[Update] „Besseres Hannover“ und die Behörden

Ich habe erst die Tage einen Bericht über mutmaßliche Nazis und deren Verteidigung im Allgemeinen und die Beteiligung des Bloggers, Piraten und Anwalts Udo Vetters im speziellen berichtet (siehe hier: Udo Vetter – Neuerdings ein Rechteszene-Anwalt oder doch nur eine “Rampensau”*?).
Ein Kommentator, der sich „Nazis waren Gestern“ nennt hat dann einen interessanten Link zu einem Protokoll über eine Bezirkssitzung des Bezirkes „Hannover Buchholz-Kleefeld“. Dort hatte es, scheinbar unter Organisation der rechtsextremen Gruppe „Besseres Hannover“ einen Fackelzug von etlichen Nazis mit Kapuzenshirts und Masken gegeben. Dabei wurde auch Pyrotechnik abgefeuert, so die offiziellen Angaben. Obwohl dieser „Fackelzug“ scheinbar unter überregionaler Beteiligung organisiert wurde, war dieser Fackelzug nicht Angemeldet. Auf der Tags drauf folgenden Gegendemo wurde beobachtet, wie mutmaßliche Rechte die Gegendemonstranten filmten.
Die Erfassung von Gegenaktivisten und Bürgern, die Flagge gegen Rechts zeigen ist nicht ein Phänomen in Hannover. Auch im Zusammenhang mit dem „Aktionsbüro Mittelrhein“ auch Bad Neuenahr/Ahrweiler sind solche Aktionen, bis hin von der Bedrohung von Nazigegnern bekannt geworden. in Beiden Fällen übernahm der Rechtsanwalt Udo Vetter das Mandat. Im Fall von dem „Aktionsbüro Mittelrhein“ die Verteidigung eines Angeklagten in einem Strafverfahren. Im Fall von „Besseres Hannover“ das Mandat gegen das Verbot der Gruppe.

Der oben erwähnte Kommentator hat wie gesagt einen Link zu einem Protokoll über eine Bezirkssitzung von „Buchholz-Kleefeld“ eingestellt, in der sich die Bezirksvertretung über die „rechte Szene“ und Gewalttaten informieren ließ. Ich fand diesen Teil des Protokolls sehr interessant, so das ich mich entschlossen habe darüber einen eigenen Artikel zu schreiben.
Ein alternativer Titel wäre gewesen:
Hannovers Behörden – Auf dem „rechten Auge“ blind?

Der Kommentator ist bereits auf zwei Stellen in dem Protokoll eingegangen. Dabei spielte er auf einen „tätowierten Rücken von Patick H.“ an. Wie ich inzwischen erfahren habe, soll jener Patrick H. einen Reichsadler auf seinem Rücken tätowiert haben.
Aber zurück zu dem Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 (PDF, 140KB), in dem unter Top 3.2 es um folgendes ging:

A N H Ö R U N G gem. § 35 der Geschäftsordnung des Rates zum THEMA:Rechtsextremistische Aktivitäten im Stadtbezirk Buchholz-Kleefeld
Eingeladen sind: Vertreter/Innen der Polizeidirektion Hannover, des Landesamtes für Verfassungsschutz, Vertretr/Innen von kommunalen Kriminal-Präventionsräten und des Landespräventionsrates Niedersachsen, Verteter/Innen des Niedersächsischen Landtages

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB])

Es umfasst in der PDF die Seiten 5 bis 17 und enthält mehrere Ausführungen von verschiedenen Amtsträgern. Wobei dort wohl am spannendsten die Ausführungen des „Leiter des Fachkommissariats Rechts- und Linksextremismus der Polizeidirektion Hannover“, Herr Locher sein dürften, da seine Einschätzungen als Fachleiter einer der ist, die mit seiner Einschätzung den weiteren Umgang mit entsprechenden Gruppierungen maßgeblich beeinflusst.
Nach einigen einleitenden Worten über die Veränderung in der „Szene“ und das die Strukturen nicht mehr so eindeutig seien, kommt er auf die Gruppe „Besseres Hannover“. Auch hier erst einmal die Eckdaten, dann der erste interessante Absatz, wobei auch das davor interessant ist:

Sechs Angehörige der rechtsextremistischen Szene haben zugleich Erkenntnisse als „Gewalttäter Sport“ Die Gruppierung selbst ist bislang allerdings nicht durch gewalttätige Aktionen in Erscheinung getreten. Gleichwohl sind seit 2009 insgesamt 22 Ermittlungsverfahren gegen unbekannte oder bekannte Täter mit Bezug zur Gruppierung „Besseres Hannover“ eingeleitet worden. Aktuell sind keine Verbindungen zur NPD bekannt.
Herausragende Ereignisse der Vergangenheit waren u. a. die Störung der ‚Mahnwache für Opfer rechter Gewalt‘ am 05.03.2010 am Kantplatz sowie am 11.02.2012 die Störung des Anti-A.C.T.A.-Protestes in der hannoverschen Innenstadt.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB]; Hervorhebung durch meine Wenigkeit)

Aha, es sind noch keine gewalttätigen Aktionen bekannt. Und zwei Sätze später wird dann auf eine Störung der „Mahnwache für Opfer gegen rechte Gewalt“ berichtet.
Nun, man kann das Herausstürmen aus einer Straßenbahn auf die Mahnwache und das Verhindern von einem Zusammenstoß durch das Einschreiten der Polizei als „Störung“ definieren oder auch als eine verhinderte Gewalttat. Woanders liest sich die „Störung“ irgendwie anders:

5. März 2010: Angriff auf eine Mahnwache für die Opfer von rechter Gewalt am Kleefelder Kantplatz. Rund 20 Mitglieder von „Besseres Hannover“ springen zeitgleich aus einer Stadtbahn und gehen auf die Teilnehmer der Mahnwache los. Die Polizei kann Schlimmeres verhindern.

(Quelle: Hannoversche Allgemeine – „Besseres Hannover“ klagt gegen Verbot)

Zu dem Fackelzug heißt es dann von Herrn Locher:

Bei dem am 03.06.2011, dem Vorabend des 3. ‚Tag der Deutschen Zukunft‘ in Braunschweig bzw. Peine, im hannoverschen Stadtteil Kleefeld durchgeführten ‚Fackelzug‘, bei dem Banner mitgeführt und Parolen gerufen worden sein sollen, handelt es sich um eine Aktionsform unter dem Begriff ‚Volkstod-Kampagne‘. Mit ‚Volkstod‘ ist das Aussterben eines Volkes als Volksgemeinschaft gemeint. Die Kampagne wird seit Jahren maßgeblich von Brandenburger Rechtsextremisten geprägt. Bundesweit wurden im vergangenen Jahr 16 derartige Aktionen durchgeführt, davon drei in Niedersachsen. Die Aktivisten treten dabei mit schwarzer Kleidung mit aufgezogener Kapuze und weißer Gesichtsmaske kurzfristig und unangemeldet am Aktionsort auf .
Im Rahmen der polizeilichen Einsatzmaßnahmen in Kleefeld konnten in der näheren Umgebung 14 augenscheinlich der rechten Szene zuzurechnende Personen kontrolliert werden, von denen lediglich eine aus dem hiesigen Zuständigkeitsbereich und dem Umfeld von „Besseres Hannover“ stammte. Die übrigen kamen zum Teil auch aus anderen Bundesländern. Ob „Besseres Hannover“ maßgeblich an der Organisation des Fackelzuges beteiligt war, konnte bislang nicht geklärt werden.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB])

Eine Gruppe von Nazis macht einen nicht genehmigten Aufmarsch. Hantiert mit Feuewerkskörpern und ruft eindeutige Parolen. Diese sind alle gleich Maskiert und es passiert nichts wesentliches. Man stelle sich eine ähnliche Situation von sogenannten Linken oder AKW-Gegnern vor? Die vielen illegalen Kessel, auch nach eindeutigen Urteilen, z.B. im Zusammenhang mit den Castortransporten zeigen bei solchen Gruppen ein anderes Bild. Aber wenn bei sogenannten „linken Demos“ schon bei kälterem Wetter ein Schal reicht, um gegen das Vermummungsverbot zu verstoßen, so heißt es von Herrn Locher zu den weißen Masken lapidar:

Das Vermummungsverbot werde nach dem neuen niedersächsischen Verfassungsschutzgesetz etwas lockerer gehandhabt. Verboten seien nur Vermummungen, die eine notwendige Strafverfolgung nicht mehr möglich machen und gezielt dafür eingesetzt werden. Die Grenze dafür gebe der Einsatzleiter der Polizei bei der Versammlung bekannt. Erst wer sich dann widersetze mache sich strafbar.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB])

In dem Geplänkel um den Fackelzug in Stadtteil Kleefeld meinte dann der Bezirksrat Hunze:

Bezirksratsherr Hunze wollte gerne wissen, aus welchen gesellschaftlichen Schichten diese Jugendlichen seien. Ob dies evtl. gefrustete Hartz IV Empfänger seien. Außerdem koste ja ein solcher Extremismus-Tourismus auch Geld.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB])

Die folgende Antwort lässt vermuten, dass der Tonfall und wirkliche Wortlaut dieser Frage (hier ist ja nur ein Protokoll vorhanden) darauf abzielte sogenannte soziale Unterschichten als Täter zu identifizieren. Herr Locher Antwortete darauf nämlich lt. Protokoll:

Herr Lochter konnte nicht bestätigen, dass es sich um sozial Benachteiligte handle. Das sei mehr gemischt. Für größere Demos würden Busse angemietet, für die ein Obolus gezahlt werde, der aber nicht so hoch sei, dass es sich keiner leisten könne. Es seien aber auch Jugendliche aus sogenannten „Besseren Häusern“ dabei. Beim Alter handle es sich überwiegend um Jugendliche. Es sei selten jemand über 30.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB]; Hervorhebung von mir)

Der Bezirksrat Hunze gehört (man könnte schon sagen, wen wunder es) laut Protokoll der CDU an.

Bezirksrat Frau Hagen fragte dann zum Thema Kleefeld und dem Fackelzug, sowie den (angeblich) fehlenden Erkenntnissen der Beteiligung der Gruppe „Besseres Hannover“ folgendes:

Bezirksratsfrau Hagen wollte wissen, wie es sein könne, dass einen Tag später Flyer dieser Organisation in der Straße des Aufmarsches verteilt werden.
Herr Lochter antwortete, dass weder das verteilen der Flyer noch der Ortsteil Kleefeld als Aufmarschgebiet eindeutig zuordenbar sei. Hier könne man nur aus persönlichen Verpflechtungen Rückschlüsse versuchen zu ziehen, mehr aber auch nicht.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB])

Ja klar, alles nur zufällige Einzelfälle. Und man könne aus „persönlichen Verflechtungen“ Rückschlüsse ziehen. Seltsam, bei anderen politischen Richtungen würde dies für einen sofortigen Aufenthalt bei der nächsten Polizeiwache reichen. Vor Jahren hat es auf dem Bahnhof in Hannover ausgereicht, das ich im Umfeld eines falschen Termins (es war 2 Tage vor dem 1.Mai) mit damals noch längeren Haaren umsteigen wollte, um zu dem Genuss einer „interessanten“ Befragung und eineindeutig Drohung von Seiten der Polizei zu gelangen. Hier „kann“ man plötzlich nur aus persönlichen Verflechtungen Rückschlüsse ziehen, „muss“ man aber nicht!
Interessant dabei zum Thema unangemeldete Demonstration und Masken die Bemerkung von Herrn Freter (Dezernatsleiter für
Rechtsextremismus im niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz):

Herr Freter wies darauf hin, dass es keine spontane Aktion gewesen sei, dafür spreche das Video, welches choreographiert und am nächsten Tag ins Internet gestellt worden sei. Dass es private Verbindungen untereinander gebe liege, ohne den Ermittlungsergebnissen vorgreifen zu wollen zumindest nah.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB])

Hier scheint mal wieder die eine Stelle nicht zu wissen, was die andere Stelle weiß. Da mag die ergänzende Bemerkung des Herrn Locher zum Thema Prävention und Ermittlungsarbeit doch eher wie ein Hohn anhören:

Herr Lochter ergänzte, dass auch die Polizei sehr viel präventive Arbeit leiste. Man mache ebenfalls Datenerhebung und gleiche dies mit anderen Behörden ab.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB], Hervorhebung von mir)

Spannend dabei ist noch die Einschätzung des Landesverfassungsschützers Freter auf die Frage, ob die Behörden der Entwicklung hinterher hinken würden:

Bezirksratsfrau Tasyürek fragte, ob die Sicherheitsorgane nicht zur Zeit der Entwicklung hinterher hängen, wenn man die Mordserie und andere Vorkommnisse sehe.

Herr Freter verwies auf einen bald erscheinenden Bericht des Ministers, er könne diesem nicht vorgreifen. Der letzte Mord sei 2007 geschehen und die Gruppierung „Besseres Hannover“ sei erst danach entstanden. Die Geschichte der NSU wäre sehr speziell und warum beispielsweise diese Taten zu keiner Zeit als rechtsextremistisch eingestuft worden waren wird zur Zeit ja noch weiter untersucht. Aber nicht nur die Sicherheitsorgane hätten hier ihre Schlussfolgerungen ziehen können oder müssen, sondern auch die Zivilgesellschaft oder die Presse. Es sei irgend etwas an der Wahrnehmung nicht richtig gewesen. Jeder habe gedacht es gebe keinen Rechtsterrorismus. Es habe auch nicht wie beim Linksextremismus Bekennerschreiben gegeben. Niedersachsen spiele aber in puncto
Rechtsterrorismus eine Randrolle.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB], Hervorhebung von mir)

Nochmal zum Genießen:
Niedersachsen spiele aber in puncto Rechtsterrorismus eine Randrolle.

Ja, weil Rechtsterrorismus gibt es ja nicht, bis es nicht mehr zu leugnen ist, siehe eben NSU. Die wirkliche Gefahr kommt natürlich von den Muslimen, die sind ja alle mehr oder weniger Terroristen, vor allem wenn Sie einen Turban und einen Bart tragen. Und die ganzen linken Terroristen, die sich immer noch in speziellen Trainingscamps ausbilden lassen.

Die Frage war, ob man der Entwicklung hinterher hängt, wenn man die Mordserie und andere Vorkommnisse sehe. Die Antwort bezieht sich aber nur auf die Mordserie. Alles andere wird einfach mal wieder ausgeblendet.
Da passen solche Beobachtungen natürlich nicht mit rein:

Bezirksratsherr Plotzki interessierten nicht die 13 Terrabyte Daten, die von 2007 auszuwerten sind, sondern das was momentan im Stadtbezirk passiere. Wenn auf der Homepage von „Besseres Hannover“ ein Döner symbolisch gesprengt werde, oder eine Organisation androhe, dass man ab August hier nicht mehr sicher leben könne, dann münde so etwas in eine terroristische Vereinigung. Aus seiner Sicht braue sich etwas zusammen.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB])

Aber die Lösung durch die Behörden ist auch schon da:

Herr Freter sagte, dass es ja primäres Ziel der rechten Organisationen sei Propaganda zu machen. „Besseres Hannover“ habe sich dafür gefeiert auf Seite 1 einer Tageszeitung gekommen zu sein.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB])

Aber man verharmlost ja nichts und nimmt alles sehr ernst!

Anschließend referieren mehrere verschiedenen Vertreter von Behörden und Organisationen über die Prävention gegen rechte Gewalt. Es lohnt sich das Ganze mal in ruhe durch zu lesen, ich möchte hier jetzt nicht darauf eingehen, nur noch auf folgende Ausführungen von Herr Aram Ali Mitglied im „Bündnis gegen Rechts“ eingehen. Er sagt zum Thema „Besseres Hannover“ und dem Stadtteil Kleefeld folgendes:

Besseres Hannover
Diese Initiative, die eine angebliche Schülerzeitung herausgibt, ist ein Bündnis von gewaltbereiten und mehrfach vorbestraften Nazis und ehemaligen Mitgliedern der NPD aus Hannover. So fungierte der ehemalige NPD-Vorsitzende Marc-Oliver M., vorbetraft wegen Sachbeschädigung, als Bindeglied zwischen der NPD und den gewaltbereiten „Autonomen Nationalisten“. Patrick H.¹, ein weiteres Mitglied der Initiative, ist mehrfach vorbestraft wegen Körperverletzung und Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole.
[…]
Anfangs wurden besonders in Kleefeld und Misburg Aufkleber und Plakate verklebt, später wurde zu Nazidemonstrationen mobilisiert, dann wurden linke Schüler- und Studentendemos gestört bzw. angegriffen. Wie Sie bereits mitbekommen haben, hat auch die Nazigruppierung mit anderen Neonazis aus dem Bundesgebiet einen Fackelmarsch durchgeführt und am nächsten Tag mit Flyern die AnwohnerInnen bedroht und MigrantInnen zur Ausreise aufgefordert.
[…]
Kleefeld
In Kleefeld ist diese Gruppierung sehr häufig aufgetreten. Anfangs nur mit Aufklebern und Plakaten, Auftreten auf öffentlichen Plätzen wie am Kantplatz, später mit einem Angriff auf eine antifaschistische Kundgebung und einem Fackelmarsch. Außerdem wurden in den letzten Monaten und Jahren sehr oft Nazigraffiti im Stadtteil gesprüht. Daher bin ich der Überzeugung, dass Kleefeld ein Schwerpunkt der Nazis ist.

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB])

¹ Eben jenem Patrik H., auf den der oben erwähnte Kommentator anspielte.

Ja, erstaunlich, dass ein Bündnis da scheinbar mehr Erkenntnisse hat, als der Fachleiter für Extremismus bei der Polizei und dessen Kollege beim Verfassungsschutz! Oder hat das Bündnis im Gegensatz zu den Behörden den Mut die Augen auf zu machen und ist nicht bereit zu warten, bis selbst die Behörden Übergriffe nicht mehr als „internes Problem mafiöser Strukturen“ hinstellen kann?

Wie gesagt, ich hatte überlegt, diesen Artikel mit dem Titel:
Hannovers Behörden – Auf dem „rechten Auge“ blind?
zu versehen.

Und da haben wir dann den Bogen zu dem vorherigen Artikel, in dem ich mir die Frage gestellt habe, ob Udo Vetter sich nun als „rechter Szeneanwalt“ etablieren möchte oder einfach nur Opportunist, eine Rampensau oder Geldgierig ist?

Anmerkung:
Ich habe hier nun einige male über den unterschiedlichen Umgang von sogenannten Linken und den sogenannten rechten geschrieben und auch von dem unterschiedlichen Umgang von sogenannten rechtem und linken Terrorismus.
Nur damit man mich nicht falsch versteht, für mich bleibt ein Mörder ein Mörder, egal welche Ideologie (sei es politisch oder religiös) er als Alibi für seine Tat her nimmt. Was bleibt ist trotzdem ein doch augenscheinlicher Unterschied von der Behandlung der vermeintlichen Täter und deren Umfeld (von Sympathisanten bis zu den Verteidigern).

Nachtrag #1:
Wie ich im Text erwähnt habe scheint der Bezirksrat Herr Hunze, besorgt darüber gewesen zu sein, dass die „braunen Socken“ (frei nach Volker Pispers) der sozialen Unterschicht entstammen. Als dies aber (leider?) verneint wurde, plagte Ihn eine Weitere Angst:

Bezirksratsherr Hunze knüpfte an seine vorherige Frage an. Es wundere ihn, dass man wohl kaum Erkenntnisse über die Persönlichkeitsstrukturen dieser Leute habe. Wie wolle man denn dann verhindern, dass sie z.B. Erzieher oder Lehrer werden würden?

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB]; Hervorhebung von mir)
Das hatten wir schon mal, Berufsverbote aus ideologischen Gründen! Das dies der falsche Weg ist, hat unsere jüngste Geschichte gezeigt. Aber Betonköpfe gibt es ja immer wieder.

Nachtrag #2:
Schon in meiner Reaktion zu dem Kommentar in meinem vorherigen Artikel habe ich auf die Erkenntnis der Behörden angespielt, dass die sogenannten „Rechten“ nicht mehr optisch zu Erkennen sind. Herr Aram Ali vom „Bündnis gegen Rechts“ führt dies so aus:

Die Jugendszene der Nazis hat sich stark verändert. Deshalb werden z.B. Neonazis beim Flyer verteilen nicht direkt als solche wiedererkannt (Prototyp: Glatze, Springerstiefel, Bomberjacke). Um ihr Image aufzupolieren und sich für andere Jugendsubkulturen zu öffnen, kleiden sich die Nazis immer unauffälliger und versuchen linke Symbole und Kleidungsstücke für sich zu besetzen. Daher nennen sie sich in Anlehnung an den „schwarzen Block“ auch „autonom“. Auch wenn Sie ihren Kleidungsstil ändern, bleibt ihre menschenverachtende Ideologie gleich!

(Quelle: Protokoll der Bezirksversammlung „Buchholz-Kleefeld“ vom 1. März 2012 [PDF, 140KB]; Hervorhebung von mir)

Besonders der letzte Satz ist dabei wichtig und sollte den beiden Fachleitern von Polizei und Verfassungsschutz als Mantra verordnet werden.
Die hier erwähnte „Veränderung“ ist schon sehr alt. Neben den äußeren Erscheinungsformen, wie die Skinhead-Szene oder die Jungs mit den Bomberjacken und Baseball-Schlägern, hatte sich schon direkt nach dem zweiten Weltkrieg ein Rechtsradikalismus mitten in unserer Gesellschaft etabliert. Zuerst mit Hemd und Schlips und nun die neue Generation von rechten Jugendlichen mit den „hippen Attributen“, wie sie von Teilen der sogenannten linken Subkultur schon vor längerem für sich entdeckt wurden. Oft in eigenen (rechten) Labeln nachgeahmt. Deswegen kein neues Phänomen, wie manche meinen, sondern schon viele Jahrzehnte alt.
Udo Lindenberg hat dies bereits vor über 20 Jahren in einem Lied thematisiert, das ich an dieser Stelle nochmals einbetten möchte:


(Ich hatte dieses Lied bereits in meiner Kommentar-Reaktion im vorherigen Artikel mit eingebettet)

Links:

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Mappus und seine Klage auf Löschung von einer Festplatte

Im vorherigen Artikel habe ich kurz das Thema Mappus und die Klage auf Löschung angeschnitten.
Im Zusammenhang von Udo Vetters Artikel auf seinem Blog „lawblog“ habe ich seine (Udo Vetters) völlig daneben liegende Voraussetzung seiner rechtlichen Einschätzung aufgezeigt.
Mappus Klagt gegen das Land Baden-Württemberg auf Löschung der Festplatte, die noch beim Land vorhanden ist. Udo Vetter behauptet in seinem Artikel dagegen, dass die Staatsanwaltschaft die Daten (diese hat sich eine Kopie der Festplatte gezogen) löschen soll, was nicht der Klage von Mappus entspricht.

Nun aber zu der Klage selbst.
Ich mag Mappus nicht und ich persönlich halte Ihn für einen Straftäter. Möglich, dass das Gericht meiner Einschätzung nicht folgt und Mappus in allen Strafanzeigen, die vor Gericht (immerhin die erste Hürde) landen frei sprechen wird. Unabhängig davon bleibt die politische und moralische Schuld. Das Mappus ein (Landes-) Verfassungsbrecher ist, wurde höchstrichterlich ja bereits festgestellt.

Im Blick darauf, dass durch die Inhalte der Festplatte evtl. weitere Klagen (z.B. durch das Land) ausgelöst werden können oder auch weitere Antragsdelikte¹ daraus erwachsen können, ist diese Klage ein legitimes recht von Mappus, unabhängig wie ich diese ganze Geschichte persönlich bewerte (und das ist wahrlich nicht positiv).

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¹ Antragsdelikt
Zur Erläuterung, nicht jede Straftat muss von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden. Es gibt auch sogenannte Antragsdelikte, also Straftaten, die erst durch eine Strafanzeige verfolgt werden müssen. Also frei nach dem Spruch „Wo kein Kläger, da …“. Im Strafrecht hat der Beklagte „jedes“ Recht sich gegen den Vorwurf zu wehren. Von Lügen bis zur Flucht, also dem persönlichen Entzug zu den Ermittlungsbehörden. (Wobei ich den Beweis der Unschuld jetzt mal außen vor lasse)

______________

Mappus kann also versuchen, weitere (falls vorhanden) Straftaten zu verheimlichen. Das ist sein gutes Recht. Ebenso hat er das Recht mit allen legalen Mitteln laufende Ermittlungen zu seinem Gunsten zu beeinflussen, auch mit der Vernichtung von Beweismitteln (wie z.B. durch seine jetzige Klage auf Löschung). Dies kann man z.B. auch mit der Vernichtung der Festplatte bei seinem Amtsabtritt vermuten (wobei hier die Frage ist, ob da statt dessen die Strafbare Handlung der Sachbeschädigung vorliegt). Pech halt, das es diese Kopie der Festplatte (zumindest über einem bestimmten Zeitraum) gab. Dieses „Beweismittel“ ist nun bei der Staatsanwaltschaft. Das kann er nicht mehr verhindern. Der Inhalt dieser Festplatte kann gegen ihn verwendet werden, aber kann auch als Beweis für ihn, also zur Entlastung benutzt werden, wenn der Inhalt das hergibt. Die Staatsanwaltschaft braucht dagegen nicht bei Delikten ermitteln, die eben als sogenannte „Antragsdelikte“ gelten.
Dazu ist die Aussage der Staatsanwaltschaft wichtig, dass sie Erkenntnisse aus der Verwertung der Mails z.B. über Vorgänge zum „schwarzen Donnerstag“ nicht an das Land weitergeben werden von großer Wichtigkeit. Evtl. (also nur eine hypothetische Annahme) ergeben sich aus dem Inhalt der Festplatte Delikte, die die Staatsanwaltschaft auf Antrag nachgehen müsste.
Von daher ist die Klage auch von politischem Interesse.
Mappus behauptet, dass auf einer Sicherungskopie seines Dienstrechners ausschließlich private Dateien zu finden sind. Das bedeutet im Umkehrschluss, das er seit seinem Amtsantritt bis zur Erstellung der Sicherungskopie seinen „Dienstrechner“ ausschließlich privat benutzt hat. Wenn dies stimmt, wirft die ein sehr trübes Licht auf die Arbeitsauffassung des nie von den Bürgern gewählten ehemaligen Ministerpräsidenten Mappus.
Auch ist es noch verwunderlicher, dass dann Mappus und seine Anwälte das Angebot der gemeinsamen Einsicht und Löschung von privaten Dateien abgelehnt haben. Die Festplatte an sich scheint ja Eigentum des Landes zu sein. Somit ist es schon mal (meiner Meinung nach) Rechtens, dass diese die Festplatte in Ihrem Besitz behält.
Das die Landesregierung bei den lückenhaften Unterlagen auch aus dem Zeitraum der Sicherungskopie vermuten kann, dass sich auf dieser Sicherungskopie nicht ausschließlich private Dateien befinden ist für mich ebenfalls nachvollziehbar. Und wenn die Gerichte andere Urteile, bei denen es um elektronische Dateien im Firmenbesitz geht ernst nehmen, dürfte eine Klage auf Löschung der Dateien kein Erfolg haben.

Ob es nun eine letzte Verzweiflungstat von Mappus ist oder es noch weitere Kreise zieht, ist im Bereich der Spekulation zu sehen. Ebenso, ob er und weitere gefährdete Personen auf die alten Seilschaften (z.B. in der Staatsanwaltschaft) im Land hoffen.
Das positive dabei ist, dass die Festplatte offensichtlich sicher aufbewahrt ist und das nun die Gerichte entscheiden.

Ich habe in dem Zusammenhang zu der Klage von Mappus viele Kommentare gelesen. Ich muss sagen, das ich bei vielen merkwürdige Gefühle hatte. Zum Einen bei denen, die der Meinung sind, das Mappus alle Rechte an den Dateien habe, wie auch diejenigen, die Mappus jedes Recht in Bezug auf die Daten absprechen.
Die Daten sind Eigentum des Landes, so meine Meinung. Sie sind nicht Allgemeingut, sprich für eine Öffentlichkeit. Von daher halte ich die „Wikileaks“-Forderungen für Demokratiefeindlich. Das Land hat meiner Meinung nach das Recht die Daten einzusehen und bei offensichtlichen Missbrauch der Positionen von Amtsträgern muss sie juristisch und auch politisch dagegen angehen. Das ist die Aufgabe des Landes in Vertretung des Souveräns, dem Volk.
Den genauen Inhalt der Mails im ganzen gehen mich nichts an. Erst wenn durch politische Intrigen und strafbare Handlungen die Dateien verschwinden würden, sei es beim Land oder „upps“ bei der Staatsanwaltschaft (z.B. nach einer Löschung der landeseigenen Festplatte), dann hoffe ich, dass ein verantwortungsvoller Mitarbeiter (sei es Angestellter, Beamter oder Politiker) eine Kopie davon erstellt hat und diese dann zur Wahrungssicherung der Öffentlichkeit übergibt.
Denn erst wenn die Organe versagen, muss der Souverän reagieren. Bis dahin muss man den Organen die Möglichkeit lassen, sich korrekt in ihrem Auftrag zu verhalten.

Das spricht uns nicht von der Notwendigkeit frei unsere Organe kritisch und genau zu beobachten.
Das hat das System Mappus und Vorgänger eindeutig bewiesen.

Wie gesagt, wenn der Richter vergleichbare Situationen und dessen Rechtsprechung ernst nimmt, kann und darf es einer Löschung nicht zustimmen. Ich denke ein besonnener Richter empfiehlt dem Kläger, sich doch das Angebot des Landes zu überlegen, die Festplatte gemeinsam durch zusehen. Im härtesten Fall wird das Gericht Datei für Datei durchgehen müssen und dann Datei für Datei entscheiden. Einen Freifahrtschein für eine komplette Löschung einer Sicherung von einem „Dienstrechner“ wird das Gericht nicht zustimmen können. Ich vermute sowieso, dass die gerichtliche Auseinandersetzung in die nächste Instanz gehen wird, egal wie das Urteil aussieht. Vermutlich ist das hier eine einfache Verzögerungstaktik. Evtl. sogar „nur“ wegen der im Jahr 2013 bevorstehenden Bundestagswahl. Und eine solche Vertuschungs- und Verzögerungspolitik würde auch zu einem, nach eigener Aussage „Mitglied in der Partei Helmut Kohls“-Menschen Mappus passen.
In Baden-Württemberg ist der Zug für die CDU schon längst abgefahren und da würde ein offener Neubeginn eher positiv aufgenommen werden.

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Udo Vetter – Neuerdings ein Rechteszene-Anwalt oder doch nur eine „Rampensau“*?

* Rampensau
Im Theater, bzw. auf „Livebühnen“ nennt man so Schauspieler oder Darsteller (z.B. auch Musiker, Comedians, …), die immer bemüht sind ihre Person in den Vordergrund zu stellen. So z.B. der Fall einer Schauspielerin, die sich mal geweigert hat mit dem Rücken zum Publikum zu spielen, obwohl dies das Stück erforderte. Ich ahbe extra mal ein etwas harmloseres (und anonymes) Beispiel genommen.

Ich bin schon etwas verwundert.
Udo Vetter war mir bisher bekannt als praktizierender Anwalt in Düsseldorf, der seinen Schwerpunkt stark in rechtlichen Kommentaren in seinem Blog und Vorträgen, sowie Lehrvorträgen verschoben hat. Eigentlich, bis auf einige Blogbeiträgen ging das Leben von Udo Vetter an mir vorüber.
Dann stieß ich eigentlich nur per Zufall auf die Kooperation mit der Rechtschutzversicherung „ARAG“. Gestolpert bin ich darüber bei dem Besuch eines Beitrages über „Kindesmisshandlungen“ und der „juristischen“ Erläuterung, das der Besitz von entsp. Bildmaterial nichts mit der Misshandlung als solches zu tun hat (Mein recht erzürnter Artikel dazu: Udo Vetter zur Rechtslage bei “Kindermissbrauch”). Schon solche „juristischen“ Beiträge und die „Kooperation“ mit der „ARAG“, die ich persönlich (Achtung, freie Meinungsäußerung) für eine verdeckte Werbevereinbarung halte (siehe dazu: Erster “Gastbeitrag” auf der Seite von Udo Vetter vom “Kooperationspartner” ARAG).

Mappus
Das nächste, über das ich Stolperte war ein Artikel über die Klage von Mappus zur löschung der von ihm vergessenen Sicherungskopie seiner Festplatte.
In dem Artikel von Udo Vetter („Mappus wird baden gehen„) über die klage hat er sich darin verrannt, dass die Staatsanwaltschaft ein Beweis auch verwerten kann, wenn diese nicht rechtens bestehen. Ja, der Anwalt, der für mehr Rechte von Privatpersonen, z.B. auch in der Beweissicherung eintritt ist diesmal sogar richtig Froh darüber:

Wenn die Staatskanzlei des früheren Ministerpräsidenten schlampte und nicht dafür sorgte, dass bei einer Computerreparatur von einer Firma erstellte Sicherungskopien wieder gelöscht wurden, ist dies zwar ein schlechtes Zeichen für den staatlichen Datenschutz. Der Fehler von Regierungsmitarbeitern ändert aber nichts daran, dass die Sicherungskopien vollwertige Beweismittel für die Strafverfolger sind.
[…]
Ein Staatsanwalt haftet nur für eigene (Grund-)Rechtsverstöße. Von juristischen Fehlern Dritter darf er normalerweise bedenkenlos profitieren. Wenn Mappus jammert, eigentlich dürfte es die Daten gar nicht geben, ist das juristisch also ohne jede Substanz.
[..]
Ebenso sein Hinweis, es handele sich auch um private Daten. So what? Bei jeder Hausdurchsuchung sackt die Polizei alle Datenträger ein.

(Quelle: lawblog – Mappus wird baden gehen)

Mal abgesehen davon, das ich es befremdlich finde, dass ein Anwalt seine Meinung zu „Beweissicherungen“ nach seiner persönlichen Sympathie (bezw. hier wohl Antipathie) wechselt, wie andere ihre Hemden, ist der gesamte Artikel am Thema vorbei. Hätte sich Udo Vetter die mühe gemacht, vorher zu begreifen, was die Klage von Mappus ist, hätte er sich diesen peinlichen Artikel komplett sparen können (mal von den zwei oder drei Sätzen über Datenschutz vielleicht mal abgesehen). Mappus, bzw. seine Anwälte haben (wohlweislich) nicht gegen die „Kopie“ der aufgetauchten Festplatte bei der Staatsanwaltschaft geklagt (vielleicht hofft er da auf die alten Seilschaften), sondern gegen das Land auf Löschung der Sicherungskopie, die noch in der Staatskanzlei (oder inzwischen sonst wo in einer der Landesbehörden) liegt. Hier ist Ihm vermutlich die Antipathie zu diesem Politiker (die ich auch habe) durchgegangen. Das er trotz mehrere Hinweise auf seinem Fehler in seinem Artikel diesen immer noch ohne eine Anmerkung oder Richtigstellung stehen lässt, ist für jemanden, der sich des öffteren in „juristische Einschätzungen“ begibt meiner Meinung nach auch nicht gerade Vertrauenswürdig.
Anmerkung:
Wenn die Klage nicht in Baden-Württemberg bearbeitet würde, würde ich auch sagen, dass die Klage gegen das Land keinen Erfolg hat. Vor allem, da das Land ja Mappus angeboten hat, die Fastplatte mit ihm zu sichten und wirklich „Privates“ zu löschen. So aber sehe ich die Klage mit Spannung entgegen und hoffe, das die Richter unabhängiger von dem alten Filz sind, als so mancher Staatsanwalt des Landes.

Die „Rechte Szene“
Über einen Artikel zur Klage der rechten Gruppierung „Besseres Hannover“ gegen Ihr Verbot kam ich wieder auf Udo Vetter. Diese Vereinigung klagt gegen das verbot. Einer der Anwälte für diese Klage: „Udo Vetter“.
Doch dazu will ich später noch kommen.
Zuerst einmal komme ich auf einen Strafprozess, in dem Udo Vetter auch als Verteidiger beteiligt ist. Es handelt sich um mutmaßliche Mitglieder des „Aktionsbüro Mittelrhein“. Die Rhein-Zeitung schrieb im Live-Ticker-Stil über den ersten Prozesstag gegen die Angeklagten. Dabei verweist sie auf eine Blogbeitrag des beteiligten Anwwalts „Udo Vetter“, der einen „unaufschiebbaren Antrag“ gestellt hatte und sich über die zurückstellung in einer Prozesspause in seinem Blog aufregt:

15.29 Uhr: Unter den Verteidigern der Angeklagten ist auch Udo Vetter, der mit dem „lawblog“ das größte Anwaltsblog Deutschlands betreibt. Er hat die Pause zu einem neuen Beitrag genutzt: Er äußert sich kritisch dazu, wie das Gericht zu Prozessbeginn mit einem „nicht aufschiebbaren“ Antrag eines Anwalts umgegangen ist.

(Quelle: Rhein-Zeitung – Live-Eindrücke: Gereizte Stimmung im Prozess gegen Neonazi-Szene vom „Braunen Haus“)

Unabhängig jetzt von der auch in den Kommentaren kontrovers diskutierten juristischen Bewertung von Vetters „Empörung“ war für mich seine Verteidigung von Angeklagten der rechten Szene interessant.
Dazu will ich etwas ausholten. Im Zuge von politischen Strafverfahren (Stichwort Terrorismus) wurden die Bedingungen für die Strafverteidigung erheblich erschwert. So darf ein Strafverteidiger in der selben Sache nur einen Mandanten verteidigen. Man hatte so versucht die Verteidigungsmöglichkeiten von politisch unliebsammen Menschen zu erschweren. Gerade bei den Prozessen gegen die RAF und weiteren deutschen sogenannten linken Terroristengruppen sahen sich die Strafverteidiger selbst Verfolgungen ausgesetzt. Kaum ein Anwalt, der sich damals nicht selbst irgendwann mal als „Sympathisant“ oder schlimmeres vor dem Richter sah. Auch Anwälte, die aus Überzeugung, das jeder Angeklagte ein Recht auf Verteidigung hat, sahen sich Repressalien ausgesetzt. Ich selbst kenne persönlich Anwälte, die dann selbst vor das Gericht gezerrt wurden, mit den abenteuerlichsten Anschuldigungen. Und vor allem auch Anwälte, denen ich die Zustimmung von Gewalt nicht zutraue, von aktiver Unterstützung von Gewalt mal ganz abgesehen.
Von daher ist das Recht eines jeden auf bestmögliche Verteidigung ein wichtiges Recht, heißt dieser nun Ulrike Meinhof, Mappus, Tauss oder Beate Zschäpe.
Weil es durchaus auch Anwälte gibt, die sich dabei einem Gewissenskonflikt nicht hingeben wollen, verzichten Sie auf eine Tätigkeit als Strafverteidiger. Auch ich bin froh, wegen meines Berufsstandes (ich bin nun mal kein Anwalt) nicht mit solchen Gewissensentscheidungen konfrontiert zu werden. Ich beneide die Anwälte nicht darum.
Aus diesem Aspekt heraus ist die Strafverteidigung eines der Angeklagten des „Aktionsbüro Mittelrhein“ ein wichtiger Beitrag zur Sicherung eines Grundrechtes und würde für mich erst mal keine Frage der Gesinnung des Anwaltes auslösen. Im Fall der 26 Angeklagten im Fall des „Braunen Haus“, der Wohngemeinschaft des „Aktionsbüro Mittelrhein“ in Bad Neuenahr/Ahrweiler gibt es da nur einen bitteren Beigeschmack. Es scheint so, das bei Verteidigungen von Angeklagten der sogenannten rechten Szene die Anwälte keine Repressalien zu befürchten haben. In dem Prozess kommen auf 26 Angeklagten 52 Anwälte.

Zwei Ankläger, 52 Verteidiger
Sie sollen Gegner verprügelt, Beamte observiert und Autos angezündet haben: In Koblenz stehen 26 Rechtsextremisten vor Gericht, weil sie laut Anklage einen Neonazi-Staat errichten wollten. In dem Prozess muss die Justiz zeigen, wie Durchsetzungsfähig sie in einem solch aufwendigen Verfahren ist.

(Quelle: Spiegel Online – Zwei Ankläger, 52 Verteidiger)

Das bedeutet, dass die Mandatsübernahme von Udo Vetter nicht mit dem Grundrecht auf eine Verteidigung zu erklären ist, da sich für die Verteidigung dieser Angeklagten ganz offensichtlich genügend Anwälte gefunden haben. Aber für mich noch immer kein Grund, deswegen die „Gesinnungsfrage“ zu stellen. Hier geht es um Strafrecht, da sollte eben jedem die Möglichkeit der Verteidigung gegeben sein. Ein Twittereintrag drückt aber das „Gefühl“ dabei gut aus:

Strafverteidiger sollten im Beruf genau wie Ärzte nicht über Moral / Unmoral ihrer Kunden urteilen. Anwälte können Mandate aber ablehnen.

(Quelle: Twitter)

Der nächste Eintrag stellt dagegen:

und die Ablehnung des Mandats ist kein Urteil über Moral?

(Selbe Quelle)

Ich behaupte jetzt mal „Nein“. Eine persönliche Entscheidung ist nur dann moralisch nicht zu verantworten, wenn dadurch ein sonst nicht vermeidbarer Schaden entsteht. Ein Arzt, der einen Patienten wegen persönlicher Abneigung nicht behandelt und dieser deswegen von einem Kollegen behandelt wird, hat vielleicht sogar im Sinne des Patienten gehandelt und auch im Eigenschutz. Die Abneigung würde Ihm jeder bei Komplikationen vorhalten. Dies dürfte auch bei einer Verurteilung eines Mandanten bei offensichtlicher Abneigung des Verteidigers ebenfalls der Fall sein. Deswegen werden urteile auch erklärt, damit im Zweifel eben eine offensichtlich fehlende Objektivität oder fehlende Beachtung der Beweislage zur Aufhebung des Urteils führen kann, wie an einem hier später aufgeführten Beispiel bei der Strafkammer Koblenz geschehen ist.

Wie gesagt, das Strafrecht ist da eine Sache für sich und die Verteidigung als „Organ der Rechtspflege“ ein wichtiger Bestandteil.

Dies war also der Fall eins, nun hat Udo Vetter aber auch ein weiteres Mandat übernommen. Dabei geht es diesmal nicht um „Strafrecht“, sondern um die eingangs dieses Abschnittes erwähnte Klage gegen das Verbot der Gruppe „Besseres Hannover“, dessen ehemaligen Mitglieder verschiedener Straftaten bezichtigt werden. Diesmal handelt es sich nicht um ein Strafverfahren, sondern um eine von den Mitgliedern dieser Gruppe eingereichten Klage gegen dieses Verbot. Hier geht es nicht darum, wie in einem Strafverfahren, das man recht dringend einen Rechtsanwalt braucht (z.B. weil man vor seiner Haustüre fest genommen wird und nun auf der Wache sitzt). Es handelt sich um eine Klage, wo der Kläger zu einem Anwalt geht und dieser nicht von jetzt auf gleich agieren muss. Hier kann man sich also schon Fragen, wieso ein Udo Vetter die Klage einer Gruppierung übernimmt, von denen zumindest einige Anhänger als Teil dieser Gruppe gegen die Freiheit und „Grundrechte“ von anderen Menschen gehandelt hat und dies auch mit der Bereitschaft diese Menschen zu Verletzen.

Um gegen das Vereinsverbot anzugehen, hat S. den renommierten Juristen Udo Vetter beauftragt.
[…]
Chronik der Provokationen der Gruppierung „Besseres Hannover“

  • 5. März 2010: Angriff auf eine Mahnwache für die Opfer von rechter Gewalt am Kleefelder Kantplatz. Rund 20 Mitglieder von „Besseres Hannover“ springen zeitgleich aus einer Stadtbahn und gehen auf die Teilnehmer der Mahnwache los. Die Polizei kann Schlimmeres verhindern.
  • 12. Juni 2010: Mitglieder der rechtsradikalen Gruppierung mischen sich […]

(Quelle: Hannoversche Allgemeine – „Besseres Hannover“ klagt gegen Verbot)

Man sollte sich bei Wikipedia überlegen, ob diese Aussage wirklich noch auf Udo Vetter und seinen Zielen mit der Wirklichkeit übereinstimmt:

In seinem Blog und in seinen Vorträgen setzt sich Vetter für den Erhalt der Grundrechte und für eine Stärkung der Rechte von Angeklagten ein. So vertritt er die Auffassung, dass eine illegale Maßnahme in der Strafverfolgung ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen sollte.

(Quelle: Wikipedia – Udo Vetter [Permalink]; Hervorhebung von mir)

Das mit dem „Beweisverwertungsverbot“ habe ich wegen seinem dazu widersprüchlichen Artikel über Mappus auch noch mit zitiert.

Nun, ich kenne Udo Vetter nicht und kann über seine politische Einstellung nichts sagen. Er ist Mitglied der Piratenpartei. Das hat aber nichts zu sagen, da sich innerhalb der Partei auch rechtsextreme Flügel etabliert haben, die auch angebliche Grundsätze der Partei ungestraft mit Füßen treten. In den Kopf von Udo Vetter kann ich sowieso nicht blicken.

Aber das er trotz ausreichender anwaltlicher Vertretungen der Angeklagten in einem Strafprozess gegen Mitglieder einer rechten Vereinigung übernommen hat und auf der anderen Seite an anderer Stelle das Mandat mit einer eigenen Klage für eine rechten Gruppierung werfen schon Fragen nach der Motivation dieser Mandate auf.
ist er nun der rechten Szene wohlgesonnen? Oder ist er einfach nur opportunistisch und nimmt alles mit, womit er sich im Gespräch hält?
ist es das ersteres, dann müsste man viele seiner Äußerungen als verlogen empfinden. Bei der zweiten Vermutung würde so manches was mir aufgefallen ist einen Sinn geben. Als Pirat „Udo Vetter“ biegt man die Äußerungen von Rick Falkvinge bzgl. Kindesmisshandlungen so lange, bis es angeblich nur noch Opfer sind, die passiven Täter (wie ich sie mal bezeichne, die „Besitzer“ von Dateien mit Kindesmisshandlungen). Mappus klagt. Da muss man nicht weiter recherchieren, sondern nur am Thema vorbei einen Artikel schreiben, bei dem man mal eben seine eigenen Grundsätze über Bord wirft. In einer Verhandlung gegen Menschen, die vermutlich die „Grundrechte“ Dritter massiv missachtet haben, regt sich Udo Vetter in einer Prozesspause über die Handlung seines vermeintlichen Gegners, den Richtern auf, ohne ein Wort über den Inhalt des Prozesses und deren Umfang ein Wort darin zu verlieren. Im Gegenteil, schaut man sich berichte von juristisch versierten Prozessbeobachtern an, so zeigen diese ein Bild des Versuchs den Prozess durch Anträge (wie die von Udo Vetter) in die Länge zu ziehen und massiv zu stören. Und zu guter Letzt übernimmt Udo Vetter das Mandat für eine Klage gegen das Verbot einer rechten Gruppierung deren Mitglieder die Grundrechte Dritter ebenfalls massiv missachtet haben.
Zusammen mit der „Kooperationsvereinbarung“ mit der ARAG in der laut Vetter selbst die ARAG „Gastbeiträge“ mit „Nutzwert im Vordergrund“ auf seinem Blog veröffentlichen. Der erste „Gastbeitrag“ war die Veröffentlichung einer Presseerklärung. Dessen Nutzwert für einen Fachblog ist da wohl eher zweifelhaft. Wichtig erschien mir dabei wohl nur das Logo am Anfang, der Link am ende des „Artikels“, sowie durch die vermeintliche Kooperation hinfällige Verweis auf „Werbung“. Von der Darstellung von Udo Vetter auf der ARAG-Seite selbst mal ganz abgesehen.
Oder er will einfach alles Mitnehmen was er kriegen kann (aber das ist ja auch irgendwie Opportunistisch, oder?)

Interessant fände ich es noch im Zusammenhang mit dem Prozess gegen die Mitglieder des „Aktionsbüro Mittelrhein“, womit Udo Vetter begründet, das der Richter „befangen“ ist (sein „unaufschiebbarer Antrag“). Womöglich, weil die selbe Kammer bereits eine rechtsextreme Gruppe verurteilt hatte, dessen Urteil vom BGH kassiert wurde? (das ist das weiter oben erwähnte Beispiel, siehe dazu auch den bericht in Spiegel-Online unter „Links“)
Nun einen Erfolg kann er ja für sich verbuchen. Sein Mandant darf die Prozessakten per eBook (ohne jede Möglichkeit des Internetzuganges) in der Zelle bearbeiten (siehe: lawblog – „Elektro-Post in den Knast“). Auch wenn er dort nicht aufzeigt, für welchen Prozess dies durchgesetzt wurde und bestimmt nicht nur für seinen Mandanten. Ich vemute mal eher, dass sich nun bis zu 26 eBook-reader in deutschen Untersuchungsgefängnissen aufhalten.

Es wird spannend sein, wie sich die Qualität des Blogs von Udo Vetter und seine Mandantschaft noch weiter entwickelt.
oder eben die Frage:
Ein neuer Szene-Anwalt oder eine Rampensau? 😉

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Beschneidung: „§ 1631d“

§ 1631d
Beschneidung des männlichen Kindes

(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.
(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.

(Quelle: Gesetzentwurf der Bundesregierung)

So soll das neue Gesetz zur „Rechtssicherheit“ von der Beschneidung männlicher Kinder aussehen. Die Bundesregierung stellt sich damit gegen die von Deutschland ratifizierten Kinderrechtskonventionen. Sie haben das Tor mit dieser Bestimmung weit geöffnet. Im Ansatz 1 wird klar gestellt, das „jedes“ Kind (also auch von Eltern, die darin „nur“ einen ästhetischen Grund sehen) ohne dessen Einwilligung beschnitten werden kann. Im Absatz 2 geht man nun noch einen Schrittweiter. Nach diesem Abschnitt können Beschneidungen, bei denen religiöse Gründe vorgeschoben werden von Hinz und Kunz erfolgen. Diese brauchen dazu „nur“ eine nicht näher ausgeführte besondere Ausbildung. Sie müssen nur „vergleichbar“ befähigt sein. Wie ein „Beschneider“ eine so umfassende medizinische Einschätzung haben kann, wie ein Arzt, also auch bei Komplikationen, die mittelbar durch die Beschneidung entstehen können erlangen kann ist mir schleierhaft. zudem ist es erstaunlich, das dem Gesetzgeber scheinbar männliches Leben in den ersten sechs Monaten weniger Wert ist, als danach.
Ich bezeichne so etwas als Menschenverachtend!
Zudem wird es spannend sein, wenn der/die erste FanatikerIn auf Grund des Verfassungsmäßig verbürgten Gleichbehandlungsgrundsatz die Beschneidung bei einem Mädchen einklagt. Leider wird hier der Machtstreit der Religionsfanatiker auf Kosten der Kinder (erst mal der männlichen) ausgetragen.

Aber der Missbrauch von sogenannten religiösen Riten hat Tradition. Gerade in der Beschneidung bieten die heiligen Bücher von den Christen und den Juden dazu einen schönen Beweis. Extra für den Gemeindevorstand eine Gemeinde, die sich zu der „Union progressiver Juden“ zählen, zitiere ich aus dieser „dubiosen Quelle“ (siehe zu ‚dubiose Quellen‘: „Beschneidungsartikel – Offener Brief in eigener Sache“), der Tora/Thora, bzw. dem christlichen Gegenstück, das „Alten Testament“:

1 Dina aber, Leas Tochter, die sie Jakob geboren hatte, ging heraus, die Töchter des Landes zu sehen. 2 Da die sah Sichem, Hemors Sohn, des Heviters, der des Landes Herr war, nahm er sie und lag bei ihr und schwächte sie. 3 Und sein Herz hing an ihr, und er hatte die Dirne lieb und redete freundlich mit ihr. {~} {~} 4 Und Sichem sprach zu seinem Vater Hemor: Nimm mir das Mägdlein zum Weibe. {~} 5 Und Jakob erfuhr, daß seine Tochter Dina geschändet war; und seine Söhne waren mit dem Vieh auf dem Felde, und Jakob schwieg bis daß sie kamen. 6 Da ging Hemor, Sichems Vater, heraus zu Jakob, mit ihm zu reden. 7 Indes kamen die Söhne Jakobs vom Felde. Und da sie es hörten, verdroß es die Männer, und sie wurden sehr zornig, daß er eine Torheit an Israel begangen und bei Jakobs Tochter gelegen hatte, denn so sollte es nicht sein. 8 Da redete Hemor mit ihnen und sprach: Meines Sohnes Sichem Herz sehnt sich nach eurer Tochter; gebt sie ihm doch zum Weibe. 9 Befreundet euch mit uns; gebt uns eure Töchter und nehmt ihr unsere Töchter 10 und wohnt bei uns. Das Land soll euch offen sein; wohnt und werbet und gewinnet darin. 11 Und Sichem sprach zu ihrem Vater und ihren Brüdern: Laßt uns Gnade bei euch finden; was ihr mir sagt, das will ich euch geben. 12 Fordert nur getrost von mir Morgengabe und Geschenk, ich will’s geben, wie ihr heischt; gebt mir nur die Dirne zum Weibe. 13 Da antworteten Jakobs Söhne dem Sichem und seinem Vater Hemor betrüglich, darum daß ihre Schwester Dina geschändet war, {~} 14 und sprachen zu ihnen: Wir können das nicht tun, daß wir unsere Schwester einem unbeschnittenem Mann geben; denn das wäre uns eine Schande. 15 Doch dann wollen wir euch zu Willen sein, so ihr uns gleich werdet und alles, was männlich unter euch ist, beschnitten werde; 16 dann wollen wir unsere Töchter euch geben und eure Töchter uns nehmen und bei euch wohnen und ein Volk sein. 17 Wo ihr aber nicht darein willigen wollt, euch zu beschneiden, so wollen wir unsere Tochter nehmen und davonziehen. 18 Die Rede gefiel Hemor und seinem Sohn wohl. {~} 19 Und der Jüngling verzog nicht, solches zu tun; denn er hatte Lust zu der Tochter Jakobs. Und er war herrlich gehalten über alle in seines Vaters Hause. 20 Da kamen sie nun, Hemor und sein Sohn Sichem, unter der Stadt Tor und redeten mit den Bürgern der Stadt und sprachen: 21 Diese Leute sind friedsam bei uns und wollen im Lande wohnen und werben; so ist nun das Land weit genug für sie. Wir wollen uns ihre Töchter zu Weibern nehmen und ihnen unser Töchter geben. 22 Aber dann wollen sie uns zu Willen sein, daß sie bei uns wohnen und ein Volk mit uns werden, wo wir alles, was männlich unter uns ist, beschneiden, gleich wie sie beschnitten sind. 23 Ihr Vieh und ihre Güter und alles, was sie haben, wird unser sein, so wir nur ihnen zu Willen werden, daß sie bei uns wohnen. 24 Und sie gehorchten dem Hemor und Sichem, seinem Sohn, alle, die zu seiner Stadt Tor aus und ein gingen, und beschnitten alles, was männlich war, das zu dieser Stadt aus und ein ging. 25 Und am dritten Tage, da sie Schmerzen hatten, nahmen die zwei Söhne Jakobs, Simeon und Levi, der Dina Brüder, ein jeglicher sein Schwert und gingen kühn in die Stadt und erwürgten alles, was männlich war. 26 und erwürgten auch Hemor und seinen Sohn Sichem mit der Schärfe des Schwerts und nahmen ihre Schwester Dina aus dem Hause Sichems und gingen davon. 27 Da kamen die Söhne Jakobs über die erschlagenen und plünderten die Stadt, darum daß sie hatten ihre Schwester geschändet. 28 Und nahmen ihre Schafe, Rinder, Esel und was in der Stadt und auf dem Felde war 29 und alle ihre Habe; alle Kinder und Weiber nahmen sie gefangen, und plünderten alles, was in den Häusern war. 30 Und Jakob sprach zu Simeon und Levi: Ihr habt mir Unglück zugerichtet und mich stinkend gemacht vor den Einwohnern dieses Landes, den Kanaanitern und Pheresitern; und ich bin ein geringer Haufe. Wenn sie sich nun versammeln über mich, so werden sie mich schlagen. Also werde ich vertilgt samt meinem Hause. {~} 31 Sie antworteten aber: Sollten sie denn mit unsrer Schwester wie mit einer Hure handeln?

(Quelle: Genesis 34 nach der Übersetzung „Lutherbibel 1912“; Hervorhebung durch mich)

Hier wird deutlich, dass die „religiöse Beschneidung“ genutzt wurde, um eine komplette männliche Gemeinschaft einer Stadt in einer „dubiosen“ Kollektivschuld zu ermorden. Danach ging man noch weiter und bereicherten sich mit den Gütern der Ermordeten. Die Kinder und weiblichen Bewohner wurden gefangen genommen. Wie es diesen, den Frauen nun geschah, kann man sich aus Beschreibungen dieser Zeit wohl vorstellen, vor allem da die Versklavung zu dieser Epoche noch üblich war.

In diesem Text (dieser „dubiosen Quelle“) offenbart sich, dass religiöse Riten schon immer das sind, was sie auch heute noch sind. Sie sind ein Werkzeug von Funktionären, die mit den Handlungen und dem damit verbundenen psychischen Druck die Macht über die Untertanen (oder soll man besser „religiöse Leibeigene“ sagen?) erhalten wollen.
Bei den Diskussionen um die Missbrauchsfälle in den christlichen Kirchen wurde es ebenso deutlich, wie in dem festhalten einer jüdischen Glaubensgemeinschaft an zwei Versen eines mehrere hundert Seiten umfassenden Buches (bzw. Rolle), das in vielen Beispielen auch andere Wege aufzeichnet. Zudem sagen viele Stellen in der Tora/Thora und dem Alten Testament auf, dass eine Beschneidung wie sie heutzutage vorgenommen wurde nie so mit den Beschreibungen vorgenommen worden sein konnte. Es ist also einfach nur eine glatte Lüge, wenn man bei der heutigen Beschneidung von einer jahrtausendelangen Tradition spricht. Viele Verweise in der Tora/Thora und dem Alten Testament weisen auf eine symbolische Beschneidung, bzw. einer Beschneidung eines kleinen Teils der Vorhaut hin und nicht der (kompletten) Entfernung der selbigen.

Ein Satz in dem Gestz ist bemerkenswert:
„Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.“

Hier ist es spannend, wann das Kindeswohl gefährdet ist. ist es nicht schon gefährdet, wenn man davon ausgehen kann, dass ein bestimmter Prozentsatz der beschnittenen Kinder unter Komplikationen durch die nicht „medizinisch Notwendige“ Beschneidung leiden werden. Achja, die sind ja nach der Erklärung zu dem Gesetz „unbedeutend“!

Die chirurgisch durchgeführte Zirkumzision gilt als „komplikationsarm“ (Schumpe-
lick/Blesse/Mommsen, Kurzlehrbuch Chirurgie, 7. Auflage, 2006, S. 679). Als Komplikati-
onen möglich sind u. a. Nachblutungen, Wundschwellungen sowie Verletzungen der
Glans und der Harnröhre. Komplikationen seien aber „sehr selten und meist unbedeu-
tend“
(Schreiber/Schott/Rascher/Bender, Klin Pädiatr 2009; 221: 409 <411>). Die Häufig-
keit von Komplikationen soll bei etwa zwei Prozent, bei Neugeborenen nur bei 0,2 Prozent
liegen
(Stark/Steffen, Urologe 2003; 42: 1035; ähnlich: Stehr/Schuster/Dietz/Joppich, Klin
Pädiatr 2001; 213: 50 <53>).

(Quelle: Gesetzentwurf der Bundesregierung, Seite 9 „4. Medizinische Risiken und Folgen der Beschneidung“)

Ja was zählt auch ein (bzw. hier 0.2 bis 2% der Opfer) Menschenleben, wenn es um den religiösen Fanatismus geht, egal von welcher Religion!

Und der Bundestag ist dabei, sich zu jämmerlichen Handlangern dieser diktatorischen Gemeinschaften zu machen.

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Und Tschüss Julia Schramm (und Matthias Schrade)

Berlin, den 26.10.2012
Liebe Pirat*innen,
seit über drei Jahren widme ich meine Zeit der Partei, seit einem halben Jahr bin
ich Mitglied des Bundesvorstands. Auf diese Aufgabe habe ich mich im Vorfeld
vorbereitet, habe mir Gedanken zu den Themen gemacht, die mir wichtig sind, und
Ideen entwickelt, wie ich die Arbeit gestalten kann. Es ist eine sehr spannende
Arbeit. Auch war mir bewusst, dass dieses Amt eine große Herausforderung ist und
dass es nicht einfach werden würde.
Die Herausforderungen kamen. Die Stuhlgewitter auch. Alles etwas, womit ich
gerechnet hatte. Dass jedoch jeden Tag mehr die Anpassung meines Denkens
und Handelns an eine alte Politikervorstellung notwendig zu werden scheint, die
ich ablehne und nicht bereit bin zu vollziehen, ist ein Umstand, dem ich mich nicht
länger aussetzen möchte.
Deswegen ziehe ich mich nach dem Parteitag in Bochum aus der Parteiarbeit
zurück und werde von meinem Amt als Bundesvorstand mit sofortiger Wirkung
zurücktreten. Da in Bochum über die Frage wann der nächste Bundesvorstand
gewählt werden soll, ist es notwendig mit offenen Karten zu spielen.
à bientôt
Julia
P.S. Danke für die großartige Unterstützung von so vielen.

(Quelle: Blog Julia Schramm – Rücktritt [PDF; 19,7 KB])

Das ist auf einer PDF, die Sie auf Ihrer Homepage hinterlegt hat zu lesen.
Das erste mal lachen musste ich bei der Bemerkung, das Sie seit einem halben Jahr Mitglied des Bundesvorstandes sei und das sie sich im Vorfeld darauf vorbereitet hat. Ich habe es damals so wahr genommen, das die gute Frau Schramm sich für nur jeden erdenklichen Posten im Bundesvorstand beworben hat. Also es Ihr scheinbar egal war, ob sie mit dem Posten Ihre „Ideen“ voranbringen kann.
Der nächste Lacher von mir war bei diesem Satz:
„Dass jedoch jeden Tag mehr die Anpassung meines Denkens
und Handelns an eine alte Politikervorstellung notwendig zu werden scheint, die
ich ablehne und nicht bereit bin zu vollziehen, ist ein Umstand, dem ich mich nicht
länger aussetzen möchte.“

Hier muss ich doch ein starkes Wahrnehmungsproblem vermuten. Oder sie meint, das es schon eine Einschränkung für sie ist, wenn man es wagt sie nach ihren eigenen Aussagen zu messen. Angeblich hat sie doch diesen ihrem „Denken“ so widersprechenden Verlagsdeal gemacht, um sich ganz der Arbeit im Vorstand zu widmen. Statt dessen schmeißt Sie nun nach einem halben Jahr die ganze Sache hin.
Ich vermute (also „wilde Spekulation“!!!) ja eher, das sie so einem Rausschmiss zuvor kommen will. Sie gibt ja nicht nur die Ehrenamtliche Arbeit im Bundesvorstand auf, sie will sich komplett aus der Parteienarbeit zurückziehen. So ist das, man hat alle Vorteile mitgenommen und dann verpisst man sich. Mich würde es nicht wundern, wenn man Sie dann demnächst wieder bei der FDP sieht.

Dann hat für den nächsten Bundesparteitag Matthias Schrade seinen Abgang (er ist ebenfalls Beisitzer im Bundesvorstand) aus dem Bundesvorstand angekündigt. Dieser hat auf seiner Seite den Entschluss begründet. Ein Kern dieser Begründung ist, das für Ihn die Zusammenarbeit mit „Johannes“ (Ponader) unmöglich ist. Er will aber nicht wie Julia Schramm sich aus der Parteiarbeit zurückziehen, sondern mit diesem Schritt seine politische Arbeit an der Basis gestalten:

Unter diesen Bedingungen ist aus meiner Perspektive eine weitere sinnvolle Zusammenarbeit nicht möglich. Stattdessen werde ich mich auf produktive Parteiarbeit außerhalb des Bundesvorstandes konzentrieren.
[…]
Das Projekt “Piratenpartei” ist mir wichtiger als eine Position im Bundesvorstand.

(Quelle: Kunglers Blog – Rücktrittsankündigung)

Nun, sind die Piraten vordergründig mit Julia Schramm ein Glaubwürdigkeitsproblem los, könnte der zweite Rücktritt die Probleme der Partei im Bundesvorstand erhöhen.

Man darf gespannt sein, wie die Piratenbasis diese Zersetzung ihrer Partei aufnehmen.

in der „Zeit“ ist in einem Kommentar folgendes zu lesen:

Wie die Großen, nur fieser
Die jüngsten Rücktritte bei den Piraten zeigen: Sie führen die gleichen Machtkämpfe wie andere Parteien.
[…]
Doch blendet man diese neuen Kanäle [anmerkung: gemeint sind „neue Medien“] als Ort der Politik einmal aus, bleibt das schnöde Bild einer Parteipolitik 1.0 zurück – eines alten Politikstils also, den die Piraten doch so unbedingt überwinden wollten. Tatsächlich stecken hinter den jüngsten Rücktritten ganz klassische, erbitterte Machtkämpfe, wie man sie von den anderen Parteien schon immer kennt.

(Quelle: Zeit.de – Wie die Großen, nur fieser)

Hier irrt meiner Meinung nach der Kommentator ganz gewaltig. Nicht Machtkämpfe, wie in anderen Parteien sind hier das Problem, sondern, wie damals bei den Grünen, die schnelle persönliche Bereicherung. War dies bei den Grünen noch ein langer weg bis zur Akzeptanz, sehen bei den Piraten einige einen schnellen persönlichen Erfolg. Beispiele gibt es zu genüge. Durch die „neuen Medien“ verbreiten sich Nachrichten schneller und hier und da wird man auch schneller bekannt. Zeitungen versuchen online als erstes eine Meldung zu platzieren. täglich müssen wer weiß wieviele Talkshows gefüllt werden, da kommen solche Exoten doch gerade recht. Die versprechen Quote und die „Exoten“ sehen das Honorar, das sie dafür bekommen. Es sind auch keine Flügelkämpfe, wie in anderen Parteien, sondern es geht zum größten Teil um den rein persönlichen schnellen Vorteil.
Und das steht im Gegensatz zu den Machtkämpfen bei den „Großen“. Auch ein Ausdruck, den ich in Bezug auf die FDP nur in Anführungsstrichen setzen konnte. Hier geht es auch um den persönlichen Vorteil. Aber dort ist man sich bewusst, das dieser nur nachhaltig ist, wenn man das ganze in ein System steckt. So wird in den „Großen“ Parteien dafür gesorgt, das auch die gegnerischen Flügel innerhalb der Partei versorgt werden. Der Machtkampf gestaltet sich meist nur um die Größe des Anteils des Kuchens und nicht um den Kuchen selbst. Erst wenn es gar nicht mehr geht, werden Konsequenzen gezogen.
Selbst dann werden oft die nach außen hin Ausgegrenzten noch in einen sicheren Posten geschoben.

Dieses System fehlt bei den Piraten, da sich dort nur jeder selbst der Nächste ist. Ob dies nun positiv ist oder nicht, soll jeder für sich beurteilen. Das Problem, das die Piraten haben ist, dass die Pöstchensucher zum größten teil nach der Suche von Vorteilen sind. Entfällt dieser Vorteil, dann will man sich den Aufwand dazu auch nicht mehr antun, wie das Beispiel Julia Schramm deutlich zeigt. Für Johannes Ponader ist noch etwas zu holen. Gerade dadurch, das er Konfliktpotential für die Piraten schafft, macht Ihn für die Talk-Shows interessant und diese sind für ihn wiederum finanziell interessant. Deswegen macht er auch keine Anstalten diese Situation zu entschärfen. Ist er erst mal in keiner exponierten Stellung mehr, ist es ganz schnell mit den Talkshows vorbei und ob sein Finanzierungsmodell dann noch greift dürfte eher zu bezweifeln sein. In einer Übersicht (ob Vollständig, weiß ich nicht) sieht man sehr schön, das sich bestimmet Talk-Shows lohnen, wie z.B. bei „Lanz“: Johannesponader/Transparenzliste
Wenn man bedenkt, das er sogar als „Publikumsgast“ (ohne das er in Erscheinung getreten ist) 250 Euro plus Reisekosten bekommen hat, dann fahre ich auch gerne mal zu Lanz. Wie gesagt, schaut man sich diese Liste der Einkünfte mal an, so findet man (so weit ich das sehe) keine Einnahme, die er als „Autor, Regisseur, freier Schauspieler, Spielpädagoge sowie als Dozent in den Bereichen Schauspieltraining und Selbsterfahrung“ (seine Tätigkeiten lt. eigenen Angaben) bekommen hat.

Den Schaden hat die Piratenbasis, die gerne etwas gesellschaftlich ändern will und nicht den Hampelmann für ein paar Selbstdarsteller spielen wollen. Ob sie es wirklich noch Basisdemokratisch in der Hand haben, die Entwicklung der Partei zu bestimmen wird die Zukunft beweisen. Zu wünschen ist es Ihnen, auch wenn ich mit manchen Zielen der Partei nicht konform gehe. Aber das betrifft nicht nur die Piratenpartei.

Zu den Rücktritten ist bei Heise (Telepolis) ein Artikel erschienen, der auch einen Link zu einer Pressekonferenz des Bundesvorstandes der Piraten hat. Besonders interessant ist neben dem Seicht-Gelaber um Julia Schramm die Anmerkung zum Rücktritt von Schrade, besonders zu seiner Kritik an Johannes Ponader (ab ca. Minute 3:00).
Bedauerlich ist, das sich der Parteivorsitzende ganz im Stil anderer Parteien zu keiner inhaltlichen Äußerung festlegen. Also irgendwie doch so wie die „Großen“, wenn auch nicht mit der selben Wirkung.

P.S.
Einen netten Presseüberblick bietet Popcornpiraten in dem Artikel „Presse nach den Rücktritten: “Das Problem heißt Ponader”“

Also kann ich mir weiter weisende Links sparen. 😉

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