[Classics] Wie die Grünen im Rat der Stadt Köln eine politisch abwägende belanglose Partei wie jede Andere wurde

Heute habe ich bei den Kollegen von F!XMBR einen fiktiven Artikel über die Entwicklung der Piraten gelesen.
Unter dem Titel „Was war nur schiefgelaufen?“ wird im Jahr 2033 der Erfolg und Fall der Piraten als Gedankengang durch den (fiktiven) Innenminister Christopher Lauer dargestellt.

Science-Fiction? Utopie? Übertreibung? Warnung?

Vielleicht ist dies die Ambition von Christian Sickendieck, der den obig erwähnten Text geschrieben hat.
Nun, mir kam ein Bild auf aus meiner Jugendzeit, sogar noch etwas länger her als 22 Jahre.
Es begann alles vor der Rats-/Bezirksvertreterwahlen in Köln. Bereits sehr früh wurde klar, das man in Köln eine Veränderung haben will. Eine Stimme, die sich an der Basis orientiert. Ich selbst bin mit einem Dreirad, auf dem Megaphone montiert waren und einem Kassettenrecorder, mit dem die Ziele der Grünen verkündet wurden durch die Stadt gefahren. Viele, auch Parteilose haben die Grünen damals unterstützt und der Erfolg blieb nicht aus. Bei der Wahl im September 1984 wurden die Grünen sofort mit 10,8% die dritte Kraft in Köln. Die FDP hatte dort erst mal eine Auszeit bekommen und flog mit 4,5% aus dem Rat heraus.
Die SPD konnte damals noch zulegen und die CDU rutschte um über 7% ab. Die Grünen waren mit einem beachtlichen Ergebnis im Rat der Stadt Köln und auch in vielen Bezirksvertretungen, wie z.B. in der Innenstadt.
Einer der ersten Hürden, in denen die Grünen sich beweisen mussten, war die Platzbesetzung des Kaiser-Wilhelm-Rings wenige Jahre später. Die Stadt ist gerade in der Innenstadt mit Grün eher bescheiden gesegnet, weswegen sich zahlreiche Kölner Bürger gegen den Raubbau von uralten Bäumen an dieser Stelle wehrten. Neben den Bläck-Föös, die in der Kanrevalsaison Ihren einzig freien Tag mit einem Konzert auf dem Gelände verbrachten, kam auch BAP, damals auf Ihrem Höhepunkt des Erfolges auf dem Platz, um die Interessen der Bevölkerung zu Unterstützen.
Zu dieser Zeit kamen die aktiven Besetzer regelmäßig zu den sogenannten Mittwochtreffen. Nach einem dieser Treffen hat der damalige Ratmitglied Dieter Göbel ohne das die anderen Ratsmitglieder dem widersprachen nach dessen Weggang geäußert, das es Ihm doch „scheißegal sei, ob Bäume gefällt werden oder nicht“. Ihm war sein Posten damaals schon wichtiger als Inhalte. Jetzt im Altenteil spielt er den Mini-Grünen-Geißler und mahnt in einem „Interview“. exklusiv von Grünen Funktionären für Grüne Fans „Trotz Kompromissen nicht die Ziele aus den Augen verlieren“. Ehrlicher wäre es wohl gewesen, wenn er gesagt hätte: „Trotz Ziele, die Kompromisse nicht aus dem Auge verlieren“. Ob er wirklich, wie mir gegenüber mal erwähnt wurde vor seinem Eintritt bei den Grünen aktiv bei der FDP war, kann ich nicht sagen, würde aber zu diesem Zyniker passen. Das er bei einer anderen Gelegenheit kurz danach mal eben seine Einstellung gegenüber von Frauen auch im Mittwochkreis äußerte sei hier nur am Rand erwähnt und hinterließ mir einen Eindruck eines Geschlechterfaschisten.
Ein anderes mal durfte ich in der Vorbereitung für die Bezirksvertreterversammlung mitbekommen, wie man sich wegen der Unetrstützung eines „Kunstmäzens“ der Stimme enthielt, weil man dem Wähler nicht erklären könne, wieso man gegen diesen Menschen stimmen könne.
Der Hintergrund war dies, das der selbsternannte Kunstmäzen „Ingo Kümmel“ (1937-1990). Dieser sollte für eine Ausstellung finanzielle Unterstützung durch die Stadt bekommen. Im Vorfeld zu der Ausstellung wurden Vorwürfe gegen einen der ausstellenden Künstler laut, dem vorgeworfen wurde, das dieser eine Frau vergewaltigt hätte. Das ganze wurde nicht richtig in die Öffentlichkeit gebracht und einige der Mitwirkenden um die Fraktion der Grünen haben verlangt, das sich Ingo Kümmel und auch der Künstler erklären, sowie das man näheres zu dem Vorwurf zu wissen verlangen sollte, bevor man eine solche Ausstellung durch die Stadt unterstützen dürfe. Mit dem Argument, das man dem „Wähler“ eine Ablehnung des Antrages nicht vermitteln könne, wurde entschieden, das man sich der Stimme enthält.
Später kam dann heraus, das die Vorwürfe wohl sehr konkret waren und der vermeintliche Künstler dies als einen künstlerischen Vorgang definiert habe. Ingo Kümmel hat daraufhin erklärt das wenn der Künstler erklärt, dass der Vorgang der Vergewaltigung Kunst sei, es Kunst ist.
Die Grünen erklärten später in dem internen Kreis, das man froh ist sich der Stimme enthalten zu haben, wo das nun heraus kam.

Auch muss ich immer noch mit einem Schmunzeln daran denken, wie später mal die Spitzenkandidatin Barbara Moritz sauer auf mich war, weil ich nicht auf einer Wahlkampfveranstaltung für die Grünen auftreten wollte. Wo es doch um unsere gemeinsamen Interessen gehe und nicht um die Grünen als Partei (deren verlogene Politik ich als Grund für meine Weigerung genannt hatte). Nun, ich bin da vielleicht zu kompromisslos. 😉
Nun, ich wurde in Folge auch nie mehr gefragt, ob ich mit einem Auftritt die Partei unterstützen wolle.

Inzwischen sind die Grünen meiner Meinung nach eine der Parteien in Köln, die genau so beliebig ist, wie alle anderen. Man lässt sich „Sponsern“, sprich, warum sollte man die einzigen sein, die keine Bestechungsgelder annehmen?

Eines der letzten Begegnungen mit den Grünen in Köln, bzw. mit der Ratsfraktion war eine Farce, wie im demokratischen Verständnis meiner Meinung nach einmalig.
Was war die Vorgeschichte? Eine Gruppe von Menschen hatte sich von den Grünen im Rat Geld für dringende Ausgaben geliehen. Man vereinbarte, das diese Gruppe von Menschen das Geld in kleinen Raten zurückzahlen solle. Nach Jahren hat sich die Situation für diese Gruppe von Menschen geändert und Sie stellten als Tagesordnungspunkt eben für den hier schon öfters erwähnten „Mittwochskreis“ mit dem Antrag, die restliche Summe in eine Schenkung oder verlorenen Kredit zu verwandeln. Es kamen mehrere Vertreter der Gruppe zu dem Treffen um Ihre Bitte zu erläutern und für Fragen zu Verfügung zu stehen. Fragen, ja die wurden nicht gestellt. Man stellte aus dem Kreis der „Mitwoochskreis“-Beteiligten den Antrag, das man einen Verein in den einige der Gruppe Mitglied waren als Rechtsnachfolger erkläre und mit diesem wegen der noch offenen Summe in Verhandlung setzen solle.
Ich habe noch gegen den „Antrag zur Geschäftsordnung“ gesprochen das es weder rechtlich, noch inhaltlich gehe einfach jemanden einseitig zu einen Rechtsnachfolger zu benennen und es ginge hier um eine „Bitte“ der Gruppe.
Was soll ich sagen, man hat über den Antrag abgestimmt und der „Mittwochskreis“ hat diesen Antrag mit großer Mehrheit (Wenn ich nochmal in Köln bin, müsste ich mal Einsicht in das Sitzungsprotokoll verlangen) angenommen. Ein Parteiloser (so weit ich meine es noch zu wissen) wurde mit den Gesprächen beauftragt. Er kam dann zu mir, der nochmals, als damaliger mit im Vorstand sitzender des „Rechtsnachfolger“-Vereins und meinte, das ich einfach, wenn ich gefragt werde sagen solle, das man im Gespräch miteinander wäre und so könne man das alles vergessen. Ich habe Ihm damals schon gesagt, das dies auf jeden Fall nicht mit mir so ginge und ich die offizielle Mitteilung der Ratsfraktion bezüglich dieser Entscheidung erwarte. Ich würde dann schon entsprechend über diese juristische Merkwürdigkeit reagieren.
Also, halten wir fest. Die Fraktion beschließt, das jemand Drittes die Schulden von einer Gruppe übernehmen solle, die sich mit einer Bitte an eben diese Fraktion gewendet hatte. Ist es noch erwähnenswert, das sich weder die Fraktion oder ein Vertreter von dieser in der Folge bei dem Verein gemeldet hatte und so weit ich es weiß (ist schon einige Jahre her und ich bin bald auch aus dem Vorstand ausgeschieden) bis heute nicht. Parteipolitisch eine Bankrotterklärung.

Ich könnte hier auch noch die Geschichet von dem ehemaligen Wohnungsbauexperten der Fraktion und seinem Umgang mit Mietern seiner Objekte, sowie sich die Grünen dazu stellten berichten, aber das würde den Rahmen sprengen. Vielleicht wird dies mal ein eigenes „Classics“. Nicht wahr mein lieber Rolf. 😉

Also, mein Fazit, wie im Kleinen (auf kommunaler Ebene) so im Großen, setzt man auf das Klammern von Pöstchen. Wie die Ratsfraktion Ihre Pöstchen behalten wollen, klammern sich die Grünen im Bund an alte Pöstchen und Träumen davon diese wieder einzunehmen (vielleicht träumt Trittin ja wirklich schon vom Kanzlerpöstchen), egal welche Kompromisse man eingehen will.

Bleibt nur zu hoffen, das eben diese Erfahrung und die Science-Fiction von Christian Sickendieck nicht Realität werden und die Wähler nicht nur die Auswahl einer weiteren Belanglosigkeit bekommen.

Ich habe hier nur mal einige wenige Beispiele meiner ganz persönlichen Erfahrungen mit den Grünen in Köln erzählt. Meine weiteren Erlebnisse, die ich hier nicht erwähnt habe, sind für mich auf kommunaler Ebene der Grund gewesen mich von parteipolitischer Aktivität ganz zurück zu ziehen.

Links:
– F!XMBR: Was war nur schiefgelaufen?

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Berliner Wahl 2011

Nun, die erste Prognose ist raus.
Die SPD und CDU sind ungefähr in dem Bereich der letzten Wahl.
Gewinner der Wahl kann man mit Blick auf die Regierungsbeteiligung die Grüne bezeichnen. Dem Superwahljahr-Trend folgend konnten die Grünen nach dieser Prognose gut 5% zulegen.
Als zweiten Gewinner sind die Piraten zu nennen. Sie kommen mit respektablen 9% in das Abgeordnetenhaus.

Die klaren Verlierer sind die FDP. Wieder aus einem Landesparlament geflogen. Selbst Röslers einschleimerei mit Stammtischparolen kurz vor der Wahl hat da auch nichts geholfen.
Der zweite Verlierer sind die Linken. Die Bürger haben einer Weiterführung der Rot-Rot damit eine Absage erteilt.

Witzig, das die CDU es als Erfolg gewertet, das sie ungefähr das erreicht haben, was Sie bei der letzten Wahl erreicht haben.
Das die CDU wieder die zweitgrößte Fraktion wurde, bedeutet aber nicht, das man diese in der Regierungsverantwortung sehen will. Nimmt man die Ergebnisse der Umfrage wünscht eine Mehrheit der Bürger eine Rot-Grüne Koalition. Das es keine Grün-Rote Koalition wurde, liegt wohl zum Teil auch an die Künast, die entweder die Spitze in der Regierungsverantwortung übernehmen wollte oder beleidigt geht. Ich würde solch einer Person auch sagen, das Sie sich dann verpissen sollte. Ob dies für die Bundesebene das richtige Signal ist? Wir werden es sehen, welche Rolle die Künast bei der nächsten Bundestagswahl spielen wird. Sollte Sie dort auch im Pöstchenroulette mitspielen wollen, dann hoffe ich, das sich die Wähler an Ihren Auftritt in dieser Wahl erinnern.
Wobei ich mir das auch für alle anderen Pöstchenerhascher und anderen Parteien wünsche.

Die Piratenpartei hat es zum ersten mal geschafft, in ein Landesparlament einzuziehen. Das ist ein Erfolg und ich Gratuliere dazu. Es wird aber auch eine Bürde sein. Es ist müßig zu analysieren, ob viele Wähler von den Grünen her kommen oder sonst woher. Ich denke aber das es sich bei einer Vielzahl der Wähler nicht um reine Protestwähler, wie bei dem braunen Gesocks handelt. Ich glaube schon, das die Piratenpartei nun von seinen Wählern in Berlin und auch von potenziellen Wählern im ganzen Land beobachtet werden. Sie werden nun Beweisen müssen, das Sie sich von einer „Einthemen-Partei“ zu einer mitsprachefähigen Fraktion in einer Verantwortung gegenüber dem Souverän, also dem Volk hin entwickeln können. Bei all meiner Kritik freue ich mich darüber (auch wenn das mancher nach meinem Artikel von heute Morgen nicht glauben mag), das die Piraten diese Chance erhalten. Erfüllen Sie die Erwartungen der Wähler nicht, kann dies für die Piraten bei den nächsten Wahlen auch für die Berliner Wahlkreise verheerend sein.
Gerade weil ich der Meinung bin, das die „traditionellen“ Parteien sich Ihrer Sache nicht zu sicher sein dürfen und ich immer wieder propagiere, das eindeutige Mehrheiten für die Demokratie und dem Volk schädlich sind, ist der Einzug der Piraten in das Abgeordnetenhaus positiv.

Was ich auch noch positiv finde ist, das die „Sonstigen“ gut 6,5% Verluste eingefahren haben. Dies bedeutet, das zumindest in dem Stadtstaat Berlin das braune Gesocks Verluste einfahren musste und hier wohl auch weiterhin keine Chance hat, in das Abgeordnetenhaus zu kommen.
Spannend finde ich trotzdem dann zu erfahren, wer sich mit wieviel Stimmen hinter den „Sonstigen“ verbirgt. So fände ich es z.B. Spannend, ob „Die Partei“ Ihr Ziel von 1% erreicht hat oder sogar noch die FDP überholen konnte. 😉

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Lovebuy und das AG-Siegen – Nun bereits die Runde 4 verloren!

Lovebuy und das AmtsGericht Siegen, eine „NeverEnding-Story“?

Die Vermutung liegt nahe.
Wäre Uwe K. nicht so in die Öffentlichkeit mit dem Rechtsstreit zwischen Ihm und Lovebuy gegangen, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen.
Wieso vermute ich dies?
Nun, als ein Anwalt in allen möglichen Foren verbreiten ließ, das er gegen Lovebuy gewonnen habe und das Gericht die Forderung von Lovebuy als „Sittenwidrig“ erklärt hatte, geriet die Argumentation von Lovebuy.de ins Schwanken, das an der Forderung rechtlich nichts zu rütteln gibt. Das haben und tun sie immer noch mit einer imposanten Urteilsliste, in der seltsamerweise z.B. das Urteil des AG Siegen fehlt.
Nun, damals hat man viel Aufwand getrieben, das Urteil zu revidierten. Man hat es auch geschafft, dass das Urteil aufgehoben wird. Wieso, das wird nicht näher erläutert, sondern nur, das der Richter befangen war. In wie weit und wieso bleibt außen vor. Leider hat sich da schon einer der Opfer genau auf dieses Urteil verlassen und ist ebenfalls unter gegangen.
Nun, nachdem Prostitution auch legal durchgeführt werden darf, ist der Spruch der Sittenwidrigkeit wirklich auf schwachen Füßen gestanden.

Aber zurück zu dem Fall von Uwe K.
Auch er hat sich bereits sehr früh in den verschiedensten Foren zu Wort gemeldet. Nicht nur das, er hat seinen Erfolg gegen die Klage von Lovebuy.de ebenfalls an vielen Stellen publiziert. Das war nun ein Stolperstein für die Argumentation der Plattform Lovebuy.de. Gegen diesen PR-GAU ist man dann, wie ich es mal als Justizlaie ausdrücken würde, mit allen Kanonen vorgegangen. Ob man überhaupt Munition für diese hat, das schien man vorher nicht geprüft zu haben.
So schlugen Sie mit wilden Behauptungen und Beschwerden um sich. Mein Eindruck war z.B. das man so in Aktion war, das man nach der Ablehnung der ersten Beschwerde nicht mal bemerkt hat, dass das Urteil und die Ablehnung der Wiederaufnahme der Klage nicht von der gleichen RichterIn stammte. So polterte die Firma, bzw. der Anwalt der Firma da von einer „Farce“ des gesamten Verfahrens.
Nun, als eines der letzten Akte scheint es zu sein, das man nun nach 2 Abgewiesenen Beschwerden/Anträgen auf ein angeblich vom Anwalt persönlich bei Gericht eingeworfenen Schriftsatz vom 19.05.2011 verweist. Damit wollte man dann die Runde 4 eröffnen.
In dem Schreiben vom 2.8.2011 heißt es dann auch neben dem Vorwurf, das man diesen Schriftsatz in dem Urteil hätte berücksichtigen müssen, das es nicht Aufgabe des Klägers sei, nachzuweisen von welchem Internetanschluss der Beklagte die Anmeldung durchgeführt hat. Der Anwalt meinte, das die Klägerin nachgewiesen hätte, das eine Anmeldung im „Douple In“- Verfahren bewiesen wäre.
Nun genau das sah das Gericht anders in Ihrem Urteil. Nicht nur das. Das Gericht ist auch auf die Beweisschwierigkeiten der Klägerin eingegangen, die diese dem Gericht geschildert habe.
Wenn man nun in dem Schreiben der Klägerin vom 2.8.2011 lesen muss, das:
„Es ist nicht Aufgabe der Klägerin Nachzuweisen, von welchen Internetanschluss der Beklagte die Anmeldung durchgeführt hat“
Dann verwundert einen schon die Begründung in dem Urteil vom 15.6.2011, in dem es genau dazu heißt:

Der Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 25.06.2009 jedoch bestritten, dass er sich bei der Internetplattform der Klägerin www.lovebuy.de angemeldet und die dort angebotenen Dienste genutzt hat. […]
Es oblag damit der Klägerin, den entsprechenden Vertragsschluss mit dem Beklagten und dessen Anmeldung zu beweisen. Die Klägerin hat diesen Nachweis nicht erbracht. Allein aus der zutreffenden Angabe der e-mail Adresse des beklagten kann eine Anmeldung durch diesen nicht hergeleitet werden. Vielmehr hat die Klägerin selbst darauf hingewiesen, dass aufgrund der kurzen Speicherfrist der IP-Daten kein Nachweis darüber erbracht werden kann, von welchem Anschluss eine etwaige Anmeldung vorgenommen worden ist.

Aha, wieso führt die Klägerin lt. dem Urteil aus, das ein Beweis aufgrund der kurzen IP-Speicherung nicht möglich ist und beklagt genau diese Aussage von sich selbst in dem Schreiben vom 2.8.2011. Bemerkenswert auch, das die Klageerwiderung des Beklagten vom 25.6.2009, also gut 2 Jahren ist und man sich jetzt in dem Schreiben vom 2.8.2011 auf ein angeblich beim AG Siegen eingeworfenen Schriftsatz mit Beweisen vom 19.05.2011 verweist. Auch in dem angeblichen Schriftsatz vom 19.5.2011 sehe ich persönlich keine Änderung der Sachlage. Man verweist auf die Software, aber nirgendwo sehe ich einen Hinweis auf ein Beleg das in diesem Fall wirklich ein sogenanntes „Double Opt-In“ Verfahren nachgewiesen werden kann. Man verweist mal wieder auf „Zeugnisse“ durch Mitarbeiter der Firma.
Letztendlich stehen hier Aussage gegen Aussage, wenn ich dies richtig interpretiere. Da stellt man sich natürlich die Frage, ob man da die Aussagen von direkten oder indirekten Klagevertretern, bzw. Abhängigen höher bewerten kann, wie die Aussage des Beklagten.
Meiner Meinung nach obliegt es dem Kläger, einen Handfesten und objektiven Beweis für den Abschluss eines Vertrages mit eben dem Beklagten zu erbringen.
Das Gericht hat nun mehrfach die Sachlage so bewertet, das eben dieser Beweis nicht erbracht wurde.
Das scheint die Klagevertretung nicht akzeptieren zu wollen und greift meiner Meinung nach zu wilden Beschuldigungen.

Wenn ich mal wieder etwas Zeit habe, werde ich vielleicht mal ein Potpourri der schönsten Angriffe auf das Gericht durch den Klagevertreter hier einstellen.

Zu guter Letzt sei aber wieder gesagt:
Hinweis:
Bevor man hier anfängt zu jubeln. Urteile von Amtsgerichte sind “Einzelentscheidungen”. Ein anderes Gericht, ein anderer Richter oder auch der selbe Richter kann in ähnlicher Sache unter teilweise anderen Voraussetzungen oder auch der Sachlage (z.B. der Zahlung einer Jahresgebühr) ganz anders Entscheiden, bzw. anders bewerten.

Also, dieses Urteil ist eine „Einzelentscheidung“ durch ein Amtsgericht. Ebenso, wie auch die von dem Betreiber von Lovebuy.de veröffentlichten Urteile der Amtsgerichte alles Einzelentscheidungen sind. Wie Sie entstanden sind, ist dabei nebensächlich. Die Entscheidungen ahben die jeweiligen Richter getroffen und manche sind durchaus nachvollziehbar, manche sind auf die ungeschickte „Verteidigung“ des Beklagten zurück zu führen und vielleicht auch welche auf Grund des Technikvertrauens der Richter. Ich Maße mir da kein Urteil zu.
Aber ebenso, wie ich davor warne über die Einzelentscheidungen zu jubeln oder in den von dem Betreiber veröffentlichten Urteilen eine allgemeine Zahlungspflicht zu sehen, warne ich vor den Pauschalverurteilern.
Ich musste jetzt wieder in diversen Foren bezüglich der von lovebuy veröffentlichten Urteile immer wieder lesen, das man diese als „Gefälligkeitsurteile“ oder „Trophäenurteile“ abtut. Ebenso, die ständige Behauptung, das man keine Klage befürchten müsse.
Ich kann vor solchen Gutmenschen nur Warnen!
Diese Menschen, die solche Aussagen treffen sind nicht selbst betroffen. Ihnen schmerzt es letztendlich nicht, wenn der eine oder andere User der Ihren Ausführungen glaubt, auf die Schnauze fällt.
Meine Beobachtung ist eher so, das es inzwischen Firmen gibt, die Bereit sind, jede Aussicht auf Klageerfolg zu nutzen. Das Sie dabei das System der Gerichte besser kennen, als der gemeine User ist eben für diese ein Problem. Und die Gerichte können Ihre Meinung ebenso, wie ich nur aus den erhaltenen Informationen heraus treffen. Das bedeutet, man muss dem Gericht qualifizierte Informationen zukommen lassen. Das kann der normale User oft nicht. Deswegen warne ich nochmals ausdrücklich davor sich auf Dritte zu verlassen und den Kopf in den Sand zu stecken. Wichtig finde ich immer noch, das sich Opfer zusammen tun und sich gemeinsam wehren. Und das sich Opfer eine qualifizierte Hilfe holen.

Also, traut weder mir, noch anderen Dritten. Informiert Euch selbst und qualifiziert. und vor allem trefft Eure eigene Entscheidung und übernehmt nicht die Entscheidung Dritter, die womöglich selbst gar nicht involviert sind.

Links:

– underwoodblog: Abzocke durch lovebuy.de (Neuigkeiten sind in den Kommentaren zu finden)

Eigene Artikel zum Thema:

Neue Mahnwelle durch Lovebuy.de? – Abgemahnte wollen sich gemeinsam wehren!
[UPDATE] www.lovebuy.de – Abgemahnte wollen sich gemeinsam wehren!
[Update] www.lovebuy.de – immer mehr Widersprüche tauchen auf
[Update] Lovebuy.de und die gewonnen Urteile
[Update] Lovebuy.de und die Änderung der AGB
Staatsanwaltschaft und die Strafanzeigen am Beispiel www.lovebuy.de
[Update] Lovebuy oder wie vielschichtig ein Fall mit vielen Betroffenen sein kann
„Lovebuy, das Thema nach der Schließung von BooCompany“
Update Wichtig !!!: VMA Management/Lovebuy eSoft Service GmbH meldet Insolvenz an
Ein Fake? – Mail, angeblich von Signs 21 GmbH
[Update] Scheinbar neue Mahnungen durch alten-neuen (?) lovebuy.de-Betreiber
*Lovebuy* AG-Siegen weist Klage zurück – Schlappe für Betreiber der Plattform
[Update] * Lovebuy * AG-Siegen | Signs21 GmbH will in die 3. Runde?

Allgemeines
– Antispam: Wiki-Artikel „Strafanzeige“
– Antispam: Strafanzeige, ein Werdegang (Hier wird erklärt, was eine Strafanzeige bedeutet, was geschehen könnte und wie es mit dem Widerspruch bei Einstellung usw. ist)

Eigene Artikel allgemein zum Thema:

Zivilrecht: Kosten für die Abwehr einer Forderung durch eine Abofalle muss erstattet werden! – Strafrecht: Verfahren gegen die Betreiber von fabriken.de (Abo-Abzocke) eingestellt!
Web-Abzocker – Strafrecht vs. Zivilrecht

Artikel als eBook zum Download:
18.9.2011 – Lovebuy und das AG-Siegen – Nun bereits die Runde 4 verloren!

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Wahl in Berlin

Jetzt ist es soweit, die Berliner (mit deutschem Pass) können Ihren Senat wählen.

gestern habe ich dazu ein wenig geschrieben und auf die Wichtigkeit hingewiesen, das der Bürger sein Wahlrecht ausübt und eben zu den Wahlen gehen sollte.
Hier will ich mal auf ein paar Artikelfetzen in der einen oder anderen Zeitung eingehen.

Zunächst einmal etwas, was auch zu dem Aufruf zur Wahl zu gehen passt:

Nehmt die Nichtwähler ernst!

Wer nicht abstimmen möchte, wird oft scharf kritisiert. Doch nicht der Nichtwähler ist idiotisch, sondern die Situation, in der er lebt, kommentiert Lorenz Maroldt.

Kurz vor Wahlen und kurz danach ist die Nichtwählerbeschimpfung en vogue. Warum, ist klar. Sie verspricht anstrengungsloses Wohlwollen in den sich besser fühlenden demokratischen Kreisen. So beschimpfte der Regisseur Rosa von Praunheim die Abstinenzler dieser Tage als „Idioten“; andere gehen subtiler vor, ihre Botschaft aber ist die gleiche: Wer nicht wählt, ist kein Demokrat, stärkt die Nazis und gefährdet die Gesellschaft.
[…]
Sinkt die Beteiligung unter fünfzig Prozent, wie es bei Kommunal- und sogar Landtagswahlen bereits der Fall war, stellt selbst eine hundertprozentige Mehrheit im Parlament nicht sicher eine einfache Mehrheit des Bürgerwillens dar.
[…]
Das ist durchaus ein Problem für eine Demokratie, die sich als repräsentativ versteht. Und die naheliegende Haltung: „Selber schuld!“ hilft auch nicht weiter.
[…]

(Quelle: Zeit Online – Nehmt die Nichtwähler ernst!)

Ich kann nur empfehlen, den Artikel mal ganz zu lesen.
Ich bleibe aber dabei, das möglichst alle zur Wahl gehen.
Wie sagt Wilfried Scmickler in seinem Aufruf, den ich in dem gestrigen Artikel mal wieder eingestellt habe:

Wenn Sie jetzt Fragen: Ja, für wie dämlich halten uns diese Leute (anm. gemeint sind die Politiker) eigentlich. Dann sage ich’s Ihnen: Für ziemlich dämlich. Und darauf gibt es eigentlich nur eine Antwort: […] Wählen gehen. Und zwar Alle! Und zwar Alle! 98% Wahlbeteiligung, ich sage Ihnen, das wär‘ ein Schock. Und egal wie das Ergebnis dann aussieht, die Regierenden wüssten dann zumindest, das wir in Zukunft ganz genau und hellwach hingucken, was da in unserem Namen für unsere Zukunft entschieden wird.
Das wär’s doch!

(Quelle: Mitternachtsspitzen vom 5.9.09 – Wilfried Schmickler: “Die Feigheit vor dem eigenen Volk”) (Anm.: Die Lücke im Text „[…]“ ist nur, weil Wilfried dort das Datum der letzten Bundestagswahl genannt hat, ich dies aber als einen allgemeinen Aufruf wiedergeben wollte)

Ja, auch wenn ich den Artikel von der Zeit-Online als lesenswert empfinde, halte ich doch an dem (durch Wilfried Schmickler geäußerten) Wahlaufruf fest. So halte ich Wilfried Schmicklers Wahlaufruf für sehr hörenswert, wie auch den Text von Volker Pispers, den ich aus der letzten Sendung „Vokler Pispers und Gäste“ in Textform gebracht habe (siehe den Artikel „Nach der Wahl ist vor der Wahl – Eine Nachlese und Vorausschau“).
Sie denken, es ist ein Widerspruch?
Ich sehe es nicht so. Ich habe mich bei fast jeder Wahl beteiligt (einmal aus Gesundheitsgründen nicht). Ich kann nur von mir sagen, das ich nicht bei jeder Wahl eine solche Treffen konnte. Es mag zwar sein, das die Grünen meinen, das es Reicht, wenn man den Slogan “Nicht ganz so scheisse wie die Anderen” publiziert, um Stimmen für sich zu beanspruchen. Nein, das ist kein Scherz, dieser Slogan!
Also wie gesagt ich bin auf jeden Fall zur Wahl gegangen und wenn mir nichts anderes übrig blieb, als „Ungültig“ zu stimmen.
Und hier kommt der Satz von Wilfried Schmickler wieder ins Spiel:
98% Wahlbeteiligung, ich sage Ihnen, das wär‘ ein Schock. Und egal wie das Ergebnis dann aussieht, die Regierenden wüssten dann zumindest, das wir in Zukunft ganz genau und hellwach hingucken, was da in unserem Namen für unsere Zukunft entschieden wird.
98% Wahlbeteiligung und davon dann fast 50% Ungültige Stimmen (um mal das Beispiel Meck-Pomm zu nehmen). Da wäre es ein Schlag ins Gesicht der „Nicht-Auswähler“, wenn man hier von Politikverdrossenheit sprechen würde. Es wäre eine Partei- und Politikerverdrossenheit.
Das Souverän (also Wir) hätte den Parteien und Politikern die „repräsentative“ Volksvertretung aktiv abgesprochen. Damit dürfte die “parlamentarischen Diktatur” -oh Entschuldigung, ich meine natürlich: “Parlamentarische Demokratie”- eine starken Legitimationknacks bekommen.

Weiter in der Stuttgarter Zeitung:

Spannung auf den letzten Metern

Zwar ist der vor Monaten erwartete Showdown zwischen dem Regierenden Bürgermeister und seiner Herausforderin, der grünen Spitzenfrau Renate Künast, ausgefochten. Die Grünen liegen nach allen Umfragen weit hinter der SPD bei etwa 20 Prozent, und Renate Künast wird nach der Wahl in die Bundespolitik zurückkehren. Sie nahm sich gut eine Woche vor der Wahl durch eine klare Aussage selbst aus dem Rennen: Im Fernsehduell mit Wowereit erteilte Künast der Möglichkeit einer grün-schwarzen Koalition eine Absage. Das bedeutet ihr persönliches Aus in diesem Wahlkampf, denn sie hatte seit Beginn ihrer Kandidatur immer wieder erklärt, sie stehe für eine andere Rolle als die der Regierungschefin nicht zur Verfügung.

(Quelle: Stuttgarter Zeitung – Spannung auf den letzten Metern)

nun, wenn man Lokalpolitik ernst nimmt, dann kann man seine eigene Mitwirkung nicht von Pöstchen abhängig machen. Wenn die Frontfrau der Grünen nun den Wahlkampf darauf aufbaut, das Sie nur dann in der Berliner Politik mitmischt, wenn Sie den lukrativsten Posten dort bekommt, dann ist sowohl die Leaderin, wie auch die Basis selbst schuld, wenn es abwärts geht. Ich persönlich wünsche jeder Partei, die so agiert, auf Kosten der wirklichen Interessen der Bevölkerung den Abstieg unter die 5% Hürde. Bei der FDP scheint dieser Wunsch ja Realität zu werden. Und was will die Künast in der Bundespolitik? Sich monatlich mit Geldern der Bürger auf irgendeinen lukrativen Posten bereichern? Ich spreche solchen Leuten einen Volksvertreterwillen, also der Annahme des Vertretungsauftrages durch die Wahl ab! Leider scheinen solche Leute durch alle Parteien hindurch inzwischen die Mehrheit zu sein.

Über die Piraten konnte ich in der Welt-Online folgendes lesen:

Wahltag in Berlin – SPD klarer Favorit

Berlin (dpa) – Die Vorzeichen für die Berlin-Wahl sind klar: Vorfreude bei der SPD in der Hauptstadt und bundesweit, große Sorgen bei der schwarz-gelben Koalition im Bund.
[…]
Die FDP droht dagegen an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Schuld daran ist möglicherweise auch die junge, auf Bürgerrechts- Themen spezialisierte Piratenpartei, die bei Umfragewerten von 6,5 bis 9,0 Prozent erstmals in ein Landesparlament einziehen könnte.
[…]

(Quelle: Welt online – „Wahltag in Berlin – SPD klarer Favorit“)

Was lese ich da?
„die junge, auf Bürgerrechts-Themen spezialisierte Piratenpartei“
Nun, bloß weil das eine Thema der „Einthemen-Partei“ die Missachtung von Bürger- und Eigentumsrechte tangiert, macht es diese Partei noch nicht zu einer Bürgerrechtsthemen-Partei. Dazu gehört mehr, als die Rechte der Bürger im geistigen Eigentum und Internet einschränken zu wollen, nur damit irgendwelche Internet-Junkies nicht mehr für Ihren Urheberklau belangt werden können. Ich weiß, eine recht simple Kategorisierung, aber meiner Meinung nach hier genau passend.
Das man noch schnell das Programm etwas erweitert hat, ändert meiner Meinung nach nichts an der Tatsache, das man sich nur einseitig mit „Rechten der Bürger“ beschäftigt.
Ich selbst habe inzwischen mehrfach miterleben können, wie diese Partei meine Bürgerrechte mit Füßen tritt. So ist Ihre Webseite Ihnen viel wichtiger, als der Schutz meiner Privatsphäre und meinen Rechten. Es ist Ihnen egal, ob da jemand in (besser gesagt „mit“) meinem Namen Behauptungen in die Welt setzt. Ihnen ist es scheinbar wichtiger, das überhaupt Dynamik auf Ihren Seiten ist.
Ich bin mit vielen Dingen im Urheberrecht auch nicht einverstanden, aber Urheber zu enteignen, das ist auch nicht der Richtige Weg. Und egal wie schön sie es umschreiben und welche Konzepte sie für die „Entschädigung“ der Enteignung von Urheberschaften sie als Nebelkerzen in den Ring werfen. Ich bleibe dabei, wenn ich nicht mehr entscheiden Kann, was ich für alle Frei gebe, wer meine Urheberschaft nutzen darf und wer nicht, der Enteignet mich, egal wie schön er dies verpackt. und das ist meiner Meinung nach nicht nur eine moralischer Bruch mit der Gesellschaft und der Achtung vor dem Menschen. Es ist auch meiner Meinung nach ein klarer Bruch mit unserem Grundgesetz und den dort verankerten Persönlichkeitsrechten.
Die Welt-Online würde sich gut daran tun, nicht einfach „DPA“-Meldungen zu Kopieren und kritiklos wiederzukäuen.

Nun, bevor der Artikel einen Längenrekord erreicht mache ich mal lieber Schluss und Rufe alle Berliner nochmals dazu aus:
Geht Wählen, egal wie eure Wahl ist (ob die „nicht ganz so Scheisse“ oder eine andere Partei oder „Ungültig“), es ist wichtig zur Wahl zu gehen.

Links:

– Gehirnsturm: Nach der Wahl ist vor der Wahl – Eine Nachlese und Vorausschau
– Gehirnsturm: [Update] Heute Wahl in Bremen
– Gehirnsturm: Piratenpartei: Parteiinteresse vor Bürgerrechte?
– Gehirnsturm: Ich bin Schuld: Piratenpartei Sachsen-Anhalt versinkt in „jede Menge SPAM“
– Gehirnsturm: Die Piratenpartei fordert zum Spam auf …

– Zeit Online: Nehmt die Nichtwähler ernst!
– Stuttgarter Zeitung: Spannung auf den letzten Metern
– Welt online: Wahltag in Berlin – SPD klarer Favorit

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Nach der Wahl ist vor der Wahl – Eine Nachlese und Vorausschau

Vor 2 Wochen wurde in Mecklenburg-Vorpommern gewählt, Morgen wird in Berlin gewählt.

Zuerst aber mal zu der vergangenen Wahl. Ich könnte nun sehr viel dazu schreiben. Über die Wahlbeteiligung, über der gerechten Abstieg der FDP, über das „braune Gesocks“ (O-Ton Volker Pispers) usw.
Aber ich lasse hier einen Mann zu Wort kommen, den ich dankenswerterweise früher schon bei ein paar Auftritten technisch betreuen durfte. Und unter uns, hinter der Bühne ist er nicht Ruhiger, als auf der Bühne und wer auf einen Abend zu Ihm geht, der nehme sich nichts weiter vor, weil es ein langer Abend wird. Unter 3 1/2 Stunden war kein Abend, den ich mit ihm erlebt habe zu ende. Gemeint ist der von mir sehr verehrte Volker Pispers. Er hat in seiner letzten Sendung „Volker Pispers und Gäste“ sich ausführlich über die Wahlen in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern ausgelassen. Ich habe mir die Mühe gemacht den gesprochenen Text mal nieder zu schreiben:

Meine Damen und Herren,
stellen Sie sich vor es ist Wahl und keiner geht hin.
Was wäre dann? Ja, nix – alles wie immer.
Sehen Sie, die Wahlbeteiligung bei den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Bremen ist wiedereinmal dramatisch gesunken.
Und das obwohl in Bremen diesmal sogar die 16 und 17jährigen mitwählen mussten. Es ist schon ein Phänomen, überall auf der Welt kämpfen die Menschen verzweifelt dafür, in freien Wahlen über Ihr eigenes Schicksal entscheiden zu dürfen. Und da wo man wählen gehen darf sagen die Meisten inzwischen: „och nee“. Das liegt natürlich nicht zuletzt daran, das es ein Unterschied ist, ob man zur Wahl gehen darf oder ob man eine Wahl hat.
Die Bremer zum Beispiel, die haben einfach aufgegeben. Da regiert seit 65 Jahren die SPD. Daran ist offenbar nichts zu ändern. Da erblassen selbst erprobte Dauerregenten, wie Gaddafi und die CSU.
65 Jahre und diesmal kann sich die SPD sogar aussuchen mit wem Sie eine Koalition macht. Die haben sowohl mit der CDU, als auch mit den Grünen, als auch mit der Linkspartei, hätten die jeweils eine eigene Mehrheit in Bremen. Und außer mit der Linkspartei hat die SPD in Bremen, in den 65 Jahren auch schon mal mit allen eine Koalition gemacht. Die Bremer hatten schon mal ’ne große Koalition, die hatten schon Rot-Grün, die hatten sogar schon mal ’ne Ampel. Das haben die Bremer alles hinter sich. Und die haben gelernt, es ist egal mit wem die SPD regiert. Es ändert sich sowieso nichts. Ja, daraus haben die Konsequenzen gezogen, oder. Es ändert sich nix. Und die SPD hat gelernt, wie Angela Merkel, wenn man dauerhaft an der Regierung bleiben will, darf man bei der Wahl des Koalitionspartners nicht zu wählerisch sein. Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Das war schon immer ein gutes Überlebensmotto. Und um mehr geht es ja in der Politik inzwischen gar nicht mehr. Unsere Parteien kämpfen nur noch um das eigene Überleben. Mit wem man da koaliert? Ich bitte Sie, Koalitionen sind vom Wähler gestiftete Zwangsehen. Da ist der politische Ehrenmord vorprogrammiert.
Und die Wähler, die haben inzwischen begriffen, ja mein Gott, wenn wir nicht mehr mitbestimmen können wohin der Zug fährt, ist doch auch völlig egal, wer im Führerhaus rumturnt.

Auch der Ausgang der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern, stieß auf nicht so viel Interesse, wie die letzte Scharmbeinentzündung von Arjen Robben. In Meck-Pomm verwaltet eine große Koalition mehr recht als schlecht das elend. Und da kann man ja fast wieder Stolz sein, wenn dann immer noch 51% der Bevölkerung in so einem armen Land bereit sind Ihre kostbaren Schuhsohlen abzunutzen, um zu einer Wahl zu latschen, deren Ausgang ungefähr so spannend ist, wie die Frage „Was passiert, wenn ich ein rohes Ei vor ’ne Betonwand werfe“.
Gut das die FDP diesmal sogar unter 3% gelandet ist war eine angenehme Überraschung, sagen wir’s mal so. Aber solange diese liberale Rasselbande das Totenglöckchen als Weckruf interpretiert. Ich mach mir da keine großen Hoffnungen. Die FDP ist schon so oft von den Toten auferstanden – Unkraut vergeht nicht. Und in Mangel, in Ermangelung eines echten wichtigen Themas, haben sich die Korrespondenten alle auf den Wiedereinzug der NPD in den Schweriner Landtag gestürzt.
Ja, jetzt mal ganz unter uns. Wenn dass das einzig echte Problem ist, wo dringender Handlungsbedarf besteht, kann man diesem Bundesland nur gratulieren. Natürlich will keiner die NPD haben. Natürlich würde man die gerne morgen verbieten. Aber entschuldigen sie bitte mal, Märtyrer zu schaffen, das war noch nie ein Erfolgsrezept. Wenn man Blödheit, Stumpfsinn und Rassismus verbieten könnte, wär‘ ich der Erste der dabei wär‘. Aber Sie können so was nicht verbieten, Sie können nur dagegen ankämpfen. Und da gibt es durchaus hoffnungsvolle Signale, gerade aus Meck-Pomm. Schauen Sie mal, die NPD hat diesmal in Mecklenburg-Vorpommern einen sehr aufwendigen und kostspieligen Wahlkampf geführt. Die hat aggressiv Wahlkampf gemacht in der Hoffnung viele Stimmen dazu zu gewinnen. Eine geringe Wahlbeteiligung favorisiert immer die kleinen Parteien. Und trotz dieser günstigen Ausgangslage hat die NPD 10% Ihrer Wähler verloren.
Da kann man doch auch mal Stolz sein.
Ich bitte Sie, die Menschen sind völlig verunsichert. Die Menschen sind verunsichert durch Wirtschaft, Schulden und Eurokrise. Ein Großteil lebt im Niedriglohnsektor mit Aussicht auf Altersarmut. Und alle spüren inzwischen die Ratlosigkeit der etablierten Parteien. Wenn dann die Meisten dann doch nicht zu den braunen Rattenfängern überlaufen ist das doch ein Ausdruck für die Stabilität unserer Demokratie.
Wir werden damit leben müssen, das es ein paar Prozent Unverbesserliche in diesem Land gibt. Um dieses unappetitliche braune Gesocks dauerhaft unter 5% zu drücken sehe ich nur einen Weg. Aber wer von uns traut sich zu Westerwelle, Rösler und Brüderle zu überreden in die NPD einzutreten, meine Damen und Herren.

(Quelle: Volker Pispers und Gäste 2011 vom 11.09.2011)

Halten wir mal einige Sätze aus dem Beitrag fest:

  • … überall auf der Welt kämpfen die Menschen verzweifelt dafür, in freien Wahlen über Ihr eigenes Schicksal entscheiden zu dürfen … Das liegt natürlich nicht zuletzt daran, das es ein Unterschied ist, ob man zur Wahl gehen darf oder ob man eine Wahl hat.
  • Aber solange diese liberale Rasselbande das Totenglöckchen als Weckruf interpretiert.
  • in Ermangelung eines echten wichtigen Themas, haben sich die Korrespondenten alle auf den Wiedereinzug der NPD in den Schweriner Landtag gestürzt. Wenn dass das einzig echte Problem ist, wo dringender Handlungsbedarf besteht, kann man diesem Bundesland nur gratulieren.
  • Und alle spüren inzwischen die Ratlosigkeit der etablierten Parteien.

Nun, so kommen wir nahtlos von den gewesenen Wahlen zu der Wahl morgen in Berlin.
Auch hier dürfte es kaum Überraschungen geben. Die Grüne Künast ist wohl nach dem Hype mit baden-Württemberg wieder auf dem Boden der Berliner Tatsachen zurückgekehrt und schleimt sich schon mal als Koalitionspartner von SPD und Wowereit ein. Die grünen mal wieder als Sprungbrett für die Misspolitik der SPD. Einzig die Piraten werden es wohl endlich einmal schaffen in eine Landesregierung einzuziehen. Ob das aber ein Gewinn für das Parlament ist, oder ob sich dort nur ein paar Hansel Gelder für Ihre Sitze einheimsen wird sich dann zeigen.
Wie war nochmal der erste von mir hier zitierte Satz von Volker Pispers:
Stellen Sie sich vor es ist Wahl und keiner geht hin
Das hört sich schon fast wie Resignation an. Aber ich denke der Weg ist falsch. Ich denke, das es eher so sein müsste:
Stellen Sie sich vor es ist Wahl und alle gehen hin
Das ist es wovor die Parteien im allgemeinen und die Politiker im besonderen eigentlich Angst haben.
Deswegen werde ich auch nicht Müde, den Wahlaufruf des von mir ebenfalls sehr verehrten Wilfried Schmickler einzustellen:

Der Titel „Die Feigheit vor dem eigenen Volk“ sagt einiges. Und auch wenn der Aufruf für die letzte Bundestagswahl war, ist es ein Aufruf der für jede Wahl gilt.

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