durch das Wirtschaftsministerium erfolgt (um mal weiter der „negative“ Deutung nach zuhängen).

Richtig bemerkt die FAZ dazu;

Wulff nutzt vielmehr die Medien zur systematischen Irreführung, wie man bei Plasberg erleben konnte. Es ist nicht eben mehr als nur ein „Stück weit“ irrelevant, was Wulff im Jahr 2009 notierte, wenn es um Sachverhalte im Jahr 2007 geht. Nach 2009 gab es keine weitere Bürgschaft des Landes – und die Filmprojekte dieser Firma hatten sich schon im Herbst 2007 erledigt. Zudem ist diese Aktennotiz erstmals am Sonntag über Peter Hintze öffentlich geworden, obwohl es die ersten Nachfragen zu dieser Bürgschaft schon vor mindestens sechs Wochen gegeben hatte.

(Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung – „Wulffs Zeremonienmeister“)

Wie auch immer, für mich bleiben da nur 2 Schlussfolgerungen.
Entweder Hintze wusste, das diese Aktennotiz nicht zur Bürgschaft entstanden ist. Dann hat er die Zuschauer bewusst belogen! oder er wusste es nicht, das diese Aktennotiz zeitlich nichts mit der Bürgschaft zu tun hat, dann wurde er belogen und wurde als Frass, frei nach dem Motto „vielleicht mert es ja keiner“ der „Meute“ zugeworfen.
Im zweiten Fall sollte sich Hintze schnell erklären. Bis dahin kann ich nach dem „Anschein“ nur davon ausgehen, das Herr Hintze (meiner Meinung nach) uns belügen wollte.

Zudem hat der NDR sehr schön aufgezeigt, das dieses scheinbare „geben udn nehmen“ bereits vor der Bürgschaft begann:

Am 7. Juli 2005 spricht Wulff in Berlin vor mehr als 150 Gästen aus der Filmbranche, Anlass ist der Deutsche Filmpreis, Ort die China Lounge, ein Glamour-Treffpunkt. In der Rede Wulffs heißt es: „Es ist eine spannende Zeit, Deutschland befindet sich im Umbruch und das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man bekommt. Die Politik funkt wie Tom Hanks in Apollo 13: Houston, wir haben ein Problem.“
[…]
Einer ist ganz besonders zufrieden: David Groenewold. Nicht nur, dass er zu dem Abend eingeladen hat. Wulff ließ es sich nicht nehmen, Groenewolds Filmfonds „German Film Production“, kurz: GFP, gesondert hervorzuheben: „Wie der Film ‚Das Wunder von Lengede‘ zeigt, haben wir in Niedersachsen gute Erfahrungen mit der German Film Production gemacht. Ich würde es begrüßen, wenn es eine Regelung gäbe, die Investoren Anreize bietet, um Privatkapital zielgerichtet in deutsche Produktionen zu lenken.“
Pikant: Im selben Monat veröffentlichte Groenewold im CDU-Mitgliederheftchen in Niedersachsen zwei GFP-Anzeigen. Kosten: 20.000 Euro.
[…]
Und: Groenewold spendete CDU und Junger Union darüber hinaus noch einmal insgesamt 26.900 Euro.
[…]
Dessen Einsatz ging auch 2006 weiter: Damals stiftete Groenewolds Firma GFP 5.000 Euro für einen Preis für junge Filmemacher, der am Rande des Filmfests in Emden verliehen wurde – der Name lautete sinnigerweise: „GFP-Preis“. Und die Patenschaft übernahm – Christian Wulff.

(Quelle: NDR – Wie Wulff seinem Freund Groenewold half

Bildquelle:
¹ Überarbeitet nach einer Vorlage von Stupidedia

Links:

– ARD: Günther Jauch – Wulff und die Amigos – wenn Politik auf Wirtschaft trifft …! (ARD-Mediathek nur begrenzte Zeit abrufbar)
– Fraktion Grüne Niedersachsen: Woher hat Merkel-Intimus Peter Hintze Kenntnis über Unterlagen der Staatskanzlei?
– Süddeutsche Zeitung: “Aktennotiz des Bundespräsidenten | Dokument entlastet Wulff im Fall Groenewold”
– Frankfurter Allgemeine Zeitung; “Wulffs Zeremonienmeister”
– NDR: Wie Wulff seinem Freund Groenewold half

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– Gehirnsturm: Das “Interview” mit dem “Bürger Wulff”
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